Das Jubiläum des Gregorianischen Kalenders (1582–1882)

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Titel: Das Jubiläum des Gregorianischen Kalenders (1582–1882)
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aus: Die Gartenlaube, Heft 39, S. 651–652
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: 300. Jahrestag des Gregorianischen Kalenders
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[651] Das Jubiläum des Gregorianischen Kalenders (1582–1882). In den Tagen, da die vorliegende Nummer unserer „Gartenlaube“ in die Welt hinausgeht, vollendet sich das dritte Jahrhundert seit der Einführung einer ebenso tiefgreifenden wie heilsamen Reform, deren Gedächtniß wir nicht unbeachtet mögen vorübergehen lassen. Wir sprechen von der großen Kalenderverbesserung Papst Gregor’s des Dreizehnten, und wir vermitteln unsern Lesern das Interesse für die Bedeutung dieses Actes durch nachstehende kurze und allgemein verständlich gehaltene Darstellung.

Wie man weiß, hatte Julius Cäsar in Verbindung mit dem alexandrinischen Astronomen Sosigenes anstatt des früheren, in arge Verwirrung gerathenen, altrömischen Kalenders im Jahre 47 v. Chr. Geburt den verbesserten, nach ihm benannten Julianischen Kalender eingeführt, wonach das Jahr in der Regel in 365 Tage zerfiel, jedes vierte Jahr aber als Schaltjahr einen Tag mehr erhielt, und demnach die mittlere Dauer des Jahres 365¼ Tag betrug.

Cäsar gab ferner den Monaten diejenige Zahl von Tagen, welche sie noch gegenwärtig haben, und setzte zuletzt den Beginn seines ersten Jahres auf den Neumond nach der Wintersonnenwende (46 v. Chr.), den er als 1. Januar bezeichnete, während die Frühlings-Tag- und Nachtgleiche auf den 24. März fiel. Statt der bisher üblich gewesenen Monatsnamen Quintilis und Sextilis aber führte später der römische Senat, Julius Cäsar und Augustus Octavianus zu Ehren, die noch jetzt gebräuchlichen Bezeichnungen Juli und August ein.

Nachdem diese von Cäsar ins Leben gerufene Einschaltungsmethode, welche sich durch das ganze römische Reich hindurch erhielt und später ohne Aenderung auch auf die christliche Kirche überging, länger als sechszehnhundert Jahre beibehalten worden, wurde sie endlich verdrängt durch jene mathematisch weit genauere Zeitberechnung Papst Gregor’s des Dreizehnten, welche noch gegenwärtig die Grundlage des nach ihm benannten und zuerst im Jahre 1582 eingeführten Gregorianischen Kalenders bildet.

Da nämlich 129 Jahre des Julianischen Kalenders um ungefähr einen Tag zu groß sind, so hatte derselbe mit dem Laufe der Sonne auf die Dauer nicht in Uebereinstimmung bleiben können, und in der That fiel schon zur Zeit der großen Kirchenversammlung zu Nicaea (325 n. Chr.) das Frühlingsäquinoctium nicht mehr auf den 24. sondern auf den 21. März. Bereits im fünfzehnten Jahrhundert ging daher die Kirche mit dem Gedanken um, eine Anzahl Tage aus dem Kalender auszuwerfen, um auf diese Weise jene Differenz auszugleichen, aber erst ein volles Jahrhundert später nahm Papst Gregor der Dreizehnte, von der Kirchenversammlung zu Trient ausdrücklich hiermit beauftragt, die Sache wirklich in Angriff und berief behufs Feststellung eines neuen Kalenders eine Commission von vornehmsten Astronomen und Mathematikern. Da seit Cäsar’s Zeit ungefähr dreizehnmal 129 Jahre vergangen waren, so hatte sich die Frühlings-Tag- und Nachtgleiche um volle 13 Tage rückwärts geschoben und fiel dieselbe somit bereits auf den 11. März.

