ADB:Fischer, August

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Artikel „Fischer, August Gottlieb Ludwig“ von Theodor Schön in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 225–226, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fischer,_August&oldid=- (Version vom 3. Mai 2024, 12:35 Uhr UTC)
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Fischer *): August (später Augustin) Gottlieb Ludwig F., katholischer Politiker, wurde am 22. Juni 1825 in Ludwigsburg im Königr. Württemberg als Sohn eines Metzgermeisters Karl Samuel F. und der Friederike Elisabeth Maurer (beide evangelisch-lutherisch) geboren. Seine Erziehung erhielt er, mit Ausnahme eines kurzen Aufenthalts in der Anstalt Lichtenstern im J. 1837, in seiner Vaterstadt, wo er das Schneiderhandwerk erlernte. Da der hochbegabte, frühreife Knabe nicht in die kleinlichen engen Verhältnisse der Garnisonstadt paßte, sandten ihn seine Eltern schon 1840 nach Amerika. Nach einer Zeit schwerer Drangsal wurde F. in zwei Countys angesehener Advocat. Von da ging er nach Mexiko, trat zum katholischen Glauben über, wurde Priester und war eine Zeit lang Pfarrer in Parras im Staate Durango. Die Angabe, daß er in die Gesellschaft Jesu eingetreten wäre, ist irrig. F. war bis zu seinem Tode Weltgeistlicher, führte den Titel Abbé, oder nach mexikanischer Sitte, Padre (Pater). Nachdem man in Rom auf ihn aufmerksam geworden war, wurde er dorthin berufen und von der Curie zu diplomatischen Missionen benutzt. Auf einer derselben berührte er seine Vaterstadt. In Rom verkehrte er viel mit den litterarischen Kreisen, sammelte Erzeugnisse der schönen Litteratur, so Briefe des Dichters Leopardi. Er ward 1866 mit einer Mission (Abschluß eines Concordats) an Kaiser Maximilian von Mexiko betraut und landete am 13. August 1866 in Havana. Von da ging er nach Mexiko und war im September 1866 bereits am Hofe in Chapaltepec als kaiserlicher Beichtvater, zählte am Anfang October zu den wenigen Personen, mit denen der Kaiser, der ganz zurückgezogen lebte, verkehrte. Mit dem Kaiser verließ er am 21. October Chapaltepec. In Socyapan gelang es ihm den Kaiser zur Aufhebung des Martialgesetzes vom 3. October 1865 zu bewegen. Von Socyapan begleitete er den Kaiser auf der Reise, 22.–27. October, nach Orizaba. Hier bewog am 25. November F. den Kaiser den Gedanken, abzudanken, aufzugeben und durch eine Proclamation d. d. Orizaba, 1. December, den Versuch einer letzten Regeneration des Landes zu machen. Mit dem Kaiser verließ F. am 12. December Orizaba und ging über Acultzingo, wo er erkrankte, Palmar, Xonaco (14.–22. Dec.), Puebla (22. Dec. 1866 bis 3. Jan. 1867), der Villa La Teja nach Mexico, wo der Hof am 19. Januar eintraf. Auf der Notabelnversammlung am 14. Januar bewog F. den Kaiser zu energischer Fortsetzung des Kriegs. Als am 13. Februar der Kaiser die Hauptstadt verließ, blieb F. als Secretär des Kaisers in derselben zurück und erntete von den mexikanischen Conservativen, die ihm die Berufung eines conservativen Ministeriums im September 1866 verdankten, bittern Undank. Als sich am 21. Januar 1867 die Hauptstadt den Truppen des Präsidenten Juarez ergab, fiel F. in deren Hände, wurde zum Tode verurtheilt, aber begnadigt. Noch im December 1867 befand er sich auf freiem Fuße in Mexiko, dann ging er, aus Mexiko verbannt, mit zwei Verwandten des Kaisers Augustin Iturbide von Mexiko, darunter Don Jose Norige y Malo nach Europa und traf am 26. Februar 1868 in Stuttgart, wo er einen längeren Aufenthalt nahm, ein. Später nach Mexiko zurückgekehrt, starb er am 18. December 1887 im Pfarrhause San Tosme[1], nachdem er einige Zeit Pfarrer zu San Antonio de las Huertas gewesen war, und wurde auf dem französischen Friedhofe in Mexiko beerdigt.

F., ein großer, stattlicher Mann, war ein gewandter Diplomat, meinte [226] es auch in seinem Sinne ehrlich mit dem Kaiser. Nur standen ihm die Interessen seiner Kirche im Vordergrund. Auch gab er sich einer Täuschung hin über die Kräfte und Opferfreudigkeit der conservativen Partei in Mexiko. Wenn er hierin gefehlt hat, so hat er schwer gebüßt. Er hat es erlebt, daß die Partei, der er ans Ruder verhalf, nachdem sie dank seinen Bemühungen das Ministerium erlangt hatte, ihn als einen Mann nichtmexikanischer Abkunft bei Seite schob.

Basch, Erinnerungen an Mexiko. Leipzig 1868. Bd. I, S. 3, 4, 23, 29, 45, 53–55, 57, 58, 61, 67, 76, 77, 80–86, 88, 89, 92, 97–99, 113, 117, 120–121, 124, 149, 150, 153, 154, 158, 161, 164, 164, 169–170, 178, 179, 195; Bd. II, S. 5, 7–9, 12, 13, 16, 17, 60, 90. – Prinzeß v. Salm-Salm, 10 Jahre aus meinem Leben I, 437; II, 20, 90–91, 93; III, 16, 154, 155. – Prinz v. Salm-Salm, Queretaro, Blätter aus m. Tagebuch I, 12, 14. – Montlong, Denkwürdigkeiten, S. 39. – C. Bulle, Gesch. d. 2. Kaiserreichs etc. S. 391. – Oncken, Zeitalter Kaiser Wilhelms I., S. 688–690. – Schwäb. Merkur 1868, S. 56, 561. – Allg. Augsb. Zeitung 1868, S. 108 (F. Gerstäcker), S. 644. – Diöcesanarchiv v. Schwaben 10, S. 63. – Kathol. Sonntagssbl. v. 22. I. 1888. – Familiennachrichten.

[225] *) Zu Bd. XLVIII, S. 567.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. Fischer, Aug. Gottl. Ludw. XLIX 225 Z. 5 v. u. l.: San Cosme (statt Tosme). [Bd. 56, S. 396]