Beschreibung des Oberamts Weinsberg/Kapitel B 12

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Geddelsbach,


Gemeinde III. Cl. 232 Einw. mit Helden, Weiler. 30 Einw. Gesammteinw. 362, worunter 10 nach Pfedelbach eingepfarrte Katholiken. Filial von Unterheimbach.
Geddelsbach liegt in gerader Richtung östlich – 4 volle geom. Stunden, auf dem Umweg aber, den man zu Gewinnung einer fahrbaren Straße entweder über Affaltrach, Eschenau und Adolzfurth, oder über Eberstadt, Schwabbach, Rappach und Adolzfurth machen muß, 43/4 Stunden von der Oberamtsstadt entfernt. Die Entfernung vom Mutterort Unterheimbach, von dem es durch den hohen waldigten Bergvorsprung des sog. Straßenfürsts getrennt ist, beträgt| 5/8 Stunden (geom.). Der Ort streckt sich 1/8 Stunde lang an dem rechten Ufer der hier gegen Nord-West sich biegenden Brettach hin, ist in Osten und Westen von Bergen umschlossen und mit dem 3/4 Stunden oberhalb liegenden Dorfe Brettach durch ein schmales Thalsträßchen verbunden. Von der Höhe über demselben in Süden blickt Maienfels herab. In Norden öffnet sich das Thal gegen Adolzfurth, Öhringer Oberamts.

Die zum Theil nicht unansehnlichen Häuser zu beiden Seiten der ziemlich breiten Ortsstraße zeugen von früherem, etwas größerem Wohlstand, als im Mutterort herrscht, weßhalb auch Geddelsbach, welches in Verbindung mit Helden erst im Jahr 1847/48 durch Lostrennung von Unterheimbach zu einer eigenen politischen Gemeinde erhoben wurde, nicht wie der Mutterort unter besondere Staatsaufsicht gestellt werden mußte.

Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt etliche und 40 Morgen, der mittlere 12–15 Morgen, der geringste 2–3 Morgen. Ganz Mittellose gibt es nur Wenige, für welche ein Gemeindearmenhaus vorhanden ist.

Das erst im Jahr 1841 von der Gemeinde angekaufte und eingerichtete Schulhaus in der Mitte des Orts enthält ein ziemlich geräumiges Lehrzimmer, die Wohnung für den Lehrer, einen Stall etc. und das Rathszimmer mit Ortsarrest.

Ein Thürmchen mit Glocke ist noch auf der benachbarten Eigenwohnung eines Ortsbürgers, woneben das allzuenge Lehrzimmer früher war.

Die Ortskelter mit 3 Bäumen steht ungefähr in der Mitte des Orts, von den Wohnhäusern etwas entfernt.

Gutes Trinkwasser liefern ein laufender und 11 Privatpumpbrunnen.

Für Feuersgefahr dient die Brettach, welche auch im Orte selbst eine Mühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang treibt.

An Fischen beherbergt die Brettach besonders Forellen.

Das Fischrecht steht der Herrschaft Maienfels zu.

Überschwemmungen durch diesen Bergbach kommen seltener und mehr unterhalb des Orts vor.

An Brücken hat die Gemeinde nur Eine zu unterhalten: die sogenannte Todtenbrücke auf dem Weg nach Unterheimbach (Leichenweg mit Unterheimbach gemeinschaftlich).

Außer dem vorgedachten Mühlgewerbe sind im Ort eine Schild- und eine Schenkwirthschaft, eine Krämerei.

Sonst sind kaum die allernöthigsten, für das örtliche Bedürfniß| arbeitenden Handwerker vorhanden. Nicht einmal ein Metzger und ein Bäcker ist im Ort zu finden.

Sonst bestehen die Haupterwerbsquellen der Bewohner in Ackerbau, Viehzucht, etwas Weinbau und wenig Holzhandel.

Die Einwohner haben, wie in dieser ganzen Gegend, den Hohenloher Typus in Sitte, Tracht und Mundart. Sie sind im Allgemeinen fleißige und sparsame Leute.

Die 1052 Morgen große Gemeindemarkung enthält: 25 Morgen Gärten und Länder, 294 Morgen willkührlich gebaute Äcker, 78 Morgen Weinberge, 137 Morgen zweimähdige und 85 Morgen einmähdige Wiesen, 288 Morgen Laubwald, 88 Morgen Weiden, 17 Morgen Öden.

