Beschreibung des Oberamts Geislingen/Kapitel A 2

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II. Natürliche Beschaffenheit.
1. Gebirge und Berge.

Der Oberamtsbezirk gehört, wenn man die Thäler dazu rechnet, ganz der Alp an, welche in verschiedene, durch das Filsthal und dessen Seitenthäler getrennte Äste ausläuft. Eine größere Ebene findet sich nirgends, indem auch auf der Hochfläche der Alp Hügel und Vertiefungen abwechseln.

| Die einzelnen Bezeichnungen und Theile des Gebirgs sind folgende:

1) Die rauhe Alp, welche die südliche Spitze des Oberamts von Hohenstadt an einnimmt, und sich weiterhin über die Hochstrecken der Oberämter Urach und Münsingen bis Böhringen und Böttingen ausdehnt.

2) Die Blaubeurer Alp, von der Grenze des Oberamts Blaubeuren bis an die Landstraße und das Filsthal.

3) Die Ulmer Alp (Stubersheimer Alp) südöstlich von Geislingen.

4) Der Albuch bei Böhmenkirch beginnend und sich gegen Osten ins Oberamt Heidenheim ziehend. Das Weißensteiner Thal und der Benzenhauser Teich, welcher in das Stubenthal einzieht, trennt ihn von der eigentlichen Alp.

5) Die Berghalbinsel zwischen der Eyb, Fils und Lauter, mit dem Albuch nur durch einen sehr schmalen Streifen, eine wenig vertiefte Landenge zwischen Weißenstein und Treffelhausen, zusammenhängend, auf ihrer Südseite durch das sogenannte Längenthal in den Stöttener Berg und Tegelberg abgetheilt, auf der nördlichen Seite mit dem Messelberg eine kühne Stirn gegen das Lauterthal bietend.

6) Der Michelsberg, eine Berginsel, von der Fils auf zwei Seiten umflossen.

7) Das Gebirge zwischen dem obern Filsthal und dem Oberamtsbezirke Göppingen, theilweise zu diesem gehörig.

An einzelnen Bergen ist der Bezirk arm, durch ihre Gestalt ausgezeichnet sind die Hiltenburg bei Ditzenbach, die Nordalp bei Deggingen, der Weigoldsberg bei Hausen, der Ödethurmberg bei Geislingen, der Spitzenberg bei Kuchen, der Burren bei Grünenberg. Unter den Felsenmassen zeichnen sich aus der Reußenstein, die kühnste aller Felsenruinen der Alp, das steinerne Weib bei Wiesensteig (s. Wiesensteig), der graue Stein (ein ausgezeichneter Dolomitfelsen) in derselben Gegend, der Ulmer Felsen | zwischen Mühlhausen und Gosbach, ein ganz frei stehender ungeheurer Felsen, in dem sich eine weite Halle befindet (seinen Namen hat er von der Ähnlichkeit mit dem Ulmer Münster), der Tuffsteinfelsen bei Drackenstein, der Aimer bei Gosbach, die Jungfrau (s. unten) und der Kahlenstein auf der Überkinger Markung, der Geiselstein bei Geislingen, die Felsen im Eybacher und Roggenthal, unter diesen der Himmelfelsen bei Eybach, die Felsen bei den Roggenmühlen, namentlich der Albansfelsen bei der untern Roggenmühle, desgleichen der Felsen bei Ravenstein, der Beutelfelsen bei Weißenstein, endlich der Hohenstein bei Gingen.

Isolirte Spitzfelsen zu bilden ist kein Gestein geneigter, als die mauerartig zerklüfteten Kalke der Alp, die den obersten Lagen des mittleren weißen Jura angehören. Ähnliche Erscheinungen, wie das von wirklich großer Ähnlichkeit genannte steinerne Weib bei Wiesensteig wiederholen sich im Filsthal öfter. Am Michelsberg, nordwestlich von Überkingen, wird ein solcher Fels mit der Benennung Jungfrau ausgezeichnet. Fast jeden der vielen Vorsprünge des Thalrandes ziert eine eigenthümliche Felsenstirn, denn nur der Festigkeit der Felsen verdanken die Thalränder ihre vielgestalteten Umrisse. Diese Felsen bilden entweder noch eine geschlossene Steilwand (Aimer, Kahlenstein) und laden dann zu Fernsichten ein, oder die Wand ist schon zerspalten und in isolirte unzugängliche Felsen zerklüftet (Michelsberg, Galgenberg nordwestlich von Ditzenbach), die einzeln der zerstörenden Gewalt der Atmosphäre unterliegen, und durch Frost und Hitze zersprengt das Material zu den langen Steinrutschen liefern. Auf diese Weise ist schon mancher Berg seiner Zierde beraubt worden.


2. Thäler.
Das Hauptthal ist das Filsthal, in welches die übrigen als Seitenthäler einmünden. Dieses – besonders in seinen obern Theilen wild romantische – Thal beginnt | eine Stunde oberhalb Wiesensteig; ganz bestimmt kann sein Anfang nicht angegeben werden, da es sich oberhalb des Filsursprungs in mehrere sehr trockene Thälchen verzweigt, welche zum Theil noch eine Stunde weiter fortziehen, und dann auf dem Plateau der Alp auslaufen. Von Wiesensteig zieht es sich in mäßigen Wendungen nordöstlich nach Altenstadt, und von da unter einem rechten Winkel abspringend in ziemlich gerader nordwestlicher Richtung nach Großsüßen, unterhalb welchen Ortes, 1/4 Stunde entfernt, das Oberamt Göppingen beginnt. Bei Altenstadt wird das Filsthal freundlicher, weiter unten, bei Gingen, verläßt es das Alpgebirge und erhält dort eine beträchtliche Thalweite. Die Länge des Thales, bis an die Grenze des Oberamtes, beträgt 8 Stunden. Weiter oben ist das Thal kaum 1/8 Stunde breit, oft nimmt die Fils den ganzen Thalgrund ein. Bis Altenstadt ist das Thal ein Längenthal, von da wird es Querthal. Das Filsthal ist zumal in seinem obern Theile durch seine Tiefe und durch die drohenden Massen seiner hoch oben überragenden Felsenriffe, durch den grellen Wechsel von Öde und üppiger Fruchtbarkeit eine der bevorzugtesten alpischen Landschaften. Der Thalgrund besteht großentheils aus Baumwiesen und steht an Schönheit keinem der Alpthäler nach; in ihm reiht sich Dorf an Dorf, wie denn im Oberamtsbezirk 12 Orte (wenn man Kleinsüßen für einen besondern Ort rechnet) an der Fils liegen.

Besondere Benennungen des Filsthales sind: Hasenthal, für die oberste Strecke bis um den Filsursprung hin; Geißthal, wegen der häufig gehaltenen Geißen oder Ziegen, vom Filsursprung bis über Deggingen hinunter. Die Gegend von Ditzenbach und Deggingen heißt auch hin und wieder das Spindelthälchen, weil die Winterbeschäftigung vieler Einwohner im Verfertigen von Spindeln besteht. Von Geislingen bis Großsüßen gilt der Name Geislinger Thal.

Das Filsthal ist eines der abnormsten Thäler der Alp, denn die Fils verläßt das Gebirge nicht, wie die übrigen | Flüsse auf dem kürzesten Wege von Süden nach Norden, sondern folgt von Westsüdwest nach Ostnordost bis Altenstadt 3 Meilen weit einer tief eingeschnittenen Thalspalte, und auf diesem ganzen Laufe entfernt sie sich vom Nordrande der Alp weniger als 3/4 Meilen. So oft auch das Kalkplateau, welches sich auf der linken Seite der Fils erhebt, bis auf den braunen Jura durchschnitten wird und namentlich der Wasserberg, das Hörnle, der Burren, dadurch vollkommen von einander geschieden werden, so war doch erst zwischen Altenstadt und Gingen die Spalte tief genug, der Fils den Abzug zu gewähren. Ein unterirdischer Basaltzug, vom Aichelberge zur Kuchalp gehend, der auf seinem Rücken nicht nur die Kalkfelsen des Nordwestrandes über die südlich emporragenden erhob, sondern auch den Querthälern die Wasserscheide setzte, mochte dieses Gewirr von Felsenspalten und Bergplatten, welche malerische Gruppen bilden, hervorrufen.


Seitenthäler des Filsthales.

Die Nebenthäler der Fils, von ihrem Ursprung an bis zu ihrer Biegung bei Altenstadt, endigen sich bald mit einer schroffen Felswand, an die sich häufig Tuffe anlagern und unter denen ein wasserreicher Bach hervorrieselt. Über den Felsen führt eine steile Steige zur Höhe, von welcher nicht selten freundliche Ortschaften über den Rand ins Thal hinabschauen (Oberdrackenstein, Aufhausen, Türkheim).


A. Von der rechten Seite kommt

a) das Gosthal, vom Gosbächlein benetzt, von Unterdrackenstein nach Gosbach 1/2 Stunde nordwärts herunterziehend, mit der romantisch gelegenen Kirche von Drackenstein im Hintergrunde.

