BLKÖ:Marinovich, Johann Ritter von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Marinovich, Joseph
Band: 16 (1867), ab Seite: 448. (Quelle)
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Marinovich, Johann Ritter von (k. k. Schiffscapitän (Oberst), geb. zu Venedig im Jahre 1793, gestorben den Martertod der Treue in Ausübung seiner Pflicht ebenda 22. März 1848). Sein Vater, ein Dalmatiner, aus Perasio in den Bocche di Cattaro stammend, diente als Seemann bei der Republik Venedig. Noch im Knabenalter stehend, verlor M. seinen Vater. Gleich ihm sich dem Seedienste widmend, diente er als Aspirante bei der italienischen Marine und wurde mit dieser im Jahre 1814 übernommen. Er wurde nun Cadet der k. k. Kriegsmarine, bei der er im Jahre 1821 zum Schiffsfähnrich und dann durch alle Stufen bis zum Schiffscapitän (im Range dem Oberst der Landarmee gleich) vorrückte. Als Fregattencapitän befehligte er durch mehrere Jahre eine k. k. Goelette in der Levante mit Auszeichnung, und wurde im Jahre 1834 wegen seiner besonderen Kenntnisse zur Dienstleistung in das Marine-Departement des Hofkriegsrathes nach Wien berufen und bald darauf – nachdem Erzherzog Friedrich zum Seedienste sich bestimmt hatte – zugleich als Lehrer in diesem Fache Seiner kaiserlichen Hoheit beigegeben. M. war auch später der treue Begleiter des Prinzen auf dessen [449] praktischen See-Uebungsreisen, dann auf den größeren Seefahrten im Jahre 1840 und in der Expedition gegen Syrien. Dort zeichnete er sich wiederholt, und zwar bei Saïda, Saint Jean d’Acre, wo ihm das interimistische Commando der Fregatte Guerrina übertragen wurde, insbesondere aber bei Beirut, am 11. September 1840, aus, wo er sich freiwillig wegen Zerstörung und Demolirung der feindlichen Batterien und Anführung des dazu bestimmten Detachements angeboten hatte. Er wurde in Anerkennung seiner Verdienste am 8. December 1840 mit dem Orden der eisernen Krone 3. Classe ausgezeichnet, welcher Verleihung zwei Jahre später die Erhebung in den erbländischen Ritterstand folgte. Im Jahre 1842 begleitete er den Erzherzog auf seiner Reise nach England. Als im Jahre 1844 der Erzherzog zum Marine-Obercommandanten ernannt[WS 1] wurde, erfolgte M.’s Beförderung zum Schiffscapitän und zum Adjutanten des Marine-Obercommandanten, in welcher Dienstleistung er bis zum Hinscheiden des Erzherzogs verblieb. M. blieb auch fernerhin bei der Marineverwaltung und war anerkanntermaßen die Seele derselben. Ihm gebührt das Verdienst, auf die Wichtigkeit des Hafens von Pola aufmerksam gemacht zu haben. Seine bewährte Tüchtigkeit wurde Veranlassung, daß ihm eine der gehässigsten Rollen übertragen wurde, nämlich die, das Arsenal von der überwuchernden Fülle von Mißbräuchen zu reinigen, die sich durch eine lange Reihe minder sorgsamer Verwaltungen eingeschlichen hatten. Mit unbeugsamem Vorsätze ging er an’s Werk, mit eiserner Strenge führte er es aus. Die Ausführung dieser Maßregeln wurden von den aufgeregten Arsenaloten mit immer deutlicher hervortretendem Widerwillen ertragen. Sollte den kolossalen Verschleppungen, die bisher statthatten, ein für alle Mal ein Ende gemacht werden, so galt es, die Anwendung strenger Maßregeln, und zwar die schärfste Aufsicht über Alle, Abzüge vom Lohn und augenblickliche Entlassung der Schuldigen. Hand in Hand mit diesen Maßregeln schrieb M. noch eine Verminderung des Wochenlohnes vor. Während der um Herstellung der Disciplin und die Ordnung des Haushaltes so verdiente Seemann immer mehr in der Achtung seiner vorgesetzten Behörden stieg, um so verhaßter wurde er seinen Untergebenen. Auf diesem Puncte standen die Dinge, als die verhängnißvollen Bewegungen im Frühlinge 1848 den Kaiserstaat erschütterten, und auch Venedig unter Manin’s [s. d. S. 373 d. Bds.] Agitation im vollsten Aufruhre stand. Ein in mehr als einer Hinsicht sehr wichtiger Punct Venedigs war das Arsenal, und dasselbe in ihre Hände zu bekommen, die nächste Absicht der Aufrührer. Mußte