Davon gehören der Grundherrschaft Hohenlohe-Waldenburg 4 Morgen Wiesen, 158 Morgen Waldung, 62 Morgen Weiden; der Gemeinde: 2 Morgen Wiesen, 2 Morgen Waldung, 5 Morgen Weiden. Der übrige Wald ist im Privatbesitz.

Der im Allgemeinen nicht besonders fruchtbare Boden besteht in der Thalsohle aus rothem Flußsand mit einer ziemlichen Humusdecke, an den Bergabhängen aus Diluviallehm mit Steingerölle, rothem Keupermergel (s. oben II. 4).

Die ergiebigsten Güter liegen im Thal längs der Brettach.

Die Landwirthschaft wird fleißig und gut, theilweise mit Anwendung verbesserter Ackergeräthe (des Brabanter Pfluges) betrieben, Flürlicher und Brachbau findet hier nicht Statt, weil – wie im Mutterort – überall Schleifwege sind und Keiner durch den Andern im Bau seiner Güter gehindert ist.

Güllenbehälter sind einige wenige eingerichtet. – Gyps wird besonders auf Kleeäckern angewendet.

An Getreide wird vorzüglich gebaut Dinkel, Weizen (Einkorn), Gerste und Haber. Roggen kommt nicht selten vor.

Neben dem Getreide werden hauptsächlich gepflanzt: Kartoffeln, Futterkräuter, dreiblättriger und ewiger Klee, Wicken, sehr wenig Reps – Hanf und Kraut zumeist in Ländern.

Mit Riesenmöhren ist in den Hungerjahren ein Versuch gemacht worden, aber sie sind wieder abgegangen, so wie die Kartoffelkrankheit aufhörte.

Der Ertrag eines Morgens wird durchschnittlich geschätzt auf 6–7 Scheffel Dinkel, 3–4 Scheffel Gerste, 4–5 Scheffel Haber.

Der höchste Preis eines Morgen Ackers beträgt 250–300 fl., der mittlere 200 fl., der geringste 50 fl.

| Absatz von Getreidefrüchten findet nur bei den Begüterteren Statt und geht an die Bäcker der Nachbarorte, wogegen 1/3 der Einwohner auswärts kaufen.

Die 78 Morgen Weinberge liegen an den südlichen Gehängen des rechten Brettachufers und der Weinbau ist von geringerer Bedeutung. Doch wird in günstigen Jahren ein guter Trunk erzeugt. Man pflegt hauptsächlich Silvaner, Trollinger, weiß und roth Elblinge, Gutedel.

Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens beträgt in günstigen Jahren 4–5 Eimer. Der Verkauf geht meist nur in die Gegend von Hall und Öhringen. Die Preise eines Eimers betrugen in Jahr 1846 ca. 49 fl., 1850 10–12 fl., 1854 45 fl., 1856 45 bis 50 fl., 1857 45–50 fl.

Die im Brettachthal liegenden zweimähdigen Wiesen, von welchen ein großer Theil durch Drainirung verbesserungsfähig ist, ertragen durchschnittlich pr. Morgen 25–30 Centner Heu und ca. 12 Ctr. Öhmd. Der kleinere Theil der nur einmähdigen erträgt ungefähr 15 Ctr. Heu. Das Nachgras wird grün verfüttert. Einzelne weiden dasselbe, wenn es nicht mehr gemäht werden kann, ab.

Die Preise eines Morgens Wiesen bewegen sich zwischen 50 bis 300 fl.

Die Obstzucht ist nicht unbedeutend und gewährt in günstigen Jahren einen schönen Ertrag. Doch kommen mehr Most- als edlere Sorten vor – besonders auch viel Steinobst.

Die Jungstämme werden theils in den Weinbergen gezogen, theils von Außen eingeführt. Absatz von Obst in guten Jahren geht nach Hall, Öhringen und Heilbronn.

