Das neue brittische Colonisationssystem

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Das neue brittische Colonisationssystem
Untertitel:
aus: Das Ausland, Nr. 109-111 S. 433-434; 439-440; 443-444
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: München
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[433]

Das neue brittische Colonisationssystem.

[1]

Stets muß man die Folgen der Lage, in die man sich selbst gesetzt hat, hinnehmen. England, in Industrie und Reichthum glänzend, alle Meere mit seinen Schiffen und alle Küsten mit seinen Kolonien deckend, leidet dennoch an zwei Uebeln, die eben aus jener Vollblütigkeit hervorgehen. Das eine dieser Uebel hat zur Folge, daß viele englische Familien, die ein redlich erworbenes, aber etwas beschränktes Einkommen besitzen, damit auf ihrer Insel nicht leben können, daher das Vaterland verlassen, sich nach Frankreich, Italien, der Schweiz wenden, und so ihre Renten im Ausland verzehren. Die schweren Abgaben, die Armentaxe, die Zehnten des anglicanischen Klerus haben alle Gegenstände des Verbrauchs so sehr vertheuert, daß man, um jenseits des Canals angenehm leben zu können, viel reicher seyn muß als anderswo. [2] Auch muß man hiebei wohl bemerken, daß in diesem Lande die öffentliche Achtung, die man genießt, sich nach den Ausgaben, die man zu machen hat, richtet, so daß eine bescheidene, sparsame Familie, die sich sonst gerne mit wenigem begnügen würde, doch sich nicht dazu versteht sich einzuschränken, weil sie in der öffentlichen Achtung sinken würde, ihr Betragen möchte auch sonst noch so vorwurfsfrei, und das persönliche Verdienst ihrer einzelnen Glieder noch so groß seyn. So trägt die Nation in sich selbst die Strafe ihrer Eitelkeit, wie andere Nationen die Strafe ihres Leichtsinns.

So bedeutend dieses Uebel ist, so scheint es doch die Aufmerksamkeit der Gesetzgeber Großbritanniens noch nicht auf sich gezogen zu haben. Ein anderes Uebel hingegen ist der Gegenstand des wichtigen Berichtes, den eine im vorigen Jahre ernannte Commission dem Hause der Gemeinen zu erstatten hatte – die Nothwendigkeit der Auswanderungen und Colonisationen. [3] Am besten wird man diesen Bericht verstehen, wenn wir einfach den Zustand darstellen, in welchem sich die arbeitende Classe in mehreren Provinzen, vorzüglich in den südlichen Provinzen Schottlands, in der Umgegend von Glasgow, Paisley, Lanarck befindet. Die Arbeiter daselbst sind stets der Gewerbstockung und folglich der Nahrungslosigkeit ausgesetzt. Vermindert sich die Nachfrage nach den Manufacturproducten, so fällt auch der Preis ihres Taglohns, ja, viele Arbeiter sind ganz unbeschäftigt. Dieses Uebel ist allen Manufactur-Districten gemein; aber die Opfer solcher ungünstigen Zeitverhältnisse sind zahlreicher in den Ländern, wo die Manufactur-Industrie die Hauptrolle spielt. Indessen ist dieß noch nicht das größte von den Uebeln, die uns hier vors Auge treten.

Irland, das arme und doch so fruchtbare Irland, das, Dank den Kartoffeln, seine Bevölkerung in hundert Jahren sich vervierfachen sah, kann diese Bevölkerung nicht mehr beschäftigen und nähren. Blos ein Canal von einigen Stunden trennt es von Schottland, und ganze Schaaren unglücklicher Irländer kommen herüber, um in jeder Art von Beschäftigung ihre Dienste um die Hälfte des Lohnes anzubieten, den der schottische Arbeiter nöthig hat, um leben zu können. Jene Irländer haben keine weitern Bedürfnisse, als ein paar alte Lumpen, um die Blöße zu decken, eine Lehmhütte, um sich vor Wind und Wetter zu schützen, und einige Kartoffeln. Wie kann nun der schottische Arbeiter, der in einem Hause leben, etwas Fleisch essen, und Bier trinken muß, gegen die Concurrenz des bedürfnißlosen Irländers bestehen? Könnte man wohl dem Manufacturherrn, der selbst gegen so zahlreiche Concurrenten zu kämpfen hat, zumuthen, daß der dem Schotten eine Arbeit theurer bezahlen soll, die ihm der Irländer wohlfeiler liefert? In vielen Gewerben beschränkt sich das, was der Lehrling zu lernen braucht, auf [434] ziemlich weniges; dem Irländer fehlt weder Kraft noch Geschick; überdieß haben die meisten jener Emigranten von ihrer Kindheit an in Irland Leinwand weben sehen, und selbst gewoben, so daß sie in wenigen Tagen jede Art von Geweben erlernen können.

