Beschreibung des Oberamts Hall/Kapitel B 16

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16. Gemeinde Sanzenbach,
bestehend aus

Sanzenbach, Dorf mit 222 evang. Einw., 23 hallischen Gemeinderechten und 43 M. vertheilten und 563/4 M. unvertheilten Allmanden und Waldungen. Dazu gehört die östlich gelegene Sägmühle und das westlich liegende Maurershäusle. Der Ort liegt 1/2 Stunde westlich von Rieden und 2 St. südwestlich von Hall, auf der schon mehr erwähnten fruchtbaren Ebene im Rosengarten. Die Sterblichkeit ist bedeutend, aber auch die Zahl der Geburten (s. o. S. 38 u. 40). Südlich erhebt sich das bei Rieden erwähnte limpurgische Waldgebirge, welches das Kocherthal vom Roththal scheidet. Am Dorfe schlängelt sich das Bächlein Sanzenbach, welches jenem den Namen gegeben, vorbei und treibt die vorgedachte Sägmühle, obwohl nicht mit genügendem Wasser. Im Jahr 1836 wurde eine Straße von Hall und 1841 und 1842 eine weitere unmittelbar von Rieden nach Sanzenbach von den betreffenden Gemeinden mit Beiträgen der Amts-Corporation kunstgemäß angelegt.

Vom großen und kleinen Zehenten bezieht wegen der Pflege Westheim der Staat 2/3, das übrige 1/3 der Hospital Hall, welcher es 1436 von Kraft v. Rinderbach erkauft hat, als vormals Kloster murrhardtsches, nun württembergisches Kron-Lehen. Gefälle haben die Armenverwaltung und die Stadtpflege Hall und einige haller Privaten. An jenen des Staats ist seit 1817 ein Kapitalbetrag von 309 fl. 32 kr. abgelöst worden.

Die Gemeinde ist dem Forstamte Comburg zugetheilt. Das Aussehen des Ortes ist freundlich und die Einwohner sind größtentheils wohlhabend. Die Nahrungsquellen sind dieselben wie in Westheim. Obgleich übrigens die Markung im Verhältniß | zur Zahl der Einwohner groß erscheint, so ist doch, da die Hälfte aus Waldungen, die überdieß meist Staatseigenthum sind, besteht, kein Überfluß an Baufeld vorhanden. Laufende Brunnen fehlen zwar, es ist aber doch kein Wassermangel. Am östlichen Ende des Dorfes ist ein Weiher, aus welchem sich die kürzlich vollends zerfallenen Ruinen der vormaligen Burg Sanzenbach erhoben.

Sanzenbach ist Filial von Rieden und die Kinder besuchen auch die dortige Schule. Bis 1845 war der Ort nach Westheim eingepfarrt, besuchte übrigens die Kirche in Rieden. Das Gemeinderechtsverhältniß (s. o. S. 102) besteht hier seit 1846 nicht mehr.

Von der ehedem hier gestandenen Capelle ist keine Spur mehr vorhanden; dagegen hat die Gemeinde neben dem den Gemeinderechtsbesitzern gehörigen Armenhaus aus dem Haus eines Einwohners ein Thürmchen mit einer Uhr und Glocke. Im Jahr 1383 übergeben um Gotteswillen Krafft v. Heimberg, genannt Münzmeister, Bürger zu Hall und seine eheliche Hausfrau Anna v. Sanzenbach an die neugebaute Capelle Haus, Scheuren und Garten dahier; ferner 1/6 des großen und kleinen Zehenten zu Rieden, 2/3 des großen und kleinen Zehenten zu Hagenau, 1 Lehen zu Übrigshausen und zu Geilsbach und Michelbach, die Mühlweiher unter Hohenstein und Gülten zu Uttenhofen und Honhardsweiler (Umelhardtsweiler), und 1386 wird die neugebaute Capelle bischöflich bestätigt und verfügt, Abt und Convent zu Murrhardt habe das Präsentationsrecht, da die Capelle in das Pfarrrecht von Westheim gehöre. Zugleich mit dem Patronat von St. Catharina zu Hall, im Jahr 1526, erwarb der Magistrat auch das Patronat zu dieser Caplanei zu St. Napurg. Die Reformation scheint aber erst 1532 eingeführt worden zu seyn. Damals wurde die Caplaneipfründe mit der Pfarrei Bibersfeld vereinigt.

Wie wir bei Rieden fanden, wurde schon 1057 eine Schenkung hiesiger Güter an das Kloster Fulda gemacht. Im Jahr 1336 verkauft Sevfried v. Gailenkirch zu Hall unter Limpurg gesessen eine Gült an Heinrich Veldner, und 1337 eine solche an Pfaff Conrad zu Hall. 1371 vergibt Bruder Erkinger Veldner, Mönch zu Comburg, seine Besitzung zu Sanzenbach an St. Gilgen zu Klein-Comburg. Im Jahr 1521 verkauft des Stift Comburg einige Gülten an die Stadt Hall, ebenso 1523 Veit v. Rinderbach und 1535 Veit Ulmer zu Gaildorf.

Zu Sanzenbach war, wie wir schon gesehen, eine Veste, ein sogenanntes Wasserhaus, die den Edlen von Sanzenbach gehörte und durch Nachlässigkeit einer Magd 1584 abbrannte und inzwischen nicht wieder aufgebaut wurde. Ein Conrad v. Sanzenbach wird unter die | Wohlthäter Comburgs gezählt (Wibel a. a. O. IV. S. 58). Im Jahr 1306 erscheint in einer haller Urkunde ein Conradus Rotha de Sanzenbach. Im Jahr 1375 verkaufte Hermann Ruprecht an Krafft v. Heimberg und Walther v. Enslingen Burgstall, Burggraben, Weiher, Bauhof, Zwing und Bänn, Vogtei, Hirtenstab etc. zu Sanzenbach, und all die Hölzer, so Conraden v. Sanzenbach eigen gewesen; 1430 ist Hans v. Stetten zu Sanzenbach gesessen, und 1432 und 1434 verkauft Catharina v. Stetten, Hans v. Stettens Wittwe für sich und ihre Kinder alle diese Besitzungen nebst Zehentrechten zu Tullau um 1350 fl. an Krafft v. Rinderbach. Im Jahr 1436 verschrieb Peter Feurer zu Hall dem Rath daselbst eine Gült auf der Veste Sanzenbach, und 1468 verkauften Dorothea Berler, Heinrich v. Hohensteins Ehefrau, und ihr Sohn Conrad v. Vohenstein Schloß, Vorhof, Graben u. s. w. an die Reichsstadt Hall, welche 1493 das Schloß an Hans v. Meerstatt wieder verkaufte; 1541 war Eberhard v. Horneck, bis 1584 aber Melchior Erer, herzogl. württ. Kriegsrath, im Besitz desselben.

Die Johannitercommende besaß bei Sanzenbach 228 Morgen Laubwald und erwarb daselbst 1344 und 1346 von Heinrich und Emerich Sulmeister, sowie 1562 einige Güter, welche sie noch 1806 besaß. Es ist hierunter das commenthurische Forsthaus, welches jüngst abgebrochen worden, begriffen. Auch das Barfüßerkloster zu Hall erhielt 1401 durch Schenkung von Elsbeth, Conrad Weckrieders zu Hall Wittwe, ein Gut, das später der Reichsstadt zufiel. – Sanzenbach gehörte bis 1803 in das haller Amt Rosengarten.

Oberhalb des Dorfes, im Walde neben der Straße nach Frankenberg, stand ein vor mehreren Jahren abgebrochener haller Landthurm.


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