Beschreibung des Oberamts Tübingen/Kapitel B 10

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Gönningen
mit Papiermühle, Mahlmühle und vier einzelnen Häusern.

Gemeinde II. Klasse mit 2562 (Einwohnern, worunter 10 Kath. – Evang. Pfarrdorf mit Marktrecht; die Kath. sind nach Reutlingen eingepfarrt. 31/8 Stunden südöstlich von Tübingen gelegen.

Hart am Fuße der Alb zwischen dem waldigen Stöffelberg und dem großartigen Gebirgsstock des Roßberges, in der freundlichen Weitung des stillen Wiesazthales liegt, umgeben von Gartenländern und weiterhin von ausgedehnten Obstbaumgütern, der sehr große und wohlansehnliche Ort. Außer vielen herrlichen Ausblicken, die man von den nahen Bergvorsprüngen aus über das weite am Fuß der Alb sich ausbreitende, in blauer Ferne von den langen Linien des Schwarzwaldes gesäumte Hügelland genießt, bietet die 3047′ über der Meeresfläche gelegene Kuppe des Roßberges eine der großartigsten Fernsichten Schwabens. Dem schönen 20′ hohen Wasserfalle, der in der nächsten Nähe des Ortes sich befindet, wurde durch die Industrie von seiner Wassermenge genommen. Das Klima ist milder, als man es bei der Nähe der Alb und der beträchtlichen Erhebung über dem Meere (1873′ Erdfläche am Kirchthurm) erwarten sollte. Der mittlere Thermometerstand ist etwa der der Filder; atmosphärische Niederschläge sind beträchtlich, Fröste und kalte Nebel selten, ebenso Hagelschlag. Eine Wetterscheide bildet der Roßberg. Die muntere Wiesaz fließt durch Gönningen hindurch und empfängt im Orte selbst mehrere kleine Zuflüsse. Die großentheils hübschen und stattlichen Häuser, denen man wohl ansieht, daß hier kein eigentlicher Bauernstand wohnt, reihen sich ziemlich unregelmäßig an den breiten reinlichen wohlgekandelten Straßen; das Dorf macht entschieden einen mehr städtischen Eindruck. Die große stattliche Kirche steht etwas erhöht in der Mitte des Orts, ward außer dem größeren| Theile des Chores 1842–44 nach dem Entwurfe des Bauinspektors Rupp in Reutlingen in einfachen gothischen Formen aufgeführt und gewährt sowohl durch ihre Größe, als durch ihre Bauart einen schönen und bedeutenden Anblick; ihre ganz aus Sandstein erbauten Umfassungswände werden durch hohe schöngefüllte Spitzbogenfenster belebt, – der Westgiebel ist mit Krabben besetzt. Der Thurm, südlich am Choranfang stehend, ist in seinen untern Geschossen noch sehr alt und nur mit Schießscharten versehen, gegen oben aber neu und mit vier großen gefüllten Schallfenstern und darüber mit schlanken Giebeln geschmückt, aus denen sich ein hohes achtseitiges Zeltdach erhebt und den einfach schönen Eindruck des weithin sichtbaren Thurmes vollendet. Das Langhaus zeigt drei kreuzgewölbte Schiffe, wovon das mittlere weiter und höher ist, unter Einem Dache; die Gewölbe und die sie stützenden Pfeiler sind von Holz, an den Wänden laufen zierlich durchbrochene Emporen; Gestühl, Orgel, Kanzel und Taufstein sind in schlichtem, schönem, gothischem Geschmacke gehalten; dazu wurde der Raum sehr angenehm mit einfachen Farben bemalt (die Gewölbefelder des netzgewölbten Chors blau mit goldenen Sternen), und macht einen würdigen erhebenden Eindruck. Der halbachteckig geschlossene, ohne Strebepfeiler aufgeführte Chor hat noch die alten spätgothisch gefüllten Fenster; in dem mittleren sind zwei neue Glasgemälde eingesetzt, worauf Ornamente mit dem Württembergischen Wappen, ferner die Zeit der Erbauung und die Namen der Behörden und der sonst beim Bau betheiligten Personen angebracht sind. Die Kosten des Kirchenbaues, welche die Gemeinde auf sich nahm, betrugen gegen 42.000 fl.; die Orgel mit 22 Registern kostete 2200 fl. Von den drei Glocken ist eine von erstaunlicher Größe, sie hat die Jahreszahl 1483, die Namen der vier Evangelisten und noch eine jetzt unleserliche Inschrift; die mittlere Glocke ist bedeutend älter, sie trägt die Namen der vier Evangelisten in lateinischen Majuskeln; die dritte Glocke ist uralt, von auffallend schlanker Form und hat weder Inschrift noch Zeichen. Die Baulast der Kirche ruht auf der Gemeinde. Der 1759 südöstlich am Ort angelegte Begräbnißplatz wurde 1844 und 1865 erweitert.