b) Das Rohrachthal, welches durch die Hauptstraße von Ulm nach Stuttgart der Länge nach durchzogen wird. Es beginnt oben am Steighof, hart an seinem Rande ist die Wasserscheide zwischen Neckar und Donau auf braunen Geschiebmassen mit Kieselstücken, Kalkplatten, welche auf körnigen und dolomitischen Kalkmassen ruhen. Nördlich vom Steighof, aber tief unten, quillt die Rohrach hervor (s. unten bei den Flüssen). Das Thal ist von hohen Bergen und Felsen, wie dem Geiselstein, Ödethurmberg, Helfenstein umgeben; | in der Mitte liegt die Stadt Geislingen. Den Thalgrund füllen Wiesen mit einer Unterlage von Tuffstein. Im engern Sinne heißt das Rohrachthal bis gegen Altenstadt Geislinger Thal, im weitern wird, wie oben angegeben, mit letzterem Namen auch zugleich das Filsthal von Altenstadt bis Großsüßen bezeichnet. c) Das Eybthal oder Eybacher Thal, weiter oben, wo es besonders enge wird, Roggenthal genannt, ein schmales und kleines, aber tief eingerissenes, durch seine wilden Felsenpartien merkwürdiges Thal, beginnt auf der Höhe der Alp bei Treffelhausen und zieht sich zuerst südlich; zwischen Treffelhausen und Schnittlingen streicht rechts herein die Teufelsklinge, eine 1/4 Stund lange Schlucht mit äußerst steilen, aber nicht hohen Wänden, weiter unten zieht links der Hofteich von Trasenberg herunter. Seit der größern, durch den Zufluß aus dem Mordloch gemehrten Wasserfülle treten auch die Felsen des Thales in den kühnsten und großartigsten Formen und theilweise in gedrängten Reihen auf. Es sind nicht die mauerartig zerklüfteten Nadeln, sondern massige Dolomitklumpen, von Regen und Sonne gebleicht und geglättet, welche hoch über das Grün der Wälder hinaufragen. Jede Wendung des Thales überrascht uns mit neuen Formen, besonders in den Umgebungen der obern und untern Roggenmühle, die theilweise so charakteristisch sind, daß die Form zum Namen einlud (Gabelfelsen, mit seinen zwei langen, aufwärts gestreckten Zinken; Lochfelsen, aus welchem man wie aus einem Thurmfenster ins Thal hinuntersehen kann). Die Nebenthäler sind nur schmale Schluchten; bei der untern Mühle liegt Kalktuff auf der Thalsohle. Bei dieser untern Roggenmühle streicht das Magenthälchen herein, es ist 1/2 Stunde lang, beginnt zwischen Waldhausen und Steinenkirch, ist ausserordentlich wild und eine zahllose Menge losgerissener Felsstücke bedecken sowohl die Abhänge als die Sohle desselben, daher es schwer zu begehen ist. In diesem Thälchen ragt der Roggenfelsen empor. Unterhalb Eybach, wo westlich die jähe Wand des Himmelfelsens – die äußerste Spitze eines riffartigen Vorsprungs – sich drohend über dem Orte erhebt, zieht sich links das tief eingeschnittene Donzelthälchen herein, welches nach Schalkstetten hinaufführt, 1/2 Stunde lang und deshalb merkwürdig ist, weil die Thalsohle unlängst ein fruchtbarer Wiesengrund war, jetzt aber durch eine Gewitterfluth in eine unwirthbare Schuttfläche verwandelt ist, welche durch die herabrollenden Felsenblöcke noch stetig vermehrt wird. Das Eybachthal in seinem weiten Zuge läuft westlich um den Stöttener Berg herum und mündet bei Altenstadt in das Filsthal aus. Die Länge beträgt 3 Stunden. Die Felswände des wildromantischen Thales sind mit den Trümmern der verfallenen Burgen Ravenstein und Hohen-Eybach bekränzt. Noch kurz vor der | Ausmündung des Thales läuft rechts ein, hinter dem Tegelberg hervorstreichend, das Längenthal, ein tiefer, 3/4 Stunden langer, Thaleinschnitt.

d) Das Lauterthal beginnt im Oberamt Gmünd, in dem die Lauter bei Degenfeld entspringt; anfangs streicht es südlich, dann südwestlich. Vom Südosten her zieht das Weißensteiner Thal herein, welches auf dem Albuch beginnt, vom Mühlbach bewässert wird und nur 1/2 Stunde lang ist. Es hat steile, meistens mit üppigen Buchenbeständen bestockte Ränder, an die gegen unten schöne Matten angrenzen, was dem Thale einen äußerst anmuthigen Charakter verleiht.

Das Lauterthal selbst ist bis Donzdorf enge, dann wird es beträchtlich weiter und besonders bei Kleinsüßen äußerst freundlich. Das links liegende Gebirge krönt der hohe Messelberg, auf dem rechten Gebirgszug stehen der Ramsberg und die Trümmer von Staufeneck, ersterer in das Oberamt Gmünd, letzteres in das Oberamt Göppingen gehörig. Das Thal hat eine Länge von 21/2 Stunden.


B. Von der linken Seite

sind die einlaufenden Seitenthäler der obern Fils (oberhalb Altenstadt) nicht nur viel länger, als die von der rechten Seite hereinstreichenden, sondern auch die Hintergründe offen. Diese sämmtlich durch Bäche bewässerten Thälchen sind:

a) Eine kleine Strecke der Ausmündung eines von Gruibingen (Oberamts Göppingen) her streichenden Thälchens,

b) desgleichen des Hardthales, in dessen oberer Fortsetzung Ganslosen (Oberamts Göppingen) liegt.

c) Das Barchenthal, 1/2 Stunde nordwestlich von Deggingen beginnend.

d) Das zwischen dem Nordalp- und Weigoldsberge herstreichende, unterhalb Reichenbach in das Hauptthal einmündende Reichenbacher Thal, 1 Stunde lang.

e) Das Unterböhringer Thal mit dem Rohrbach, südlich über Unterböhringen herabziehend und zwischen dem Weigoldsberg und Michelsberg bei Hausen einmündend, 11/2 Stunden lang.

Nach der Biegung der Fils bei Altenstadt laufen ferner noch von der linken Seite ein:

f) Das Seethal, ein nordöstlicher Einschnitt in den Michelsberg, in blos 1/4stündiger Ausdehnung nach Kuchen ziehend.

g) Das Barblenthal zwischen dem Spitzenberg und Grünenberg mit dem Barblenbach, 1/2 Stunde lang, in östlicher Richtung nach Gingen ausmündend.

| Was den Charakter des Filsthales, von der Einmündung des Rohrach- und Eybachthales an, weiter hinunter bis an die Grenze des Oberamts betrifft, so verschwinden die Kalkfelsen; die Steilwände des untern weißen Jura treten hinter die breite Böschung des Thales zurück, und obgleich die Höhen noch ansteigen und der Fluß tiefern Punkten zueilt, so daß die Tiefe des Thals am Austritt bei Gingen über 900′ erreicht, so ist doch die Gegend schon so offen geworden, daß man von niedrigeren Bergen umgeben zu seyn wähnt. Allein man erkennt bald den Irrthum, wenn die Vorsprünge über die Waldhöhen des braunen Jura uns wechselsweise näher treten.


3. Ebenen und Auen.

Ebenen und Auen von Bedeutung finden sich nicht.


4. Erdfälle und Höhlen.
Der merkwürdigste Erdfall oder Bergrutsch, welcher eine Erdfläche von 30 bis 40 Morgen losriß und mit Bäumen und allem, was darauf stand, eine Strecke von 500 Schritten ins Filsthal hinabrückte, selbst die Fils 483 Fuß in ihrem Lauf verdrängte, fand in der Nacht vom 2–3. Merz 1805 bei Hausen statt. Sonst finden sich kleinere Erdfälle oder trichterförmige Vertiefungen, wie überhaupt auf der Hochfläche der Alp, häufig, z. B. bei Wiesensteig im Walde oberhalb der Papiermühle, ein anderer bei demselben Städtchen oberhalb der Wolfsklinge, unter dem sogenannten Felsen, auf der nördlichen Seite des Seltelbergs, und ein weiterer auf demselben Berge, oben auf der Hochebene, der steinernen Frau gegenüber. Ein Erdfall in Unterböhringen hatte im Winter 1840/41 mitten im Orte statt. Viele Erdfälle kommen namentlich auf der sogenannten rauhen Wiese (auf der Böhmenkircher Markung) vor. Im allgemeinen finden sich auf der Alp viele Vertiefungen (Kessel), welche keinen Wasserablauf haben, und an der tiefsten Stelle jedes solchen Kessels ist constant ein Erdfall. Diese Kessel können keinen andern | Ursprung haben, als daß in uralten Zeiten ungeheure Höhlen einstürzten und so den Kessel bildeten, welcher sich durch nachstürzendes Gestein und Erdreich wieder mehr verflachte. Die noch vorhandenen Erdlöcher sind gleichsam die Spundlöcher für das in dem Kessel sich ansammelnde Wasser. Auffallend zeigt sich das in der Battenau, welche einen Kessel von etwa 3/4 Stunden Länge und 1/4 Stunde Breite bildet. Neben vielen kleinen hin und her zerstreuten Erdfällen befindet sich unmittelbar neben der Ziegelhütte ein Erdfall von etwa 600′ Umfang und wenigstens 30′ Tiefe, ähnlich dem Krater eines Vulkans, und alles Wasser, was sich in diesem weiten Kessel sammelt, versenkt sich in die Felsenspalten des Erdfalls. Diese auch in der gegenwärtigen Zeit sich hie und da ereignende Erscheinung, daß auf ebenem Felde die Erde plötzlich einsinkt und solche Vertiefungen bildet, findet in der Schichtung des Jurakalks ihre Erklärung.

Aus derselben erklärt sich das häufige Vorkommen der Höhlen auf der Alp, von denen einige mit den Erdfällen auch in so fern Ähnlichkeit haben, daß ihre Trichter offen stehen.

Die Schertelshöhle, 11/2 Stunden von Wiesensteig, auf der Markung von Westerheim in dem Walde, genannt der „Steinerhaushau“ oder „Schertelswald,“ die berühmteste Höhle des Oberamts und eine der größten und schönsten Höhlen Württembergs überhaupt, hat diese Eigenschaft. In dem seit undenklichen Zeiten offen stehenden Trichter, dem sogenannten Kühloch, dessen Mundloch 2365 par. Fuß über dem Meere erhaben ist, ließen sich Bergleute hinunter und entdeckten den Zusammenhang des Loches mit einer Höhle. Durch die Bemühungen des Amtsnotars Schäuffele und einiger andern Naturfreunde in Wiesensteig wurde in den Jahren 1829 und 1830 vermittelst Durchbrechung eines 40′ mächtigen Kalkfelsens ein Stollen zu der Höhle getrieben und dieselbe durch gefahrlosen Treppeneingang von 41 Stufen zugänglich gemacht. Die Höhe der Höhle ist äußerst verschieden, von 4′, oder – nach nunmehriger | künstlicher Erweiterung an der niedrigsten Stelle – von 6′, bis 53′ aufsteigend. An der Stelle des Trichters beträgt sie von der Sohle der Höhle bis zum obern Rande desselben 75′. Die ganze Länge der Höhle, so weit sie begangen werden kann, beläuft sich auf 541′, die größte Breite 21′, die kleinste Breite 5′. Der Fall der Höhle, vom höchsten Punkte bis zum niedrigsten, ist 55′. Der obere Durchmesser des Trichters beträgt 29′, der untere 9′, und seine Tiefe 22′. Sehr reich ist die Höhle an den verschiedenartigsten Formen der Kalksinterbildungen; besonders vorherrschend ist die kegel-, falten- und zapfenförmige Bildung der Stalaktiten, welche häufig recht phantastische Formen darbieten. Von diesen eigenthümlichen Bildungen sind Theilen der Höhle besondere Benennungen gegeben worden; wie die Halle, die obere und untere Kapelle, die großen und kleinen Säulen, der Mann, das Gefängniß, die Harmonica, der Thronhimmel u. s. w. Der Reflex der Lichtstrahlen an den weißen schimmernden Stalaktiten ist von wunderschöner Wirkung. In die Hallen, in deren Kuppel sich der natürliche Trichter der Höhle befindet, sendet die Sonne in der Mittagsstunde ihre Strahlen. Außer Kalksinter kommt in der Höhle noch eine äußerst feine braune Thonerde, Mondmilch, ein gelblich weißer talkartiger Bol und Kalktuff vor. Die Temperatur, der Höhle, bei einer Wärme von 18° R. ausserhalb der Höhle, betrug unter dem Trichter 5° R., bei der sogenannten Harmonica 6°, in der obern Kapelle 7°.

