Beschreibung des Oberamts Freudenstadt/Kapitel B 35

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Schwarzenberg,
Gemeinde III. Kl. mit 497 Einw., wor. 86 Kath. a. Schwarzenberg, Pfarrdorf, 134 Einw. b. Schönmünzach, Weiler mit Glashütte, 363 Einw. – Evang. Pfarrei; die Kath. sind nach Heiligenbronn, O.A. Horb, eingepfarrt.


Das nicht große, weitläufig gebaute Pfarrdorf liegt 41/4 Stunden nördlich von der Oberamtsstadt auf den Ausläufern der rechten Murgthalgehänge; nur einige Häuser stehen in der Thalebene zunächst der Murg. Unter den meist ansehnlichen Gebäuden zeichnen sich die Wohnungen der Holzhändler und Gutsbesitzer Frei, Klumpp und Großmann besonders aus. Die Ortslage ist eine gegen Norden geschützte, gegen Süden offene und daher äußerst anmuthig; den schönsten Anblick bietet das Dorf von der Hutzenbacher Sägmühle aus gesehen, wo das enge Murgthal zwischen grandiosen Granitfelsen einen überraschend schönen Durchblick an das freundliche Dorf mit seinem weiß getünchten Kirchlein im Vorgrunde und den dunklen Nadelwaldungen im Hintergrunde gestattet.

Die einfach gehaltene Pfarrkirche, auf der ein verschindelter, mit Zeltdach versehener Dachreiter sitzt, wurde im Jahr 1791 neu erbaut; ihr weiß getünchtes Innere ist freundlich und enthält die Bildnisse von Luther und Melanchton. Die Unterhaltung der Kirche, wie des an dieselbe anstoßenden Begräbnißplatzes hat der Ortsheilige.

Das Pfarrhaus liegt frei und angenehm im höchsten Theile des Orts.

Das in der Nähe der Kirche gelegene, mit Thürmchen und Glocke versehene Schulhaus, welches auch die Lehrerswohnung und Gelasse für den Gemeinderath enthält, wurde im Jahr 1841 erbaut. Eine Industrieschule besteht seit dem Jahr 1854.

Der Ort ist mit vortrefflichem Trinkwasser, das 2 laufende Brunnen liefern, reichlich versehen; überdieß fließt durch denselben der Schwarzenbach, der hier den Mittelbach aufnimmt und unterhalb der Schwarzenberger Brücke in die Murg einmündet; im Ort setzt er eine Mühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang, 2 Sägmühlen und eine Hanfreibe in Bewegung.

Die Einwohner sind größtentheils wohlhabende Gutsbesitzer und Bauern, die theils durch Feldbau und Viehzucht, theils durch einen ausgedehnten Holzhandel ihr gutes Auskommen sichern. Der bedeutendste Güterbesitz beträgt 50 Morgen, der allgemeinste 15–30 Morgen; woneben die meisten Gutseigenthümer noch einen ausgedehnten Waldbesitz, der bedeutendste bis 450 Morgen, haben. Der Holzhandel bietet auch den Minderbemittelten Gelegenheit, sich durch Arbeiten | in den Waldungen, Fuhrwerken mit Schnittwaaren etc. Verdienst zu verschaffen. Die mittelgroße, meist mit Wald bestockte Markung ist durchaus sehr bergigt und nicht nur von den tief eingeschnittenen Thälern der Murg und der Schönmünz, sondern auch von vielen Seitenthälchen derselben durchzogen. Der Boden besteht, so weit er für den Ackerbau benützt wird, aus den nicht unfruchtbaren, übrigens ziemlich düngerbedürftigen Verwitterungen der primitiven Gebirgsarten und aus den Verwitterungen des Todtliegenden, welch letztere einen schweren, ziemlich gebundenen Boden liefern. Die Waldungen stocken üppig theils auf den angeführten Bodenarten, theils auf den Verwitterungen des bunten Sandsteins.

Die klimatischen Verhältnisse sind ziemlich mild, so daß die Ernte nur um 8–10 Tage später eintritt als im Gäu. Hagelschlag kommt selten vor.

Der Feldbau wird mit theilweiser Anwendung verbesserter Ackergeräthschaften als Wechselfeld fleißig betrieben, indem immer die eine Hälfte der Güter für den Getreidebau, die andere für den Wiesenbau abwechselnd benützt wird. Bei einer Aussaat von 4 Simri Roggen und 10 Simri Hafer wird ein durchschnittlicher Ertrag von 1–2 Scheffel Roggen und 2–3 Scheffel Hafer pr. Morgen erzielt. Dinkelbau ist in neuester Zeit in geringer Ausdehnung eingeführt worden; die Gerste gedeiht nicht gerne und liefert nur in nassen Jahrgängen einigen Ertrag. Futterkräuter gedeihen gut und werden häufig gebaut. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 30–170 fl. und die eines Morgens Wiese von 100–200 fl. Das Getreide-Erzeugniß reicht für die Bedürfnisse der Einwohner nicht hin, daher diese noch Getreide von Außen kaufen. Von den Wiesen können die im Thal gelegenen sämmtlich bewässert werden; sie ertragen durchschnittlich 25 Centner Heu und 12 Centner Öhmd pr. Morgen. Die Obstzucht ist unbeträchtlich, übrigens im Zunehmen begriffen.

Die mit einer tüchtigen Landrace sich beschäftigende Viehzucht befindet sich in gutem Zustande; das junge Vieh wird noch in die Waldungen getrieben.

Die Zucht der Schweine, wie die der Bienen ist nicht von Belang.

