Am Grabe meines Alfred

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Textdaten
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Autor: Rudolf Gottschall
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Titel: Am Grabe meines Alfred
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 32, S. 530–531
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1878
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[530]
Am Grabe meines Alfred.


So bist Du früh dahingegangen,
Den ewig Schlummernden gesellt,
Mit diesem glühenden Verlangen
Nach jedem höchsten Preis der Welt,

5
Mit diesem Streben unermessen,

Mit diesem Geist so scharf und klar …
Im Windhauch schauern die Cypressen …
Dahin, dahin auf immerdar!

Wie oft mit meinem Vatersegen

10
Erfleht’ ich Dir ein hohes Glück

Und sah von späten Lebenswegen
Auf Deiner Jugend Lenz zurück.
Wohl durft’ ich seinen Zauber hüten
Und mehren seiner Freuden Glanz;

15
Es wurden alle seine Blüthen

Für mich ein jugendfrischer Kranz:

[531]

Da klang mir aus dem Neckarthale
Des frohen Sanges Wiederhall,
Das Hoch bei schäumendem Pokale

20
Und der gekreuzten Schläger Schall ...

Und jetzt ... nur Trauerlieder schwingen
Mit schwarzem Flug sich durch die Luft.
Noch einmal blitzen blanke Klingen:
Der Freunde Gruß an off’ner Gruft.

25
Jetzt bringt mir Wehmuth jede Wonne,

Die schmerzlich das Geschick verklagt;
Mich mahnt der heit’re Blick der Sonne
An Alles nur, was Dir versagt.
Mein Gram umflort, was einst Dir theuer,

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Seitdem Dein liebes Auge brach,

Aus dem der Jugend Muth und Feuer,
Der edeln Seele Zauber sprach.

Für alles Große, Gute, Schöne
War Dein begeistert Herz erglüht:

35
Es zog die Harmonie der Töne

Hell durch Dein innerstes Gemüth.
Doch ach, die selbstgeschaff’nen Lieder,
Sie regten ihre Fitt’ge kaum,
Da rollt die Scholle dumpf hernieder

40
Auf eines künft’gen Lorbers Traum.


O, Alles, wächst dem Licht entgegen
Selbst Deines Grabes Zier gedeiht!
Die junge Esche muß sich regen,
Bis sie dem Marmor Schatten leiht;

45
Die Cedern selbst zu dunkler Fülle

Entfalten sich von Jahr zu Jahr ...
Starr ruhst Du in der Leichenhülle;
Dahin, dahin auf immerdar!

So ist von mir ein Freund geschieden,

50
Der fest an meinen Stern geglaubt!

Du fandest allzufrüh den Frieden,
Den scheidend Du mir selbst geraubt.
Um Deine Jugend ward ich ärmer,
Die mir ein doppelt Leben gab! ..

55
Der Abend sinkt .. ein Dämm’rungsschwärmer

Umschwebt mit müdem Flug Dein Grab.

 Rudolf Gottschall.