daher das Endziel jener, die den Plan der Loßreißung Venedigs schmiedeten, darauf gerichtet sein, in diesem großartigen Werkhause der Lagunenstadt festen Fuß zu fassen, so kam es darauf an, einen Vorfall zu benützen, der das Einschreiten der Nationalgarde als Wächterin über Ruhe und Sicherheit nothwendig machte und sie mitten in das Herz von Venedigs altem Ruhm und Ansehen hineinbrachte. Die moralischen Schlüssel dazu hatten die Männer des Abfalls längst in Händen. Die Arsenalarbeiter hatten ihre Gesinnungen in der Adresse vom 21. März vor aller Welt kundgethan, die Marinesoldaten fraternisirten seit Tagen unausgesetzt mit der Menge; der eingeschüchterten, unter einer Bevölkerung von fremder Zunge doppelt schwerfälligen Croaten durfte man bald Meister zu werden hoffen, der Mehrzahl [450] der Officiere und Beamten war man gewiß – ein Mann weg, und das Arsenal von Venedig lag den listigen Verleitern des Pöbels zu Füßen. Will man auch nicht so weit gehen zu behaupten, daß Manin und Genossen unmittelbar veranlaßt haben, was sich gräßliches am Vormittage des 22. März im Arsenale von Venedig zutrug, gewiß ist, daß es ihnen darum zu thun war, den größten Stein des Anstoßes auf die eine oder andere Weise außer Spiel zu bringen. Daß ihnen also jener Mann, nachdem ihn ohne ihr Zuthun ein furchtbares Schicksal ereilte, „sehr gelegen starb“, dafür zeigt der ganze Verlauf der Ereignisse, dafür zeugt vor Allem das schmachvolle Stillschweigen, das sich gegenüber einer so cannibalischen That auch nicht den leisesten Hauch von Tadel oder Mißbilligung entschlüpfen ließ. Weder die Warnung wohlmeinender Freunde noch die Abmahnungen seines Vorgesetzten, des Feldmarschall-Lieutenants Martini, wenigstens für diesen Tag das Arsenal nicht zu betreten, vermochten den Arsenalcommandanten von der gewissenhaften Erfüllung seiner Dienstpflicht abzuhalten. Obgleich Marinovich so vorsichtig war, mit seinem Erscheinen im Arsenale am Morgen des 22. März nicht herausforderndes Spiel zu treiben, so wußten es doch bald Mehrere, unter den Arbeitern lief die Kunde von Mund zu Mund und wildes Gebrüll „Morte a Marinovich!“ erscholl alsbald durch die Reihen. Marinovich wurde jetzt die Gefahr inne, in die er sich gestürzt. Er warf sich in eine gedeckte Barke, einige Officiere wollten ihn durch das sogenannte neue Thor gegenüber den öffentlichen Gärten entschlüpfen lassen. Doch das Thor war verschlossen, der Schlüssel muß gesucht werden, und: „den Schlüssel zur Porta nuova für den Obersten Marinovich!“ verbreitet sich’s mit Blitzesschnelle durch das Arsenal. Die Arbeiter eilten in Masse in die bezeichnete Gegend, vergebens suchten einige der beliebteren Officiere sie zu beschwichtigen, während das Schiffchen in der Mitte des Canals Isoletto auf- und abfährt. Da entschließt sich M. an’s Land zu steigen; er umarmt den wachhabenden Officier und bittet ihn um Vertheidigung seines Lebens. Dieser händigt ihm die Schlüssel des nahegelegenen Thurmes ein, in den sich Marinovich wirft, um in dessen oberen Räumen Hilfe und Erlösung abzuwarten. Die untere Thüre hatte er hinter sich zugeworfen und abgesperrt, die Stiege gewonnen, doch den Eingang, der in das obere Stockwerk führt, findet er geschlossen. Schon kommt ein Haufe der Wüthenden an die untere Thüre heran, mit Axtschlägen wird diese gesprengt und herein dringen wuthschnaubend die Vordersten, einen Augenblick stille haltend bei dem Anblicke des Obersten, der, mit zwei Pistolen in der einen Hand, mit dem gezogenen Säbel in der andern, auf der Höhe der Stiege steht. „Wollt ihr mich lebend oder todt?