BLKÖ:Hoffmann, Leopold Alois
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 9 (1863), ab Seite: 161. (Quelle) | |||
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Denis [Bd. III, S. 238] in Wien einschickte und von diesem durch ein nachsichtiges Urtheil bestimmt wurde, den Pfad der Schriftstellerei zu betreten. Da ihm die Jesuiten, in deren Orden er eintreten wollte, die Aufnahme verweigerten, verließ er Breslau und begab sich nach Prag, um dort Lohnschriftstellerei zu treiben. Er schrieb nun Recensionen, ein Trauerspiel, das wenig Gnade vor der Kritik fand, gab eine Monatschrift heraus, die nicht länger währte als ihr Titel besagte, vertheidigte in einem Libell die Juden, beschäftigte sich mit Kindererziehung, mit der es ihm aber auch nicht glücken wollte und sah sich mit einem Male genöthigt, diesen Boden seiner ersten literarischen Thätigkeit zu verlassen und nach Wien zu übersiedeln, wozu ihm gute Freunde durch eine Collecte verhalfen. In Wien, wo die Preßfreiheit freien Spielraum gewährte, nahm ihn der Buchdrucker und Buchhändler Schönfeld in Sold und übertrug ihm die Herausgabe einer Predigtenkritik, wozu sich damals wie heute bei dem Fanatismus unberufener Eiferer, welche Politik und Religion vermengten, mehr als genug Stoff fand. Aber bald trat Gemmingen [Bd. V, S. 131 in den Quellen] an Hoffmann’s Stelle und dieser in Gemmingen’s Dienste als dessen Secretär; durch Gemmingen wurde Hoffmann auch in die Geheimnisse des Illuminatenordens eingeweiht. Die Entschiedenheit verbunden mit Besonnenheit, welche H. als Herausgeber der Predigtenkritik beurkundete, verschaffte ihm das Wohlwollen des mit der Reorganisation des Unterrichtswesens betrauten Freiherrn van Swieten, der sich seiner annahm, als H. nach Gemmingen’s Abreise von Wien und nach dem Aufhören der „Wochenschrift“ aller Subsistenzmittel beraubt, auf sich selbst angewiesen war. Van Swieten ernannte ihn aus Mitleiden zum Professor der deutschen Sprache in Pesth (1785). In Pesth blieb H. bis zum Jahre 1790 und bildete in der Bekanntschaft Gotthardy’s, [162] eines bankerotten Kaffeesieders und nachmaligen Polizeicommissärs, jenes Spionir- und Denunciationstalent aus, welches in der Folge seinen Namen der allgemeinen Verachtung preisgab. Als die Deutschen in Pesth von den Ungarn verjagt wurden (1790), kamen die beiden Freunde Gotthardy und Hoffmann nach Wien, und nun beginnt jene Periode in Hoffmann’s Leben, welche schon von seinen Zeitgenossen Alxinger und Huber schonungslos und mit Recht öffentlich gebrandmarkt wurde [vergl. die Quellen]. Uebrigens verhalf ihm seine Dienstfertigkeit zu einem Amte, er wurde Professor der deutschen Sprache, des Geschäftsstyls und der praktischen Beredsamkeit an der Wiener Universität und k. k. Rath. Sein Hauptgeschäft aber war Spionage und Denunciation. Der in Paris in der ersten Revolution entstandene Clubb der Jacobiner, so genannt von dem Kloster der Jacobinermönche, wo er sich versammelte, galt bald als eine Gesellschaft, die über ganz Europa ihre Filialen erstreckte. Die von Tag zu Tag sich mehrende Zahl von Illuminaten, Freimaurern und Rosenkreuzern steigerte diesen Verdacht und jeder von den Genannten galt als Jacobiner. Hoffmann, selbst Mitglied der letztgenannten Vereine, hatte also eine reiche Ernte vor sich; da er leider hohen Orts Gehör fand, leistete er Außerordentliches und machte viele Menschen unglücklich. Zu gleicher Zeit wollte er sich als Publizist bemerkbar machen und veröffentlichte die beiden Staatsschriften: „Babel“ und „Ninive“, ohne jedoch den Ungarn gegenüber, gegen welche dieselben gerichtet waren, irgend einen Erfolg zu erzielen. Eines