In der nächsten Zeit nach ihrer Entdeckung wurde die Höhle jedes Jahr festlich beleuchtet, was aber gegenwärtig nicht mehr regelmäßig geschieht. Umständlichen Bericht über diese Naturmerkwürdigkeit geben: G. und E. Paulus Beschreibung der Schertelshöhle bei Wiesensteig mit Grundriß, Länge- und Quer-Profilen derselben. Stuttgart, Mäntler. 1832. 8°; vrgl. auch württemb. Jahrb. 1831. Hft. 2. S. 183.

Eine halbe Viertelstunde von der Schertelshöhle an dem gegenüberliegenden Bergwalde findet sich eine prächtig | gewölbte Höhle in den Kalkfelsen mit hallenförmigem 16′ hohen, 28′ breiten, bogenförmigen Eingange, das s. g. steinerne Haus. Diese Höhle zieht von Nord nach Nord-West-West. Soweit sie bequem begangen werden kann, ist ihre Länge vom Eingang bis zur Schlußsäule 150′. An dieser s. g. Schlußsäule kann man sich blos rechts und links durchdrängen und in einem engen Felsenspalte fortschlüpfen. Beinahe vorne am Eingange ist ihre größte Breite mit 58′, und ihre größte Höhe mit 16′, daher der Eingang großen Eindruck macht, weiter fort wird sie bald niederer bald schmäler. Zu der kalten Temperatur von 2° R. + im Julius, welche in der Höhle herrscht, mag der Umstand mitwirken, daß diese Höhle in dem ohnehin engen schattigen Thälchen gegen Norden ausmündet.

Die Höhle bei Dozburg, 1/4 Stunde hievon entfernt, 1/2 Stunde nordöstlich von Wiesensteig in dem Walde Dozburghalden, unter dem s. g. Tafelfelsen. Ein unbedeutender, unter wildverwachsenem Gebüsch verborgener Eingang führt zu dieser geräumigen Höhle, welche 148′ lang ist, öfters 30′ bis 40′ breit, und eine Strecke von 110′ hin immer 6′ bis 8′ hoch, dann sich verengt, so daß man 30′ lang kriechen muß, bis man eine gegen 25′ hohe Spalte erreicht, die jedoch nur 8′ lang ist, und mit einer senkrechten Felsenwand sich schließt. Wunderschöne Sinterbildungen finden sich in dieser Höhle. Auch enthält sie eine Menge Mondmilch und einen feinen gelblichten Lehm. Von dem herabträufelnden Wasser hat sich ein kleiner, 11/2′ tiefer See gebildet. S. Paulus in den Würt. Jahrb. 1833. Heft. 2. S. 334.

Das Todtenloch bei Drackenstein, eine geräumige Tuffsteingrotte in die man durch ein natürliches Felsenthor gelangt. Vergl. Drackenstein.

Das Drachenloch, dem Todtenloch gegenüber liegend, dessen formenreiches Innere noch nicht gehörig untersucht ist.

Der hohle Felsen bei Aufhausen, aus welchem Quellen entspringen. Sein Eingang ist enge; nach der | Volkssage sollen sich bedeutende Höhlen mit Seen im Innern befinden.

Das Kahlenloch. Es öffnet sich gegen das Dorf Überkingen hin unter dem s. g. Kahlenfelsen oder Kahlenstein, am Rande des Türkheimer Berges, aber schon auf Überkinger Markung ganz auf der Grenze derselben. Es streicht nur 20′ unter der Gebirgsfläche und läuft beinahe parallel mit der Fils. Der Eingang ist blos 4′ breit und 21/2′ hoch, innen erweitert sich die Höhle bald so, daß man bis gegen 120′ aufrecht in ihr gehen kann. Die Bergschichten sind horizontal durchbrochen und entsprechen sich auf beiden Seiten. Das an den Wänden herabträufelnde Wasser sammelt sich mitten in der Felsenstube in einem Kessel.

Das Mordloch im Roggenthal auf der Markung Schnittlingen zwischen dem Ravenstein und der obern Roggenmühle, am östlichen Thalrande, eine wasserreiche Höhle, welcher ein crystallheller Bach entquillt. Nur wenige Schritte nach dem Eingang, welcher, durch Sprengung eines Felsens im Jahr 1833 bequemer gemacht, nunmehr eine Höhe von 23′ und eine Breite von 4′ hat, ist diese Höhle gegen 30′ hoch und 5′ breit. Solche Breite behält sie mit wenig Unterschied durchgängig, die Höhe hingegen wechselt sehr ab, an zwei Stellen ist sie nur 4′ bis 5′ hoch. Zugänglich ist die Höhle bis auf 500′, endlich wird sie so niedrig, daß zwischen dem Wasserspiegel und dem Dache der Höhle nur noch handbreit Raum ist, während das Wasser immer tiefer wird. S. Paulus in den Württ. Jahrb. 1833. Heft. 2. S. 324.

Das Forellenloch befindet sich ungefähr 100 Schritte hinter dem Schlosse Weißenstein in einer Bergbucht am Alpabhange gegen Weißenstein. Es ist eine Felsenspalte, deren Länge 153′ beträgt, die Höhe abwechselnd 3′ bis 6′, die Breite nie über 5′, außer am Ende, wo sie 7′ breit ist. Den Namen trägt es von dem in ihm entspringenden Bach, dessen klares Wasser früher gespannt und zur Forellenzucht | benützt wurde. Dieser Bach versiegt nie, ja bei andauerndem Regenwetter schießt er brausend aus der Höhle und bildet unter der Schloßbrücke einen 50′ hohen Wasserfall.


5. Gewässer.
A. Brunnenquellen.

Brunnenquellen und darunter sehr starke gibt es im Thale in zahlloser Menge, und das rasche klare Wasser verleiht den Thälern viele Lebendigkeit. Besonders starke Quellen sind die Fils-, Rohrach-, Eyb- und Lauterquelle. Auch einzelne Alporte, wie Türkheim, Stubersheim, Schalkstetten, haben Quellwasser, die meisten Orte aber müssen sich mit Regen- und Schneewasser, welches in Cisternen und Hülen (Hülben), d. h. mit Lehm ausgeschlagenen Wasserbehältern gesammelt wird, begnügen; dergleichen Hülben gibt es bei Westerheim, Hohenstadt, Steinenkirch, Oberweckerstell u. a. m. In trockenen Sommern und Wintern entsteht an solchen Orten Wassermangel.

Hungerbrunnen, d. h. solche, welche nur zu gewissen Zeiten, namentlich bei stärkerem Regen- oder Thauwetter fließen, sind in den Thälern sehr häufig. So strömt z. B. bei andauerndem Regenwetter oder bei Schneeabgang aus der Mitte des Ulmer Felsens (zwischen Mühlhausen und Gosbach) ein Wasserstrahl von Mannsdicke hervor, welchen die Bewohner von Mühlhausen durch die Fenster beobachten können. Alle diese Vorkommenheiten gehören zu dem gewöhnlichen Charakter der porösen und zerklüfteten Jurakalkformation. Seltenere – wenigstens im Verhältniß zu andern Formationen – Erscheinungen in derselben Erdbildung sind die Mineralwasser, aber auch deren zählt das Oberamt drei. Das Vorhandenseyn solcher, Kohlensäure entwickelnder Mineralquellen macht es wahrscheinlich, daß wir uns hier am Rande eines großen unterirdischen Basaltgebirges befinden, welches im continuirlichen Zusammenhange die Unterlage der ganzen Juramasse zwischen den Quellen der Erms und der Fils bildet.

| a) Der Gesundbrunnen zu Überkingen. Dieses Mineralwasser enthält neben dem schon durch den Geschmack sich zu erkennen gebenden Eisen eine nicht unbeträchtliche Menge kohlensaures Gas und sehr geringe Mengen von kohlensauren, salzsauren und schwefelsauren Salzen. Es entquillt im Dorfe selbst in der Nähe des Röthelbaches auf ebenem Boden dem Jurakalk und – als nächster Umgebung – dem Eisenrogenstein, 1368 Par. Fuß über dem Meere. Benützt wird es und steht in Achtung zum wenigsten schon seit dem 15. Jahrhundert. Die armsdick hervorsprudelnde immer gleich ergiebige Quelle wird als Getränk und zum Baden gebraucht. Die Wirkungen sind gegen Schwäche und Stockungen im Unterleibe, Krankheiten der Harnwerkzeuge, Gicht, Rheumatismen. Die 2 Analysen, welche man von den Bestandtheilen dieses Wassers hat, sind von einander verschieden, und es wäre überhaupt eine Revision der Untersuchung sehr zu wünschen. Es enthält nach der Analyse von Leube in Ulm in 16 Unzen:
Kohlensaures Natron (?) 0,390 Gr.
Schwefelsaures und kohlensaures Natron 0,276 "
Schwefelsaure Bittererde 0,056 "
Kohlensaure Bittererde 0,247 "
Schwefelsaure Kalkerde (?) 0,020 "
Kohlensaure Kalkerde 6,827 "
Kohlensaures Eisenoxydul 0,072 "  
7,888 fixe Stoffe.
Freie Kohlensäure 7,376 Gr.
Halbgebundene Kohlensäure 3,153 "

Nach der Analyse von Ade im Jahre 1821 in 16 Unzen:

Salzsaure Talkerde 0,4617 Gr.
Salzsaure Kalkerde 0,9188 "
Salzsaures Natron 2,7428 "
Schwefelsaures Natron 0,9142 "
Schwefelsaure Talkerde 0,4571 "
Kohlensaure Kalkerde 0,6857 "
Kohlensaure Talkerde 0,4571 "
Eisenoxyd 0,2285 "  
6,8659 Gr.
Kohlensaures Gas 22,00 Cubikzoll.
| An der Quelle setzt das Wasser einen rostfarbenen Niederschlag ab. Seine Temperatur ist 9° R. – Vergl. auch Überkingen beim topographischen Theile.

d) Die Mineralquelle in Ditzenbach, nordwestlich außerhalb des Dorfes an der Landstraße am Bronnenbühl entspringend. Dieses eisenfreie Sauerwasser, einer der reinsten und kräftigsten Säuerlinge überhaupt, entspringt unter starker Kohlensäureentwickelung im Jurakalk und zunächst im Eisenrogenstein 1540′ über dem Meer, und 2′ über dem Niveau der etwa 150 Schritte entfernten Fils. Die Quelle liefert in einer Minute über 1 Imi Wasser. Entdeckt wurde sie durch die in der Nähe aufsteigenden Dünste und die Unfruchtbarkeit des über ihr gelegenen Ackers (vergl. Ditzenbach unten bei der Topographie). Sie wird zu Trinkkuren, zu welchen ihr angenehm säuerlicher Geschmack sehr einladet, und zu Bädern gebraucht, und dient gegen Brustleiden, Krankheiten der Verdauungsorgane, der weiblichen Sexualorgane.

