Die Maschinen-Industrie (1914)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Carl Heinel
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Maschinen-Industrie
Untertitel:
aus: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band, Sechstes Buch, S. 94–110
Herausgeber: Siegfried Körte, Friedrich Wilhelm von Loebell, Georg von Rheinbaben, Hans von Schwerin-Löwitz, Adolph Wagner
Auflage:
Entstehungsdatum: 1913
Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Reimar Hobbing
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[542]
Die Maschinen-Industrie
Von Dr. Ing. Heinel, Professor an der Kgl. Technischen Hochschule Breslau


Stand der Maschinen-Industrie um 1888.

Der Stand der Maschinen-Industrie um 1888 kennzeichnet sich in kurzen Zügen so: Gute, aber im Vergleich zu den heutigen Maschinen bedeutend leichtere Werkzeugmaschinen ermöglichten genaue Herstellung der Maschinen-Einzelteile, der Zeitaufwand war aber groß, weil der noch leichte Bau der Werkzeugmaschinen und die Qualität des Werkzeugstahles das Abheben großer Späne und die Anwendung großer Schnittgeschwindigkeiten erschwerte. Der Zusammenbau der Maschinen erforderte sehr geschickte und sorgfältige Paßarbeit, großen Zeitaufwand und häufig Ersatz von nichtpassenden Teilen. Die Arbeiter der Maschinen-Industrie waren gut geschult und mußten es sein, weil die Handhabung der Meßwerkzeuge und die Einstellung der Maschinen große Sorgfalt erforderte. Diese Zeit hat uns die geistig hochstehende Arbeiterschaft in der Maschinen-Industrie herangezogen, von der eine, auf den Nachwuchs aufs günstigste wirkende Überlieferung bezüglich der Ausbildung ausging.

Die Maschinen waren nach den Regeln der, einige Zeit vorher auf Grund von sorgfältigen Versuchen und Ableitungen aufgebauten Mechanik und Festigkeitslehre in allen Einzelheiten gut durchkonstruiert, jedoch machte sich in vielen Fällen die geringe Berücksichtigung der elastischen Formänderungen störend bemerkbar. Bei den Teilen der größeren Maschinen war die Einzelanfertigung die Regel, und es wurde deshalb auch bei der Konstruktion noch wenig Bedacht genommen auf die Verwendung normaler vorgearbeiteter Massenteile.

Die Leistungen der Maschinen waren der Größe nach schon sehr bedeutend, es wäre aber ein Wagnis und in vielen größeren Werkstätten unmöglich gewesen, Maschinen von der heutigen Größe zu bauen. Die heute als Ideal angestrebte rotierende raschlaufende Maschine war damals nur durch die Dynamo, bezw. den Elektromotor, die Wasserturbinen und einige untergeordnete Maschinen mit kleiner Leistung und geringem Druck (Ventilatoren, Fliehkraftpumpen) vertreten.

Die Vorbildung der jungen Ingenieure war sorgfältig, litt aber erheblich unter der Trennung der theoretischen Betrachtung der Maschinen von der konstruktiven Berechnung und Formgebung. Es bedurfte langer Arbeit in der Praxis, um zwischen beiden die Brücke zu schlagen.

Eine ganze Reihe von Maschinengattungen (Werkzeug-, landwirtschaftliche, Textil- und andere Maschinen) entbehrten noch mehr wie heute der Hand des wissenschaftlich [543] gebildeten Konstrukteurs, sie waren dem Nur-Praktiker ausgeliefert und konnten sich deshalb nur langsam und nicht ohne viele Fehlversuche entwickeln.

Damals wie heute schien es dem ernsthaft in die Zukunft blickenden Ingenieur möglich, weitere Fortschritte im Maschinenbau zu erringen, aber nur schrittweise, mit großem Energieaufwand. Die Entwicklung aber hat seine optimistischen Hoffnungen weit übertroffen, denn ihre Kurve ist eher steiler als flacher geworden. Ein Ingenieur, der heute 5 Jahre lang auf einer Entwicklungsstufe seines eignen Sondergebietes stehen bleiben wollte, würde nach dieser Zeit im Wettbewerb nicht mehr erfolgreich sein. Ein Hochschullehrer, der nicht mindestens auf einem Gebiete versucht, Führer der industriellen Entwicklung zu sein, wird bald seinen Ruf als Autorität verlieren. Es genügt für ihn nicht, zu sehen und zu sammeln, sondern es gilt mitzuarbeiten und womöglich vorzuarbeiten, Wege zu zeigen und zu ebnen. Das letztere aber erfordert, daß die praktische Ausführung einer Idee im Konstruktionssaal des Hochschullehrers bis in die kleinsten Einzelheiten überdacht wird, denn gerade in diesen liegt die größere Masse der noch zu lösenden wissenschaftlichen Aufgaben.

Anstoß und Hilfsmittel zur Entfaltung.