Das schon alte Pfarrhaus ist von der Gemeinde zu unterhalten; nach einer Urkunde ward am 11. Juli 1606 das alte Pfarrhaus samt Scheuer und Hofraite um 261 fl. an die Gemeinde verkauft.

Das Rathhaus wurde vor etwa 100 Jahren erbaut, das Schulhaus im Jahre 1811, es enthält neben drei minderguten Schulzimmern zwei Lehrerwohnungen nebst einem Zimmer für den Lehrgehilfen.| An hiesiger Schule, die gegenwärtig 349 Schüler zählt, unterrichten 5 Lehrer, darunter ein Mittelschulmeister, der auch im Französischen zu unterrichten hat; dann besteht eine obligatorische Winterbauschule, in der über landwirthschaftliche und hauptsächlich über handelswissenschaftliche Fächer gelehrt wird.

Ein Armenhaus und fünf öffentliche Waschhäuser bestehen; früher befanden sich auch zwei Keltern hier, die aber seit 10 Jahren abgegangen sind.

Gutes Trinkwasser liefern reichlich 16 laufende Brunnen, worunter der 12röhrige Marktbrunnen der bedeutendste; außerdem ist die Markung, namentlich gegen die Alb hin, sehr quellenreich. Das Wasser ist klar, frisch und ohne Beigeschmack, jedoch ziemlich kalkhaltig und setzt, wenn es einige Zeit im Glase steht, eine Kruste ab. An der Südseite des Orts fließt eine Quelle, der Badbrunnen genannt, dessen Wasser eine etwas höhere Temperatur hat als die übrigen Quellen. Früher bestand hier ein Badhaus, auf dem noch in diesem Jahrhundert ein Badhellerzins ruhte. Die Wiesaz, deren starke Quelle nahe der Grenze, schon auf Genkinger Markung entspringt, schwillt zuweilen, doch ohne Schaden zu thun, mächtig an.

Vicinalstraßen gehen von hier nach Pfullingen, Reutlingen, Tübingen, Öschingen und Genkingen.

Über die Wiesaz führen drei steinerne, von der Gemeinde zu unterhaltende Brücken.

Die Einwohner sind durchschnittlich artig, gefällig, fleißig, betriebsam, kirchlich gesinnt, auch körperlich wohl gebildet, gesund und kräftig; derzeit zählen 10 Ortsangehörige über 80 Jahre; auffallend zahlreich sterben kleine Kinder, ohne Zweifel in Folge hartnäckig festgehaltener unzweckmäßiger Ernährung.

In Gönningen wohnt ein prakticirender Arzt, auch befindet sich daselbst eine Apotheke und eine Postexpedition.

Neben Feldbau und Obstzucht finden hier viele Leute ihr Auskommen durch Handel mit Hopfen, grünem und gedörrtem Obst, besonders aber mit Blumenzwiebeln und Gartensämereien, den sie, man darf wohl sagen, über die ganze Welt ausdehnen. Schon vor etwa 200 Jahren fieng der Handel mit gedörrtem Obst an, später beschäftigte er sich mit Sämereien, Blumenzwiebeln etc. und steigerte sich allmählig bis zu seiner gegenwärtigen Ausdehnung (s. oben).

Ferner bieten die auf der Markung liegenden sehr großen und ausgezeichneten Tuffsteinbrüche, sowie einige Lehm- und Kiesgruben viele Gelegenheit zu Arbeit und Verdienst. Unter den Gewerbetreibenden,| die jedoch nicht nach außen arbeiten, sind Schmiede, Schuhmacher, Schneider, Bäcker und Wagner am meisten vertreten.

Eine Papierfabrik und eine Ziegelhütte bestehen; ferner drei Mahlmühlen mit acht Mahl- und drei Gerbgängen, eine Sägmühle, eine Ölmühle und eine Hanfreibe; dann sind im Orte vorhanden 13 Schildwirthschaften, drei Bierbrauereien, 10 Kauf- oder Kramläden. Zwei Frachtfuhrleute fahren nach Reutlingen.

Die große Markung liegt getrennt von dem übrigen Oberamtsbezirk, umgeben von den Oberämtern Reutlingen und Rottenburg; sie ist größtentheils, namentlich im Süden und Osten sehr bergig, weil hier ein Theil des Steilabfalls der Alb und ihrer Vorberge in dieselbe eingreift, im nordwestlichen Theil dagegen bildet sie eine fruchtbare Ebene.