Nach der Analyse von C. G. Gmelin vom Jahre 1823, welche übrigens nicht an der Quelle selbst, sondern in Tübingen und mit Wasser vorgenommen wurde, das in Krügen dahin versendet war, enthält das Ditzenbacher Wasser (bei 7° R. und 27,4 P. Z. Barometerhöhe) 1,11 Volumen kohlensaures Gas und an fixen Bestandtheilen in 10000 Theilen:

Kohlensauren Kalk mit geringen Spuren von kohlensaurer Bittererde 4,700 Thle.
Schwefelsaures Natron mit etwas schwefelsaurer Bittererde 0,125 "
Salzsaures Natron 0,026 "
Organischen Stoff mit Spuren von Schwefel 0,024 "

so daß 10000 Theile Wasser nur 4,863 fixe Bestandtheile, worunter 4,700 kohlensaure Kalkerde, haben.

Im Jahre 1837 untersuchten Dr. Abele und Apotheker Breuninger von Kirchheim unter Teck gemeinschaftlich den Gasgehalt an der Quelle selbst, sie fanden in 16 Unzen Wasser 27,7 Par. Kubikzoll (= 1,175 Volumen) kohlensaures Gas. Das Wasser ist klar, farb- und geruchlos, perlt | stark, tödtet die Fische schnell. Bei einer Wärme der Luft von 20° R. beträgt seine Temperatur 10° R.

c) Das Röthelbad bei Geislingen (vergl. Geislingen). Seine Quelle entspringt an zwei Stellen, in und neben dem Badhause, sie ist krystallhell und von indifferentem Geschmack. Schon seit dritthalb Jahrhunderten bekannt, wird dieses Bad gegen Hautausschläge, Gicht und Rheumatismus, Harnbeschwerden etc. empfohlen, von Auswärtigen jedoch nicht besucht. Das Wasser fühlt sich seifig an. Eine Analyse wurde in neuerer Zeit nicht vorgenommen.

In früheren Jahrhunderten, wenigstens im 15ten, befand sich auch in Grünbach ein Gesundbad, worüber Heinrich von Rechberg den 1. December 1481 einen kaiserlichen Schutzbrief erhielt, worin es das Wildbad im Nenninger Thal bei Grünbach genannt wird. Die Badgebäude standen außerhalb des Weilers, sind aber längst spurlos verschwunden.


B. Flüsse und Bäche.
Die Fils (früher auch Vils) ist der Hauptfluß des Oberamts. Merkwürdig ist sein dem Nordwestrande der Alp parallel gehender Oberlauf, der sich aber ebenso in der viel kleineren Eyb wieder findet, während die aus dem Geislinger Thale herabkommende Rohrach die Richtung der Fils im Querthal von Altenstadt nach Süßen bestimmt. Der Ursprung der Fils ist im Jurakalk aus einem nicht bedeutend tiefen Kessel, 3/4 Stunden südwestlich oberhalb Wiesensteig, am südlichen Abhange des Berges Bussen in einem engen Wiesengrunde auf der Stadtviehweide, dem s. g. Plätz. Die Temperatur der Quelle im Juni und October ist = + 7,0° R. Das Flüßchen entquillt einem vielverzweigten sehr ausgebildeten Trockenthale, das zwar nur zur Thau- und Regenzeit Fluthwasser sammelt, aber dessen frische Wiesengründe und wohlbestockte Thalgehänge beweisen, daß die Segenfülle der Alpthäler nicht allein von der Gegenwart des klaren Baches abhängig ist. Erst bei den geschichteten Kalkbänken der untern Abtheilung des | weißen Jura, in der Gegend, wo sich das südliche Trockenthal mit dem Hasenthale vereinigt, rieselt unter einem Wiesengelände die Hauptquelle als ein breiter lebendiger Bach hervor. Schon hier wasserreich, verstärkt sich derselbe durch mehrere Nebenquellen, rauscht über die welligen Wiesenteppiche hinweg, deren sonderbare Unebenheiten den unterliegenden Kalktuff verrathen, und treibt nach einem viertelstündigen nördlichen Laufe bereits eine Papiermühle. Bei Wiesensteig gewinnt die Fils ihre Hauptrichtung nach Nordosten, in welcher sie ohne sehr bedeutende Krümmungen bis Altenstadt fortläuft, wo sie sich unter einem rechten Winkel nordwestlich wendet, und 1/4 Stunde unter Großsüßen den Bezirk verläßt. Die Orte, welche sie bespült, sind: Wiesensteig, Mühlhausen, Gosbach, Ditzenbach, Deggingen, Hausen, Überkingen, Altenstadt, Kuchen, Gingen, Großsüßen und Kleinsüßen. Die Länge ihres Laufes im Oberamtsbezirk beträgt 8 Stunden, die Ausdehnung ihres Laufes überhaupt, vom Ursprung bis zur Einmündung in den Neckar bei Plochingen 12,78 Stunden. Die Ufer sind meist mit Gebüsch besetzt, weiter oben ziemlich flach, später mehr erhöht. Der Grund besteht aus Kieselgerölle, welches zum Straßenbau verwendet wird. Die Farbe des Wassers ist, nach Art der Alpflüßchen, bläulich. Die Wassermasse ist noch etwas bedeutender, als die der benachbarten Rems. Das Gefälle ist stark, wie folgende Tabelle angibt:
Höhe über dem
Meere in Pariser
Fußen
Entfernung von
dem höhern Ort
in Stunden
Fall auf diese
Entfernung
des höhern
Orts.
des tiefern
Orts.
nach der
Strombahn.
nach der
Thalbahn.
in Pariser
Fußen.
nach Procenten
der Thalbahn.
Vom Ursprung der Fils bei Wiesensteig 1914 1795 1,1 1,0 119 1,038
Von Wiesensteig bis Ditzenbach 1795 1525 2,0 1,8 270 1,308
Von Ditzenbach bis Überkingen 1525 1355 2,5 2,2 170 0,674
Von Überkingen bis Großsüßen 1355 1103 2,4 2,8 252 0,785
| Bei dem raschen Laufe der Fils sind Überschwemmungen selten und richten nicht leicht Schaden an. Der Fluß hat Forellen, Äschen, Weißfische, Gruppen und Grundeln. Sein Wasser wird vielfach zur Wiesenwässerung verwendet, daher die Menge Wehre und Fallen. Dabei treibt er eine Menge Wasserwerke, an jedem Orte eine und meist mehrere Mühlen. Die Verbindung beider Ufer wird durch eine Anzahl Stege und theils steinerne, theils hölzerne Brücken bewerkstelligt; von einiger Bedeutung ist bloß die steinerne Brücke bei Altenstadt. Die Nebenflüsse oder vielmehr Bäche, welche in die Fils einmünden, sind:


a. Von der rechten Seite:

Der Giesbach bei Wiesensteig, das Dotzburger Bächlein, beide höchst unbedeutend; der Frauenbach oder die Gos von Drackenstein herfließend (vergl. Drackenstein); der Schittenbach bei Ave Maria, unterhalb Deggingen; der Röthelbach unterhalb Türkheim entspringend und nach kurzem Laufe in Überkingen in die Fils einmündend.

Die Rohrach rieselt am Fuße der ehemaligen Steige stärker als die Fils vom steilen Waldgehänge hervor, und treibt gleich an ihrem Ursprunge die Obersteigmühle, und in ihrem weiteren Laufe, auf welchem sie andere Quellen aufnimmt, bei Geislingen mehrere Mühlen. Von der Rohrach wird der Thierbach abgeleitet, der zur Wiesenwässerung dienend die Thierhalde herunterläuft, und bei Rorgensteig wieder in die Rohrach fällt. Sehenswerth sind die Wasserfälle, welche sie, wenn sie angeschwollen ist, beim Geislinger Bade bildet. Zur Wiesenbewässerung wird sie vielfach benützt. Sie hat auch Forellen. Unweit der steinernen Brücke, zwischen Geislingen und Altenstadt, fällt die Rohrach nach halbstündigem Laufe in die Eyb.

Die Eyb (Eib) führt ihren Namen von dem Eybbaum, der in ihrer Umgebung auf hohen Felsen vorkommt. Dieser kleine, zuweilen zu einem reißenden, zerstörenden Flüßchen anschwellende Bach entspringt als ein Brunnen zu Treffelhausen, 100 Schritt unter dem Pfarrhaus, in einem Felsenloch. Obgleich sich schon bei Treffelhausen eine Bachrinne erzeugt, so ist doch der Wasservorrath ganz unbedeutend; erst 3/4 Stunden unterhalb Treffelhausen gewinnt durch den Wasserreichthum des Mordloches die Eyb einige Bedeutung. Hier fließt hart am Waldsaume, auf der rechten Thalseite, ein Bach aus geschichtetem Kalke hervor, dessen innen rauschende Wasserfälle man von außen vernimmt, welche zu Nachgrabungen Veranlassung | gegeben haben, um die Wasser vom tiefern Versinken abzuhalten. Unterhalb des Mordloches treibt die Eyb die obere Roggenmühle, später die untere Roggenmühle und die Mühle bei Eybach. Unterhalb Eybach vereinigt sich der obere Bach mit dem hier in einem Topf entspringenden Mühlbach. Bei der Altenstadter Brücke fließt die Eyb, nachdem sie 3 Stunden lang mit mäßigem Falle die schmale Sohle des wiesenreichen Eybach- (oder Roggen-) Thales durchirrt hat, als ein bedeutender Zufluß in die Fils. Im Ganzen treibt sie 7 Wasserwerke; sie hat gute Forellen. Bei heftigem Hochgewitter oder länger anhaltendem Regenwetter richtet sie oft große Zerstörungen an.

Der Marrbach, so genannt von dem Walde Marren, in dem er hervorquillt, ist ein unbedeutender Bach, und fließt unterhalb Gingen in die Fils ein.

Die Lauter entspringt im Oberamt Gmünd, hinter Degenfeld am Kaltenfeld, auf einer Wiese im Zumpen, wo die Quelle oft so klein ist, daß man sie kaum bemerkt. Sie lauft mitten durch Degenfeld gegen Süden, tritt in das Oberamt auf der Weißensteiner Markung, von der linken Seite her verstärkt durch den Mühlbach oder Weißensteiner Bach, – der vom Forellenbach Zufluß erhält, welcher 100 Schritte hinter dem Schloß Weißenstein dem nach ihm genannten Forellenloch (S. 14) entrinnt, – eilt westwärts Nenningen zu, von da den von Norden her rinnenden Senftelbach in sich aufnehmend, nach Donzdorf. Bei diesem Ort hat sie südöstliche Zuflüsse durch den Seitzenbach, den Simonsbach, und im weiteren, westlichen Verlaufe, am Fuß des Ramsbergs, einen nördlichen, den Reichenbach, bis sie sich endlich bei Großsüßen mit der Fils vermischt. Sie treibt mehrere Wasserwerke. Ihr Grund besteht häufig aus Schieferplatten, und sie führt, gleich den Flüssen und Bächen dieser Gegend, Forellen.


b. Von der linken Seite.