Den Anstoß und die Hilfsmittel zu ihrer mächtigen Entfaltung in den letzten 25 Jahren bekam die Maschinen-Industrie aus verschiedenen Quellen. Man kann zwei Hauptmomente unterscheiden: Die durch die Veränderungen in der menschlichen Gesellschaft geschaffenen Bedürfnisse, deren Befriedigung erst nach ihrem Auftreten mit Hilfe der Maschinen-Industrie versucht und gefunden wird. Zweitens die, durch eine hervorragende, in industrielle Verwertung umsetzbare Idee geschaffene Möglichkeit, Bedürfnisse, die in ihren Anzeichen vorhanden, aber wegen ihrer bisherigen Unerfüllbarkeit übersehen oder zurückgesetzt waren, in weitgehender Weise an die Oberfläche zu bringen und zu befriedigen.

Einen Vorsprung in der Erkenntnis des Kommenden hat derjenige, der wirtschaftliche Ermittelungen anzustellen und ihre Konsequenzen zu übersehen vermag. Mißlich ist, wenn der Anstoß vom Ausland kommen muß, beschämend und von schweren wirtschaftlichen Nachteilen begleitet, wenn wir jahrelang die Notwendigkeit, dem Beispiel des Auslandes zu folgen, verkennen, wie es um 1890 noch im Werkzeugmaschinenbau der Fall war.

Die Hilfsmittel, derer sich die Maschinen-Industrie in dem bewundernswerten Aufschwung der letzten 25 Jahre bedienen konnte, waren trotz einiger Jahre wirtschaftlicher Hemmungen reichlich und vielseitig. Die Verfeinerung der Eisen- und Stahlarten und der Maschinenbau-Metallegierungen, der Ausbau der theoretischen Erwägungen und Berechnungen auf Grund umfassender und gründlicher Versuche, die, durch die Steigerung des Maschinen-Umsatzes vermehrte Gelegenheit zum Sammeln und Sichten praktischer Erfahrungen, die fortschreitende Fürsorge für die Ausbildung der Arbeiter, Werkmeister, Techniker und Ingenieure, die Anpassung der kaufmännischen Verwaltung an die Technik und der Technik an die kaufmännischen Notwendigkeiten, der Schutz der heimischen Erzeugnisse gegen ungesunden Wettbewerb der Auslandserzeugnisse, der [544] Zusammenschluß von, gleiche Interessen verteidigenden Werken zur Unterdrückung selbstmörderischer Rivalität unter Zulassung eines gesunden Wettbewerbes und viele andere, zwar an sich kleine, aber durch ihre Summe wirkenden Umstände haben die deutsche Maschinen-Industrie in den letzten 25 Jahren zu einer Bedeutung gebracht, die ihren Ausdruck findet in der vergleichenden Statistik der Einfuhr und Ausfuhr. Im Jahre 1911 wurden Maschinen, elektrotechnische Erzeugnisse und Fahrzeuge eingeführt im Gesamtwert von 114 691 000 M., ausgeführt dagegen im Gesamtwert von 920 902 000 M. (Jahrbuch der Weltwirtschaft von Calwer). Diese Summe stellt aber nur einen Teil des Wertes dar, den jährlich die Maschinen-Industrie in die Welt schickt, denn die deutsche Industrie selbst nimmt den größeren Teil der jährlich erzeugten Maschinen in ihren Werken in Gebrauch.

Im einzelnen ist über die Fortschritte der Maschinengattungen in großen Zügen folgendes zu sagen:

Kraftmaschinen. a) Dampfmaschinen. b) Verbrennungskraftmaschinen. c) Wasserkraftmaschinen.

Die Kraftmaschinen sind am Fortschritt ohne Ausnahme beteiligt. Bei den Dampfmaschinen hat die Überhitzung des Dampfes über die Siedetemperatur, die Erhöhung des Kesseldruckes bis auf 12 Atm., zulässig infolge der Verbesserung des Kesselblechmaterials, die Maschine vereinfacht durch Wegfall oder Einschränkung der Stufenausdehnung in mehreren Zylindern. Der Dampfverbrauch für die indicierte Pferdestärke ist vermindert. Die Steuerungen und Regulatoren sind weiter vervollkommnet worden. Die fortgesetzte Forschung nach dem Grunde der Energieverluste im Arbeitszylinder haben zum Bau der Gleichstrom-Dampfmaschine ohne Auslaßsteuerung geführt, in der sich der Dampf in nur einer Stufe vom Kesseldruck und von der Überhitzungstemperatur bis auf das Vakuum herab ausdehnt. Diese Maschine, obwohl anscheinend für manche Verwendungsgebiete weniger geeignet, ist ein auffallend schönes Beispiel dafür, daß die meisten Maschinen nach jahrelanger Entwicklung durch schwierige und vielgliedrige Formen hindurch am Ende wieder zur größten Einfachheit zurückkehren und dabei noch bessere Ausnützung der Energie gestatten können, als die früheren schwierigeren Formen.