Diese Ueberschwemmung von Arbeitern bedroht England wie Schottland. Entweder muß man jene Unglücklichen mit bewaffneter Hand aus den Nachbarprovinzen des gemeinsamen Staates jagen, oder muß die ganze arbeitende Classe Englands und Schottlands, d. h. der reichsten und industriösesten Länder Europas, sich dazu bequemen, in Hütten zu wohnen, und von Wasser und Kartoffeln zu leben.

Diese Lage der Dinge hat die Blicke des englischen Parlaments auf sich gezogen. Es ward der Vorschlag gemacht, einen allgemeinen Plan zur Colonisation anzunehmen, nach welchem arbeitslose, sonst aber gesunde Familien nach einer der zahlreichen englischen Colonien gebracht werden sollen, wo es noch viele Länderstrecken zu cultiviren gibt. Wenn viele dürftige Familien diesen Weg einschlügen, wo würde das Mutterland von vielen Armen befreit, welche es nun unterstützen muß, und zugleich würden die, welche zurückbleiben, wegen der verminderten Anzahl, desto eher Arbeit bekommen. Die Hauptschwierigkeit bildet die Herbeischaffung der Kosten der Ueberfahrt und des Unterhaltes jenseits des Meeres bis dahin, wo die Familien von ihren Ernten werden leben können. Man glaubt, daß die Kirchspiele, die durch Herkommen und Gesetz verpflichtet sind, für ihre Armen zu sorgen, ihre Rechnung dabei finden würden, wenn sie den Armen, um sich ihrer zu entledigen, den nöthigen Vorschuß gäben, gegen die Garantie, daß sie diesen Vorschuß nebst Interessen wieder zurück erhalten sollten. Dieß ist der Gegenstand der vorgeschlagenen legislativen Maßregeln, die einer Spezial-Commission zur nähern Prüfung übergeben wurden. Um mit der Umsicht zu Werke gehen, welche man in England, wie es überall geschehen sollte, auf dergleichen Angelegenheiten wendet, ging die Commission in eine Untersuchung ein, welche vom Februar bis Juni 1827 dauerte. [439] Bekanntlich hat das Parlament das Recht, gegen Bezahlung einer angemessenen Entschädigung, jeden vor sich zu fordern, dessen Angaben im Stande sind, über einen [440] zur Untersuchung vorliegenden Gegenstand Aufklärung zu geben. Vorzugsweise beruft man solche Männer, welche Localkenntnisse besitzen, und im Rufe der Redlichkeit und eines gesunden Urtheils stehen. Der Zeuge antwortet auf die zahlreichen Fragen, die an ihn gerichtet werden; Fragen und Antworten werden zu Protocoll gebracht, und gedruckt, so daß diese Sammlung von Thatsachen und Bemerkungen nicht nur zur Grundlage des Berichts der Commission, sondern auch zur Aufklärung des Publikums und der Parlaments-Debatten dient.

In einer solchen Untersuchung z. B. wie die, welche uns vor Augen liegt, handelt es sich darum, die Art und den Grad der Noth zu ermitteln, welche auf den Arbeitern eines gewissen Districts lastet. Man beruft also die Arbeiter selbst, die Vorsteher der Manufacturen, die mit der Vertheilung der Unterstützungen beauftragten Kirchenältesten, die Mitglieder der Wohlthätigkeitsvereine, den Bischof der Diöcese, kurz jeden, den man geeignet glaubt, einen Beitrag zur Aufklärung der wahren Lage der Dinge zu geben.

Handelt es sich darum, zu ermitteln, in welchem Zustande sich die Districte befinden, die in Canada noch nicht cultivirt sind, welche Art von Cultur daselbst die geeignetste sey, welche Gelegenheiten das Land darbiete, um sich die nöthigen Lebensbedürfnisse zu verschaffen, und die Colonialerzeugnisse abzusetzen, so fragt man die Leute, welche die Colonien lange bewohnt haben, welche eine große Zahl von Niederlassungen sich bilden sahen; man fragt die Handelsleute, welche den Colonisten Stoffe und Werkzeuge lieferten, und als Bezahlung die Producte der Colonie empfingen; man fragt die Civil- und Militär-Ingenieurs, die mit der Entwerfung der Charten, der Feststellung der Grenzen etc. beauftragt waren. Die nämlichen Fragen werden an diejenigen gerichtet, welche die Colonien vom Cap der guten Hoffnung, von Neu-Süd-Wallis und Van-Diemens-Land kennen, so daß man eine solche Masse von Aufklärungen erhält, daß jeder unbedachtsamen Maßregel vorgebeugt wird.

