BLKÖ:Leiningen-Westerburg, Christian Franz Seraphin Vincenz Graf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 14 (1865), ab Seite: 330. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Christian zu Leiningen-Westerburg in der Wikipedia
Christian Graf von Leiningen-Westerburg in Wikidata
GND-Eintrag: [1], SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Leiningen-Westerburg, Christian Franz Seraphin Vincenz Graf|14|330|}}

Leiningen-Westerburg, Christian Franz Seraphin Vincenz Graf (k. k. Feldmarschall-Lieutenant, geb. zu Gratz in Steiermark 10. Februar 1812, gest. zu Krakau 1. October 1856). Ein Sohn des Grafen Christian Ludwig [s. d. S. 331], wurde er nach des Vaters frühzeitigem Tode von seinem Onkel August [s. d. S. 326] erzogen und für den Militärstand vorbereitet. Des tapfern Oheims Grafen August (FML. August Graf Leiningen war Ritter des Maria Theresien-Ordens) militärische Tugenden erbte der Neffe ganz und gar, und machte sich seiner Ahnen, die für Oesterreich auf Italiens Schlachtfeldern im vorigen Jahrhunderte bluteten, im hohen Grade würdig. Innerhalb vierzehn Jahren stieg L. vom Lieutenant bis zum Obersten empor. 1830 trat er in der ersteren Charge in das 49. Infanterie-Regiment, war nach drei Jahren Hauptmann, 1840 Major und 1844 bereits Oberst in des Oheims 31. Infanterie-Regimente; die Jahre 1848 und 1849 sollten mehr als genügend Zeugenschaft seines scharfsichtigen Urtheils, seines eminenten Muthes – den er übrigens auch in friedlichen Verhältnissen zu erproben häufige Gelegenheit fand – und seiner hohen Befähigung abgeben. Leiningen führte sein Regiment inmitten der Wirren von Lemberg über Debreczin, Großwardein, Arad nach Temesvár, ohne auch nur einen Mann den mehrfältigen Verführungen jener Zeit geopfert zu sehen. Das Regiment kam nach Temesvár, um sich in dieser Festung unsterblich zu machen. Der Graf wurde inmitten der Wirren General-Major und Brigadier in der genannten Festung. Hier hatte er der Garnison durch sein Beispiel von Standhaftigkeit und Muth vorangeleuchtet, und sie in dem höchsten Drange der Gefahren für die gerechte Sache des Kaisers und für die heldenmüthige Ausdauer bis zu dem am 9. August 1849 erfolgten Entsatze begeistert. Seiner Einsicht und Tapferkeit gelang es, sich mit der aus Siebenbürgen kommenden Colonne des Oberstlieutenants Berger von Bianchi-Infanterie bei Engelsbrunn zu vereinigen und nach einem mehrstündigen heftigen Gefechte den Feind aus das rechte Ufer der Maros zu werfen, wodurch Arad am 14. December 1848 entsetzt und die Verbindung mit Temesvár hergestellt wurde. Leiningen hielt die Communication bis zum 25. December offen, und es konnten mittlerweile der Besatzung von Arad auf ein halbes Jahr Lebensmittel und Munition, so wie mehrere Geschütze zugeführt werden. Am 26. Februar 1849 auf Streifcommando entsendet, um die Grenze gegen Siebenbürgen zu beobachten, und eine gegenseitige Verbindung der Insurgenten und etwaige Zuzüge von Unterstützungen abzuschneiden, mußte sich Graf Leiningen nach dem Falle von Hermannstadt, der Uebermacht weichend, gegen Temesvár zurückziehen, um durch die sich immer mehrenden Insurgenten von seiner Rückzugslinie nicht abgeschnitten zu werden. Am 12. März unternahm er einen Ausfall auf das feindliche Lager bei Freidorf und schlug den Gegner mit einem Verluste von 300 Todten und Verwundeten in die Flucht. Auch zu diplomatischen Verhandlungen wurde L. zu wiederholten Malen verwendet. Im Jahre 1850 wurde er in außerordentlicher