Die um 1890 noch wenig beachtete Dampfturbine ist wissenschaftlich untersucht und zu hoher Vollkommenheit ausgebildet worden. Die größte Dampfturbine leistet heute ebenso viel tausend Pferdestärken, als um 1890 die größte Kolbendampfmaschine hundert leistete. Die Dampfturbine hatte einen weiteren Ausbau der mit ihr unmittelbar gekuppelten Elektrizitäts-Erzeugungsmaschine für große Leistungen und hohe Spannung zur Folge, so daß es heute nichts Besonderes mehr ist, wenn die Kilowattstunde aus einer solchen Maschinenanlage nur 2 Pfennige lostet. Die Wahl zwischen Kolbenmaschine und Turbine oder die Kombination beider Maschinen in einer Anlage gestattet uns heute eine weitgehendere Ausnützung der Dampfenergie da, wo Dampf von einer bestimmten Temperatur zum Heizen gebraucht wird und da, wo Kolbenmaschinen mit stark schwankender Leistung bezw. Arbeitszeit nicht umgangen werden können. Die bis [545] zu einem, bei Kolbenmaschinen nicht erreichbaren Vakuum arbeitenden Niederdruckturbinen nützen den Abdampf periodisch arbeitender Kolbenmaschinen, nachdem er in Wasser, das sich unter entsprechendem Siededrucke hält, aufgespeichert war, in weitgehender Weise aus.

Die Verbrennungskraftmaschine war um 1890 als einfach wirkende Viertaktmaschine von nach unseren heutigen Begriffen kleineren Leistungen weit verbreitet. Versuche, in der Maschine Öle zur Verbrennung zu bringen, waren im Gange, teilweise schon in die Praxis eingeführt, aber noch mit geringem Erfolge. Inzwischen haben der Dieselmotor und eine Reihe anderer, sich an ihn anlehnende Konstruktionen die Aufgabe für einige leichtere Öle glänzend gelöst und die Lösung der Aufgabe, auch schwerere Öle für Krafterzeugung zu verwenden, ist nahezu gelungen. Der Zweitakt-Motor hat seine Wirtschaftlichkeit und Betriebssicherheit bewiesen. Neben den, die ganze Brennstoffladung auf einmal zur Entzündung bringenden Motor ist der, die Ladung unter gleichbleibendem Druck nach und nach verbrennende Gleichdruckmotor getreten. Überall da aber, wo billiges Gas oder große Mengen minderwertigen Gases zur Verfügung stehen, z. B. in Hüttenwerken, hat die zweifachwirkende Großgaskraftmaschine eine von großen wirtschaftlichen Erfolgen begleitete Umwälzung der Betriebsweise der Werke hervorgerufen. Auch hier leistet jetzt eine große Maschine soviel tausend Pferdestärken als um 1890 die größten Maschinen hundert leisteten.

Versucht ist die Lösung der Frage der Verbrennungs-Turbinen. Unterwegs und von großer Wichtigkeit, besonders für die Heeresverwaltung, die Aufgabe der Öl-Verbrennungs-Lokomotive.

Bei den Wasserkraftmaschinen ist mit der Vertiefung ihrer theoretischen Berechnungsweise die Zahl der vielen Konstruktionsarten auf einige wenige zusammengeschrumpft. Dies hat den Vorteil, daß die Kräfte der Industrie und der Wissenschaft hinsichtlich des Baues und der Berechnung auf wenige Arten verdichtet werden und dadurch fruchtbarer wirken. Neue Arten sind nicht geschaffen worden, aber die wenigen übrig gebliebenen sind wesentlich vervollkommnet, für größere Leistungen und größere Gefälle brauchbar gemacht. Die Francisturbine für große Wassermengen (bis zu 40 Sekunden-Kubikmetern in einem Rade) und kleinere Gefälle und die Peltonräder für große Gefälle (bis zu 1500 m in einer Radstufe) beherrschen heute das Feld. Die schwierigen Vorrichtungen zur Regulierung der Turbinen auf bestimmte Umlaufzahlen, die besonders beim Arbeiten mehrerer von Turbinen angetriebener Dynamomaschinen von Wichtigkeit sind, und die zeitweise Anpassung an andere Wasserverhältnisse sind mit besonderer Sorgfalt ausgebaut worden. Die Leistung einer großen modernen Turbinenanlage hat sich gegenüber der Leistung einer vor 25 Jahren schon als recht stattlich angesehenen Anlage nahezu verhundertfacht. Die inzwischen geschaffene Möglichkeit, elektrische Arbeit auf große Entfernungen über Land zu leiten, hat gestattet, die großen, in abgelegenen Gebirgstälern mit großem Schaden für die Vegetation abstürzenden Wassermassen der menschlichen Kultur dienstbar zu machen. Der weitere Ausbau der Wasserführungen, besonders die sich von Jahr zu Jahr mehrenden Talsperren werden, wenn hierin weiterhin großzügig und mit großem Kapital vorgegangen [546] wird, nach drei Richtungen großen Segen bringen, nämlich in der Wasserversorgung für Wiese, Wald und Acker, in der Erhaltung der Schiffbarkeit der Flüsse im Sommer und in der Gewinnung weiterer Mengen von nutzbarer Naturkraft für die Industrie, die im Gebirge liegenden Bahnen und die anliegenden Städte und Dörfer. Hierbei ist von ungeheurer Wichtigkeit, daß durch die neugeschaffenen Konzessionsbehörden und Interessenverbände ganze Flußgebiete in bezug auf die Ausnützung ihrer Wasserkräfte untersucht werden, so daß nicht mehr wie früher einzelne ungeschickt angelegte Wasserkraftwerke die systematische Ausnützung stören können.

Maschinenteile.