Die Bodenverhältnisse sind sehr verschieden; die Felder auf der Hochebene der Alb bestehen meist aus einem humusreichen Kalkboden (Verwitterung des weißen Jura), am Fuß der Alb haben sich losgewordener weißer Juraschutt und ziemlich fruchtbare Zersetzungen des jüngern Süßwasserkalks abgelagert, oder treten die minder günstigen Zersetzungsprodukte des braunen Jura auf; im nordwestlichen Theil erscheint ein fruchtbarer etwas gebundener Lehm, der in geringer Tiefe von Kalkgestein unterlagert wird. In der Thalebene lagern Alluvionen, die den Wiesenbau, in Verbindung mit der ihm zukommenden Wässerung sehr begünstigen. Im allgemeinen ist die Markung, von der ein großer Theil als Wald und Weide dient, für die bedeutende Einwohnerzahl viel zu klein. Die Landwirthschaft wird so gut als es die natürlichen Verhältnisse erlauben betrieben, dieselbe erfordert vielen Fleiß, weil ein großer Theil der Felder an den Bergabhängen oder auf der entlegenen Hochebene liegt; auch muß den abhängig gelegenen Feldern durch kräftige Düngung nachgeholfen werden, indem der taugliche Boden häufig durch starke Regengüsse oder schnellen Schneeabgang weggeschwemmt wird. Von der Bestellung des Feldes ist hier dem weiblichen Geschlecht ein größerer Theil zugewiesen als in andern Orten, weil viele Männer und Jünglinge des Handels wegen längere Zeit vom Ort abwesend sind. Der Suppinger Pflug ist eingeführt und die Gemeinde hat eine Walze zum allgemeinen Gebrauch angeschafft. Das Doppeljoch ist beinahe ganz abgegangen.

Zum Anbau kommen Dinkel, Haber, weniger Gerste, Kartoffeln, viel dreiblättriger Klee, Angersen, gelbe Rüben und für den eigenen Bedarf Hanf, auch Setzwaare, wie Kohlraben und Angersen.| Einzelne Bürger verkaufen von ihrem Dinkelerzeugniß im Ganzen etwa 60 Scheffel nach Reutlingen, wohin auch Kartoffeln und gelbe Rüben abgesetzt werden.

Der Wiesenbau ist ausgedehnt und die theils ein-, theils zweimähdigen Wiesen liefern ein gutes Futter.

Der Weinbau wurde in den letzten 50 Jahren sehr vermindert und hat anderen einträglicheren Kulturgewächsen den Platz geräumt. Man pflegt meist Sylvaner, Weißelblinge, Gutedel und Müller; die Stöcke, von denen etwa 4000 auf den Morgen zu stehen kommen, werden den Winter über bezogen. Ein Morgen erträgt in guten Jahren 5–6 Eimer und die Preise eines Morgens bewegen sich von 100–240 fl. Der Wein gehört zu den geringen und kommt nicht zum Verkauf.

Von Bedeutung ist die Obstzucht; sie beschäftigt sich hauptsächlich mit Mostsorten, weniger mit Zwetschgen und Kirschen. Das Obst wird zum Mosten und Dörren verwendet und in günstigen Jahren in großer Menge in Handel gebracht. Eine Gemeindebaumschule ist vorhanden.

Außer 20 Morgen Privatwaldungen, die zwei Bürger je zur Hälfte besitzen, sind 15575/8 Morgen Gemeindewaldungen vorhanden, von deren jährlichem in 500 Klaftern und 40.000 St. Wellen bestehendem Ertrag jeder Bürger 1/2 Klafter und 40–50 St. Wellen erhält. Der Erlös aus dem Nutzholz, etwa 2000 fl., wird zu Gemeindezwecken verwendet.

Die ausgedehnten guten Weideflächen sind nebst der Brach- und Stoppelweide für 870 fl. an einen fremden Schäfer, der den Sommer über 450 St. Bastardschafe auf der Markung laufen läßt, verpachtet; überdieß sichert die Pferchnutzung der Gemeinde eine jährliche Rente von 900 fl.

Die vorhandenen Allmanden sind, soweit sie nicht als Weide benützt werden, an die Ortsbürger gegen Allmandzinse vertheilt, was der Gemeindekasse jährlich 408 fl. einträgt. Von den verpachteten Gemeindegütern wird für die Gemeindekasse jährlich eine Summe von 1500 fl. erzielt.

Eigentliche Pferdezucht besteht nicht mehr, dagegen ist die Pferdehaltung (gegenwärtig 40 St.) von einiger Bedeutung.

