Beschreibung des Oberamts Oehringen/Kapitel B 24

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Möglingen,


Gemeinde III. Klasse, Dorf mit Marktrecht, Filial von Baum-Erlenbach, mit 252 evangel. Einw.

Der nicht große, freundliche Ort hat eine angenehme, gesunde Lage in dem hier nicht besonders tief eingeschnittenen Kocherthale auf der rechten Seite des Flusses, über den am Ort eine steinerne, 1828–29 erbaute Brücke führt. Die Entfernung von der südöstlich gelegenen Oberamtsstadt beträgt zwei Stunden und die vom Mutterort zehn Minuten.

Die Kirche liegt am südlichen Ende des Orts unmittelbar am Kocher und ist, wie auch der untere Theil des Dorfs, häufigen Überschwemmungen ausgesetzt; sie ist in einem ganz einfachen neueren Styl erbaut und trägt über dem Eingang das von Berlichingen’sche Wappen, die westliche Giebelseite dagegen stammt noch von der ursprünglichen Kirche und hat zwei frühromanische, schmale Rundbogenfensterchen. Der sechseckige Thurm enthält spitzbogige Fenster ohne| Füllungen und trägt ein sechsseitiges spitzes Zeltdach. Im Innern der Kirche befindet sich nichts Bemerkenswerthes. Die Verstorbenen werden in Baum-Erlenbach beerdigt.

Das freundliche, im Jahr 1838 erbaute Schulhaus, das zugleich die Wohnung des Schulmeisters enthält, wurde, wie auch der Brückenbau, mittelst Umlagen unter der Bürgerschaft zu Stande gebracht.

Beinahe in der Mitte des Dorfs steht eine geräumige Kelter mit zwei Bäumen, in der auch die Rathsstube sich befindet.

Die im allgemeinen geordneten Einwohner, deren Haupterwerbsmittel in Feldbau, Weinbau und Viehzucht bestehen, befinden sich in guten Vermögensverhältnissen; der bedeutendste Besitz beträgt 70 Morgen, der durchschnittliche 30–40 Morgen, während einzelne Handwerker und Taglöhner weniger Grundeigenthum haben.

Der Ackerbau wird theils auf den flachen Ausläufern gegen das Kocherthal, theils auf den Anhöhen mit Vortheil getrieben; der hiezu benützte Boden besteht meist aus einem fruchtbaren Diluviallehm, der nur auf den Anhöhen, wo die Lettenkohlengruppe denselben unterlagert, theilweise etwas sandiger und leichter wird. Man baut die gewöhnlichen Getreidearten, Reps, Futterkräuter und Kartoffeln. Von dem Getreideertrag kann über den eigenen Bedarf noch etwa 250 Scheffel nach Außen verkauft werden. Die Ackerpreise wechseln von 200–500 fl. per Morgen.

Der Weinbau wird an den südlich geneigten, kalkhaltigen Abhängen der rechten Kocherthalseite getrieben und liefert einen kräftigeren, haltbareren Wein als sonst die Kocherthalweine zu sein pflegen; es werden in günstigen Jahren 150 Eimer erzeugt; der Absatz des Weins, der im Jahr 1863 mit 47 fl. per Eimer bezahlt wurde, geschieht in die Nachbarorte.

Der Obstbau, der sich mit den gewöhnlichen Kernobstsorten und vorzugsweise mit Zwetschgen beschäftigt, beschränkt sich größtentheils auf die nächste Umgebung des Dorfs.

Die Kocherthalebene dient als Wiesengrund, dessen reichlicher Futterertrag (45–50 Centner per Morgen) einen beträchtlichen Viehstand zuläßt; mit gemästeten Ochsen und Rindern wird Handel getrieben. Bürger mit ausgedehnterem Güterbesitz halten auch Pferde.

Die Schafweide ist an einen fremden Schäfer, der etwa 200 Stücke Bastarde auf der Markung laufen läßt, mit Einschluß des Pferchs um 500 fl. jährlich verpachtet.

Der Kocher liefert Weißfische, Aale und Barben; das Fischrecht| hat größtentheils die fürstliche Herrschaft Hohenlohe-Oehringen, die es an Ortsbürger um eine geringe Summe verpachtet.

Von den Gewerben ist nur eine Mühle mit drei Mahlgängen, einem Gerbgang und einer Reibmühle zu nennen. Die zwei Märkte zu denen der Ort berechtigt ist, werden nicht mehr abgehalten.

Die Gemeinde besitzt nur 15 Morgen Waldungen, dagegen sind ziemlich viel Privatwaldungen vorhanden. Die Gemeindeschadensumlage beträgt 250 fl.