Von wesentlichem Einfluß auf den Aufbau und die Abmessungen der weiter unten einzeln zu behandelnden Maschinen waren das Auftauchen neuer Konstruktions-Elemente und die auf eingehenden Versuchen gegründete Änderung der Anschauung über die Leistungsfähigkeit einiger Maschinenteile bezüglich der Arbeitsübertragung, der Beanspruchungsweise der Teile und des Grundes ihrer Abnützung. Als neues Element kann, wenn es auch vorher schon an kleinen Maschinen, z. B. Fahrrädern gebraucht wurde, das Kugellager angesehen werden. Bei Meßinstrumenten und Versuchsmaschinen schaltete es die Unsicherheit und Veränderlichkeit der Lagerreibungen aus und machte die Messungen genauer. An Maschinen verminderte es den Arbeitsverlust durch Lagerreibung besonders da, wo große Durchmesser der Lagerung nicht vermieden werden können, z. B. bei den Halslagern der Turbinen, den Spurlagern von Hebemaschinen, Schneckengetrieben u. a., gleichzeitig ermöglichte es die Anwendung großer Umlaufzahlen, die weitestgehende Anwendung fand es an Kraftfahrzeugen.

Das Gleitlager hat neue Formen angenommen infolge der neuen Untersuchungen über die Lagerreibung und der immer größer werdenden Anforderungen, besonders bei den Großgaskraftmaschinen mit ihren schweren Schwungrädern, bei den Ilgnerumformern, Walzwerkmaschinen u. a. Das früher so viele Unfälle herbeiführende Schmieren der Transmissionslager ist durch die Ringschmierlager auf wenige Betriebspausen im Jahre beschränkt worden. Mit großen Mitteln durchgeführte Versuche mit Seil- und Band-Trieben haben zur Anwendung größerer Geschwindigkeiten und besserer Ausnützung der Triebe geführt, der neu auftauchende Stahlbandtrieb hat nach anfänglichen Mißerfolgen jetzt mit Erfolg bei Trieben mit großen Leistungen und besonders da Eingang gefunden, wo es auf die möglichste Ausschaltung des Riemenschlupfes ankam, z. B. in Spinnereien und Papierfabriken. Bei der Formgebung für Zahnräder ist man von der Befolgung unzweckmäßiger Gewohnheitsregeln abgekommen, theoretische und praktische Untersuchungen sowie die Fortschritte in der Bearbeitung der Zahnräder mit Hilfe von Maschinen, welche sich die theoretische Form der Zähne oder Werkzeuge selbst erzeugen, haben uns in den Stand gesetzt, den Anwendungsbereich der Zahnräder, besonders bei den Fahrzeugen und schweren Arbeitsmaschinen zu erweitern, die Beanspruchung der Räder zu erhöhen und ruhigere Bewegungsübertragung zu erzielen. Die früheren irreführenden Anschauungen bezüglich der Schneckengetriebe sind beseitigt, ihr weiterer Ausbau hat ihnen hohe Wirkungsgrade verschafft. [547] Ihre Anwendung übt heute großen Einfluß auf den Bau elektrisch betriebener Maschinen, besonders der Hebemaschinen aus.

Von besonderer Wichtigkeit ist auch der Fortschritt in der Herstellung von Rohren, besonders der nahtlosen Rohre, für hohen Druck, hohe Temperatur und große Längen der Leitungen. Die Vervollkommnung der Isoliermaterialien ist von Einfluß gewesen auf die Fernleitung von Wärme und Kälte in Rohrleitungen.

Die Vernietungen werden heute infolge der neuen auf Versuche gegründeten Erkenntnisse anders und sorgfältiger behandelt als früher, die neuen Kessel, Eisenbauten und Brücken tragen dem Rechnung.

Ein neues Konstruktions-Element für chemische Apparate von hohem Druck und wechselnder Temperatur ist der nahtlos gepreßte und gewalzte Gefäßzylinder.

Die Wahl der Form und der Abmessungen der Maschinenteile ist nach drei Richtungen genauer und richtiger geworden. An die Stelle des, den Verhältnissen nur in engen Grenzen Rechnung tragenden Maschinenbau-Rezeptes ist die Berechnung nach den Regeln der Mechanik und Festigkeitslehre, an die Stelle der Verhältniszahlen die Berücksichtigung der elastischen Formänderungen, der Erzitterungen und periodischen Schwingungen unter dem Einfluß des Kräftespieles der Maschine getreten. Die Rücksicht auf falsch verstandene Ästhetik ist dem Prinzip der Zweckmäßigkeit und der Bedingung rascher, billiger und dabei genauer Herstellung gewichen. Die früher in so weitgehendem Maße nötige Paßarbeit bei der Montage der Maschine ist nahezu ausgeschaltet, die Teile müssen, wie man sich übertrieben ausdrückt, zur fertigen Maschine von selbst zusammenfallen. Das kann aber die Werkstätte nicht allein leisten, der Konstrukteur muß von Hause aus darauf hinarbeiten.

Praktische Ausbildung der Ingenieure.