Die Rindviehzucht steht auf einer blühenden Stufe; man hält einen tüchtigen Neckarschlag, der durch vier Simmenthaler Farren veredelt und nachgezüchtet wird. Der Handel mit Vieh ist unbedeutend.

| Schweinezucht besteht nicht und die Ferkel von verschiedener Race werden von außen bezogen und meist für den eigenen Bedarf, theilweise auch zum Verkauf, aufgemästet.

Ziegen werden etwa 220 Stücke gehalten, während die Zucht des Geflügels und der Bienen von keinem Belang ist.

Die Fischerei in der Wiesaz gehört dem Staat, der sie um 36 kr. jährlich verpachtet; das Flüßchen führt nur Forellen, deren Zahl in neuerer Zeit sehr abgenommen hat.

Der Ort hat das Recht alljährlich im Monat Mai einen Vieh- und Krämermarkt abzuhalten, der jedoch von keiner Bedeutung ist.

An Stiftungen sind 2500 fl. vorhanden, deren Zinse zu Austheilungen von Brod, Schulbüchern und zu Gottesdienstbedürfnissen verwendet werden.

Von Resten aus der Vorzeit sind zu nennen: die Burg auf dem Stöffelberg, die auf der äußersten Spitze des Bergs gleichen Namens stand; sie ist beinahe spurlos verschwunden und nur vier hintereinander quer über den Bergrücken laufende Gräben, welche die von Natur allein zugängliche Ostseite vertheidigten, sind noch sichtbar.

Die alte, etwa 600 Schritte lange Schanze, welche quer über den Bergrücken östlich von dem eigentlichen Roßberg geführt ist, scheint ein Werk der Römer zu sein, das zur großen Vertheidigungskette am oberen Rand der Alb gehörte. Der gegen Osten gerichtete Graben ist 31/2′ tief, 3′ breit und zeigt in seinem Rücken noch eine wallartige Erhöhung. Westlich vom eigentlichen Roßberg erhebt sich der kleine Roßberg, der dem ersteren an Höhe nicht gleich kommt und wie jener dem Schemberg (auch Schönberg) ebenfalls aufgesetzt ist; auf ihm finden sich Spuren von einem Graben und Wall und an seinem östlichen Fuße zwei Brunnen. Vor etwa 70 Jahren sind hier irdene Deuchel, vermuthlich Reste einer alten Wasserleitung, aufgefunden worden.

In Gönningen kommt die Benennung „Heugesträß“ d. i. Hochgesträß vor, was zur Vermuthung berechtigt, daß durch den Ort eine Römerstraße führte, die das Wiesazthal hinauf, über die Flur Ramstall nach Genkingen und von dort gegen Willmandingen ihren Zug hatte.

Auf der nordöstlich von Gönningen gelegenen Flur „Unterhof“, wo nach dem Namen zu schließen, vermuthlich Gebäude standen, wurde ein Reihengrab, das neben dem Skelett ein Schwert enthielt, aufgefunden. Auch die Flurnamen „Oberhof, Groß- und Klein-Örlach,| Öschkirch“, die auf abgegangene Orte und Gebäude hindeuten, kommen auf der Markung vor.

Gönningen (alt: Ginningen, Gynningen) selbst war lagerbüchlich eine Stadt und noch heißt ein Theil des Orts „auf dem Graben“.

Im Jahr 1092 erhielt das Kloster St. Georgen auf dem Schwarzwalde Besitzungen in Ginningen, welche es alsbald austauschte. (Mone Zeitschr. 9, 211). Zu Anfang des 12. Jahrhunderts wurde das Kloster Hirschau durch Diemo von Dußlingen allhier beschenkt (Cod. Hirs. 28 b, 58 b). Der Ort gehörte den Herren von Stöffeln, von welchen Dienstmannen in Gönningen saßen; zu letzteren gehörte Landfried von Gönningen, welcher mit seiner Gemahlin Willibirg, Tochter Hessos von Fürst, um 1130 gegen das Kloster Zwiefalten wohlthätig war (Berthold bei Pertz Script. 10, 116), sodann: Otto von Gönningen 1283 (Mone 3, 435), Heinrich 1292, Albert 1299 vorkommend.