Durch eine gute Straße, welche mittelst einer hölzernen Brücke über die Murg führt, ist der Ort mit der von Freudenstadt nach Gernsbach angelegten Murg-Thalstraße in Verbindung gesetzt.

Das Fischrecht in den die Gemeindemarkung berührenden Gewässern hat der Staat.

| Über das Gemeinde- und Stiftungsvermögen s. Tabelle III.

An einer ehemaligen, jetzt als Kellerhäuschen benützten Kapelle ist die verkehrt eingemauerte Jahreszahl 1550 angebracht. An dem Gasthaus zum Ochsen, das eines der ältesten Gebäude des Orts seyn soll, befindet sich an der Hausecke ein sehr alter, noch aus romanischer Periode stammender Kopf, der ohne Zweifel von jener Kapelle herrührt. Zunächst am Ort auf einem gegen die Murg vorgeschobenen steilen, felsigen Hügel (Schloßberg) stand die Burg Schwarzenberg, von der nur noch ganz unbedeutende Reste des Burggrabens sichtbar sind.

Mangold von Leinstetten schenkte den 9. April 1085 dem Kloster Reichenbach den Berg Schwarzenberg (mons, qui Schwarzenberc dicitur) mit einem Gute, welches er in Grasenau (Grasenowe, jetzt kein Ortsname mehr) besessen hatte. Graf Friedrich von Zollern und sein Dienstmann Heinrich von Altensteig machte beides dem Kloster streitig, doch wurde es letzterem durch den Pfalzgrafen Gottfried von Calw (also nach 1113) auf dem Landgericht zu Ofterdingen zugesprochen (Cod. Reichenb. 5 a).

Die Dorfschaft Schwarzenberg selbst, welche pfalzgräflich Tübingisch war, vergabte der Pfalzgraf Ludwig von Tübingen Horber Linie den 13. Juli 1289 an das ebengenannte Kloster (Kuen, Coll. 2 b, 69, Gerbert, Hist. nigr. silv. 3, 224), dessen Schicksale es fortan theilte.

Der Pfarrsatz ist landesherrlich.

Von dem Pfarrdorf 1/4 Stunde westlich ist der Weiler Schönmünzach gelegen, Sitz eines Revierförsters und eines Postamts. Der Weiler verdankt seine Entstehung der hier gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts angelegten Glashütte; dieselbe war als Erblehen vom herzoglichen Kirchenrath zeitweise in Privathänden, z. B. der Calwer Holländerholz-Compagnie, welche sie 1803 an Georg Klumpp von Schwarzenberg und Genossen veräußerte. 1811 kam dieselbe in den Besitz des Karl Frei, welcher sie 1820 an Ernst Leo in Höfen, Klumpp und Großmann in Schwarzenberg veräußerte. 1825 vom Staate erkauft, wurde die Hütte neu eingerichtet, aber schon im Jahr 1842 wieder an die Glasfabrikanten Böhringer und Tritschler und von diesen 1844 an die gegenwärtigen Besitzer Grötz und Comp. in Gernsbach verkauft. Das Etablissement producirt ausschließlich Tafelglas und wird sehr schwunghaft betrieben; es gehen gegenwärtig 10 Häfen, die eine bedeutende Anzahl Arbeiter beschäftigen (s. o. S. 98).

Der Ort hat eine sehr romantische Lage an dem Einfluß der | Schönmünz in die Murg und ist theils in dem hier sehr verengten Murg-Thale, theils in vereinzelt stehenden malerischen Gruppen in das Thal der Schönmünz und an die unteren Gehänge desselben hingebaut. Von den Gebäuden sind es hauptsächlich die Glashütte, die Post, das Försterhaus, das Schulhaus und das Gasthaus, welche sich vor den übrigen, minder ansehnlichen, häufig noch mit Schindeln gedeckten Bauern- und Taglöhner-Wohnungen auszeichnen.

Die mit einigen Ausnahmen wenig bemittelten Einwohner bestehen meist aus Taglöhnern und Arbeitern, welche ihren Verdienst auf der Glashütte finden, während die Landwirthschaft hier eine ganz untergeordnete Rolle spielt und verhältnißmäßig die gleichen Ergebnisse wie im Mutterort liefert. Von Gewerben sind außer den schon angeführten noch 3 Sägmühlen zu nennen.

Die schulpflichtigen Kinder hatten die Schule in Schwarzenberg zu besuchen, bis in dem Jahr 1835 der Ort einen provisorischen und im Jahr 1839 einen definitiv angestellten Lehrer erhielt; im Jahr 1840 wurde dann mit einem Staatsbeitrag von 400 fl. ein schönes Schulhaus erbaut, in welchem sich auch die Wohnung des Lehrers befindet. Der hier angestellte Lehrer soll nach einer königl. Verordnung katholischer Confession seyn, da die Ortseinwohner großentheils Katholiken sind. Die Verstorbenen werden auf dem Begräbnißplatz im Mutterort beerdigt.

Durch den Ort geht die frequente Freudenstadt-Gernsbacher Landstraße, die hier mittelst einer ansehnlichen hölzernen, auf steinernen Pfeilern ruhenden Brücke über die Schönmünz führt. Überdieß führt ein hölzerner Steg über die Schönmünz und drei sind über die Murg angelegt. Eine gut angelegte Vicinalstraße zieht von Schönmünzach das Schönmünz-Thal hinauf bis nach Zwickgabel und weiter über Langenbach und das sogen. Eckle in das Kappelthal im Großherzogthum Baden.


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