ehrlichen Wollens, der Festigkeit und des Muthes von Seite der Regierung bedürfte es einem solchen Volke gegenüber und nicht der politischen Radomontaden eines Abenteurers, der längst aller Achtung baar, feil für jede Summe und überdieß ohne Geist war. War H. als Publizist lächerlich geworden, so wurde er als Denunciant fürchterlich und um so gefürchteter als er Vertrauen fand. Die rechtschaffensten, verdienstvollsten Männer erduldeten die empörendsten Vexationen und erst ein fast geringfügiger Umstand brach seine gefährliche Macht. Franz Xaver Huber entwarf den Plan zu einem Tageblatte, betitelt: „Das politische Sieb“. Es sollten darin alle öffentlichen Beamten, die entweder nachlässig oder parteiisch verfuhren, alle Thorheiten des Adels, kurz alle Uebelstände gerügt, figürlich gesiebt werden. Dieser Plan gefiel höchsten Ortes sehr und fand die kräftigste Unterstützung. Durch dieses Blatt kam Huber in jene Kreise, in welchen Hoffmann bisher allmächtig gewesen, und hatte Gelegenheit, die verbrecherischen Verleumdungen des Spions bloszulegen, was er endlich auch öffentlich in der Schrift that: „Kann ein Schriftsteller wie Professor Hoffmann Einfluß auf die Stimmung der Völker und die Denkart ihrer Fürsten haben?“ Aber diese Schrift Huber’s, obgleich sozusagen auf höchsten Befehl verfaßt, bereitete ihrem Verfasser selbst nicht geringe Unannehmlichkeiten, die eine schlimme Wendung nehmen konnten, wenn nicht der Eintritt großer Ereignisse der ganzen Sache wie allen Verhältnissen einen Umschwung gegeben hätte. Der plötzlich eingetretene Tod des Kaisers Leopold machte bei der damaligen politischen Weltlage nicht geringe Sensation. Hoffmann, der schon früher mehrere Beweise Allerhöchster Ungnade erfahren hatte, dessen Lehrfähigkeit man, nach erstatteten Berichten und nicht ohne Grund bezweifelte, wurde 1792 seines [163] Amtes enthoben und in den Ruhestand versetzt, den er von aller Welt verachtet in trauriger Zurückgezogenheit zu Wiener Neustadt verlebte, wo er endlich im Alter von 58 Jahren mit dem schmachvollen Andenken eines elenden Verleumders und von tödtlichem Gram verfolgt, starb. Hoffmann’s Schriften, die zum Theile Talent verrathen, dem es nur an gehöriger Durchbildung und an Charakter fehlte, zählen zur Zeit in die Kategorie der Wienerischen Curiosa und dürfte eine vollständige Suite derselben, die ein psychologisches Interesse böte, kaum mehr aufzutreiben sein. Es sind in chronologischer Folge (die mit einem * bezeichneten sind anonym erschienen): „Gedichte“ (Breslau 1778. J. F. Korn, 8°.), – „Triumph des Friedens. Ein Melodrama“ Prag 1779, 8°.); – „Ueber die Juden und deren Duldung“ (Prag 1781, 8°.); – „Seelenbeschreibung der Stadt Wien“ (Wien 1782); – „Willmanns Leben und Reisen“. 1. Theil (Prag 1783, 8°.); – *„Wöchentliche Wahrheiten für und über die Prediger in Wien“. 9 Bände (Prag 1782–1784, Schönfeld, 8°.), mit zahlreichen Beiträgen von J. M. Weissegger; – *„Für Herrn Joseph Pochlin. Von den Verfassern der wöchentlichen Wahrheiten für und über die Prediger in Wien. Auf allgemeines Verlangen herausgegeben“ (Wien und Prag 1782, 8°.); – „Ueber den Gottesdienst und die Religion in den österreichischen Staaten“. 6 Theile (Wien 1783 bis 1785, 8°.), ist als eine Fortsetzung der Wöchentlichen Wahrheiten u. s. w. anzusehen; – „Der vertraute Mönch in seiner Blässe“ (Prag und Wien 1783, 8°.); – *„Zehn Briefe von der schlesischen Gränze an den Verfasser der Briefe aus Berlin“ (Wien 1784); – „Vermischte kleine Schriften“. 2 Theile (Pesth 1785, Eggenberger); – *„Werden wir Katholiken nach im Jahre 1786 fasten müssen?“ (Wien 1786, 8°.); – *„Joseph des Zweiten Reformation der Freimaurer“. 