Als Probe der Art, wie diese Untersuchungen geführt werden, möge hier eines der Zeugnisse über Canada stehen. Ein ehemaliger Capitän, Tomas Weatherly, wird von dem Präsidenten der Commission, Wilmot Horton, befragt:

„Seit wie lange haben Sie Canada verlassen?“ – In der Mitte des letzten Januars (1827) verließ ich mein Haus in der Gemeinde March, an den Ufern des Ottawa, in Ober-Canada.

„Sind Sie nicht ein Nachbar der im J. 1823 gegründeten Niederlassungen, welche unter dem Namen der Colonien des Herrn Robinson bekannt sind?“ – Ja; auch bin ich häufig durch dieselben gekommen, wenn ich zu den Districts-Sitzungen ging, die im Hauptorte, Perth, gehalten werden.

„Wie lange haben Sie daselbst gewohnt?“ – Gegen acht Jahre.

„Haben Sie sich nicht hie und da mit einer häufig aufgeworfenen Frage beschäftigt, nämlich ob es einem Colonisten möglich wäre, das Geld, das ihm vorgeschossen würde, um sich daselbst niederzulassen und einzurichten, sammt Interessen wieder zurückzubezahlen? Wenn z. B. ein Mann, eine Frau, und die Kinder 100 Pfd. Sterl. nöthig hätten, um sich auf einem Grundstück von hundert Acres niederzulassen, wäre es ihnen da wohl nach sieben Jahren möglich, mit einer jährlichen Zinszahlung von 5 Prozent zu beginnen?“ – Ich zweifle nicht daran.

„Glauben Sie, daß eine solche Familie eben so gut in Geld als in Bodenproducten bezahlen könnte?“ – Vor Ablauf der sieben Jahre, glaube ich, könnte sie in Natura, nachher aber in Geld bezahlen.

„Urtheilen Sie bei diesen Ihren Antworten nach Ihren eignen Beobachtungen, und berücksichtigen Sie dabei die geringen Mittel, die den Personen, um die es sich hier handelt, zu Gebote stehen?“ – Ich urtheile nach dem, was ich gesehen habe, indem ich stets unter Auswanderern dieser Art lebte, und auch die in den Robinson- und andern Colonien Angesiedelten sah, sowohl zur Zeit ihrer Ankunft, als nach Verfluß von fünf, sechs Jahren, wobei ich mich von der Ausdehnung des von ihnen urbar gemachten Bodens überzeugen konnte, und die Gebäude bemerkte, die sie aufgeführt hatten. Diese Verbesserungen gewährten ihnen in der Regel nach Verfluß von fünf Jahren so viel Ertrag, daß sie die Interessen der erhaltenen Vorschüsse mit Bodenerzeugnissen bezahlen konnten.

„Glauben Sie, daß alle, welche Canada kennen und über diesen Punkt nachgedacht haben, der nämlichen Ansicht, wie Sie, sind?“ – Ich zweifle nicht daran.

„Gibt es in Ober-Canada bedeutende Landstrecken, in welchen der Boden so gut ist, wie in den Robinsons-Colonien?“ – Allerdings, sogar viele noch bessere.

„Sind in den angrenzenden Theilen der Vereinigten Staaten die Arbeiter gesucht?“ – Ja, in diesem Augenblick, wegen der Canäle, die gegraben werden.

„Ist der projectirte Canal zwischen dem Erie-See und dem Ohio vollendet?“ – Noch nicht.

„Haben die Colonisten des Hrn. Robinson sich nach den Vereinigten Staaten gewandt, um dort Arbeit zu suchen?“ – Im verflossenen Monat December traf ich einen derselben, der im Sinne hatte, während der schlechten Jahreszeit bei den Canalarbeiten Beschäftigung zu suchen, aber zu der Arbeit auf seinem Gute zurückkehren wollte, so wie die Jahreszeit es ihm gestatten würde.

„Angenommen, daß ein Colonist nach Verfluß von fünf Jahren mit der Zinszahlung beginnen könnte, wie lange glauben Sie wohl, daß er brauchen würde, um das Capital zurück zu zahlen?“ – Wie mir scheint, zehn Jahre.