Von dieser Seite her hat die Fils nur unbedeutende Zuflüsse; es sind blos Bäche, von welchen wir die hauptsächlichsten ausheben:

Unterhalb Wiesensteig der Schönthalbach, bei Mühlhausen der Hollbach, der oberhalb Ditzenbach aus dem Hardtthal kommende Bach, welcher zuweilen ganz austrocknet, bei Deggingen der Grettenbach, von Reichenbach der Fischbach, von Böringen kommend und bei Hausen einmündend der Rohrbach, welcher aus dem Zwerch- und Thalbach gebildet wird, bei Kuchen einfließend der Seitelbach, bei Gingen der Barblenbach (von der St. Barbara Kapelle so genannt), unterhalb Großsüßen der Schweinbach.

|
C. Seen und Weiher.

Zwei unbedeutende Weiher, ungefähr ein Morgen groß, finden sich bei Waldhausen und Weißenstein, welche früher Fische gehabt haben sollen.


6. Abdachung und Höhe.

Wie in dem Nordwestrande der Alp überhaupt, fällt das Gebirge gegen Nordwest nach dem Neckarbecken ab, und zwar schroff mit scharfer Kante von der Hochebene abbrechend und einen zerrissenen Felsenkranz gegen das Thal darbietend; bloß bei Scharfenberg und Grünenberg sind niedrigere Vorgebirge. Nur unbedeutend ist auf einem kleinen südöstlichen Striche des Oberamts die Abdachung nach der Donauseite.

Die große Wasserscheide zwischen Donau und Rhein tritt bei Oppingen in den Bezirk ein, zieht sich nach Amstetten, durchschneidet gleich oberhalb der Steige die Landstraße, geht dann auf Anhöhen gegen Stubersheim hin, in einem kleinen Bogen nach Schalkstetten und Waldhausen, von da in einem ostwärts sich ausdehnenden Bogen nach Steinenkirch, von diesem Orte nach Böhmenkirch, und von hier über den Schöneberg, Hundsbuckel, Bärenschwang, bei welch letzterer, nach Böhmenkirch gehörender Höhe sie das Oberamt verläßt. In Amstetten, Stubersheim, Böhmenkirch bilden die Giebel einzelner Häuser die Wasserscheide.

Außer dieser Hauptwasserscheide sind noch zu nennen die Wasserscheide zwischen der Rohrach und Eyb, und die zwischen der Eyb und Lauter; die erstere zieht auf der Kante von Helfenstein nach Weiler und von da nach Schalkstetten, wo sie die große Wasserscheide erreicht, die zweite wird durch die nördliche Kante des Gebirgs gebildet.

Im Allgemeinen sind die Wasserscheiden auf der Hochfläche doppelter Natur. Entweder fließen die Wasser zur Regenzeit an den Buckeln nach den tiefern Stellen, verlieren sich endlich in einem unterirdischen Loch oder Spalt in einen s. g. Erdfall (die Umgebung dieser Stelle ist häufig | ein flacher Kessel, das Land fällt nach allen Seiten diesem Punkte zu; solche Punkte finden sich nicht bloß auf der großen Wasserscheide zwischen Donau und Neckar, sondern auch auf den untergeordneteren), oder die Wasserscheide ist durch ein Trockenthal scharf bezeichnet, und in diesen Trockenthälern kann das Wasser sich theilen und versiegen, doch ist das Niveau oft so beschaffen, daß die gesammelten Wasser auf der Oberfläche wirklich abfließen können.

Nach der Natur der Jurakalkformation wird die Wasserscheide nicht nur eine oberirdische, sondern auch eine unterirdische. Die unterirdische mag scharf seyn, wir besitzen jedoch kein Mittel sie zu erforschen, die oberirdische ist desto unbestimmter; dem Beobachter bleibt auf der weiten Kalkebene, die überall kein Wasser hält, zuweilen ein sehr ansehnlicher Spielraum, und zur nassen Jahreszeit, wenn die Trockenthäler den Überfluß schnell abführen, kann die sonderbare Erscheinung vorkommen, daß die Wasser über einander in entgegengesetzten Richtungen abfließen. Diese bemerkenswerthe Wasserverbindung spricht sich am ganzen Nordwestrande der Alp deutlich aus; das rechte Thalgehänge der obern Fils ist daher in dieser Hinsicht als die Fortsetzung des Steilrandes zu betrachten. Ganz anders verhält sich das linke. Die Bäche von Gruibingen, Ganslosen, Reichenbach, Böhringen entspringen unterhalb der Kalkwand in den obersten Thonen des braunen Jura auf einem Sattel, dessen höchster Zug fast genau in den äußersten Nordwestrand der Alp fällt, d. h. in eine Linie, die über die Gipfel des Kornbergs, Sielenwangs (O. A. Göppingen) und des Wasserbergs gezogen wird. Die Wasser fließen also in Hochthälern mit deutlicher Wasserscheide, doch so, daß die im Gebiete der Kalkalp sich sammelnden Bäche alle der Fils zufallen, während die nach Norden fließenden von Boll bis Schlatt ihren Ursprung erst in den Thonen des braunen Jura nehmen, also wenig Theil an dem unterirdischen Wasservorrath des Kalkplateaus haben. Ein bemerkenswerthes Verhältniß!

| Der niedrigste Punkt des Oberamts ist unterhalb den beiden Süßen, zwischen welchen Orten das Niveau der Fils 1251 württ. Fuß hoch ist, der höchste bei Hohenstadt, wo die Erdfläche an der Kirche 2842,5 würt. Fuß erhaben ist. Folgende Tabelle gibt die von Kohler trigonometrisch bestimmten Höhen (vergl. auch Württemb. Jahrb. 1832. Heft. 2. S. 281).
Höhe über dem Meere in
Württ.
Fußen.
Pariser
Fußen.
Altenstadt, Erdfläche an der Kirche 1456,4 1284,5
Aufhausen, Kirchthurmdachtrauf 2632,0 2321,0
Donzdorf, Erdfläche an der Kirche 1414,0 1247,0
Geislingen, Erdfläche an der Kirche 1619,0 1428,0
Gingen, Erdfläche an der Kirche 1334,0 1176,5
Großsüßen, Erdfläche an der Kirche 1263,0 1114,0
Hofstett Emerbuch, Erdfläche an der Kirche 2351,4 2074,0
Hohenstadt 2842,5 2507,0
Kleinsüßen, Erdfläche an der Kirche 1266,0 1116,5
Kleinsüßen, Niveau der Fils unter der Brücke zwischen Groß- und Kleinsüßen 1251,0 1103,0
Messelberg ob Donzdorf, Erdfläche am Kreuz 2604,0 2297,0
Oppingen, Erdfläche an der Kirche 2485,0 2191,5
Stubersheim, Erdfläche an der Kirche 2413,0 2128,0
Türkheim, Erdfläche an der Kirche 2354,0 2076,0
Weiler ob Geislingen, Erdfläche an der Kirche 2255,0 1989,0
Westerheim, Erdfläche an der Kirche 2833,0 2498,5
Wiesensteig, Sign. Kirchweihbuckel 2723,0 2401,1
Wiesensteig, Sign. Langemadberg 2656,0 2342,4


7. Naturschönheiten.
Der Charakter der Natur ist sehr verschieden, jedoch großentheils reich an malerischen Schönheiten. Auf der Alpfläche haben die Orte zwischen Fruchtfeldern und Buchwaldungen gelegen und mit Obstbäumen umgeben, besonders im Sommer ein freundliches Ansehen. Eigentliche Ödungen finden sich nur wenige, vielmehr wechseln auch auf der Alp Ackerfeld und Buchwaldung mannigfach mit einander ab. Die Thäler sind tief eingeschnitten, meist | mit Obstbäumen besetzt, und die fast überall hervorstehenden Felsenmassen und einzelne Burgtrümmer geben ihnen einen romantischen Anblick.

Durch Schönheit ausgezeichnet ist die etwas weitere Fläche bei Großsüßen, mit der Aussicht auf den Hohenstaufen, Stuifen, Ramsberg, Staufeneck, Messelberg, Scharfenberg, Hohenstein, Spitzenberg.

Eine den Alpreisenden noch weniger bekannte, höchst interessante Partie ist die von Geislingen über den Ödethurm und den Helfenstein nach Weiler, von da über den Wagrein in das Donzelthal, wo eine Leiter über die wilden Felsen hinabführt, nach Eybach, durch das Roggenthal nach Treffelhausen und über das Weißensteiner Schloß nach Weißenstein.

An Aussichten ist die Gegend besonders reich, vorzugsweise ist zu nennen:

Der Reußenstein, mit herrlicher Aussicht in die unteren Gegenden des Landes.
Der Söllenberg bei Westerheim.
Hohenstadt (s. den Ort bei der Topographie) mit der ausgedehntesten Rundumsicht.
Das Scheuloch bei Mühlhausen über Dotzburg. Man sieht bis Ellwangen und zu den Tyroler Alpen.
Duchstetten, zwischen Deggingen und Aufhausen, ein früher zu einem trigonometrischen Signal benützter Platz, wo man gegen Süden die Schweizergebirge mit dem Camor, dem Sentis bis zu den fernen Berneralpen, und die Reihe der Tyrolerberge vor sich hat, gegen Osten bis in die Gegend von Augsburg, gegen Norden bis in die von Ellwangen eine reiche Aussicht genießt.
Der Kalkofen, Buchwald südlich von Amstetten, mit weiter Aussicht bis nach Burgau und andern über der Donau gelegenen Gegenden.
Der Gaisbühl auf dem Michelsberg.
Die Schildwache zwischen Geislingen und Überkingen. |
Der obengenannte Wagrein, oberhalb Weiler.
St. Patrizen-Kapelle auf der Böhmenkircher Markung, mit schöner Aussicht in die Schweizer-, Tyroler- und Salzburgergebirge.
Der Bernhardsberg, früher Spitzkopf genannt, auf der nordöstlichen Seite der Weißensteiner Markung, oben am steilen Nordwestabfall der Alp, mit herrlichster Aussicht in das Remsthal und in die weiteste Entfernung nach Norden, Westen und Süden.
Die Rosenmöhne, zwischen Treffelhausen und Nenningen, ein unbedeutender Flachrücken, aber mit sehr schöner und ausgedehnter Aussicht.
Der Galgenberg, zwischen Weißenstein und Nenningen, mit reizender, wenn auch nicht besonders weiter Aussicht.
Die Viehstelle bei Stötten, mit herrlicher Aussicht ins Neckarthal bis Stuttgart und über die schwäbischen Alpen bis in die Schweizergebirge.
Die Spitze des Messelberges mit einem Wallfahrtskreuze, von der man bei günstiger Luft südwärts die schneebedeckten Alpen, nord- und westwärts die fruchtbaren Gefilde des Unterlands und nächst am Fuße des Berges eine sehr reizende Landschaft erblickt.
Der Hohenstein, eine Felsenspitze des Tegelberges, mit schöner Aussicht in die untern Gegenden des Königreichs, ferner auf den Hohenstaufen, Rechberg, Stuifenberg, Schloß Scharfenberg, Staufeneck und die lachenden Wiesen und mächtigen Bergwälder in nächster Umgebung.
Der Grünenberg, südwestlich von Gingen, mit Aussicht ins Unterland.