2 Stücke (Deutschland [Wien 1786, Wucherer] 8°.); – „Geschichte der Päpste von Petrus bis Urban II.“ 2 Theile (Wien 1786–1791, Hartleben); – *„Briefe eines Biedermanns an einen Biedermann, über die Freimaurer in Wien“ (Wien 1786, Wucherer, 8°.); – „Miscellen“ (Pesth 1788, Käpf, 8°.); – „Ninive, fortgesetzte Fragmente über die Angelegenheiten in Ungarn“ (Wien 1790, 8°.); – „Der Dorfpfarrer. Schauspiel“ (Wien 1790, 8°.); – „Vorlesungen über die Philosophie des Lebens“ (Wien 1791. 8°.); – *„Babel; Fragmente über jetzige politische Angelegenheiten in Ungarn“ (Wien 1791, Degen, 8°.); – „Anleitung zur christlichen Beredsamkeit. Ein Handbuch für Prediger“ (Wien 1790, 2. Aufl. 1791, Wucherer 8°.); – „Wiener Zeitschrift, 2 Jahrgänge 1792 und 1793“, I, in 12, II, in 6 Heften (Wien 1792 und 1793, 8°.); – „Höchstwichtige Erinnerungen über Angelegenheiten unseres Zeitalters“. 2 Theile (Wien 1795 und 1796, 8°.); – „Aktenmässige Darstellung der deutschen Union“ (Wien 1796, Schaumburg, 8°.); – „Lehrbuch einer christlichen, aufgeklärten Lebensweisheit für alle Stände“. 1. Theil (Wien 1797, Rehm’s Witwe, 8°.); – „Herzerleichterung an das Publikum besonders an die Leser meiner Geschichte der Päpste über die Fortsetzung dieser Geschichte durch einen Anonymus“ (Wien 1801, Rehm, 8°.); – „Schreiben an den Oberconsul Frankreichs, Bonaparte“ (Wien 1802, Rehm, 8°.). Besonders bemerkenswerth ist es, daß H. mit seinen „Wöchentlichen Wahrheiten“ und der sich daran schließenden Schrift: „Ueber den Gottesdienst und die Religion“, das Banner der Aufklärung schwang und als Fortschrittsmann seinem Namen einigen Glanz verlieh; plötzlich aber sprang er von dem betretenen Pfade ab, und im grellen Gegensatze zu den ersteren Schriften, bekämpfte und verdächtigte er die [164] Fortschrittspartei, sie als eine geheime, verschworene Rotte des Umsturzes aller Religion und Sittlichkeit mit einem Feuereifer verfolgend, der, wenn er die Macht gehabt hätte, im letzten Decennium des 18. Jahrhunderts die grellsten Scenen der Inquisition des Mittelalters in verdoppelter Gräßlichkeit wiederholt haben würde. Aber der abgeschossene Pfeil kehrte vernichtend um und traf den Schützen.
Hoffmann, Leopold Alois (Schriftsteller, geb. zu Wien, nach Anderen in Böhmen 1748, gest. zu Wiener Neustadt 2. September 1806). War der Sohn eines deutsch-böhmischen Schneiders und studirte in Breslau, wo er frühzeitig mit Poesie sich beschäftigte, ein Bändchen Gedichte an- Alxinger (Joh. Bapt. von), Anti-Hoffmann, 2 Theile (Wien 1792, 8°.). – Huber (Franz Xav.), Kann ein Schriftsteller wie Hoffmann Einfluß auf die öffentliche Stimmung haben? Wien 1792, 8°.). – (Pipitz) Der Jacobiner in Wien. Oesterreichische Memoiren aus dem letzten Decennium des achtzehnten Jahrhunderts (Zürch 1842). S. 94 u. f., 102 u. f., S. 114–122. – Hoffmann (Leop. Alois), Höchst wichtige Erinnerungen über Angelegenheiten unseres Zeitalters. 2 Bde. (Wien 1795 und 1796, 8°.) [war lange von der österreichischen Censur confiscirt]. – Baur (Samuel), Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem ersten Jahrzehend des neunzehnten Jahrhunderts gestorben sind (Ulm 1816, Stettini, gr. 8°.) Bd. I, Sp. 630. – (Gräffer, Franz) Josephinische Curiosa (Wien 1848. 8°.) Bdchn. IV, S. 332. – Oesterreichische Biedermanns-Chronik. Ein Gegenstück zum Fantasten- und Prediger-Almanach (Freiheitsburg [Akademie in Linz] 1785, kl. 8°.) S. 99. [Die Aufnahme des erbärmlichen Denuncianten Hoffmann in die Reihe der Biedermänner war wohl verfrüht.] – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. II, S. 609 [nach dieser wäre er bereits 1801 gestorben].