Beschreibung des Oberamts Schorndorf/Kapitel B 26

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Weiler,
Gemeinde III. Kl. mit 1056 Einw., wor. 4 Kath. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Pfauhausen O.A. Eßlingen eingepfarrt.


Das Pfarrdorf Weiler liegt südwestlich eine starke Viertelstunde von Schorndorf, an der guten von da nach Winterbach führenden Vicinalstraße, auf der linken Seite des hier noch ziemlich weiten Remsthales, am Fuße des Schurwaldes. Quellwasser ist weder so vieles, noch so gutes wie in dem nahen Winterbach vorhanden und es finden sich nur Pumpbrunnen. Durch das Dorf fließt vom Schurwalde herab der Weilerbach, der bei der Mühle einen mit Karpfen besetzten Weiher bildet, manchmal ziemlich stark austritt und nach manchen Krümmungen bei Winterbach in die Rems fällt. Über ihn führt eine steinerne Brücke, über die Rems aber ein Steeg. Der Boden ist im Ganzen ziemlich fruchtbar, aber leichter als in dem nahen Winterbach, daher die Roggenernte um acht Tage früher. Es gedeihen alle in den milderen Gegenden des Landes gepflanzten Gewächse.

| Die Zehentrechte gebühren dem Staat, der auch, ausschließlich von von 2–3 fl., welche die Ortsgemeindepflege und der Armenkasten Schorndorf beziehen, die übrigen Grundgefälle anzusprechen hat. An denselben sind 21 fl. 32 kr. Laudemien, 54 fl. 16 kr. Geld-, 125 Sch. 1 S. Frucht- und 1 E. 4 I. Weingilten, 94 fl. Heuzehenten und 19 fl. 21 kr. steuerartige Abgaben für 11.825 fl. 12 kr. abgelöst, und noch 1 fl. 30 kr. Geldzinsen, 330 fl. 16 kr. und 137 Sch. 4 S. wegen der Zehenten zu entrichten.

Das freundliche Dorf hat 163 Haupt- und 24 Neben-Gebäude. Die an der Straße stehende, kleine Kirche, welche aus dem vierzehnten Jahrhunderte zu stammen scheint und 1742 erweitert ward, ist in gutem Zustande, hat aber einen schlechten unansehnlichen Thurm. Sie enthält eine Orgel von Weigle in Stuttgart, die – als ein kleines Werk – Ausgezeichnetes leistet. Als 1846 der Boden des Chors aufgegraben ward, stieß man auf ein gemauertes Grab von glasirten Ziegelsteinen mit Figuren, aber ohne Andeutungen des Alters oder sonst Bemerkenswerthes. Neben der Kirche steht das Schulhaus, welches zugleich Rathhaus ist. Zur Erkaufung einer Schullehrerswohnung hat der Staat 1838 einen Beitrag von 150 fl. gegeben.

Die Markung hat 537/8 M. Gärten, 5632/8 M. Äcker, 3632/8 M. Wiesen und 494/8 M. Weinberge; kaum 1 M. Baufeldes auf einen Einwohner. Die Vermögensumstände der Mehrzahl sind gering. (Die Einwohnerzahl war 1774 – 582, 1813 – 811). Über Cretinismus s. oben. Wein- und Ackerbau sind die Haupterwerbsmittel. Der Betrieb des letztern ist gut. Beim Pflügen wird der Boden nicht vollkommen eben gelegt, sondern beetweise bearbeitet. Der Ort zeichnet sich durch trefflichen Roggen, der in ziemlicher Menge gebaut wird und durch guten Flachs aus. Flachs und etwas Hanf wird auch auswärts verkauft. Die Wiesen, die theilweise gewässert werden, sind ergiebig, geben aber nicht das beste Futter. Die besten Weinberge liegen über dem jenseitigen oder rechten Remsufer, auf Winterbacher Markung. Auf einen Morgen kommen 3–4000 Stöcke, in der Regel Sylvaner, Gutedel und Elblinge. Der Wein gleicht dem Winterbacher. Ein M. Ackers kostet 160–600 fl., Weinbergs in besseren Lagen 600–900 fl. Die Obstzucht ist in gutem Zustand. Bemerkenswerth ist, daß die Bewohner sich beharrlich sträuben, die Straßen mit Obstbäumen zu besetzen. Der Rindviehstand und die Farrenhaltung sind gut. Etwas Viehmastung findet statt. Eine Käserei liefert ziemlich gute Waare. Von Gewerben sind eine oberschlächtige Mahlmühle, ein kleineres Hammerwerk, womit eine Sägmühle und Wattmaschine verbunden sind, und eine Ziegelhütte zu erwähnen.