„Also fünf Jahre später?“ – Ja. [443] Unter den Personen, die in Beziehung auf Irland als Zeugen vorgefordert wurden, befinden sich Männer von dem höchsten Ansehen und Verdienst, z. B. Sir Henry Parell, Major Moody etc. Als Beispiel und zur nähern Beleuchtung der Verhältnisse dieses Landes geben wir hier einige dem berühmten Verfasser des Werkes über Bevölkerung, Malthus, vorgelegte Fragen, nebst dessen Antworten.

„Sie sind in Irland gewesen?“ – Ja, im Jahr 1817, doch nur kurze Zeit. [444] „Haben Sie sich mit der Bevölkerung Irlands beschäftigt?“ – Ja, bis auf einen gewissen Punkt.

„Hat Ihnen die Betrachtung des Zustandes von Irland einige Beiträge für Ihre Werke geliefert?“ – Ja, besonders zu meinen Grundsätzen über National-Oekonomie.

„Wie hoch beläuft sich die Bevölkerung gegenwärtig?“ – Den Documenten nach, die ich zu Rathe ziehen konnte, ungefähr auf achthalb Millionen.

„Haben Sie die Güte, dem Committee zu bezeichnen, auf was Sie diese Annahme gründen?“ – Bei einer Vergleichung der im J. 1792 nach der Zahl der Häuser gemachten Schätzung, mit der im J. 1821 vorgenommenen Zählung, hat die Bevölkerung in diesen 29 Jahren in dem Verhältnisse zugenommen, daß sie, gleichmäßig fortschreitend, in vierzig Jahren sich verdoppelt. Nach dieser Progression beträgt die Bevölkerung Irlands im J. 1827 sieben und eine halbe Million.

„Haben Sie über die wahrscheinliche Wirkung nachgedacht, die eine solche Vermehrung auf die andern Classen von Irland ausüben muß?“ – Da die Menschen nicht leben können ohne Nahrung<!Vorlage:Nachrung-->, so muß diese Progression nothwendig stille stehen, aber erst nach schweren Leiden.

„Wollen Sie damit sagen, durch eine größere Sterblichkeit?“ – Ja, aber diesen zahlreicheren Todesfällen wird ein noch größeres Elend vorangehen.

„Glauben Sie vorauszusehen, welche Folgen daraus für die arbeitende Classe in England sich ergeben werden?“ – Die Vermehrung der Bevölkerung und des Elends in Irland wird unglückbringend für die arbeitenden Classen Großbritanniens seyn, denn die zunehmende Auswanderung aus Irland nach England wird den Arbeitslohn mehr und mehr herunterdrücken, und die hierüber in diesem Lande herrschenden verständigen Ansichten und Gewohnheiten zu nichte machen. Allmälig werden sich unsere Arbeiter darauf beschränkt sehen, sich blos von Kartoffeln nähren zu können.

„Welche Folgen wird dieß in Beziehung auf unsere Armentaxen haben? Wird es die Zahl der zu Unterstützenden vermehren?“ – Ohne allen Zweifel. Ein Arbeiter, der in seinem Kirchspiel oder anderswo Beschäftigung finden könnte, wird arbeits-, folglich brodlos werden, so wie er durch einen Irländer verdrängt wird.

„Glauben Sie, daß, wenn die Zahl der Arbeiter Englands durch ein gutes Colonisationssystem sich verminderte, diese Lücke sogleich durch die überflüssige Bevölkerung Irlands wieder ausgefüllt würde?“ – Ohne allen Zweifel. –

– Die Commission erhielt durch viele übereinstimmende Zeugnisse die Ueberzeugung, daß jedes Colonisationssystem bei Irland beginnen müsse. Der Präsident richtet nun an Malthus die Frage: „Wenn statt einer Colonisation, in Irland das englische System eingeführt würde, nach welchem jedes Kirchspiel verpflichtet ist, seine Armen zu unterhalten, was glauben Sie wohl, daß geschehen würde?“ – Die ganze Grundrente Irlands würde nicht einmal hinreichen, um alle Armen zu unterhalten.