Aus diesem Grunde ist eine sehr sorgfältige, jeden Zeitverlust vermeidende praktische Ausbildung des jungen Ingenieurs in einer, nach den obigen Regeln arbeitenden Maschinenfabrik die erste Grundlage seines Könnens. Ungeeignet ist die Ausbildung in Reparatur- und Hilfswerkstätten eines nur einem Zweck dienenden Betriebes, z. B. in den Eisenbahnwerkstätten, kurzsichtig ist das Fernhalten des Konstrukteurs von den Werkstätten, welche seine Konstruktionen ausführen. Die Frage der praktischen Ausbildung der Ingenieure ist in formeller Hinsicht durch die technischen Hochschulen insofern gefördert worden, als die Zulassung zur Diplom-Prüfung von einer einjährigen praktischen Tätigkeit als Arbeiter abhängig gemacht ist, in sachlicher Hinsicht ist leider ein großer Rückschritt zu verzeichnen, denn die Zulassung zu den Werkstätten der Industrie geschah früher unentgeltlich, jetzt meist nur gegen Zahlung einer bestimmten Summe. Die Unterweisung der Praktikanten durch die Betriebsingenieure und Werkmeister ist infolge des schnelleren Tempos, nach welchem in den Werkstätten heute gearbeitet werden muß, schlechter statt besser geworden. Da unter diesen Umständen die Werke die Unterweisung während der ersten Monate der praktischen Arbeitszeit nicht mehr übernehmen können, ist es Pflicht des Staates, hier mit Unterstützung durch die großen technischen Vereine und die Industrie helfend einzugreifen und die erste Unterweisung [548] in staatlichen Lehrwerkstätten zu erteilen, die zweckmäßigerweise an technische Hochschulen und höhere Maschinenbauschulen anzugliedern wären. Wenn der Praktikant dann aus diesen Wertstätten in die Industrie-Werkstätten kommt, so weiß er, auf was er zu achten hat, und kann sich ohne besondere Belastung des Werkes, vielleicht sogar diesem nützend, im wesentlichen autodidaktisch ausbilden. Der Besuch von Lehrwerkstätten ohne darauffolgende Arbeit in den Industrie-Werkstätten wäre falsch, denn diese zeigen immer ein anderes Bild als jene, und nur in den Arbeitsstätten kann man erfahren, was und wie der Industrie-Arbeiter über seine Arbeit und sein Verhältnis zur Leitung des Werkes fühlt und denkt.

Bearbeitungs-Methoden.

Die modernen Werkstätten der Maschinen-Industrie sehen heute sehr viel anders aus als vor 25 Jahren und sind anders organisiert. Wir arbeiten rascher, genauer und wirtschaftlicher. Auch heute noch wird wie früher in drei Stufen bearbeitet: vorschroppen, d. h. Abnehmen des überschüssigen Materials in groben Spänen, auf roheres Maß bringen durch feinen Span, auf genaues Paß-Maß bringen durch Glätten. Während jedoch vor 25 Jahren beim Vorschroppen und auf rohes Maß bringen das Werkzeug nur einen Span mit mäßiger Geschwindigkeit abhob, und das Glätten meist von Hand mit der Feile und Schmirgelleinwand geschah, gestattet heute der verbesserte Schnelldrehstahl das Abheben eines sehr groben, besonders breiten Spanes mit großer Geschwindigkeit, auf rohes Maß gebracht wird vielfach durch Abheben von mehreren breiten, aber dünnen Spänen durch den Fräser, der übrigens als Vorfräser auch zum Vorschroppen benützt wird, auf Paßmaß durch Glätten wird das Stück gebracht durch Ausreiben und Schleifen. Das Schleifen ist besonders für die jetzt sehr viel gebrauchten gehärteten Stücke von Wichtigkeit, erstens weil nur das Schleifpulver die harte Oberfläche anzugreifen, zweitens weil es die größte Glätte der Fläche herzustellen vermag.

Meßverfahren. Werkzeugmaschinen.

Vor 25 Jahren wurde in der Werkstatt gemessen durch ein vom Arbeiter einzustellendes Maß. Diese Einstellung war individuellen Fehlern unterworfen, die von zwei Arbeitern hergestellten Gegenstände gleichen Zweckes waren also nicht genau gleich. Heute messen wir in der Werkstatt mit einem festen von den Sinnen des Arbeiters unabhängigen Maß und benützen außerdem zwei Differenzmaße, das eine ist eine Idee größer, das andere ebensoviel kleiner als das gewünschte Maß. Wir erreichen hiermit Genauigkeiten, deren Fehler kleiner als 1/1000 mm sind. Die größere Beanspruchung infolge Abhebens größerer oder mehrerer Späne, die größere Schnittgeschwindigkeit, die Notwendigkeit, die Erreichung höchster Genauigkeiten nicht durch elastische Formänderungen und Schwingungen der Werkzeugmaschinen zu stören, haben, allerdings nach dem Vorbild der Amerikaner, bewirkt, daß unsere heutigen Werkzeugmaschinen schwerer in der Masse, genauer in ihrem Gefüge und ihren Triebwerken geworden sind. Noch in einem weiteren wesentlichen Punkte haben uns die Amerikaner den richtigen Weg gezeigt. Ihr soviel größeres Absatzgebiet hat es ihnen von vornherein ermöglicht, [549] sich nicht nur in bezug auf Maschinenteile, sondern auch hinsichtlich der Maschinentypen auf Massenherstellung einzurichten. Bei uns mußte erst das Bedürfnis nach einer größeren Zahl von Maschinen gleicher Type eintreten und namentlich erst eine nennenswerte Ausfuhr ins Ausland erreicht werden, ehe wir uns in gleicher Weise einrichten konnten. Aber wir hätten wenigstens sehr viel früher die Verwendung möglichst vieler Maschinenteile gleicher Art und Größe bei unseren Maschinen anstreben können. Darauf war damals der Konstrukteur noch gar zu wenig erzogen. Heute haben wir auch diesen Fehler zum größten Teile abgelegt. Wir bauen deshalb, wieder angeregt durch die Amerikaner, Automaten, welche kleinere Maschinenteile aus dem Roh- oder Halbfabrikat genau nach Maß in Massen herstellen, wobei die Einwirkung des Arbeiters sich auf das einmalige Einstellen bestimmter Maße und Arbeitsgeschwindigkeiten beschränkt.

