ADB:Schlotheim, Ernst Friedrich Freiherr von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schlotheim, Ernst Friedrich Freiherr v.“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 550–551, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schlotheim,_Ernst_Friedrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 7. Mai 2024, 12:55 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 31 (1890), S. 550–551 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ernst Friedrich von Schlotheim in der Wikipedia
Ernst Friedrich von Schlotheim in Wikidata
GND-Nummer 117330485
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|31|550|551|Schlotheim, Ernst Friedrich Freiherr v.|Wilhelm von Gümbel|ADB:Schlotheim, Ernst Friedrich Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117330485}}    

Schlotheim: Ernst Friedrich Freiherr v. S., Oberhofmarschall und Wirkl. Geheimer Rath in Gotha, bekannt durch seine vortrefflichen paläontologischen Schriften, ist am 2. April 1764 auf dem Schlotheimischen Schloßgute Almenhausen in Thüringen geboren und am 28. März 1832 in Gotha gestorben. Derselbe besuchte zuerst auf der Universität Göttingen juridische Collegien und hörte dann in Freiberg naturwissenschaftliche und montanistische Vorlesungen. Nach Beendigung der Studien trat S. in die juridische Laufbahn ein, wurde 1793 erst Beisitzer, dann 1805 dirigirender Rath und endlich 1817 Präsident des Kammercollegiums in Gotha, welche Stellung er bis 1828 inne hatte. Neben seinem amtlichen Dienste beschäftigte sich S. schon frühzeitig mit dem Aufsammeln von Versteinerungen, legte sich eine Sammlung an und suchte nach dem Vorgange von Walch und Schulze die Lücke in den wissenschaftlichen Publicationen auszufüllen, welche damals noch in der Kenntniß der Pflanzenversteinerung [551] bestand. Dazu benutzte er hauptsächlich das reiche Material, welches in den Steinkohlenbergwerken Thüringens, namentlich bei Manebach gefunden und aufgesammelt worden war. Schon in Hoff’s Magazin für gesammte Mineralogie hatte S. eine Beschreibung von diesem Vorkommen gegeben und publicirte 1804 ein mit gut ausgeführten Abbildungen reichlich geschmücktes phytopaläontologisches Werk: „Beschreibung merkwürdiger Kräuterabdrücke“. Er führt darin unter Anderem aus, daß die meisten dieser Pflanzenreste als Abkömmlinge baumartiger Farne zu betrachten seien und zog aus ihnen die Folgerung, daß sie einem wärmeren Klima der Vorzeit angehören müßten. 1813 publicirte S. eine chronologische Uebersicht der ihm damals bekannten Versteinerungen, nach den verschiedenen Formationen geordnet, in welchen sie sich vorfinden (Mineral. Taschenbuch von Leonhard VIII, 3) und wies dabei auf die Wichtigkeit der Versteinerungen für die Bestimmung des relativen Alters der verschiedenen Gesteinschichten hin. Später verlegte sich S. hauptsächlich auf das Auffinden und Studium von Thierüberresten. Ein größeres vortreffliches Werk ließ er 1820 unter dem Titel: „Die Petrefactenkunde auf ihrem jetzigen Standpunkte“ mit zahlreichen Tafeln erscheinen, dem 1822 und 1823 zwei Nachträge folgten. Dasselbe kann als grundlegend, namentlich für die Versteinerungskunde des Muschelkalks bezeichnet werden. In der Einleitung gibt er eine gute Uebersicht über den damaligen Stand der Paläontologie und macht die sehr richtige Bemerkung, daß die Formen und Klassen der Versteinerungen des Thier- und Pflanzenreichs immer fremdartiger und unbekannter werden, je höher das relative Alter der Gebirgsformation ansteige. Er gibt zwar zu, daß Erdrevolutionen mehrfach eingetreten seien, bestreitet aber auf das bestimmteste, daß die in den verschiedenen Gesteinsschichten vorkommenden verschiedenartigen organischen Ueberreste als die Erzeugnisse stets sich wiederholender Erdrevolutionen und neuer Schöpfungen angesehen werden dürften. Die Schöpfung sei nicht gleichsam ein abgethanes Geschäft in einem kurzen Zeitraum; sie wirke vielmehr ins Unendliche fort und alles Mögliche und Nothwendige verändere und bilde sich nach unveränderlichen Gesetzen in den günstigen Augenblicken um. In diesen Aeußerungen sehen wir die Ansicht einer allmählichen fortschreitenden Umformung der organischen Wesen bereits deutlich ausgesprochen. Man kann S. in der That als den Begründer einer neuen wissenschaftlichen Behandlung der Versteinerungen in Deutschland bezeichnen. Auch später war S. noch vielfach auf paläontologischem Gebiete thätig und lieferte mehrere Abhandlungen im Bergmännischen Journal, in v. Hoff’s Magazin für Mineralogie und Leonhard’s mineralogischem Taschenbuche. Seine Sammlung, welche lange Zeit hindurch als die beste ihrer Art galt, ging später in den Besitz der Berliner Universität über. Als seine letzte Arbeit auf diesem Gebiete erschien die Schrift: „Merkwürdige Versteinerungen“ 1832. Inzwischen war S. auch zu hohen Ehren und Würden emporgestiegen, wurde zum Oberhofmarschall und wirklichen geheimen Hofrath in Gotha ernannt und war außerdem Mitglied vieler gelehrten Gesellschaften.

Poggendorff, biogr.-litt. Handwb. II, 810. – Zittel, Beitr. z. Gesch. d. Paläontologie, S. 170.