Über das Vermögen der Gemeinde- und Stiftungspflege s. Tab. III.

Etwa 1/4 Stunde nordwestlich vom Ort stand auf der Anhöhe eine Burg, von der noch einzelne Grundmauern und der Burggraben vorhanden sind; übrigens liegt dieselbe schon auf Kochersteinsfelder Markung.

Auf der unterhalb des Dorfs gelegenen Flur „Burgau“ findet man noch Spuren von Verschanzungen, die ohne Zweifel römischen Ursprungs sind.

Ritterschaftlicher Gutsbesitzer ist der Freiherr von Berlichingen-Jagsthausen.

Schon 788 kommt die „Magelingunin marca“ im Brettachgau vor im Kloster Lorscher Codex (Nr. 13). Es kam in früher Zeit theilweise an die Herren von Berlichingen.

Konrad von Berlichingen übergab 1480 neben anderen Besitzungen Erlenbach und Möglingen und was in diese Dörfer mit Gut und Leuten gehört, und sein Eigenthum ist auf zehn Jahre in den Schutz des Markgrafen Albrecht von Brandenburg und seiner Erben.

Bernhard von Berlichingen verkauft 1499 neben anderen Baum-Erlenbach, Möglingen, das Fischwasser zu Sindringen an seinen Vetter Kilian.

Im Jahr 1563 (30. Julii) bekam Herzog Christoph von Wirtemberg von den Grafen L. Kasimir und Eberhard von Hohenloh, neben Steinheim an der Murr etc. alle dem Kloster Gnadenthal gehörigen Renten, Zinse, Gülten und Gefälle zu Möglingen, Lampoltshausen und Kochersteinsfeld, wogegen er diesen Grafen eine Schuld von 400 fl. nachließ und des Klosters Murhard und Lichtenstern Kollaturen, die Pfarren von Orendelsall und Unterheimbach, und die Zehenten zu Orendelsall, Wolmuthausen, Zweiflingen und Orbachshof nebst anderen Gütern und Gefällen überließ. Sattler, Geschichte etc. Thl. IV. S. 99.

In kirchlicher Beziehung gehörte es immer zu Baum-Erlenbach.

Rückertshof. Auf Möglinger Markung liegt die ehemalige Markung von Rückertshausen oder Rückertshof. Rückertshausen war der| Name der Markung und des Hofes noch im vorigen Jahrhundert. Es ist dieß ohne allen Zweifel das Ruggarteshusen, das dem Stifte Oehringen „ex toto“ gehörte, da das Stift den Fruchtzehnten daselbst fortwährend bezog. Es war im 17. Jahrhundert ein Weiler von sieben Höfen, der nach einer Notiz von 1672 im 30jährigen Krieg zerstört wurde. Die Güter gehörten von da an nach Möglingen mit Ausnahme des Reichertsguts, das nach Ohrnberg gehörte. Damals (1672) war bei dem Gute ein unbewohntes Haus, die Äcker unangebaut, die Wiesen zum Theil verwachsen.

In der Nähe liegt das Kreuzholz, ein nach Ohrnberg gehöriger Wald, wo die Spuren einer römischen Niederlassung gefunden wurden. Schon 1767 berichtet der Pfarrer Erbe von Ohrnberg an Hofrath Hanselmann: „Bei dem Ruckertshof findet man auch im Wald, das Kreuzholz genannt, noch Speis und Steine, die von einem alten Gemäuer zeugen, römische Scherben sind keine gefunden worden, weil die Leute bisher nicht darauf attendiret.“ 1846 ließ Baron Müller von Kocher-Steinsfeld Nachgrabungen anstellen. Man trieb einen Einschnitt in einen der Trümmerhaufen, und fand ein Gemach von 15′ im Quadrat, mit Heizeinrichtung, Reihen von kleinen Säulen von 13/4′ Höhe, zum Theil aus Ziegelplatten, zum Theil aus Sandstein, an einer Mauerseite war die Schüröffnung, durch welche vom Nebenraum aus geheizt wurde. Die sonstigen Funde waren Ziegelplatten, zum Theil verziert, Geschirre aus Siegelerde in Bruchstücken, Geschirre aus gemeinem Thon, Glasfragmente, Metallnägel und sonstige Stücke, darunter ein Schreibgriffel, Hacken, Bänder und zwei Münzen von Bronze, worunter ein Antoninus Pius von 160, sodann noch Knochenüberreste vom Hirsch, Auerochs etc.


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