An unsere Leser (Die Gartenlaube 1870/32)

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Textdaten
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Autor: Redaction der Gartenlaube
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Titel: An unsere Leser
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aus: Die Gartenlaube, Heft 32, S. 512
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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An unsere Leser!

Der Kampf des einigen Deutschlands gegen Frankreich hat begonnen, und unserer gerechten Sache kann der Sieg nicht fehlen! Dieser Sieg will aber mit der äußersten und allgemeinsten Opferfreudigkeit errungen sein.

Wie tief auch die Erbitterung über den französischen Kriegsherrn, dessen Kaiserreich die Lüge ist, und die Verachtung gegen eine Volksvertretung von Bedientenseelen und eine von solchen Händen am Gängelbande geführte Nation in jedem deutschen Herzen pocht, so sagt uns doch der Verstand, daß wir diesen Feind in seiner kriegerischen Fähigkeit nicht unterschätzen dürfen, sondern daß die zwei gewaltigsten Gegner Europas dem blutigsten Kampfe des Jahrhunderts entgegengehen.

Darum sehen wir auch, daß unsere sämmtliche waffentüchtige Mannschaft bis zur Landwehr und den Ersatzmannschaften hinauf zu den Fahnen gerufen ist.

Dieser Marschbefehl schließt ein Thor von Elend auf! Denn er reißt den Gatten vom Weibe, den Vater von den Kindern, den Ernährer vom häuslichen, nur durch seinen Fleiß gewärmten Herd.

Hier ist die allererste Hülfe nöthig! – Hier gilt’s nicht nur der augenblicklichen Noth und dieser nur nothdürftig steuern, nein, hier gilt’s, daß die allgemeine Liebe die des Vaters und Gatten ersetze, damit dem scheidenden Manne das Herz unter dem Waffenrocke, das der Jammer über das Verlassen der Lieben schon tief genug drückt, wenigstens frei sei von der ärgsten Sorge um sie. Unsere Soldaten müssen überzeugt sein, daß die Ihrigen in Gottes und braver Bürger Hut stehen; sie müssen mit der Beruhigung das Leben dem Feinde entgegentragen, daß selbst ihr Tod für die Ihrigen wohl der größte Schmerz, doch nicht das größte Unglück werden könne.

Diese Liebes- und Dankespflicht für unsere verehelichten Kämpfer erfordert aber die energischeste Zusammenraffung aller Kräfte. Keine Stunde darf versäumt werden! Wie wackere Männer von Stettin ihren Pommerischen Mitbürgern, so rufen wir durch die Gartenlaube allen Deutschen zu:

„Für’s Vaterland die Herzen auf, die Truhen auf! Jetzt ist Euer Herz geöffnet – so zaudert nicht. Vertagt eine Schuld nicht, die Ihr heut’ lösen könnt. Gedenket, wie Eure Väter, Eure Mütter das Theuerste, was sie besaßen, einst freudig dahingaben, vom Finger den goldenen Ehering, vom Haupte den wallenden Haarschmuck. Und sie waren arm gegen uns, sie waren ausgesogen durch dasselbe Räuberthum, das jetzt mit blutgierigem Geheul sich gegen unsere Grenzen heranwälzt. So laßt uns nicht kargen. Was frommt uns der eitle Tand, wenn das Vaterland in Stücke geht! Gold für Eisen!

Jeder Ort, jede Stadt muß es sofort für eine Ehrensache erklären:

die Frauen und Kinder unserer unbemittelten Wehrleute,

welche trotz redlichsten Fleißes doch keinen Sparpfennig für Tage der Noth zurücklegen konnten, in ihre sorgsamste Obhut und Pflege zu nehmen. Schande über jede Bürger- und Bauernschaft, die diese Ehrenpflicht nicht erfüllte!

Für arme Ortschaften, für welche das Opfer unerschwinglich sein sollte, hat aber der Glücklichere zu sorgen, und so achten wir nicht die Bitte, sondern die Mahnung an alle unsere Leser im Vaterlande, vor Allem aber auch an die treuen Landsleute in der Fremde dies- wie jenseits der Meere, jetzt als Deutsche ihre Schuldigkeit zu thun! Zu ihnen dringt die „Gartenlaube“ oft von allen deutschen Zeitschriften allein vor, und darum erbietet sie sich auch, alle Vaterlandsopfer aus Amerika, wie aus Rußland, aus Australien, wie aus England, von den fernsten Inseln des stillen Oceans, wie aus Ungarn, Italien und allen Ländern, welche deutscher Culturhöhe ihre Anerkennung nicht versagen, zu empfangen, öffentlich zu quittiren und zu ihrer Bestimmung an die betreffenden Behörden und Vereine in ganz Deutschland zu befördern.

Wir eröffnen die Sammlung mit folgenden Beiträgen:

A. Wiede 25 Thlr., Dr. Fr. Hofmann 3 Thlr.; H. Oelschläger 3 Thlr.; Dr. A. Fränkel 3 Thlr.; Lina 10 Thlr.; Melanie 5 Thlr; einige Markthelfer des Keil’schen Geschäfts 5 Thlr.; Redaction der Gartenlaube 100 Thlr.; Professor Bock 20 Thlr.; Ed. Kauffer 3 Thlr.; Aarland 5 Thlr.; Gradinar 1 Thlr.; P-p 3 Thlr.; Schuwardt 1 Thlr.; Heinr. Doerge 5 Thlr.; Hoehme in Zwoenitz 5 Thlr.; C. F. Sußmann 3 Thlr.; A. Bernsdorff 3 Thlr.; Adolf Gumprecht 15 Thlr.; Albert Traeger 5 Thlr.; Karl Reißenberger, Student aus Siebenbürgen, 1 Thlr.; Buchb. Wolfram 5 Thlr.; August Wiede 5 Thlr.: Sidonie Wiede 3 Thlr.; F. H., Lehrer, 10 Thlr.; C. Lange 2 Thlr.; Knorr 2 Thlr.; Fräulein Poller 10 Thlr.; Frau N. 5 Thlr.; Geschwister N. 2 Thlr.; C. N. 20 Thlr.; Dr. Ferdinand Stolle 5 Thlr.; Marie für ein bereits vor 5 Jahren schlafengegangenes deutsches Herz 1 Thlr.; Ella, die Letzte auf der zweiten Bank, 3 Thlr.; Hp. 5 Thlr.; Kl. 10 Thlr.; „Deutschland über Alles“ aus Bockau 10 Thlr.; Ch. A. M. T. Fr. 5 Thlr.; Carl, Bertha, Marianne in Dresden 3 Thlr.; ein armes Dienstmädchen 5 Ngr.; der erste Wiener Turnverein für die ersten Verwundeten 80 Gulden; B. Kl. L. 10 Thlr.; Frau A-n 4 Thlr.; Adv. Kind 25 Thlr.; Pauline v. Hoffmann 50 Thlr.

Gruß in alle Fernen, wo man mit uns ausruft: „Deutschland über Alles!“

Leipzig, den 18. Juli 1870.
Redaction der Gartenlaube.