8. Boden und Klima.
Der herrschende Boden auf der Alp ist ein kalkhaltiger Thonboden, an manchen Orten auch röthlich und eisenhaltig, bald mehr bald weniger schwer, meist mit Gerölle von Kalksteinen untermischt. In den Thälern besteht der Boden | meist aus Kalksteingerölle, hie und da aus Tuffsand und Tuffsteinen, auf welchen dann eine mehr oder minder tiefe Humusschichte auflagert.

Gegen die Fruchtbarkeit und den Wechsel des Gesteins in den tieferen Gegenden des Bezirks bietet die entgegengesetzte, die hohe Alpfläche, den bekannten augenfälligen Gegensatz. Wenig Ackerkrume, viele Kalkgeschiebe, in den Löchern und Erdfällen häufig Thon, doch erreicht er nirgends eine größere Ausdehnung, unter ihm bricht immer das nackte Kalkgestein hervor, ein flachhügliches Wellenland, wo nirgends ein tieferer Thaleinschnitt Wechsel bringt.

Das Plateau des Albuchs ist in der Regel mit nicht unbeträchtlichem Lehmlager bedeckt, und unterscheidet sich in dieser Beziehung auffallend von dem der rauhen Alp. Diese Lehmbedeckung äußert auch einen bedeutenden Einfluß auf die Kultur der Gegend und gibt den Feldern ein ganz anderes Aussehen, da hier keine solche steinige Äcker mehr getroffen werden, wie auf dem Plateau der rauhen Alp, daher auch die Bebauungsart der Felder sich von der der übrigen Alp unterscheidet.

Die Alporte dieses Oberamts gehören übrigens theilweise noch zu den milderen der Alp, und in der Nähe der Orte fehlt es nicht an Obstbäumen. Doch ist die Alp von rauhen Winden, bedeutenden Schneemassen und starken Nebeln heimgesucht; die letztern, welche oft mehrere Tage anhalten, ziehen häufig vom Brenzthale herüber, sie fangen schon zu Ende Augusts an. Die rauheren Gegenden der Alp sind die bei Steinenkirch und Böhmenkirch, und dann von Aufhausen gegen Hohenstadt und Westerheim; hier sind die Winde besonders häufig und heftig und der Winter strenge und lange anhaltend. Die Thäler stellen sich meist als Obstwaldungen dar, und die zarteren Gartengewächse, als Bohnen, Gurken gedeihen in wärmeren Jahren. Die Hitze, auch in heißen Sommern, wird des vielen Wassers wegen selten drückend und die Nächte sind meist kühl.

In Geislingen ist die mittlere Barometerhöhe 27″ 0,43′″ | Pariser Maß bei einer Temperatur des Quecksilbers von 14° R. Die mittlere Temperatur der freien Luft ist 6,7° R.

Gewitter sind nicht besonders häufig und richten selten Schaden an; eine Wetterscheide findet sich auf dem Hähnengarten bei Hohenstadt, wo die von Westen kommenden Gewitter rechts und links abziehen; ebenso auf der sogenannten Dicke, einer Bergspitze zwischen Unterböhringen und dem Grünenberg.

Das Frühjahr beginnt selten vor dem April, meist erst mit dem Mai. Die Erndte ist auf der Alp 8–14 Tage später, als in den Thälern, in welchen sie fast gleichzeitig mit andern Gegenden des Landes stattfindet. Im Ganzen ist der Bezirk fruchtbar und gesund.


9. Gebirgsarten und Versteinerungen.

Kein Oberamt am Nordwestrande der Alp, von Hohenkarpfen bis zum Nipf, gehört so ausschließlich der Juraformation an, als dieses, und nur wenige der zahlreichen Durchschnitte an jenem, mehr als 25 Meilen langen Rande sind dem vergleichbar, welcher jüngst durch die neue, Göppingen mit Heidenheim verbindende Weißensteiner Steige blosgelegt wurde. Wir folgen daher, um die Schichten des Oberamts kurz zu durchwandern, am zweckmäßigsten dieser Straße. Sie führt uns bei Süßen durch den tiefsten Punkt, sowohl in Rücksicht auf Meereshöhe, als auf Formationsglieder. Dieser tiefste Punkt nun erreicht nicht einmal mehr die obersten Schiefer des Lias, welche schon in der petrefaktenreichen Klinge von Eißlingen aufhören, sondern alle schnell aus der Thalsohle Süßens emporsteigenden Wiesen, Felder und Waldhöhen gehören bereits dem mächtigsten aller Jurathone an.

Dies sind die untern Thone des braunen Jura, worin namentlich die Lauter, oberhalb Donzdorf, so tiefe Einschnitte macht. Alles was diesen Thon andern Orts auszeichnet, wiederholt sich hier. In Hinsicht auf den Lias | Mangel an Schwefelkies, Geoden von Thoneisenstein, die zu Brauneisenocker verwittern, hin und wieder Blende oder Schwerspath eingesprengt zeigen u. s. w.; Ammonites opalinus, Nucula Hammeri, Trigonia navis, Gervillia pernoides, Mytilus gryphaeatus, Belemnites tripartitus und viele andere Muscheln kommen darin vor.

Unter diesen Thonen findet sich ein förmliches Sandsteingebirge, die Sandsteine des braunen Jura, welche durch ihren Reichthum an Quarzkörnern und durch ihre theilweis tiefgelbe Eisenockerfarbe dem Quadersandsteingebirge nicht unähnlich werden. Noch jetzt bezeichnet man sie wohl mit dem falschen Namen „Oberliassandstein,“ obgleich sie entschieden Repräsentanten des englischen Ooliths sind. Ihre bedeutende Entwicklung fällt in den Umgebungen des Messelberges so wie bei Wisgoldingen auf. In den obern Lagern scheiden sich schon hier dieselben Eisenerze aus, welche bei Aalen gewonnen werden, allein sie sind nicht so rein, führen aber dieselben Muscheln. Ganze Muschelberge finden sich, meist bestehend aus Brut von Nucula, Cucullaea, Isocardien, venusartige Muscheln, die sich wegen der Unkenntlichkeit des Schlosses nicht genau bestimmen lassen, Trigonia clavellata, aber immer klein, Belemnites brevis, und unter den Pectinites vor allen der kleine Pectinites paradoxus, zeichnen die Gesteinsgruppe aus. In der Regel nehmen sie die Vorstufe des Gebirges ein, welches zwischen Donzdorf und Grünbach sich erhebt. Einzelne Lagen darin liefern gute Werksteine, die an der Luft erhärten, und namentlich da gesucht werden, wo die Werksteine des Keupers so ferne liegen.

Die Sandsteinschichten sind am Messelberge überlagert von den blauen Kalken und Steinmergeln, welche durch die Aufnahme von Brauneisensteinlinsen, die sich besonders nach oben in ungeheurer Menge im mergelartigen Kalke ausgeschieden haben, den unpassenden Namen Eisenoolithe erhalten haben. Auf jedem Felde, auf jedem Fahrwege, der nur einiger Maßen das Gebirge entblöst, | kann man den großen Petrefactenreichthum, besonders der obern Lagen studiren. Die Muscheln sind aber nirgends verkiest, sondern bestehen aus derselben Masse, wie ihre Lagerstätte. Keine Juraschicht, wie diese, zeigt in jedem Punkt der Alp immer dieselben organischen Reste, von denen wir nur folgende, auch in andern Alpgegenden vorkommende aufführen wollen: Ammonites coronatus, Ammonites Humphresianus, Belemnites giganteus (quinquepartitus), Pleurotomaria ornata, Terebratula bullata, Terebratula spinosa, Terebratula Theodori, Terebratula resupinata, Ostraea crista galli, Ostraea pectiniformis, Pecten lens, Trigonia clavellata, Trigonia costata. Perna quadrata, Lutraria gregaria (Nucula lobata). Nucula variabilis, Nucula palmae, Cucullaeen, Astarten, Isocardien, Serpula socialis, Serpula limax und convoluta, Cidaritenstacheln in Unzahl und vieles Andere.

Erst über diesen kommen Thone mit verkiesten Muscheln, worin sich anfangs ebenfalls noch sehr ansehnliche Eisenoolithbänke ausscheiden, die aber bald ganz verschwinden und den Thonen mit Ornaten Platz machen, über welchen die schwarzen Knollen und Kugeln mit Schwerspath, Ammonites Lamberti und Ammonites catena etc. sehr bemerkenswerth sind. Die Schichten haben noch manche Muschel mit den vorigen gemein, als auch wieder vieles Eigenthümliche. Wir wollen sie von unten nach oben in drei Gruppen theilen.

Erste Gruppe. Ammonites Parkinsoni, Ammonites mutabilis, Ammonites macrocephalus, Ammonites anceps, Belemnites canaliculatus, Terebratula varians, Pholadomya Murchisoni, Ostraea costata (Knorrii), Nucula lacryma, Cucullaea inaequivalvis, kleine Astarten, Bruchstücke einer besondern Varietät von Trigonia costata in Menge, aber niemals ganz. Alle diese liegen in Eisenoolithen oder verkiest in einem Thone, welcher durch die Verwitterung feinblättrig wird, leicht zerfällt und ganz von weißen Kalkschalen (Astarten- und Posidonienbrut) durchsetzt ist. Man | pflegt ihn wohl mit dem englischen Bradfordclay zu parallelisiren, was jedoch nicht mit Sicherheit geschehen kann.

Zweite Gruppe. Hier findet sich verkiest namentlich Ammonites ornatus, Ammonites Koenigii, Ammonites convolutus, Ammonites bipartitus, Ammonites fonticola, daher am passendsten Ornatenschichten genannt, sie sind nicht mächtig.