Alle diese Aufgaben erforderten die angestrengteste Arbeit des wissenschaftlich vorgebildeten Ingenieurs. So ist denn auch an den technischen Hochschulen an die Stelle des Lehrstuhles für lediglich beschreibende Technologie der Lehrstuhl für Herstellungsverfahren und Werkzeugmaschinen getreten, ausgestattet mit Lehr- und Forschungs-Laboratorien.

Gießerei.

In der Gießerei gehören die Formmaschinen, die Preßluft-Werkzeuge, das Sandstrahlgebläse zum Gußputzen, die Entstaubungsanlagen an den Form- und Putztischen und eine weitgehende Ausrüstung mit Dreh- und Fahrkranen zu den modernen Forderungen. Die Gußstücke sind zum Teil größer, zum Teil infolge der Massenerzeugung zahlreicher und gleichartiger geworden, die Furcht vor der Herstellung komplizierter Gußstücke ist geschwunden, der Formmeister macht, unterstützt durch den Modelltischler, fast jede verlangte Form. Die Formmaschinen ermöglichen so genaue Arbeit, daß wir sogar Zahnräder mit fertig gegossenen gekrümmten Zahnformen ohne Nacharbeit an den Zähnen mit verhältnismäßig großer Geschwindigkeit laufen lassen.

Kesselschmiede. Eisenbau.

In der Kesselschmiede und im Eisenbau sind neu die Ausrüstung mit Preßluftwerkzeugen zum Bohren, Aufreiben, Nieten, Verstemmen, die Vorrichtung zum Schneiden mit der Stichflamme und zum Schweißen mit der Gebläseflamme durch eine Art von Schmelze unter Verhinderung der Oxydation (autogenes Schweißen). Die Schmiede ist mehr als früher mit Schmiedehämmern, die den verschiedenen Schmiedearbeiten angepaßt sind, ausgestattet, das Schmieden im Gesenk und die Schmiedepresse haben an Bedeutung zugenommen wegen der Anpassung an die Massenerzeugung.

Diese Fortschritte in den Werkstätten der Maschinen-Industrie und die hierdurch erzielten Ersparnisse ermöglichen die Deckung der von Jahr zu Jahr wachsenden Kosten der gesetzlichen und freiwilligen Fürsorge für ihre Arbeiter und Beamten, ohne die deutsche Industrie im Wettbewerb mit dem, durch solche Ausgaben noch kaum belasteten Ausland zu behindern. [550]

Maschinen zum Heben und Bewegen von Lasten.

Von außerordentlichen wirtschaftlichen Folgen begleitet war der vollständige Umschwung im Bau der Hebemaschinen, Aufzüge, Förder-, Transport-, Verlade-Anlagen, der Beschickmaschinen von Öfen aller Art. Auch hier war es die Einführung des elektrischen Antriebs, welche die Bauweise, die Leistungsfähigkeit in bezug auf Kraftäußerung und Geschwindigkeit, die örtliche Anpassungsfähigkeit und Beweglichkeit in günstigem Sinne beeinflußte und gestattete, an Aufgaben heranzugehen, deren Lösung ehedem unmöglich schien. Undenkbar wären ohne die Verladeanlagen und Entlademaschinen die großen, den Ausgleich der Schwankungen von Angebot und Nachfrage bewirkenden Stapelplätze für Kohlen, Holz, Eisen, Steine, Erze, Salze, Getreide usw., und die Bewältigung des auf weit mehr als das Zehnfache gestiegenen Umschlag-Güterverkehrs in den Binnenhäfen vom Land-Fahrzeug zum Schiff und umgekehrt. In den Seehäfen waren vor 25 Jahren die Krane schon reihenweise im Betrieb, allein auch hier hat der elektrische Antrieb das Betriebsbild geändert, die kleineren Krane arbeiten rascher, die großen heben Lasten bis zu 250 000 kg. Über See zu verschiffende Lokomotiven werden nicht mehr stückweise, sondern fertig montiert an Bord gehoben.

Einen einschneidenden Einfluß hatte auch die Entwicklung der Hebemaschinen auf die Schlagfertigkeit unserer Wehrkraft zur See und die Bedienung der schweren Geschütze. In der Kanalschiffahrt sind heute alle wichtigeren Schleusen mit, den modernen Hebemaschinen entlehnten Maschinen zur Abkürzung der Schleuszeit ausgestattet. Zurückgeblieben in der Zahl, nicht im Bau sind die in bewundernswerten Ausführungen vorhandenen Schiffhebewerke. Die weitere Entwicklung derselben hängt von der Schaffung einheitlicher Abmessungen der Binnenschiffe ab.