Das Gemeinde-Vermögen besteht in 205 M. Grund-Eigenthum,| und in 3990 fl. Capitalien; an Gemeindeschaden werden 400 fl. umgelegt. Das Stiftungsvermögen beträgt 1569 fl.

Die Pfarrei ist mit der Pfarrei Winterbach unirt und wird durch den dort wohnenden Helfer versehen. An der Schule stehen ein Schulmeister und ein Gehilfe. Die Schulstiftungen betragen 70 fl., der Schulfond 86 fl. Für eine Kleinkinderschule gewährt eine englische Familie Aston, die früher in der Nähe wohnte, die Mittel. Winters besteht seit 1827 eine Industrieschule. Die Todten werden in Winterbach beerdigt.

Die älteren Verhältnisse von Weiler betreffend, so erwarb Kloster Adelberg im 13. Jahrhundert durch Tausch ein hiesiges Gut von Heinrich von Pappenheim (O.A. Beschr. Göppingen, S. 135). Neben Adelberg war auch begütert das Kloster Lorch, dessen Besitz den 22. Juli 1293 Graf Eberhard von Württemberg für das herkömmliche Vogtrecht zu schirmen versprach (Besold, 736). Lorch besaß 1500 hier 11 ganze, 9 halbe Hufen und 13 Lehen, die von 1526 bis 1550 dem Hospital Schorndorf verpfändet waren. Von 8 weiteren Hofstücken, 21 Hufen und 6 Lehen standen Vogteigefälle der Kellerei zu. Diese letzteren verpfändete 1360 Graf Eberhard von Württemberg um 450 Pfund Heller an Johann von Nippenburg und seine Gattin Katharina, Tochter Heinr. Rohrbecks zu Schorndorf (Staatsarchiv). Von Nippenburg ging dieses Pfand an Friz Gaisberg über, welcher im J. 1392 von Graf Eberhard von Württemberg die Hälfte des hiesigen Zehenten zu Lehen erhielt. Von diesem kam das Pfand durch Kauf 1406 an Rudolf von Baldeck, seinen Tochtermann, kehrte dann an die Gaisberg zurück und wurde im J. 1456 von Graf Ulrich wieder eingelöst.

Am 6. Juli 1359 stiftete Schultheiß Gericht und Gemeinde eine Heiligkreuzfrühmeß mit Genehmigung der Grafen Ulrich und Eberhard von Württemberg. Weiler war aber Filial von Winterbach. Wann die hiesige Pfarrei errichtet worden ist, ist unbekannt. Die Zehenten gehörten der Kellerei, ausgenommen den kleinen Zehenten, der dem Pfarrer von Schorndorf gehörte und statt desselben seit 1508 jährlich 5 fl. und zwei Gänse, sowie die Zehenten von den Ferkeln gegeben wurden.

In Weiler war Bürger und wahrscheinlich auch geboren David Wolleber, der bekannte Verfasser einer (nicht gedruckten) württembergischen Chronik sammt Landbuch, welche wegen der von ihm gegebenen Mittheilungen, zumal auch wegen einer Widmung an das Haus Österreich, Anfechtungen erlitt. Er starb um 1597 bei Eßlingen auf der Straße unter den Händen eines Raubmörders (Longolischer Beschäftigungen 1. Band, S. 313. Pfaff, Quellen 30).



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