ADB:Heurn, Jan van

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Artikel „Heurn, Jan van“ von August Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 333–334, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heurn,_Jan_van&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 17:58 Uhr UTC)
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Heurn: Jan van H. (Johannes Heurnius), Arzt, ist den 25. Juni 1543 in Utrecht geboren. So langsam sich die Geisteskräfte des mit aller Sorgfalt unterrichteten Knaben anfangs entwickelten – im 11. Lebensjahre arbeitete er noch an einer genaueren Bekanntschaft mit dem Alphabete –, so schnelle Fortschritte machte seine Geistesbildung später, so daß es ihm bei eisernem Fleiße gelang, schon im 18. Jahre mit vortrefflichen Vorkenntnissen ausgestattet, die Universität von Löwen zu beziehen, um sich daselbst dem Studium der Philosophie, Mathematik und Medicin zu widmen. Drei Jahre später ging er zur Fortsetzung seiner Studien nach Paris, wo er sich vorzugsweise an Ramé und Duret anschloß, die ihn vielfach auszeichneten. Auch hier verweilte er drei Jahre und ging dann nach Padua, wo ihn die anatomischen Vorlesungen von Fabrizio ab Aquapendente besonders anzogen, wo er die praktische Heilkunde unter Capivaccio und Mercuriali studirte und sich auch des Unterrichtes des großen Botanikers Guilandini (des Deutschen Wieland) erfreute. Nach vierjährigem Aufenthalte daselbst ging H. 1571 nach Pavia und lebte hier, nachdem er die Doctorwürde erlangt hatte, zwei Jahre lang als Leibarzt des Grafen Cantecroy; einer der hervorragendsten Lehrer der Medicin an dieser Universität hatte die Absicht, H. zu seinem Schwiegersohne und Nachfolger im Amte zu machen: dies erregte die Eifersucht mehrerer Italiener und um den Nachstellungen derselben zu entgehen, sah er sich gezwungen, Pavia heimlich zu verlassen. (So berichtet sein Sohn; nach andern Mittheilungen soll H. sich zu diesem Schritte dadurch veranlaßt gesehen haben, daß er als Anhänger der lutherischen Kirche d. h. als Häretiker nicht hoffen konnte, in dem fanatischen Italien eine bleibende Stätte zu finden.) Er kehrte also 1573 in seine Heimath zurück und habilitirte sich als praktischer Arzt in Utrecht, wo er mit der Stellung eines Leibarztes bei dem Grafen Egmont und dem spanischen Gouverneur Noortiarmes betraut wurde; das ihm angetragene Amt eines Stadtarztes lehnte er ab, da er fürchtete, daß eine so gehäufte praktische Thätigkeit seine Studien beeinträchtigen würde. – Im J. 1581 folgte er einem Rufe als Professor der Medicin an die wenige Jahre zuvor neu begründete Universität zu Leyden und hier ist er, indem er einen im J. 1583 an ihn ergangenen, sehr vortheilhaften Ruf an die neu begründete Universität zu Franeker ausschlug, bis zum Ende seines Lebens geblieben. Sein Tod erfolgte nach einem schweren Blasenleiden am 11. August 1601. – Mit klassischer Bildung und umfassender medicinischer Gelehrsamkeit ausgestattet, hat H. in seiner akademischen Stellung wesentlich zur Begründung des Glanzes beigetragen, dessen sich die medicinische Facultät in Leyden in der Folgezeit erfreut hat. Er ist der erste gewesen, der daselbst anatomische Demonstrationen an der Leiche ausgeführt und somit zur Verpflanzung dieses wichtigen Unterrichtszweiges von den Universitäten Italiens, wo derselbe mit dem Auftreten Vesal’s eingebürgert war, nach außeritalienischen Lehranstalten angeregt hat. Außerdem nimmt er mit seinen zahlreichen Schriften über den Charakter und die Bedeutung der alten griechischen Heilkunde, und speciell des reinen Hippocratismus, eine der ersten Stellen unter den ärztlichen Gelehrten seiner Zeit ein, deren Bestreben dahin ging, die griechische Heilkunde von den Auswüchsen und Verunstaltungen der späteren [334] Zeit, und besonders des Arabismus, zu säubern und so eine Reform der Medicin herbeizuführen, welche eine fruchtbare Basis für die weitere Bearbeitung der Wissenschaft abzugeben geeignet war. – Auch die praktische Seite der Heilkunde ist von ihm nicht ohne Erfolg bearbeitet worden und wenn die von ihm verfaßten, seiner Zeit sehr beliebten Lehrbücher („Praxeos medicinae nova ratio“, 1587, in 4 späteren Auflagen, die letzte vom J. 1650, „Institutiones medicinae“, 1592, und in 3 späteren Auflagen, die letzte 1666) und die monographischen Bearbeitungen einzelner Capitel aus der Pathologie („De morbis capitis“, 1594 (1604), „Liber de febribus“, 1598, „De peste liber“, 1600 u. v. a.) auch keinen Anspruch auf Originalität machen können, so reihen sie sich doch in der Unbefangenheit der Auffassung und Klarheit der Darstellung den besten derartigen Arbeiten jener Zeit an. – Seine Schriften (ein vollständiges Verzeichniß derselben findet sich in Haller, Bibl. med.-pract. II. p. 272) sind in 2 Bänden (1609, 4. und in 2. Auflage 1658 Fol.) von seinem Sohne Otto herausgegeben worden, der nach dem Hinscheiden seines Vaters die durch den Tod desselben erledigte Professur angetreten und bis zu seinem 1662 erfolgten Tode bekleidet hat.

Ueber v. Heurn’s Leben vgl. die von seinem Sohne verfaßte Vita Joh. H., welche der Ausgabe der gesammelten Werke vorgedruckt ist, ferner Adam, Vitae germanorum medicorum p. 368 und Nicéron, Mémoires XXXVII, p. 36.