BLKÖ:Ritschl, Johann

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 26 (1874), ab Seite: 177. (Quelle)
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Ritschl, Johann (k. k. Rath und vormaliger Bürgermeister der Stadt Brünn, geb. zu Pilsen in Böhmen 26. Februar 1782, gest. zu Neudenburg bei Ybbs in Niederösterreich 11. März 1854). Sein Vater Maximilian R. war k. k. Kreisamts-Protokollist zu Pilsen. Nach beendeten rechtswissenschaftlichen Studien trat R. im Jahre 1807 bei dem Magistrate seiner Vaterstadt als Praktikant ein, wurde schon im folgenden Jahre Magistratsrath und Criminalrath in Gitschin und kam ein Jahr später in gleicher Eigenschaft nach Kuttenberg, wo er bis 1819 in derselben und auch sieben Jahre als Referent des k. k. Kuttenberger Districtual-Berggerichtes thätig war. Im Jahre 1819 wurde er zum Bürgermeister und Criminalgerichts-Vorsteher zu Leitmeritz ernannt, mit welchem Posten auch die Leitung des Communalwesens der Stadt und Festung Theresienstadt verbunden war, und im Jahre 1827 erfolgte ohne seine Bewerbung die Ernennung zum [178] Bürgermeister von Olmütz; aber schon im folgenden Jahre im December wurde R. Bürgermeister der Landeshauptstadt Brünn und trat am 19. December d. J. seinen Posten an. Zwanzig Jahre ist R. auf demselben thätig gewesen, im April 1849 wurde ihm die erbetene Versetzung in den Ruhestand in „belobender Anerkennung seiner langen und ausgezeichneten Dienstleistung“ gewährt. In der That hat R. in seinen verschiedenen dienstlichen Stellungen so Ersprießliches geleistet, daß er als Beispiel anderen Gemeindevorständen aufgestellt werden kann und sein Wirken bleibender Erinnerung würdig ist. Er war ein vorzugsweise organisatorisches Talent, dabei für Alles, was er als gut und zweckmäßig ansah, von einem Eifer ohne Gleichen beseelt. Als Magistratsrath in Kuttenberg gründete er im Jahre 1817 einen Wohlthätigkeits-Verein; als Bürgermeister in Leitmeritz richtete er sein nächstes Augenmerk auf Hebung und Fundirung des Armenwesens, beseitigte vollständig den Gassenbettel, legte den Grund zu einem allgemeinen Krankenhause und bewirkte im Jahre 1822 die allgemeine Aufnahme der Schutzpocken-Impfung; hatte wesentlichen Antheil an der Bildung der Aktiengesellschaft zur Errichtung eines Elbe-Post-Dampfschiffes zwischen Leitmeritz und Dresden, und setzte den Plan einer Elbe-Dampfschifffahrt ins Werk. Als Bürgermeister von Olmütz nahm er zunächst die Regelung und Hebung des Armen-Versorgungswesens vor, welche er auch vollständig durchführte. Eine besonders erfolgreiche Thätigkeit entfaltete er während seines 20jährigen[WS 1] Wirkens als Bürgermeister von Brünn. Als er im Jahre 1828 seine Stelle antrat, betrug das Jahreseinkommen der städtischen Herrschaft Gurein 2500 fl. C. M. Bis zum Jahre 1847 hatte seine energische Durchführung einer rationellen Bewirthschaftung den Jahresertrag auf 30.400 und mehr Gulden C. M. gesteigert. Im Jahre 1828 war die Commune mit einer Schuldenlast von 32.700 fl. belastet, diese wurde bis 1832 völlig getilgt, und bis zum Jahre 1847 war das Stammcapital der Commune auf 147.000 fl. mit einem Zinsenerträgnisse von 5132 fl. angewachsen. Dabei waren erhebliche Ausgaben für Communalbauten, Stadtverschönerungen, öffentliche Anstalten u. dgl. m. jährlich gemacht worden. Seine tief eingreifende Wirksamkeit nach dieser Richtung schildert ausführlich der in den Quellen verzeichnete Nekrolog. In den Jahren 1834 und 1835 wirkte er mit unermüdetem Eifer persönlich und schriftlich für den Bau der Eisenbahnstrecke von Wien nach Brünn und die der Stadt günstige Aufstellung des Bahnhofes, später aber für die Erlangung der kaiserlichen Entschließung, in Folge welcher als zur Verbindung mit Galizien die Anlage der Wien-Prager Staatsbahn berathen wurde, die Führung der böhmischen Staatsbahn directe über Brünn erfolgte, eine für Brünns Handel wichtige Errungenschaft. Nicht minder widmete R. seine Fürsorge den Wohlthätigkeits-Anstalten Brünns. Seit dem Jahre 1829 Geschäftsleiter-Stellvertreter des Brünner wohlthätigen Männervereins, förderte er wesentlich die Interessen desselben, errichtete mit glücklichstem Erfolge in den Jahren 1831 und 1832 und später wieder 1842 Rumforder Suppen-Anstalten, half mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln an der Verwirklichung der durch ihn zuerst beantragten Versorgungs-Anstalt für gebrechliche arme Bürger in Brünn, die er noch in seinem letzten Willen mit einem [179] Legate bedachte; ja, als im Jahre im Wadowicer Kreise Cholera und Hungertyphus in grauenerregender Weise wütheten, wurden über einen von ihm erlassenen Aufruf auf das Schleunigste Lebensmittel und andere Bedürfnisse in die so schwer heimgesuchten Gegenden in großen Mengen gesendet. Seit 1829 war er Mitcurator des mährisch-schlesischen Taubstummen-Instituts und der Brünner Commandite der ersten österreichischen Sparcasse, seit 1839 Mitglied der mährisch-schlesischen Handelscommission, seit 1840 Ausschußmitglied der Schaden-Versicherungs-Anstalt und wurde vom mährischen Landtage wiederholt zum ständischen Ausschußbeisitzer für den Bürgerstand erwählt. Dieses verdienstlich gemeinnützige Wirken wurde auch von seinen Mitbürgern gewürdigt und anerkannt, seine Vaterstadt Pilsen verlieh ihm das Ehrenbürgerrecht und ernannte ihn zum wirklichen Mitgliede der dortigen Kleinkinder-Bewahranstalt, ein Gleiches geschah von Seite der Städte Kuttenberg und Leitmeritz, in Brünn brachte ihm das Comité der Bürgerschaft einen kostbaren Ehrenbecher dar. Als er sich im Jahre 1848 von den Geschäften zurückzog, verlebte er den Rest seiner Jahre auf seiner Besitzung Neudenburg, wo er im Alter von 73 Jahren starb.

Brünner Zeitung 1854, in einer April-Nummer im Feuilleton sein „Nekrolog“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 30jährigen.