ADB:Merz, Georg

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Artikel „Merz, Georg“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 480–482, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Merz,_Georg&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 06:55 Uhr UTC)
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Merz: Georg M., Optiker (Mitbegründer des heute noch nach ihm benannten Optischen Instituts zu München), wurde als der Sohn des Meßners und Leinwebers Anton M. am 26. Januar 1793 zu Bichl geboren, besuchte die Schule im benachbarten Stift Benedictbeuern und half dem Vater mit Pflug und Spaten, bis Geheimrath v. Utzschneider 1808 in den Räumen des säcularisirten Benedictinerstiftes Benedictbeuern eine Fabrik zur Bereitung des Flint- und Crown-Glases für sein optisches Institut errichtete. Hier fand M. mit andern jungen Leuten, welche außer den gewöhnlichen Arbeiten auch zur Erlernung der Theorie angehalten wurden, Aufnahme und weiteren Unterricht in der Mathematik durch den Exconventualen P. Amand Rauch. M., welcher tagsüber an der Schleifbank saß, studirte mit brennendem Eifer nach der Arbeit bis zu Mitternacht und that sich alsbald so vortheilhaft hervor, daß er Vorarbeiter der Glasschleiferei und Fraunhofer’s Amanuensis wurde, als solcher an den Berechnungen der achromatischen Objective theilnahm und die optische Montirung sämmtlicher Instrumente vorzubereiten hatte. Nach Fraunhofer’s (am 7. Juli 1826 erfolgten) Tode nahm ihn Utzschneider als Geschäftsleiter an und [481] übertrug ihm alsbald die Direction des optischen Instituts. Sein erstes Werk an der Spitze dieser Anstalt war die Spaltung des sechszölligen Objectives für den beinahe vollendeten Königsberger Heliometer, welcher 1829 München verließ; noch in demselben Jahre konnte auch der von Fraunhofer gleichfalls unvollendet gelassene Berliner Refractor aufgestellt werden. Gleichzeitig erfolgte die Vollendung eines ausgezeichneten Mikroskops. Für den noch mächtigeren, im Auftrag der baierischen Regierung nach der Bogenhauser-Sternwarte (bei München) bestellten Refractor gelang ein Objectiv von zehn und einen halbem Zoll (Pariser Maß) Oeffnung; das damals bedeutendste dioptrische Werkzeug konnte 1835 installirt werden. Mit dem Jahre 1839, wo M., welcher bisher auf Utzschneider’s Rechnung das Geschäft führte, dasselbe übernahm, beginnt die Glanzperiode dieser Anstalt: Die berühmten Pulkowaer Instrumente, für welche M. die sämmtlichen größeren Objective gefertigt hatte, waren vollendet. Das größte, ein Refractor von 21 Fuß Länge und 14 Zoll Oeffnung, hatte unten die dreifache effective Oeffnung des mit Recht bewunderten großen 9zölligen Refractors von Fraunhofer zu Dorpat. Von Struve ergeht sich in den größten Lobeserhebungen über die Leistungen dieser neuen Gläser und Kaiser Nikolaus ehrte die Verdienste von M. noch durch Verleihung der goldenen Medaille für Kunst, nachdem er vorher selbst den Kaufpreis des großen Refractors aus eigenem Wohlgefallen um 2000 Gulden erhöht hatte. Die Astronomen aller Länder eilten nach Pulkowa und die unübertrefflichen Leistungen von M. waren bald allgemein anerkannt. Es folgten sofort neue größere Aufträge. Die Sternwarten von Bonn, Kiew, Washington, Cincinnati und New-Cambridge bestellten ihre Riesen-Fernröhre in München. Letzt genannter Refractor, dem Hauptinstrument von Pulkowa gleich an Dimension, bewährte nicht minder seine außerordentliche Kraft. In Bond’s Händen war er bald ausersehen, mit dem kostbaren Riesen-Reflector von Roß in Concurrenz zu treten. Die Sternwarten zu Cambridge, Capstadt in Afrika, Neu-Hannover (Nordamerika), Oxford, Fredrictown, Shelbyville (N.-Amer.), Madras in Indien, Greenwich, Mexico, Lissabon wurden mit großen Instrumenten bereichert. Mittelst der Merz’schen Fernröhre ist eine Anzahl neuer Planeten entdeckt worden; diese Instrumente bilden die Basis für die rechnende Astronomie; ohne sie wären unsere genauen Sternkarten nicht möglich. Ehren und Anerkennungen erfolgten für den Mann, welcher, in München beinahe unbekannt, an seinem Hause, aus welchem solch’ berühmte Werkzeuge der Wissenschaft in die weite Welt gingen, nur ein bescheidenes Blechtäfelchen als kaum bemerkbare Firma führte. Als König Maximilian II. das erste Ordensfest beging, wurde M. vor anderen Industriellen mit dem Ritterkreuz I. Klasse des St. Michael-Ordens ausgezeichnet. Nach Vollendung vieler mächtigen Instrumente, darunter die 10zölligen Refractoren für die Sternwarten zu Moskau und Madrid, bestellte auch Pater Secchi einen Neunzöller, nach dessen Aufstellung zu Rom Pius IX. das Ritterkreuz des St. Sylvester-Ordens an M. verlieh. Einen siebenzölligen Refractor lieferte M. für Director Hansteen nach Christiania, einen zehnzölligen Refractor für Moskau (Draschoussoff), einen sechszölligen Refractor für Staatsrath von Paalsgard. M., welcher inzwischen seine beiden Söhne Ludwig und Sigmund unter der Firma „Merz u. Söhne“ in sein Geschäft aufgenommen hatte, erhielt bei der Londoner Ausstellung für einen kleinen Refractor mit veränderlicher Polhöhe die große Preismedaille. Nicht allein mit seinen Instrumenten zeichnete sich M. aus, sondern erwarb auch durch seine humanen und charitativen Bestrebungen sich die allgemeine Hochachtung; so stiftete er z. B. 1858 mit einer bedeutenden Summe einen Freiplatz im Bürgerspital zum Besten der Arbeiter seiner Anstalt. M. starb am 12. Jan. [482] 1867 und hinterließ das Optische Institut seinem Sohne Sigmund M., welcher fast 25 Jahre mit ihm gearbeitet hatte; seine (erste) Gattin und sein ältester Sohn Ludwig M. (s. S. 484) waren ihm schon lange vorangegangen. – Ein Locomotiv aus Maffei’s Fabrik trägt den Namen G. Merz.

Vgl. Schaden, Artistisches München 1836, S. 73. Nekrolog im Kunst-Gewerbe-Blatt, 1868, S. 378 ff.