Mission als Bundescommissär nach Frankfurt a. M. und [331] 1853 nach Constantinopel zur Beilegung der Differenzen mit der Pforte entsendet. Seine Sendung nach Constantinopel insbesondere war schwierig; sie bedurfte nicht nur diplomatischer Klugheit, sondern auch der dem General angebornen Energie, um den ausweichenden Divan zur unbedingten Annahme der von der kaiserlichen Regierung vorgelegten Propositionen zu vermögen. Die österreichische Regierung forderte nämlich Garantien für bessere Behandlung der bosnischen Christen, Maßnahmen gegen die ungarischen Flüchtlinge auf türkischem Gebiete und Desavouirung des von der Pforte in den Jahren 1849 und 1851 gegen dieselben beobachteten Benehmens, die ungetheilte Benützung der Seehäfen Sutorina und Kleck an der albanesischen Küste durch Oesterreich und Berichtigung der Schuldforderungen von Seite österreichischer Unterthanen. Der Graf war am 30. Jänner 1853 nach Constantinopel entsendet worden, und am 14. Februar bereits erfolgte durch die Note Fuad Effendi’s – nachmals Fuad Pascha’s – die Acceptation sämmtlicher Forderungen, und die Zurückziehung der an der Grenze aufgestellten Truppen war die nächste praktische Frucht der Sendung. Bald darnach betraute der Kaiser den erprobten Militär und Staatsmann mit der heiklichen Stellung eines Gouverneurs-Stellvertreters in Ungarn, wo sich in Leiningen zumeist das Politische des Landes concentrirte. Auch hier ging er in die Ansichten der Regierung ein und wirkte nach Kräften zum allgemeinen Besten. Im Jahre 1855 erhielt L. die Stellung eines Commandanten des 2. Infanterie-Corps zu Krakau, wo er jedoch nur kurze Zeit wirken sollte. Sein Ableben daselbst – der Graf zählte erst 40 Jahre – kam ganz unerwartet, denn das Krankenlager war nur von sehr kurzer Dauer. Der so früh Dahingeschiedene genoß die Liebe und Achtung der Bewohner Krakau’s in seltener Weise, und die unter seinen Befehl gestellten Truppen hingen an ihm mit Verehrung und Begeisterung. Der Graf Leiningen war nicht vermält; mit ihm stirbt die zweite Linie des Hauses Leiningen-Westerburg im Mannsstamme aus. Nur eine Schwester, Gräfin Seraphine, Stiftsdame zu Innsbruck, überlebt den so unerwartet dahingeschiedenen Bruder. Der Graf war seit dem Jahre 1852 Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 21; seine Verdienste um den Staat und die Armee wurden durch die geheime Rathswürde, den Orden der eisernen Krone erster Classe, die Commandeurkreuze des St. Stephan- und Leopold-Ordens und das Verdienstkreuz ausgezeichnet. Ueberdieß haben ihn Rußland zu wiederholten Malen, Preußen, Belgien und Hessen mit ihren Decorationen geschmückt und ihm die königl. Freistädte Ofen, Pesth und Temesvár das Ehrenbürgerrecht verliehen.

Militär-Zeitung (Wien, 4°.) Jahrg. 1856, Nr. 84, S. 674: Nekrolog. – Hirtenfeld (J.), Oesterreichischer Militär-Kalender (Wien, kl. 8°.) IX. Jahrg. (1858), S. 226. – Didaskalia (Frankfurter Unterhaltungsblatt, 4°.) Jahrg. 1856, Nr. 253. – Gratzer Telegraph 1856, Nr. 260. – Porträte. 1) Gez. und lithogr. von Kaiser (Wien, Neumann, Halb-Fol.); – 2) Unterschrift: Christian Graf von Neu-Leiningen-Westerburg, k. k. wirklicher geheimer Rath, Feldmarschall-Lieutenant, Regiments-Inhaber, Commandant des II. Armeecorps in Krakau, Herr der Grafschaft Westerburg und Schadeck im Herzogthume Nassau. Unter dieser Titulatur links das Facsimile des Namenszuges: Gf. Leiningen, FML. C. Herberth lith. Artist. Anstalt von Reiffenstein u. Rösch in Wien (Halb-Fol.).