Die Commission geht nun auf die Erörterung der Frage über, ob, falls ein gutes Colonisationssystem Irland von einer halben Million seiner dürftigsten Einwohner befreite, die Lücke nicht schnell durch neue Irländer, so arm und nothdürftig als die über Meer geschickten, wieder ausgefüllt würde. Malthus bejaht diese Frage, und da man diesen großen Publicisten weiter zu Rathe zieht, welche Mittel es geben möchte, um Irland und England von der Geißel, die ihnen droht, zu befreien, so gelangt man am Ende zu der Ueberzeugung, daß man auf kein Mittel mit Sicherheit zählen könne, so lange in den in Irland herrschenden Gesetzen und Gewohnheiten keine Aenderung eintritt.

Bekanntlich sind die großen Gutsbesitzer in Irland größtentheils Engländer, oder Erben von Engländern, die jene Güter in Folge von Confiscationen erhielten. Die Jesuiten fanatisirten die Katholiken Irlands gegen die Protestanten, worauf diese die Güter von jenen in Besitz nahmen. Aus diesem Grunde genießen die großen Landeigenthümer bei einem Aufenthalt auf ihren Gütern weder Vergnügen noch Sicherheit. Sie verleihen sie daher in großen Massen an besondere Agenten, die sie in kleinern Theilen wieder an Unter-Agenten verleihen, von denen sie ebenfalls wieder in noch kleinern Theilen an arme Landleute verpachtet werden, welche Kartoffeln pflanzen, ihre und ihrer Kinder einzige Nahrung. Wenn ihre Kinder heranwachsen, so heirathen sie und pachten für sich selbst einen kleinen Fleck Landes, einen einzigen Acker, oft noch weniger. Sie bauen sich eine Lehmhütte, zeugen Kinder, die ihrerseits wieder ein Stückchen Land erübrigen wollen und sich gleich Caninchen vermehren. –

Obgleich aus dem obenerwähnten Commissions-Berichte hervorgeht, daß die Colonisationen sowohl von England, als von Schottland und Irland aus, bereits mit großem Erfolg begonnen haben; daß ferner die Summen, welche man neuen Auswanderern vorschießen würde, geringer wären, als die, welche man jetzt an dieselben Familien unter dem Namen von Armengeldern bezahlt, und daß endlich jene Summen sammt Interessen nach Verlauf von etwa zehen Jahren zurückerstattet werden würden, so hat doch das Parlament noch nicht gewagt, die Anträge des Berichts anzunehmen, aus Besorgniß, das vorgeschlagene Mittel möchte nur für den Augenblick, nicht für die Dauer wirken, und dieselben Ursachen, welche das Uebel veranlaßten, (die Uncultur der Irländer und die englische Armentaxe) möchten die Verlegenheiten, denen man zu entgehen sucht, auch stets wieder erneuern; und diese Besorgniß ist gewiß nicht blos chimärisch.. Unabhängig aber hievon verdient das umsichtige Verfahren der Commission, die vom ausgezeichnetsten Staatsmann und Gelehrten bis zum letzten Taglöhner alle Interessen zu Rathe zog und jeder Stimme den freien Weg zur gesetzgebenden Gewalt des Staates bahnt, die aufmerksamste Beachtung. Wie viele Quellen der Belehrung bieten sich in solchen Untersuchungen den Gesetzgebern dar, wenn sie unabhängig, und ihre Interessen eins sind mit denen des Volks!


  1. Nach einem – mit J. B. S. (Joh. Bapt. Say) unterschriebenen Aufsatze in dem neuesten Hefte der Révue encyclopédique.
  2. Man fragt oft, wie es möglich sey, daß die Engländer den Fremden dieselben Producte so wohlfeil liefern, die bei ihnen selbst so theuer verkauft werden, so daß man z. B. in Paris die englischen Waaren um billigern Preis kauft, als in London? Dieß ist, neben vielen andern, vorzüglich zwei Hauptursachen zuzuschreiben: der Handelsmann, der Waaren ausführt, erhält für die Hauptartikel der Ausfuhr bedeutende Rückzölle (Rückzahlungen bezahlter Taxen); zweitens fallen die in England so ungeheuren indirecten Steuern besonders hart auf den Verkäufer, den Handels- und Gewerbsmann, der daher gezwungen ist, durch den erhöhten Preis seiner Waaren sich zu entschädigen für die enormen Taxen, die auf dem Biere und dem Weine liegen, den er trinkt, auf den Flaschen, in denen er sein Wasser auf den Tisch stellt, auf dem Hut, dem Rock, den Schuhen, die er am Leibe hat, kurz, auf jedem Gegenstand seiner Consumtion und seines Vergnügens.
  3. Third report from the Committee on Emigration etc. London 1827. 1 gros vol. in fol.