ADB:Müller, Heinrich (Anatom)

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Artikel „Müller, Heinrich“ von Albert von Kölliker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 557–558, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%BCller,_Heinrich_(Anatom)&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 16:09 Uhr UTC)
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Müller: Heinrich M., ein berühmter Anatom, wurde am 17. December 1820 zu Castell in Unterfranken geboren, als Sohn des gräflich Castell’schen Kanzleidirectors Gottlieb M. und seiner Frau Philippine geb. Meyer von München. Nach rühmlich absolvirten Vorstudien besuchte er die Universitäten München, Freiburg, Heidelberg, Würzburg und Wien, an welchen neben Döllinger sen. und Arnold besonders Henle und Rokitansky einen großen Einfluß auf seinen Bildungsgang ausübten. Im J. 1847 habilitirte sich M. in Würzburg und wandte sich erst der pathologischen Anatomie zu, welche er dann aber, als Virchow 1849 auf den pathologisch-anatomischen Lehrstuhl in Würzburg berufen wurde, mit der normalen und vergleichenden Anatomie vertauschte. Von dieser Zeit an trat er in nähere freundschaftliche Beziehungen zu seinem Collegen Kölliker, die zuletzt zu einer Theilung gewisser Disciplinen und zu einer gemeinschaftlichen oder abwechselnden Vertretung anderer führten. Im J. 1852 wurde M. Extraordinarius und 1858 Ordinarius mit den Nominalfächern: topographische und vergleichende Anatomie, neben denen er auch einen Theil der systematischen Anatomie, dann Histologie und mikroskopische Curse las. So wirkte M. segensreich bis zum Jahre 1864, in welchem er am 10. Mai, noch nicht 44 Jahre alt, in wenigen Tagen einer Gesichtsrose erlag. Müller’s Hauptfeld der Thätigkeit war die Anatomie des Auges, die er mit glänzenden, unübertroffenen, mikroskopischen Arbeiten über die Ausbreitung des Sehnerven in der Retina beim Menschen und bei Thieren begann und angeregt von v. Gräfe auch auf die Erkrankungen des so wichtigen Organes ausdehnte, so daß er bald die erste Autorität in diesem Gebiete wurde [558] und nicht nur bei den berühmtesten Ophthalmologen, wie v. Gräfe, Donders, Bowman, Arlt, die höchste Anerkennung sich erwarb, sondern auch der Begründer einer Schule wurde, die die gründliche Erforschung der Anatomie des Auges auf ihre Fahne schrieb und aus der eine große Anzahl noch jetzt wirkender hervorragender Augenärzte hervorgingen. Müller’s Arbeiten über das Auge sind in vielen, zum Theil sehr umfangreichen Journalartikeln enthalten, außerdem aber auch in einem nach seinem Tode von Professor Becker in Heidelberg redigirten Sammelwerke zusammengestellt. Würdig reihen sich diesen Arbeiten vergleichend-anatomische Studien an, unter denen diejenigen über die Cephalopoden (Entdeckung des Männchens der Argonauta) und Salpen die Bemerkenswerthesten sind, ferner zahlreiche Untersuchungen im Gebiete der mikroskopischen Anatomie. Die berühmtesten unter diesen sind die über die Entwickelung des Knochengewebes, welche die Frage über die Beziehungen des ächten Knochens zum Knorpel zuerst zum Abschluß brachten. Wie als Schriftsteller und Forscher so wirkte M. auch als akademischer Lehrer mit entschiedenem Erfolge und dem größten Eifer und hatte einen wesentlichen Antheil an dem Wiederaufblühen der Würzburger medicinischen Facultät, das in die fünfziger Jahre fällt.

Müller’s schriftstellerische Arbeiten sind in den Sitzungsberichten der Würzburger phys.-medic. Gesellschaft vom Jahre 1864 aufgezählt, woselbst auch ein ausführlicher Nekrolog sich findet. Alle wesentlichen Untersuchungen über das Auge enthält: Heinrich Müller’s gesammelte und hinterlassene Schriften zur Anatomie und Physiologie des Auges, 1. Bd. Gedrucktes, herausgegeben von Otto Becker, 400 S. m. 5 Taf. Leipzig, 1872. Eine große Zahl mikroskopischer Präparate, über 1000, sind als Müller’sche Sammlung dem Würzburger Institute für vergl. Anatomie einverleibt.