“ fragt er mit fester Stimme. „Lebend“, donnert die Menge. Er verspricht von seinen Waffen keinen Gebrauch zu machen und schreitet die Treppe herab. Die Arbeiter stürzen ihm entgegen die Treppe hinauf und wie sich die rachedürstenden Leute an ihn drängen, stößt ihm Einer sein Werkzeug, einen ungeheuren Schiffsbohrer, von unten hinauf in den Bauch, von den Anderen fallen Stiche, Stöße, Schläge auf den rücklings Hinstürzenden ein, der unter Flüchen und Verwünschungen bei den Beinen ergriffen und die Stiege herabgezerrt wird, daß der Kopf von Stufe zu Stufe mit dumpfem Gepolter niederfällt. [451] Lebend und noch einige Augenblicke mit dem qualvollsten Tode ringend, langt der Unglückliche am Boden an und verlangt mit brechender Stimme um einen Priester; doch Hohnlachen und Verwünschungen grinst ihm von seinen Henkern entgegen, die sich mit satanischer Freude an den herzzerreißenden Zuckungen ihres Opfers weiden und sich mit gieriger Hast irgend ein von seinem Blute getränktes Stück Zeug zu verschaffen suchen. Die schaudervolle Wildheit der That hatte die Leute wie ausgewechselt. „Ich bin Vater von sechs Kindern“, hörte man einen sonst als gutmüthig bekannten Arbeiter sagen, „aber wenn ich morgen deßhalb soll zu Tode gerichtet werden, so erkläre ich noch den heutigen Tag. wo ich meine Hände in das Blut dieses Menschen tauchen konnte, für den freudigsten meines Lebens.“ So entsetzlich endete der Brave als ein Opfer seines Pflichtgefühls und seiner Treue. Bergmann in dem in den Quellen bezeichneten Werke theilt eine Schilderung des Musikgelehrten Ritter von Köchel [Bd. XII, S. 203] über Marinovich, den Köchel auf der Reise nach England im J. 1842 kennen gelernt, mit: „Marinovich“, schreibt Köchel, „war ein durchaus gebildeter Seemann, glühend für seinen Beruf, mit reichen Erfahrungen ausgerüstet, von der unbescholtensten Rechtlichkeit und zufolge seines lebhaften südlichen Temperamentes unerbittlich strenge in Fällen von dienstlichen Veruntreuungen. Sein höchst lobenswerthes Streben war auf die Hebung der österreichischen Marine gerichtet, welcher jede Stunde seines Lebens gewidmet war. Im Umgange und in seiner Familie war er von aufopfernder Theilnahme und von Allen, insbesondere von seinem erzherzoglichen Freunde sehr hochgeachtet. Seinem rücksichtslosen Muthe, wenn es galt, die höchsten Interessen seines Vaterlandes zu wahren, war die äußerst beklagenswerthe letzte Katastrophe beizumessen.“

Ritterstands-Diplom vom 5. Juli 1842. – Wiener Zeitung 1862, Abendblatt Nr. 155, S. 617, im Aufsatze: „Aus Böhmen nach Italien, März 1848“. – Bergmann (Jos.), Medaillen auf berühmte und ausgezeichnete Männer des österreichischen Kaiserstaates vom XVI. bis zum XIX. Jahrhunderte (Wien 1844–1857, Tendler, 4°.) Bd. II, S. 577 [nach diesem ermordet am 22. Mai 1848, was wohl nur ein Druckfehler (Mai für März) ist, denn M. starb den Martertod am 22. März]. – Steinbüchel (Anton v.), Der Fall Venedigs in den Märztagen und die Lage Italiens zu Oesterreich (Wien, Mai 1848, Friedr. Volke, 8°.). – Wappen. Gevierteter Schild. 1: in Blau ein silberner, pfahlweise gestellter Anker mit natürlichem Ankerstocke, silbernem rechtsabhangenden Ringe, von dem sich ein natürliches Tau herabschlängelt; 2: in Roth zwei in Form eines Andreaskreuzes übereinander gelegte, mit der Mündung empor und mit den Zündlöchern vorwärtsgekehrte goldene Kanonenläufe; 3: in Silber eine linkssteuernde Fregatte mit rothen Wimpeln und vollen Segeln in offener See, in natürlichen Farben; 4: in Blau eine am Fuße von Meereswogen bespülte, aus natürlichen Quadern erbaute gezinnte Burg mit verschlossenem Thore, vier über diesem in der Quere angebrachten Schußöffnungen und drei Warten, deren jede mit drei Zinnen und zwei verschlossenen, quer nebeneinander gereihten Fenstern versehen ist. Auf dem Schilde ruhen zwei zueinandergekehrte gekrönte Turnierhelme. Auf der Krone des rechten Helms erhebt sich ein schwarzer einwärtsgekehrter Adler mit ausgespannten Flügeln und ausgeschlagener rother Zunge. Aus der Krone des linken Helms wächst ein goldener, nach innen gekehrter, mit der rechten Pranke ein blankes Schwert zum Streiche schwingender Löwe mit ausgeschlagener rother Zunge. Die Helmdecken des rechten Helms sind blau mit Silber, jene des linken roth mit Gold belegt. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ernannnt.