BLKÖ:Ugoni, Camillo

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Uhl, Alois
Band: 48 (1883), ab Seite: 235. (Quelle)
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Ugoni, Camillo (Literarhistoriker, geb. in Brescia am 8. August 1784, gest. auf seiner Villa zu Ponterico bei Brescia am 13. Februar 1855 und nicht, wie es meist angegeben steht, 1856). Ein Sohn Marc Anton Ugoni’s aus dessen Ehe mit Katharina Maggi, erhielt er unter der Leitung der ehrwürdigen Padri Somaschi seine erste Erziehung. Später besuchte er das Collegio de’ nobili zu Parma, eine ihrer gelehrten Professoren wegen in besonders gutem Rufe stehende Lehranstalt. Nach beendeten Studien in seine Vaterstadt zurückgekehrt, widmete er sich daselbst zunächst literarischen Arbeiten, zu welchen er in dem nicht kleinen Kreise wissenschaftlich gebildeter Männer, welche damals in Brescia lebten, nicht geringe Aufmunterung fand. Das dortige Athenäum, eine Vereinigung von Männern, welche Kunst und Wissenschaft nach deren verschiedenen Richtungen förderten, nahm ihn bald unter seine Mitglieder auf, und in dieser Versammlung debutirte Ugoni mit einer italienischen Uebersetzung der „Ars poetica“ des Horaz und mit mehreren anderen literarischen Arbeiten. Die nächste größere Arbeit, welcher er sich unterzog, war eine Uebersetzung der Werke des Julius Cäsar. Als er im Jahre 1811 mit Monti zusammen von der Stadt Brescia als Abgeordneter an Napoleon gewählt wurde, um demselben in Paris die Glückwünsche der Nation für die Errichtung des Königreiches Italien darzubringen, legte er dem Kaiser sein Manuscript des Cäsar mit der Bitte vor, das Werk ihm widmen zu dürfen. Die Antwort [236] des Imperators auf diese Bitte war die Verleihung des Baronates an Ugoni. Nun begab sich der Gelehrte zur Erweiterung seiner Kenntnisse auf Reisen: durch sein Vaterland, die Schweiz, Deutschland und England, wo er überall mit den ersten Männern der Wissenschaft in persönlichen Verkehr trat. Nach seiner Heimkehr von seinen Landsleuten gefeiert, wurde er zum Präfecten des k. k. Lyceums und zum Präsidenten des Athenäums ernannt. In dieser Zeit faßte er den Gedanken, das Werk seines Landsmannes Gianmaria Mazzuchelli, die in gelehrten Kreisen sehr geschätzte „Storia degli scrittori d’Italia“ fortzusetzen, und trug diesen Plan seinen Collegen im Brescianer Athenäum vor. Da er jedoch von Seite derselben hiezu keine Ermunterung fand, so vertauschte er seinen ersten Plan mit einem anderen nicht minder verdienstlichen, aber nicht so umfangreichen, nämlich mit einer Fortsetzung der „Storia letteraria“ von Corniani [Bd. III, S. 5]. Diese Arbeit, betitelt: „Della letteratura italiana nella seconda metà del secolo XVIII“ (Milano 1820 bis 1822), enthält in drei Bänden die biographisch-literarisch ästhetischen Essays, und zwar im ersten Bande über *Giuseppe Tartini, *Ruggero Giuseppe Boscovich, Francesco Algarotti, Antonio Genovesi, *Gasparo Gozzi, Gian Carlo Passeroni, Giuseppe Baretti, Appiano Buonafede, Prospero Manara, Paolo Gagliardi; im zweiten Bande über Giacinto Sigismondo Gerdil, *Saverio Bettinelli, Giambat. Roberti, *Gianrinaldo Carli, Adeodato Turchi, *Giambattista Borsieri, Ferdinando Galiani, Pietro Verri und *Giuseppe Parini; im dritten Bande über Giuseppe Torelli, *Carlo Gozzi, Francesco Milizia, *Melchiore Cesarotti, Carlo Giovanni, Maria Denina, Girolamo Pompei, *Girolamo Tiraboschi