Die freien Herren von Stöffeln treten auf um 1100 mit Albert (Cod. Hirs. 38b), darauf folgen mehrere dieses Namens, ferner mehrere Konrade und mehrere Eberharde, im 14. Jahrhundert Heinriche (der ältere 1436 Pfandinhaber der Herrschaft Haigerloch), ein Simon, ein Johann. Albert und Cuno Gebrüder machen sich im Hoflager K. Friedrichs I. den 18. Mai 1181 in Eßlingen, Konrad von St. in dem K. Friedrichs II. den 11. April 1215 in Ulm bemerklich. Cuno von St. hatte um 1230 von der Pfalzgrafschaft Tübingen zu Lehen den Hof Geisnang (wo jetzt Ludwigsburg), welchen er dem Ritter Wernher von Ihlingen zu Afterlehen gab (Schmid, Pfalzgr. v. Tüb., Urk. 11). Eberhard von St. († vor 1285) trug 1274 seine Besitzungen in Untersielmingen dem Reiche zu Lehen auf. Ein Konrad von Stöffeln (welchen übrigens Einige nach Stöffeln im Hegau setzen) dichtete um 1280 den zum Artuskreise gehörigen „Gauriel von Muntavel, den Ritter mit dem Bocke“. Das Wappen der Familie war ein springender, rechts gewendeter Löwe mit emporgeschwungenem Schweife.

Im 13. Jahrhundert theilte sich diese Familie in die Zweige Gönningen, Winberg und Bonlanden. In der Gönninger Linie erwarb Cuno durch Heirat mit einer Tochter Anselms von Justingen im 13. Jahrhundert einen beträchtlichen Theil der Güter dieses Geschlechtes und wurde Stammvater der von St. Freiherrn von Justingen; diese Linie überlebte die andere und erlosch um 1500 mit Heinrich. Die von Winberg nannten sich auch die Streifen (Mone Zeitschrift| 3, 352 ff. 433–437); ihre Burg ragte ehedem auf der Höhe nordöstlich von Metzingen empor.[1]

Stöffeln und Gönningen erkaufte Graf Eberhard der Erlauchte von Württemberg im Jahr 1300 von Cuno, Albrecht und Konrad von Stöffeln, versetzte die neue Erwerbung aber sogleich wieder für den angeliehenen Kaufschilling an die Herren von Gundelfingen, von denen sie wieder ausgelöst wurde. Nach Ableben Graf Eberhards erscheinen sein Sohn Graf Ulrich und dessen Schwager Graf Rudolf von Hohenberg († 1336) in gemeinschaftlichem Besitz. Im Jahr 1329 theilten beide Schwäger so ab, daß Ulrich den ehemaligen Antheil Bertholds von Gundelfingen, Rudolf den – Heinrichs von Gundelfingen erhielt. Bald jedoch erfolgte die Rücklosung des Ganzen an Württemberg, 1331 eines Theils von St. aus den Händen des genannten Grafen Rudolfs, 1339 des Restes aus denen seines Sohnes Graf Hugo, welcher noch die Hälfte von „Burg“ St. und „Stadt“ G. samt dem Kirchensatz in Gönningen für 1200 Pf. H. abtrat (Schmid, Mon. Hohenb. 265. 279. 348).

Schon 1345 aber wurden Stöffeln und Gönningen wieder für 2700 Pf. H. an den Truchseßen Ulrich von Urach verpfändet, welcher nun seinen Sitz auf der Burg Stöffeln nahm und daher auch als Truchseß von Stöffeln vorkommt. Er verkaufte einige zu der Pfandschaft gehörige Güter an die Stadt Reutlingen, sein Sohn Konrad aber gab 1372 für 1350 Pf. H. die Pfandschaft wieder an Württemberg zurück. Der Mitbesitz Reutlingens zu Gönningen veranlaßte, namentlich wegen des damaligen Kriegs zwischen Württemberg und den Reichsstädten, viele Unannehmlichkeiten und 1388 bemächtigten sich die Reutlinger des ganzen Ortes. Am 31. Aug. 1389 jedoch, als Graf Eberhard sich mit Reutlingen vertrug, wurde festgesetzt, die Stadt sollte ihren, dem verstorbenen Truchseßen Ulrich abgekauften Antheil an Gönningen an Württemberg abtreten und dieses in ungestörtem Besitz lassen, dafür aber seine Schönbuchsgerechtigkeit, wie von Alters her, behalten.

Im dreißigjährigen Kriege nach der Nördlinger Schlacht von 1634 erhob die Erzherzogin Claudia, Wittwe des Erzherzogs Leopold, Ansprüche auf Gönningen und benachbarte Orte als vormaliger Zugehörde der Grafschaft Achalm und nöthigte den Bewohnern die Huldigung ab. Sie verlor jedoch den deßhalb gegen sie vor dem Reichshofrathe geführten Proceß.



  1. Hieher wird auch bezogen die Ecclesia in Stoephen (sic), welche 1275 neben der in Pfullingen aufgeführt wird. Freiburger Diöcesanarchiv 1, 76.
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