Dritte Gruppe. Sie bildet die letzte Lage des braunen Jura, die leicht an den schwarzen kieseligmergeligen Kugeln zu erkennen ist, worin sich häufig Krebse (Klytia Mandelslohi und Andere, der Ammonites Lamberti und catena) finden, aber selten ganz, sondern meist durch Verwitterung in Bruchstücke zerstreut, auch greifen die Ornaten noch in diese sehr dünne Erdschicht über. Beide letzten Gruppen hat man Kellowayrock genannt. Besonders deutlich sind diese Schichten im Filsthal bei Deggingen, Reichenbach etc. aufgedeckt, sie fehlen aber natürlich nirgends im Oberamte, wenn sie der Schutt nicht verdeckt und sie in der gehörigen Region gesucht werden, gewöhnlich da, wo ein kurzes Wiesenland unter dem Waldsaume sich hinzieht.

Mit dem Waldsaume beginnen gewöhnlich die Lagen des weißen Jura. Anfangs sind blos graue Mergel, die von dem dunkeln Letten im Braunen sehr abweichen, bald aber scheiden sich darin festere Bänke aus, welche aber noch so viel Thon enthalten, daß sie durch den Wechsel von Regen und Sonnenschein, besonders aber durch Kälte und Wärme schnell ihren Steincharakter verlieren und zu Mergel zerfallen. Erst nach oben tritt der Thon allmählig zurück, die Bänke werden weißer und härter und widerstehen den Einflüssen der Witterung mehr. Diese stehen unmittelbar an der Straße hinter Weißenstein an, aus ihnen pflegen die reichen Quellwasser hervorzubrechen, welche durch die thonigen Lagen nicht hinabzusinken vermögen.

Wir wollen diese untern Lagen den untern weißen Jura nennen, der noch sehr reich an verkiesten Muscheln bleibt, welche oft in großer Anzahl herauswittern, aber meist durch | die Verwitterung sehr gelitten haben. Terebratula impressa, Asterias jurensis, Ammonites convolutus, Ammonites discus, Nucleolites granulosus (disaster), Brut von Trachelipoden, Nuculen, Turbinalien etc. zeichnen sich aus. Nach der häufigsten Muschel, der Terebratula impressa, nennt man ihn auch Impressathon, der mit dem englischen Oxfordclay identisch seyn soll. Seine Mächtigkeit beträgt 300–400 Fuß. Oberhalb der Schlucht, nördlich der Straße, wenige Minuten hinter Weißenstein, stellen sich die Lagen des mittleren weißen Jura ein. Die Bänke desselben bestehen aus gleicher Masse (es wechseln nicht mehr harte und weiche Lagen ab), aus einem dunkel gefärbten, sehr thonigen Kalk, der durch Verwitterung in eckige Bruchstücke zerfällt und zuletzt auch wieder in Mergel sich auflöst. Sein Thongehalt bewirkt, daß er dem Einfluß der Atmosphäre weniger Widerstand leisten, und daher keine eigentlichen Felswände zu bilden vermag; er zeigt daher blos lange, steile Halden, die der Vegetation nicht ungünstig sind. Sein Reichthum an verdrückten Planulaten, die oft mehrere Fuß im Durchmesser erreichen, Schalen von Aptychus und die große Menge von Ammonites inflatus fällt auf. Erst wenn man diese einförmigen Lagen ungefähr bis auf 100′ durchwandert hat, stellen sich feste, aber ungeheuer reiche Muschelfelsen ein, die fast ganz aus Schwammkorallen (Scyphia, Tragos, Siphonia, Manon) bestehen, welche leicht herauswittern und durch die Mannigfaltigkeit ihrer Formen in Erstaunen setzen. So viel Namen man letzteren gegeben hat, so ist es bis jetzt doch niemand gelungen, ihre Species wissenschaftlich zu ordnen, daher wäre die Aufzählung der Namen zwecklos. Für den Petrefaktologen interessanter sind die zwischen den Schwämmen meist in minderer Anzahl liegenden Muscheln, davon die wichtigsten: Terebratula lacunosa in vielen Varietäten, Terebr. perovalis, Terebr. substriata, Terebr. loricata, Terebr. nucleata, Terebr. pectunculus, Ammonites alternans, Amm. dentatus, Amm. flexuosus, Amm. convolutus, Amm. crenatus. Reinecke, | viele Planulaten, Belemnites semisulcatus, Cidarites coronatus, Echinites nodulosus, Eugeniacrinites caryophyllatus, Serpulen, Austern, Schnecken und vieles andere. Die ganze, an 10′ mächtige Muschelbank zerklüftet sich durch Verwitterung in Gesteinsbruchstücke, die vom Regen ausgewaschen eine steile Oberfläche bilden. Gleich darüber verschwindet wieder der große Reichthum an organischen Resten, die dunkeln Thonkalke nehmen abermals den Platz ein, sie sind jetzt aber kalkreicher, deutlicher geschichtet, und zeigen eine entschiedene Neigung zur oolithischen Struktur, für den geübten Kenner ein wichtiges Merkmal. Es sind runde, hirsengroße Kügelchen, die namentlich an verwitterten Stücken deutlich hervortreten, Ammon inflatus und Planulaten fehlen nicht, besonders ausgezeichnet finden sich aber mehrere Belemnitenspecies aus der Familie der Canaliculaten in nicht unbedeutender Anzahl. Nach und nach schwindet die blaue Farbe, sie wird lichtgelb, ohne daß die Kalke im wesentlichen ihren Charakter verändern. Diese obern Lagen, thonarmer als alle, geben einen guten, an manchen Orten sehr gesuchten Werkstein, und wenn wir irgend wo einen schwäbischen Jura-Oolithenkalk suchen dürfen, so ist es hier. Sie beweisen, daß die Oolithe der Alp nicht so fremd sind, als man gewöhnlich annimmt. Apiocrinitenstile scheinen vorzugsweise nur dieser obern Lage anzugehören. Diese ganze, oberhalb der Scyphienbank abgelagerte Abtheilung verdient wegen der Art der Verwitterung noch besondere Aufmerksamkeit. So bald die Atmosphäre auf sie einwirkt, zerklüftet sich ihr Gestein in eine Menge von eckigen, mehrere Zoll Durchmesser haltenden Bruchstücken, die aber nicht zu Schutt auseinander fallen, sondern so fest ineinander gefügt bleiben, daß die zerklüfteten Massen eben so fest sind, als die unverwitterten Kalkschichten. Das Gestein gleicht dem einer Kalkbreccie, die von neuem cämentirt würde. Dabei ist jede Spur von Schichtung ganz verschwunden, die Ablagerungen erscheinen jetzt in plumpen | Felsenmassen, welche an der Stirn der Berge in kühnen Nadeln oder schroffen Wänden so malerisch hervortreten. An ihrer Zerrissenheit hat auch die Unterlage wesentlichen Antheil, denn die unter dem Muschelfelsen gelagerten Thonkalke werden bald durch Einwirkung der Luft zu einer leicht weichenden Basis, die massigen Felsen drücken auf sie herab, reißen los, zerklüften sich in groteske Gestalten, die, wenn sie auch nicht alle ins Thal hinabgleiten können, doch oft eine tiefere Stellung einnehmen müssen, als sie vermöge ihrer Lagerungsfolge haben sollten. Dadurch werden die Massen nicht nur dem Auge näher gerückt, sondern auch mannigfaltig geformt; oft meint man ergraute Ruinen, künstlich errichtete Felsenpyramiden hinter dem Laubwalde zu entdecken, ihre mauerartige Zerklüftung bestärkt uns in dem Wahn, und doch sind es nur einzelne Trümmer dieser Bildungen, die sich von ihrer ursprünglichen Lagerstätte losgerissen haben. Aber nur die mauerartig zerklüfteten Felsen gehören hieher.

Darauf folgt eine ganz andere Klasse von Felsenkalken, die wir wohl unterscheiden müssen, und womit wir in die Abtheilung des obern weißen Jura treten. Dies sind ungefüge, plumpe Massen, deren Substanz aber ohne alle thonige Beimischung sich rein hält, daher die große Härte und schwere Verwitterbarkeit. Man muß hier dreierlei unterscheiden:

1) Den Marmorfels, ein reiner, homogener, weißer, gelber, rother etc. Kalk, von vielen spathigen Adern durchschwärmt, spröde aber gut zu bearbeiten. Nach dem Gewicht zu urtheilen, ohne Bittererdegehalt.

2) Den spatig körnigen Kalkfels, er hat ungefähr das Gefüge des karrarischen Marmors, seine Körner halten jedoch nicht so zusammen und sind immer gelb. Sein großes Gewicht verräth Bittererdegehalt.

3) Den ächten Dolomit, viel feinkörniger als der vorhergehende, aber immer ins Lichtgraue stechend. Durch Verwitterung trennen sich seine Körner und zerfallen zu | einem Dolomitsande (daher die Gruben in ihnen Sandgruben genannt). Sehr reich an Bittererde.

Diese 3 Massen sind aber nicht etwa durch Schichtung von einander geschieden, sondern sie liegen wechselsweise neben einander, durchschwärmen und durchdringen sich gegenseitig auf die mannigfaltigste Art, ja man kann darüber keine richtige Vorstellung erwerben, als wenn man sich das Ganze ursprünglich als Marmorfels abgelagert denkt, von dessen Klüften aus dann allmählig die Masse in spatigkörnigen Kalkfels und in ächten Dolomit verwandelt wurde.

In keinem Punkt in Schwaben ist die Sache deutlicher als hier; die Lagen sind jedoch hier nicht sehr mächtig und beginnen erst oben auf der Höhe, wo das Plateau buckelförmig ansteigt. Bemerkenswerth sind in den Dolomiten die in Masse eingesprengten Kiesel-(Feuerstein) knollen, welche durch Verwitterung zu einem weißen Mehle zerfallen. Kieselerde ist überhaupt hier so vorherrschend, daß namentlich die platten Schwammkorallen darin immer bedeutend mit Kieselerde getränkt sind. Kiesel fehlt jedoch auch der andern Kalkmasse nicht ganz. Wenn diese Massen, vor allen die spatigkörnigen Kalkfelsen, verwittern, so zerklüften sie nicht, sondern es runden sich die Ecken ab, es wittern Vertiefungen und Löcher hinein, die oft ganz durchgehen, bis endlich einzelne Massen sich losreißen, die ein ganz eigenthümliches, rundlicheckiges Aussehen haben, und vielfach auf den Feldern zerstreut liegen, oder in mächtigen Blöcken in die Thäler herabrollen, wo sie in den durch Frost erzeugten Steinhalden zerstreut liegen. Ihre braune Eisenoxydhydratfärbung fällt oft auf, sie ist entweder Folge der Verwitterung, oder rührt von dem Bohnerzthon her, der überall gerade diese Lagen durchzieht, und an seiner braunen Farbe selbst unten an der Thalsohle herauf erkannt werden kann.

