ADB:Kuno von Stoffeln

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Artikel „Kuno von St. Gallen“ von Johannes Dierauer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 384–386, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kuno_von_Stoffeln&oldid=- (Version vom 1. Mai 2024, 20:55 Uhr UTC)
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Kuno, Fürstabt von St. Gallen, 1379–1411. Er stammte aus dem Geschlechte der Edeln von Stoffeln bei Hohentwil im Hegau. Ueber die Zeit seiner Geburt, seines Eintritts ins Kloster u. s. f. ist nichts bekannt. Im April des J. 1379 wurde er von den wenigen Conventualen, die das Kloster damals zählte, zum Abt erhoben. Er übernahm die Leitung der Regierung in einer schwierigen Zeit; denn unter der willfährigen Herrschaft seiner unmittelbaren Vorgänger Hermann von Bonstetten und Georg von Wartenberg-Wildenstein hatte die ursprünglich aus dem Kloster hervorgegangene Stadt St. Gallen ein weites Maß von Selbständigkeit erreicht, und den Unterthanen im Appenzeller Lande war es gelungen, nicht nur die Lasten der Leibeigenschaft zu erleichtern, sondern auch durch Vermittelung des schwäbischen Städtebundes [385] dem sie beigetreten waren, die Anfänge einer demokratischen Gemeinschaft zu legen. K., „ain grad, persönlich Mann“, zeigte sich nun entschlossen, die Rechte seiner Abtei nicht weiter schmälern zu lassen und allen ferneren Befreiungsgelüsten seiner Unterthanen mit Entschiedenheit entgegenzutreten. Als sie ihm bei seinem Antritte die Huldigung versagten, ließ er sich in das Bürgerrecht von Lindau aufnehmen, rief die schiedsrichterliche Entscheidung des schwäbischen Bundes an und zwang sie zur Leistung der herkömmlichen Formalitäten und materiellen Verpflichtungen. Die ersten zwanzig Jahre seiner Regierung verliefen hierauf ziemlich ruhig. Aber die rücksichtslose Strenge, mit der er die gehässigsten Leibeigenschafts- und grundherrlichen Rechte überall geltend zu machen suchte, rief eine steigende Erbitterung der St. Gallischen Bevölkerung hervor. Zu Anfang des 15. Jahrhunderts (von 1401 an) entstand eine große Bewegung gegen den Abt, an deren Spitze die nach voller Unabhängigkeit ringenden Appenzeller standen. K., der sich, wie die späteren Aebte Leodegar und Pankraz (s. d.), den Forderungen einer veränderten Zeitrichtung verschloß und die allgemeinen Wirkungen der inzwischen von den Eidgenossen bei Sempach und bei Näfels errungenen Siege unterschätzte, mußte erleben, daß die Appenzeller mit den Schwizern in Verbindung traten und unbekümmert um streng rechtliche Entscheidungen der Städte um den Bodensee, denen sich vorübergehend auch die Stadt St. Gallen noch einmal fügte, zu offener Empörung schritten. Am 15. Mai 1403 schlugen sie sein Heer und den städtischen Zuzug am Speicher in schmähliche Flucht. Die Schlappe war für ihn um so empfindlicher, als sich nun die Städte von ihm abwandten. Er schloß sich hierauf an Herzog Friedrich von Oesterreich an, der dem bedrohten Adel im Thurgau ohnehin beispringen mußte. Der Entschluß war klug berechnet, denn noch bestand der 20jährige Friede zwischen Oesterreich und den Eidgenossen, so daß die Schwizer sich offener Theilnahme am Kriege enthalten mußten. Allein der Feldzug des J. 1405 endete ebenso unglücklich, indem Friedrichs Heer an der Ostgrenze des Appenzeller Landes, am Stoß, durch das verwegene Bergvolk die bekannte blutige Niederlage erlitt (17. Juni). So scheiterten die Bemühungen des Abtes um die Wiedererhebung seines Klosters und die Befestigung seiner Herrschaft. In den nächsten Jahren sah er sich wehrlos den Siegern preisgegeben, die nun ihrerseits keine Rücksicht walten ließen. Die Kräfte seines Stiftes waren durch den Krieg völlig erschöpft, Schulden angehäuft, Güter und Einkünfte verpfändet. So sehr war er durch den Krieg aller Mittel entblößt, daß er zwei noch übrig gebliebene Laienbrüder mit Entlassungsscheinen versehen mußte, damit sie sich anderswo ihren Unterhalt suchen könnten. Er zog sich vor der immer drohender hervortretenden demokratischen Bewegung in seine feste Stadt Wil zurück, wurde aber schon im August 1407 durch die bedrängte Besatzung den Appenzellern und St. Gallern ausgeliefert, wieder in sein Kloster gebracht und, wie es in der ihm abgedrungenen Erklärung heißt, auf seine Bitten „in ihren Schirm genommen“. Die Niederlage der Appenzeller bei Bregenz gegen die Ritterschaft vom St. Georgenschilde (13. Januar 1408) scheint an seiner äußeren Lage wenig geändert zu haben. Immerhin hatte er die Genugthuung, daß König Ruprecht als berufener Friedensvermittler den von den Appenzellern gegründeten „Bund ob dem See“ aufhob und die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit von einer Untersuchung ihrer Briefe abhängig machte (11. April 1408). Die Untersuchung konnte nur zu Gunsten des Klosters ausfallen, aber die Appenzeller kümmerten sich wenig um die königliche Erklärung. Neue Unruhen drohten auszubrechen, als K. am 19. Octbr. 1411 in hohem Alter starb. Indirect hat er durch seine Regierung den Anlaß zu einer bedeutsamen Erweiterung der schweizerischen Eidgenossenschaft gegeben. Denn unmittelbar nach seinem Tode [386] gingen die Appenzeller ein Burg- und Landrecht mit 7 eidgenössischen Orten ein (November 1411) und ein Jahr später folgte die Stadt St. Gallen, die während des 14. Jahrhunderts ihren auswärtigen Stützpunkt bei den schwäbischen Reichsstädten gesucht hatte, den Spuren ihrer energischen Nachbarn. Vadian sagt von K., er habe viel auf Ehren und Pracht gehalten, „was ouch günstig allen denen, die in hoch und wol hieltend“. Die Quellen des Klosters rühmen seine Thätigkeit und seinen Eifer in der Gründung und Ausstattung kirchlicher Stiftungen. Aus der zerrütteten Lage, in der er die Abtei zurückließ, erhob sie sich erst wieder unter Ulrich VIII. (s. d.).

Vgl. Joachim v. Watt (Vadian), Chronik der Aebte des Klosters St. Gallen, herausg. von Ernst Götzinger, I, 466–514. Ild. v. Arx, Geschichten des Kantons St. Gallen, II, 78–141.