An Rindvieh waren bei der neuesten Aufnahme 169 Stücke vom sog. Neckarschlage vorhanden, worunter 10 Ochsen und Stiere, 84 Kühe, 75 Stücke Schmalvieh. Die Nachzucht geschieht durch einen Farren von der Landrace, dessen Haltung einem Ortsbürger übergeben ist, welcher dafür von der Gemeinde zwei Morgen Wiesen Gütergenuß, 4 fl. Entschädigung aus der Gemeindekasse, 9 kr. Sprunggeld pr. Kuh von den Kühebesitzern erhält. Der Farrenhalter erhält von der Gemeinde ein unverzinsliches Anlehen von 50 fl. aus der Gemeindekasse.

Pferde waren am 1. Jaunar d. J. in der ganzen Gemeinde nur 4 vorhanden.

An Schafen liefen bei der neuesten Aufnahme 182 Stücke| spanische, womit ein Pachtschäfer die Weiden der Gemeinde das ganze Jahr befährt. Der Pförcherlös beträgt 100 fl.

Den Ertrag der Schafweide beziehen die Besitzer derjenigen Häuser, auf denen das Recht zum Schafhalten ruht. Über die Frage: ob die Schafweide nicht der politischen Gemeinde zusteht? ist übrigens gegenwärtig ein Prozeß anhängig.

Die Schweinszucht ist nicht unbeträchtlich. Man zählte neuestens 2 Mutter-, 41 Mastschweine, 22 Läufer und Milchschweine, im Ganzen 65 Stücke. Was nicht in’s Haus geschlachtet wird, findet guten Absatz bei den Metzgern der Umgegend.

Ziegen waren bei der neuesten Zählung nur 7 vorhanden.

Bedeutender ist hier die Bienenzucht, die übrigens noch wenig rationell betrieben wird. Es fanden sich hier am 1. Jan. d. J. 76 Stöcke, die größte Zahl der ganzen Umgegend, welche in stetem Zunehmen begriffen ist.

Die Geflügelzucht wird mehr für den häuslichen Bedarf, als für den Handel getrieben.

Über den Gemeindehaushalt s. Tab. III.

Stiftung ist keine eigene vorhanden, s. Stiftungspflege des Mutterorts Unterheimbach.

2) Helden, Weiler mit 30 Einwohnern, liegt 3/8 Stunden nordwestlich von Geddelsbach, auf einer bedeutenden Anhöhe über dem rechten Ufer der Brettach, an der Grenze des Oberamts Weinsberg und Öhringen. Wenige zerstreut liegende, ziemlich armselige Häuser – von mageren steinigten Feldern umgeben.

Trinkwasser erhält der hochgelegene Weiler von mehreren an dem Weg und Abhang entspringenden, gutes Wasser liefernden, ungefaßten Quellen.

Geddelsbach (auch Gedelsbach geschrieben) gehörte im 15. Jahrhundert den Haller Bürgern Berler und wurde im Jahr 1482 von Heinrich Berler an Graf Kraft von Hohenlohe verkauft. Bei der Grundtheilung der Hohenlohe’schen Lande im Jahr 1553 fiel es mit dem Mutterort Unterheimbach in den Waldenburg’schen Antheil und theilte sofort durchgängig das Geschick des Mutterorts, mit welchem es auch bis zum Jahr 1847 nur Eine politische Gemeinde bildete und vor der Mediatisirung im Jahr 1806 zum fürstl. Hohenlohe’schen Amt Adolzfurth gehörte. Zu einer eigenen politischen Gemeinde und Schultheißerei wurde es erst im Jahr 1847 erhoben. 1807 dem Oberamt Öhringen mit dem Mutterort zugetheilt, gieng es 1811 mit Unterheimbach an das Oberamt Weinsberg, und vom Dekanat| Öhringen im Jahr 1822 an das Dekanat Weinsberg über. Der kirchliche Verband mit Unterheimbach besteht noch jetzt.

Gefällberechtiget war bei Erscheinung der Ablösungsgesetze von 1848 und 49:

1) Fürst von Hohenlohe-Waldenburg,
2) Hospitalverwaltung Öhringen,
3) Fürst von Hohenlohe-Bartenstein,
4) Fürst von Löwenstein-Werthheim,
5) Freiherr von Weiler,
6) Fürst von Hohenlohe-Öhringen,
7) Freiherr v. Gemmingen-Hornberg und Teufel-Birkensee.



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