Erst wenn diese Felsen erstiegen sind, findet man sich auf der eigentlichen rauhen Alp, die Reinheit ihrer Mischung läßt sie der Verwitterung am längsten widerstehen, da aber | der Dolomit viel leichter zerfällt als die andern beiden, so ist auch kein Gebirge zu Höhenbildungen geneigter, als dieses. Überhaupt muß man es als allgemeine Regel festhalten, daß nur in denjenigen Kalken Höhlen sich bilden, welche eine massige Felsenlagerung besitzen, dazu gehören also die mauerartigen Felsen (Oberabtheilung des mittlern weißen Jura), und diejenigen, welche durch Verwitterung nur abgerundet werden, daher in den wildesten und massigsten Formen auf ihrer Unterlage lasten. Man pflegt diese Felsenmassen Coralrag zu nennen, obgleich Sternkorallen in ihnen nicht vorkommen, sondern höher liegen.

Endlich kommen auf dem höchsten Punkt der Straße, noch ehe wir Böhmenkirch erreichen, dicke Kalkplatten vor, die in mehreren Steinbrüchen gewonnen werden. Es ist ein grauweißer, nicht ganz compakt homogener Kalk, der wenig Petrefakten führt. Nur bemerkenswerth sind Bruchstücke von Krebsen, die in Einer Lage in großer Menge zerstreut liegen. Ihr Lagerungsverhältniß erinnert an Kolbinger- und Solenhoferplatten.

Haben wir die Kalkfläche erreicht, so breitet sich ein flachwelliges Hügelland vor uns aus, worauf die dünne Humusdecke oft kaum das Gestein verbergen kann. Doch fehlt es nicht an sogenannten Erdfällen, worin sich die Fluthwasser versenken. An den Rändern solcher Erdfälle sind dann nicht selten Thonschichten abgelagert, welche auf Ziegelhütten verarbeitet werden. Die Thone und Lehme führen auch Bohnerze, doch nicht in großer Menge. Geschiebe, die von den großen Fluthen hergewälzt werden, fehlen noch und treten erst weiter nach Süden auf.

Theils älter theils jünger als diese, zum Theil erst in historischer, selbst jüngster Zeit abgesetzt, sind in den Thälern die Kalktuffe mit Helix, Succinen, Ochsen-, Hirschknochen und andern Resten. Wenn gleich in keinem Alpthale diese Bildungen fehlen, so ist das Gebiet der Fils damit besonders reich versehen. Die großen Steinbrüche unterhalb Geislingen und Wiesensteig, vor allem die großen Tufffelsen | bei Drackenstein sind sehenswerth. Diese Drackensteiner Tufffelsen, von größern Höhlen und kleinern Lufträumen vielfach durchwebt, gleichen einem lebendig begrabenen Pflanzenreich, wo besonders Moose, Gräser, auch größere Sträucher, selbst Bäume von Kalk noch während ihres Fortwachsens allmählig überzogen werden. Daher die vielen sonderbaren Stalaktitenformen, an denen man nur in den allgemeinsten Umrissen die Pflanze erkennt, welcher sie ihre Gestalt verdanken. Der Pflanzenstoff selbst ist gänzlich zerstört, nur da, wo dickere Zweige oder gar Baumstämme lagern, findet sich ein hohles Loch, das oft weit durch den Felsen hindurch reicht, aber vom Abdrucke der einst darin liegenden Pflanzen nur höchst unvollkommene Spuren zeigt. Nur an versteckten Orten, am Saume dieser Tufflager, kann man gegenwärtig die immer noch fortwährende Bildung belauschen, wo es zuweilen gelingt, Handstücke zu schlagen, die oben mit frischem Moos und Gras bewachsen sind, deren Wurzel am untern Theil bereits von der umgelagerten Kalkmasse erstickt ist, während die Spitzen noch fortwachsen.


10. Pflanzen- und Thierreich.
A. Pflanzen.

Was die Pflanzenwelt betrifft, so ist die Vegetation des Oberamts ganz die gemeinsame der schwäbischen Alp, wie solche in den beschriebenen alpischen Oberämtern bereits charakterisirt wurde. Im Allgemeinen ist die Alp der Vegetation durch die Beschaffenheit der Erdarten sehr günstig; trotz des herrschenden Wassermangels leidet sie, bei der Heftigkeit der Regen und Nebel, nur selten von der Dürre, hingegen empfindet sie im vollen Maaße die nachtheiligen Wirkungen der niedern Temperatur, welche von der Gebirgshöhe herrührt.


Bäume und Sträucher.
Die ausgebreiteten Waldungen bestehen aus den gewöhnlichen Arten des Laubholzes. Einige kleinere Strecken | von Nadelholz bei Stubersheim, Schalkstetten, Stötten, und die Lerchen oberhalb Eybach und Donzdorf sind durch Kultur erzeugt.

Folgendes sind die hauptsächlichsten Gattungen der vorkommenden Bäume:

a) Laubhölzer: Die Steineiche (Quercus robur), Traubeneiche (Q. pedunculata), die Buche (Fagus silvatica), allgemein und häufig im üppigsten Wuchse; eine Varietät der Buche, die s. g. Steinbuche mit rissiger Rinde, kommt hie und da auf dem Albuch vor. Die Hagebuche (Carpinus betulus), die Birke (Betula alba), der Eibenbaum (Taxus baccata), auf den höchsten Felsen des Roggenthales, jedoch nur in kümmerlichem Zustande; die meisten Bäume sind im Abgehen, und scheinen sich nicht mehr durch Nachkömmlinge regeneriren zu wollen. Sonst selten auf der Alp: der Spitzahorn (Acer platanoides), der Bergahorn (Acer pseudoplatanus), der Feldahorn (Acer campestris), die Ulme (Ulmus campestris und sativa), die Esche (Fraxinus excelsior), der Mehlbeerbaum (Sorbus aria), der Vogelbeerbaum (Sorbus aucuparia), die Waldkirsche (Prunus avium), die Traubenkirsche (Prunus padus), die Sommerlinde (Tilia grandiflora), die Winterlinde (Tilia parvifolia).

b) Nadelhölzer. Der Lerchenbaum (Pinus larix) auf der Höhe zwischen Waldhausen und Eybach. (Vergl. zu Obigem auch Abschn. V. beim Waldbau.)

Sträucher. Neben mehreren Rosenarten kommen vor: Rosa spinosissima, sehr schön, charakteristisch für die Alp, Rosa pimpinellifolia, Rosa canina, Rosa rubiginosa, die Steinbeere (Rubus saxatilis), auf den Felsen des Roggenthales, bei der Schertelshöhle, die Felsen-Mispel (Mespilus Amleanchier), der Steinapfel (Mespilus cotoneaster) auf Felsen im Roggenthal, auf dem Reußenstein, die Waldrebe (Clematis vitalba), der Hollunderstrauch (Sambucus nigra), der Attich (Sambucus ebulus), das Kreuzdorn (Rhamnus cathartica), das Pfaffenkäppchen (Evonymus europaeus), das Beinholz (Lonicera xylosteum), der Stachelbeerstrauch | (Ribes uva crispa), der Schlingstrauch (Viburnum lantana) charakteristisch für die Alp, die Rainweide (Ligustrum vulgare), das Epheu (Hedera helix), das Immergrün (Vinca minor), der Seidelbast (Daphne mezereum) sehr üppig an Alpabhängen, der Haselnußstrauch (Corylus avellana).


Krautartige Pflanzen.

Salvia verticillata, Astrantia major in der Thierhalde bei Geislingen, bei Wiesensteig, Myrrhis aurea, Atropa belladonna, Gentiana lutea beim steinernen Weib, Phyteuma orbiculare, Menianthes trifoliata oder Fieberklee, bei Wiesensteig, durch häufiges Einsammeln zum pharmaceutischen Gebrauch fast ganz verschwunden, Viola mirabilis, Hyacinthus botryoides auf den Wiesen beim Reußenstein, Aconitum lycoctonum in Wäldern bei Eybach und Geislingen, bei Wiesensteig, Dianthus caesius, Rumex scutatus, Saxifraga cespitosa, Sedum album, Anemone hepatica, Anemone pulsatilla, Helleborus foetidus, Digitalis ambigua, in der Thierhalde bei Geislingen, bei der Schertelshöhle, Draba aizoides oder die gelbe Hungerblume, am Ödenthurm, im Donzelthal, bei Eybach, Teucrium montanum, Trifolium rubens am Ödenthurm, Malva alcea in der Thierhalde. Anthemis tinctoria, Arnica montana, auf Bergen bei Eybach, Türkheim, Wiesensteig, Hieracium humile, Orchis fusca, beim Geiselstein, Satyrium epipogium, beim Reußenstein, sehr selten, Spiranthes aestivalis (sonst nicht auf der Alp).


B. Thiere.

Von Jagdwild machen sich die Hirsche immer seltener, Dam- und Schwarzwild fehlt in neuerer Zeit ganz. Rehe, Hasen gibt es ziemlich, für Füchse, Dachse geben die Felsen einen willkommenen Aufenthalt. In den Felsen des Roggenthales und bei Wiesensteig werden hie und da wilde Katzen getroffen. Edelmarder, Steinmarder, desgleichen Iltisse kommen vor. Über die zahlreichen Fischotter beklagen sich die Fischer sehr.

| Unter den Vögeln sind zu bemerken: der Gabelweihe, Edelfalke, Thurmfalke, Habicht, einige Eulenarten, unter ihnen der Uhu, die große Ohreule, der Eisvogel, Raben, Krähen, Elstern, Dohlen, Würger, Grasmücken, Schwarzblättchen, Rothkehlchen, Finken, Gimpel, Staaren, Drosseln. Im Winter 1827 wurden 2 Stück rothflügelige Mauerläufer (Tichodroma phoenicoptera. Temm.) am Schlosse des Grafen von Degenfeld in Eybach erlegt. Amseln, Lerchen, Kuckucke, Hühnerarten (Feldhühner, Rebhühner, Haselhühner, Birkhühner), viele Tauben, Waldschnepfen, Wasseramseln, Rohrdommeln, Fischreiher, Möwen.

Von Reptilien finden sich die Ringelnatter, Kupfernatter (diese selten), Kreuzotter, die schwarze Viper (vipera prester), diese, zuweilen gefährlich verletzend, bei Wiesensteig, und auf der Hiltenburg; der Regenmolch (Salamander) ist nicht selten.

Von Fischen kommen in der Fils und in den Nebenbächen vor: Forellen (Goldforelle, Silberforelle, getiegerte Forelle, schwarze Forelle), Äschen (Salmo thymallus), Weißfische, Gruppen, (Cottus gobio) und Grundeln (Cobitis barbatula), Neunaugen (Petromyzon branchialis).

Schnecken (Helix pomatia) werden in den Schneckengärten zu Kuchen und Gingen gesammelt. Krebse führt die Fils.



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