Auch im Eisenbahnverkehr könnte wirtschaftlicher und rascher gearbeitet werden, wenn die Wagenkasten zum Teil aus Normalgefäßen beständen, welche vom Wagen abgehoben, entleert oder gefüllt, und wieder auf den Wagen aufgesetzt werden könnten. Die Wagenkipper sind nur ein halber Ersatz dafür. Wie leicht staatliche Anlagen hinsichtlich der Ausnutzung der modernen Möglichkeiten zurückbleiben, zeigen unsere großen Güter- und Personen-Bahnhöfe. Dieselben erfordern eine ungeheure Landstrecke, von der der größte Teil zum Umstellen (Rangieren) der Wagen dient. Um einen einzigen Wagen aus einer Wagenreihe heraus in eine andere zu bringen, müssen zwei Wagenreihen auf lange Strecken bewegt werden. Die Aufstellung von Wagenüberhebemaschinen würde gestatten, nur den einen Wagen über andere Wagenreihen hinweg in die richtige Reihe oder an den Ladeschuppen zu bringen. So würde, da es sich ja meist um Bauland handelt, ein sehr großes Kapital freigemacht und der Städtebau erleichtert werden, dem heute die ungeheuren Bahnhöfe ein großes technisches und wirtschaftliches Hindernis sind. Die heutigen Schiebebühnen ersetzen die Wagenüberhebemaschinen nicht, sie und noch mehr das Rangieren sind eine stete Quelle von Unfällen, Betriebsstörungen und Zeitverlust.

Der Bergbau hat aus der Vervollkommnung und aus der Erhöhung der Betriebsgeschwindigkeit der Förderanlagen großen wirtschaftlichen Nutzen gezogen. Die Schachtfördermaschine, die hauptsächlich durch die Einführung des elektrischen Antriebs [551] und die dadurch wieder angeregte Vervollkommnung des Dampfmaschinen-Antriebs an Betriebssicherheit, genauer Fahrt und Abkürzung der Fahrpausen außerordentlich zugenommen hat, darf heute Fördergut mit einer Geschwindigkeit von 20 m, Menschen mit 10 m in der Sekunde heben und absenken. Dadurch leistet ein Schacht jetzt das Zwei- bis Dreifache gegen früher, daher genügt ein Schacht, und das für ihn aufgewendete sehr große Kapital, für die zwei- bis dreifache Abbaufläche.

Pumpen, Kompressoren, Gebläse. Flüssige und verdichtete Gase.

Die Maschinen zum Fortbewegen von Gasen und Flüssigkeiten und zur Erzeugung von Druck in Gasen und Flüssigkeiten sind, soweit es sich um früher schon gebräuchliche Formen und Anwendungen handelte, verbessert und für größere Umlaufzahlen brauchbar gemacht worden. Neue Erscheinungen sind: die auf Grund theoretischer Untersuchungen konstruierten Rotations-Gebläse für Drücke bis zu 500 mm Wassersäule für Bergwerkbewetterung, Hüttenwerke u. a., ferner die Hochdruck-Zentrifugal-Wasserpumpen und die Turbokompressoren. Die letzteren erzeugen schon bis zu 8 Atm., eignen sich aber nur für große Leistungen. Beide Gattungen ermöglichen die unmittelbare Kupplung mit Elektromotoren und Dampfturbinen und sind aus diesem Grunde in gewissen Bereichen den Kolbenmaschinen überlegen. Die Maschinen zur Erzeugung und Wiederaufhebung von Druck in bestimmten einstellbaren Grenzen in Gasen und Flüssigkeiten haben zu einer eigenartigen, vor 25 Jahren durch die Kälteerzeugungsmaschinen angebahnten, aber inzwischen hochentwickelten Industrie von großer wirtschaftlicher Bedeutung geführt, nämlich zur Verflüssigung von Gasen und Versendung derselben in flüssiger Form unter hohem Druck und gewöhnlicher Temperatur in Stahlflaschen oder unter gewöhnlichem Druck und niederer Temperatur in offenen, gegen Wärmeaustausch durch Vakuumzwischenräume und Versilberung der Oberflächen geschützten Gefäßen. Ferner zur Trennung des Gasgemisches der Luft in Sauerstoff und Stickstoff (und außerdem noch zur Gewinnung der in der Luft enthaltenen sog. Edelgase) auf dem Umwege der Verflüssigung und fraktionierten Verdampfung der Luft. Vor 25 Jahren noch nicht viel mehr als ein physikalisches Experiment, ist dies heute eine Industrie. Der Sauerstoff, entweder gleich am Ort verwendet oder gasförmig unter hohem Druck (150 bis 200 Atm.) in Stahlflaschen versandt, ermöglicht die Beschleunigung einer Reihe von Oxydationsprozessen unter Erhöhung der bislang erreichbaren Temperaturen, der reine Stickstoff ermöglicht die Vornahme einer Reihe von Operationen, bei welchen die Anwesenheit von Sauerstoff störende oder gefährliche Oxydationserscheinungen hervorrufen würde. Ferner wird der aus der Luft gewonnene reine Stickstoff in Stickstoffverbindungen zur künstlichen Bodendüngung übergeführt. Welch ungeheure Bedeutung dies gerade für Deutschland hat, auch neben den anderen künstlichen Düngern, geht aus dem ungeheuren Überschuß der Einfuhr von Lebensmitteln über die Ausfuhr von solchen hervor. Wenn einesteils angesichts dieses Überschusses patriotisch gesinnte Männer die Begünstigung der Ausfuhr von Lebensmitteln, besonders von Getreide, für eine Schädigung [552] der deutschen Volkswirtschaft und für eine Gefährdung der wirtschaftlichen Schlagfertigkeit Deutschlands in Zeiten drohender politischer Verwicklungen halten, so darf man andererseits hoffen, daß die Landwirtschaft die technischen Erfolge der, durch die systematische Erschließung der Wasserkräfte geförderten Erzeugung künstlicher Düngemittel ausnutzt und ihre Produktion hierdurch so stark steigert, daß jener Schaden nach Möglichkeit wieder aufgewogen wird.