Um sie nun den Bestimmungen des Concils von Nicaea gemäß wieder auf den 21. März zu versetzen und bei diesem Tage zu erhalten, was die kirchliche Berechnung der Feste wünschenswerth machte, da das Osterfest regelmäßig am ersten Sonntage nach dem auf die Frühlingsnachtgleiche folgenden Vollmond gefeiert werden sollte – wurde durch die päpstliche Bulle vom 24. Februar 1582 angeordnet, daß im gedachten Jahre die zehn Tage vom 5. bis 14. October ausfallen und somit gleich nach dem 4. October der 15. October geschrieben werden solle. Damit aber im Laufe der Zeit sich der alte Fehler nicht wiederhole, wurde als Jahreslänge die Zeit von 365 Tagen, 5 Stunden 49 Minuten angenommen, welche den auf Anordnung des astronomiekundigen Königs Alfons des Zehnten von Castilien herausgegebenen Planetentafeln zu Grunde lag. Gleichzeitig wurde, um eine sich trotzdem ergebende geringfügige Differenz zu beseitigen, bestimmt, daß zwar im Allgemeinen, wie bisher, jedes Jahr, dessen Zahl durch vier theilbar sei, ein Schaltjahr von 366 Tagen sein, daß aber von den Schlußjahren der Jahrhunderte, wie 1600, 1700 etc. nur die mit 400 theilbaren Jahre Schaltjahre, die übrigen hingegen gemeine Jahre sein sollten.

Es blieb also im Gregorianischen Kalender das Jahr 1600 ein Schaltjahr, 1700, 1800 und 1900 aber wurden gemeine Jahre, und erst das Jahr 2000 wird wieder ein Schaltjahr sein, womit zwar die absolute mathematische Genauigkeit noch immer nicht ganz erreicht, aber doch jedenfalls den praktischen Bedürfnisse auf lange hinaus Genüge geleistet war.

Eingeführt wurde der Gregorianische Kalender oder der Kalender neuen Stils zunächst in Italien, Spanien und Portugal, wo man der obengedachten päpstlichen Bulle gemäß vom 4. October 1582 sofort zum 15. October überging. Die übrigen Länder Europas bequemten sich der Reform erst nach und nach an, und zwar in nachstehender Reihenfolge, wobei wir jedesmal die ausgefallenen Tage in Parenthese hinzufügen: Frankreich 1582 (10. – 19. December), die katholischen Provinzen der Niederlande 1582 (16. – 25. December), die katholischen Theile von Deutschland und der Schweiz 1583 zu verschiedenen Terminen, Böhmen 1584 (7. – 16. Januar), Polen 1586, Ungarn 1587, die protestantischen Gebiete von Deutschland und Dänemark 1700 (19. – 28. Februar), die protestantischen Provinzen der Niederlande 1701 (2. – 11. December), die protestantischen Cantone der Schweiz 1701 (1. – 10. Januar), Großbritannien 1752 (3. – 13. September) und endlich Schweden 1753 (18. – 28. Februar).

Die Russen und überhaupt die Bekenner der nicht unirten griechischen Kirche sind dagegen bekanntlich beim Julianischen Kalender, dem sogenannten Kalender alten Stils, stehen geblieben und aus diesem Grunde hinter den übrigen Europäern schon gegenwärtig um zwölf Tage zurück.

[652] Hinsichtlich der Bestimmung des Osterfestes bestand in Deutschland noch lange eine Verschiedenheit zwischen Katholiken und Protestanten; aber auch diese wurde im Jahre 1775 auf Anregung König Friedrich’s des Großen von Preußen beseitigt, und weicht seitdem der protestantische Kalender vom katholischen nur in den Benennungen der Sonntage und einigen anderen unwesentlichen Punkten ab.

Papst Gregor der Dreizehnte starb schon drei Jahre nach Vollendung des großen Werkes. Durch die vorstehend skizzirte Reform, welche seinen Namen trägt, hat er sich ein dauerndes Denkmal errichtet und ein Anrecht auf die Dankbarkeit der Nachwelt – und zwar nicht blos der katholischen – erworben: um so bedauernswerther erscheint sein fanatischer Jubel über die Pariser Bluthochzeit, die er durch ein feierliches Tedeum und eine in majorem Dei gloriam geprägte Denkmünze verherrlicht hat.