BLKÖ:Röllig, Karl Leopold

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Römer, Dr.
Band: 26 (1874), ab Seite: 235. (Quelle)
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Röllig, Karl Leopold (Harmonikaspieler, geb. nach Hanslick um das Jahr 1760, n. A. 1761, gest. zu Wien 4. März 1804). Ueber die früheren Lebensschicksale dieses seiner Zeit vielgenannten Musikdilettanten, Verbesserers und Erfinders mehrerer Musikinstrumente ist fast gar nichts bekannt. In den Jahren 1781–1788 machte er Reisen in Deutschland und mit seinem Harmonikaspiele in Concerten großes Aufsehen. Im Jahre 1787 erscheint er in Berlin, wo er auch auf seiner Harmonika sich hören ließ, aber schon im Jahre 1782 – also im Alter von erst 21 oder 22 Jahren – soll er in Hamburg eine Oper zur Aufführung gebracht haben. Zuverlässig ist die Mittheilung v. Mosel’s, welcher zufolge R. im April 1792 an Stelle des zum Officialen im geheimen Cabinete ernannten Scriptors Schonenbosch zum Bibliotheksdiener ernannt wurde, und daselbst bis zu seinem im Jahre 1804 erfolgten Tode verblieb. Mosel berichtet über ihn, daß seine Kenntniß in der Tonkunst, namentlich in Beziehung auf deren Theorie und auf die Structur der musikalischen Instrumente eine besondere Erwähnung verdienen, daß er ferner während seiner Dienstleistung vorzüglich bemüht war, die in dem großen Bibliothekssaale zerstreut gestandenen, theoretischen und praktischen Werke der Tonkunst zu vereinigen und – so viel die damals noch mangelhafte Sammlung derselben es zuließ – systematisch zu ordnen. Im Jahre 1791 trat Röllig mit seiner Harmonika, einem Instrumente, das im Musikleben des vorigen Jahrhunderts eine eigenthümliche Rolle spielte, jetzt aber verschollen ist, in Wien öffentlich auf. Für Musikhistoriker sei in dieser Beziehung auf den Abschnitt: „Glasharmonika und verwandte Instrumente“, auf S. 133 bis 136, in Hanslick’s „Geschichte des Concertwesens in Wien“ (Wien 1869) hingewiesen. R. ist, wie schon bemerkt worden. Erfinder verschiedener, jetzt bereits verschollener Instrumente, nämlich der Orphika, eines mit Draht- oder Darmseiten bezogenen Tasteninstrumentes von vierthalb Octaven, und der Xänorphika, einer Art Bogenclavier oder Bogenflügel. Ueberdieß gab er über seine Erfindungen besondere Schriften und auch mehrere Hefte Compositionen für dieselben heraus. Die Titel der von R. herausgegebenen Schriften sind: „Versuch einer musikalischen Intervallentabelle zur Zusammensetzung aller üblichen Tonleitern, Accorde und ihrer Verwechslungen, für junge Musiker und Dilettanten“ (Leipzig 1798, Fol.); – „Orphika, ein musikalisches Instrument, erfunden von ...“ (Wien 1795, Blumauer, 8°., mit 3 K. K.) [auch im Februarstück des Journals des Luxus und der Moden, 1796]; – „Ueber die Harmonika, ein Fragment“ (Berlin 1787, 4°.); – „Xänorphika, ein musikalisches Geigenbogen-Instrument mit einer Claviatur“, im Februarstücke des Modejournals für 1801 und ebenda die „Geschichte des von Hans Hayden 1610 erfundenen Gambenwerkes“; – „Ehrenrettung des berühmten Ritters Renaut Schatline de Cousy, Troubadours aus dem 12. Jahrhunderte, gegen einige neuere, wider ihn erhobene Vorwürfe und Beschuldigungen“, in der „Leipziger musikalischen Zeitung“, Jahrgang IV, [236] S. 625 u. f.; – „Ueber die Tasten-Harmonika“, ebenda, Jahrg. V, S. 423. Von seinen Compositionen sind im Stiche erschienen: „Kleine Tonstücke für die Harmonika oder das Pianoforte, nebst einigen Liedern für das letztere“ (Leipzig 1789, Breitkopf); – „Kleine und leichte Tonstücke für die Orphika nebst 3 Solfeggi für eine Hand allein“ (Wien 1797, Mollo); – „VI deutsche Lieder mit leichter und angenehmer Begleitung der Orphika oder des Claviers“ (ebd. 1797), darunter befinden sich einige von Mozart und Reichardt; – ferner soll R. an der von Sonnleithner beabsichtigten „Geschichte der Musik in Denkmälern“ mitgewirkt haben. Nach einer Mittheilung des Modejournals 1798 im Juni hatte R. auch vor, zwölf Lieder des Minnesängers aus dem 14. Jahrhunderte, Oswald von Wolkenstein, aus der k. k. Hofbibliothek, in unsere modernen Noten zu übertragen, mit Harmonie begleitet, in Tacte eingetheilt und mit in modernes Deutsch übersetztem Texte herauszugeben: doch scheint dieses Vorhaben nicht verwirklicht worden zu sein. Die von ihm componirte Oper, deren bereits gedacht worden, führt den Titel: „Clarissa, oder das unbekannte Dienstmädchen“. R.’s Erfindungen wurden zu seiner Zeit mit getheiltem Urtheile aufgenommen, während von einer Seite dieselben herabgesetzt und über sie der Stab gebrochen wurde, sprach sich der Capellmeister Naumann, ein competenter Fachmann, sehr vortheilhaft darüber aus. In Röllig’s Nachlasse befanden sich mehrere Compositionen und verschiedene Aufsätze über Musik. In Schwaldopler’s „Historischem Taschenbuche“, Jahrgang 1804, S. 246, erscheint Röllig mit der unrichtigen Schreibung Rölich.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV. S 401. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Frz. Köhler, Lex. 8°.) S. 729. – Gerber (Ernst Ludwig), Historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1792, J. G. J. Breitkopf, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 307. – Derselbe, Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1813, A. Kühnel, Lex. 8°.) Bd. III, Sp. 897. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortges. von Ed. Bernsdorf (Dresden 1857, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 356. – Mosel (Ign. Fr. Edl. v.), Geschichte der kais. kön. Hofbibliothek zu Wien (Wien 1835, Beck, 8°.) S. 200, 201, 214. – Hanslick (Eduard), Geschichte des Concertwesens in Wien (Wien 1869, W. Braumüller, gr. 8°.) S. 133 u. 135.