Das irdische Paradies der Sultane

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Titel: Das irdische Paradies der Sultane
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aus: Die Gartenlaube, Heft 49, S. 831–832
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[829]

Der Sternpalast Abdul Aziz’s.
Nach der Natur aufgenommen von Phil. Montoreano.

[831] Das irdische Paradies der Sultane. (Mit Abbildung auf S. 829.) Es ist kein durch ehrwürdiges Alter ausgezeichneter Wonnesitz der Beherrscher des Türkenreiches, sondern eine Luxusblüthe der jüngsten Zeit, am Bosporus in’s Leben gezaubert auf Befehl des heimgegangenen Sultans Abdul Aziz durch den Baumeister Serkis Bey, und jener fürstliche Bauherr war es auch, der dieses sein „irdisches Paradies“ vor den Blicken aller Sterblichen verschloß. Eine besondere Vergünstigung, durch die Zeitumstände leichter erwirkt, machte unserem Zeichner, Herrn Phil. Montoreano, den Besuch der geweihten Stätte möglich, die nur den Anhängern des großen Propheten offen steht. Seinen brieflichen Mittheilungen folgen wir in dem Nachstehenden; unsere Illustration wurde nach seinem Aquarellbilde auf Holz übergezeichnet.

„Der Garten des Jildiz Kiosk (Sternpalastes) ist ein Gegenstand der Sehnsucht der Gläubigen und der Neugierde solcher Ungläubigen, welche mit Stift und Griffel nach bezaubernden Bildern für europäische Augen suchen. Ersteren öffnet sich der Hauptzugang alle Freitage nach dem 'Selamlik', das heißt nach dem Gebete des Sultans. An dem Tage, an welchem mir der Zutritt ermöglicht worden war, staute sich die zuströmende Menge im Thore, weil dort ein Officier mit mehreren Dienern des Sultans Niemanden unvisitirt eintreten ließ. Alles, was man in Händen und Taschen zu bergen pflegt, Pakete, Schachteln, Waffen, Regenschirme, Stöcke u. dergl. mußte dort niedergelegt werden bis zur Rückkehr der Besitzer von der Gartenpromenade. Nur den Sonnenschirm durfte man behalten, ihn jedoch auch bei dem brennendsten Sonnenscheine nicht öffnen. Als ich endlich in den Garten gelangt war, fiel mir als erster Gegenstand zu rechter Hand eine kleine Menagerie mit Hirschen und ein Vogelhaus in die Augen. Rasch daran vorübereilend, gelangte ich auf einem breiten, aufsteigenden Wege zwischen oft prächtigen Bäumen hin auf eine [832] Anhöhe, auf welcher ich ein reizendes Thal vor mir erblickte. Ein wohlgepflegter, schattiger Weg lockte dorthin, überschritt einen Bach auf einer kleinen Holzbrücke und führte an einem See vorüber, in welchem schöngeformte Felsen sich spiegeln. Nach fast zweistündigem höchst anmuth- und wechselvollem Gange stand ich endlich am Fuße der Anhöhe, von welcher des Sultans Sternpalast herabglänzt und die sich etwa hundertundzwanzig Meter über den Spiegel des Bosporus erhebt. Garten und Palast liegen so frei, daß namentlich von letzterem der Rundblick ein überraschend herrlicher ist. Den fesselndsten Eindruck machten die Küsten Asiens und die endlosen Flächen des farbenprächtigen Marmarameeres. Nicht ohne Kampf reißt man sich von der bezaubernden Stätte los, und ich that es nur, um wenigstens den Palast recht bald im Bilde mein Eigen nennen zu können. Die Façade desselben bietet eben nichts Besonderes, sondern zeigt uns nur, was sich hier nicht selten wiederholt, einen Mischmasch von allerlei Stilarten durcheinander.

Das Innere besteht im Erdgeschosse aus einem größtentheils marmornen Hausflure und vier Wartesälen, von denen jeder für eine besondere Classe von Personen bestimmt ist, und im ersten Stockwerke aus einem Schlafgemache, mehreren kleinen Salons und einem glänzend decorirten großen Salon, in welchem der Sultan oft den Sitzungen des Ministerraths präsidirt.“

So weit unser Gewährsmann. Wie lange aber die Sultane noch von ihrem Palaste nach der asiatischen Seite des Bosporus hinübersehen werden, das hat die europäische Menschheit geduldig abzuwarten.