und Luigi Lanzi [von den mit einem Sternchen (*) Bezeichneten bringt auch unser Werk Biographien]. Jede Biographie schildert in drei Abtheilungen zuerst das Leben, dann die Werke und zuletzt den Charakter des Schriftstellers. Das Werk athmet eine fast antike Ruhe, bekundet die gründlichsten bibliographischen Kenntnisse und eine tiefe Vertrautheit mit Arbeiten der behandelten Autoren. Von anderen Arbeiten Ugoni’s sind noch bekannt: „Saggi sul Petrarca“, eine Uebersetzung aus dem Englischen, und „Vita di Giuseppe Pecchio; aus seinem Nachlasse wurde noch eine Fortsetzung seines Werkes: „Della letteratura italiana“ in einem Bande herausgegeben, so daß das Ganze aus vier Bänden besteht. Was die weiteren Lebensschicksale Ugoni’s betrifft, so verließ er 1821 aus Furcht vor Verfolgungen der Polizei, da er sich wohl von politischen Intriguen nicht ganz fern gehalten, seine Vaterstadt und lebte viele Jahre im freiwilligen Exil in England und in der Schweiz ausschließlich seinen wissenschaftlichen Studien. 1838 kehrte er in Folge einer Amnestie wieder heim und hielt sich nun von allen politischen Angelegenheiten fern. Die Bewegungspartei in Italien will Ugoni absolut zu einem ihrer Anhänger, ja Führer machen. Er war aber nichts weniger als das. Ob er der damaligen österreichischen Regierung im Herzen ergeben gewesen, kann Niemand sagen, den äußeren Schein wahrte er sorgfältig. An den Geburtstagen des Kaisers Ferdinand I. erschien er immer in seiner Galauniform beim feierlichen Gottesdienste, und wenn ihn der eine oder der andere Patriot darüber vorwurfsvoll interpellirte, dann entgegnete er gelassen: [237] „Vengo ad offrire il mio granellino; d’incenso pel buon sovrano che m’ha 1 ridonato la patria“. Als sich im Jahre 1848 in Brescia bei Ausbruch der Bewegung in Italien eine provisorische Regierung bildete, versuchte man ihn zum Mitgliede derselben zu pressen. Aber er lehnte jeden darauf abzielenden Antrag fest und entschieden ab. Alle Versuche, ihn als ein Mitglied der Giovine Italia darzustellen, sind also hinfällig. Ugoni, von der herrschenden Regierung in seinen Studien durch nichts beeinträchtigt, ließ sich nicht fortreißen und lebte ausschließlich seinen literarischen Forschungen. Er starb im Alter von 72 Jahren auf seinem bei Brescia gelegenen Landgute, und wird ihm auch die Aureole eines Verschwörers versagt bleiben müssen, die eines Literarhistorikers ersten Ranges bleibt ihm immerdar.

Ugoni (Camillo). Della letteratura italiana nella 2. metà del secolo 18. Opera postuma, Bd. IV (1857), p. 450–556: „Della vita e degli scritti di Cam. Ugoni“. – La Sferza. Gazzetta lombardi veneta (Brescia, kl. Fol.) Anno VI, 20. Marzo 1855: „Cronaca locale. Camillo Ugoni“. – Odorici (Federico). Camillo Ugoni. Biografia (Brescia 1855) [wurde in der „Sferza“, 1855, Nr. 31, wegen mannigfacher Unrichtigkeiten. namentlich bezüglich des politischen Verhaltens Ugoni’s angefochten]. – Giornale dell’I. R. Istituto lombardo (Milano, 4°.[WS 1]) Bd. IX (1857). S. 503.
Porträte. 1) Unterschrift: „Camillo Ugoni“. Unter dem Brustabschnitt: Ih Lips n. d. N. gez. u. gest. (8°.) [schönes lebensvolles Blättchen, den Gelehrten im besten Mannesalter darstellend]. – 2) Unterschrift: Facsimile des Namenszuges „Camillo Ugoni“. C. Moriggia dis. F. Caporali inc. (gr. 8°.). – 3) Brodtmann lith. (Fol.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 44°.