Die Verdichtung von Gasen, die leichter als Luft sind, besonders des Wasserstoffes, auf sehr hohen Druck (200 Atm.), ist für die Luftschiffahrt von höchster Bedeutung geworden infolge der relativen Herabsetzung des unnützlich mitzuführenden Gewichts der Stahlgefäße. In allen, in diesem Abschnitte über Fortbewegen und Drücken von Gasen und Flüssigkeiten aufgeführten Maschinenarten und Industrien ist Deutschland als Pfadfinder vorangegangen. Neben der chemischen Industrie hat gerade auf diesem Gebiete deutsche Forschung und deutsche Gründlichkeit die glänzendsten Erfolge errungen.

Kälte-Industrie.

Als mustergültig wird vom Ausland die Entwicklung der schon vor 25 Jahren in guten Bahnen befindlichen deutschen Kälte-Industrie angesehen. Wohl gibt es, den größeren zu bewältigenden Massen an aufzubewahrenden Lebensmitteln entsprechend, in Amerika, Rußland und England noch größere Kühlhäuser als bei uns, aber die neueren Maschinen derselben sind entweder aus Deutschland bezogen oder wenigstens den deutschen vorzüglichen Maschinen getreulich nachgebildet. Die wirtschaftliche Bedeutung der Kühlhäuser für die Versorgung der Städte mit Lebensmitteln ist in den letzten Jahren mehr und mehr in den Vordergrund getreten. Auch die Heeresverwaltung hat ein großes Interesse an der Vermehrung der großen Kühlhäuser, besonders an den Grenzen. Die Landwirtschaft hat das Hilfsmittel der künstlichen Kühlung, besonders aber die Möglichkeit des Transportes von Lebensmitteln in künstlich gekühlten Eisenbahnzügen, nur strichweise und fast nur für Milch und Butter ausgenutzt. Baden und Schleswig-Holstein stehen obenan, die Ostprovinzen sind noch sehr rückständig.

Während in der chemischen Industrie, gezwungen durch das Bestreben, die Abfallstoffe als Nebenprodukte zu verwerten, die Einzel-Industrien schon gelernt haben, sich zu einer großzügigen Marktpolitik zusammenzuschließen, arbeitet in der Maschinen-Industrie noch jedes Gebiet für sich. Es fehlen noch auf vielen Gebieten die Männer, die weitschauend zusammenfassen, was durch Zusammenwirken große wirtschaftliche Vorteile bringen könnte.

Dezentralisierung und Gruppierung von Industrien um die Landwirtschaft.

In den Städten drängt sich Werk an Werk, die großen Städte wachsen ins Ungeheure, die Dörfer und kleinen Städte haben Mühe, die notwendigsten Arbeitskräfte zurückzuhalten. Die Gesundheit des Volkes an Leib und Seele leidet unter diesem Übel. Die, durch die bessere Ausnutzung der Kraftquellen des Landes und die Verbesserung der Güterverkehrsanlagen begünstigte Dezentralisierung der Industrie in abgelegene Täler und [553] in kleine Städte könnte die Großstädte entlasten. Dort ist die Gelegenheit zur körperlichen Erholung leichter zu schaffen. Aber wir müssen verhüten, daß der Landwirtschaft durch diese Dezentralisierung noch mehr Arbeiter entzogen und das Eindringen und Festsetzen von Landarbeitern nichtdeutscher Abstammung weiter wie bisher gefördert wird. Hier muß, und zwar bald, großzügige Arbeit geleistet werden, die einesteils die Landarbeiter am Orte hält, andernteils ihnen die Möglichkeit bietet, in der stillen Zeit durch industrielle Betätigung ihr Einkommen zu erhöhen. Man muß nicht nur blindlings dezentralisieren, sondern man muß gruppieren, d. h. man muß solche Industrien auf das Land verlegen, welche kein großes Anlagekapital und keine Großbetriebe erfordern, so daß eine zeitweise Stillegung während der landwirtschaftlichen Haupt-Arbeitsperioden keinen großen Zinsverlust bringt; ferner sollen diese Industrien möglichst die landwirtschaftlichen Erzeugnisse am Orte verarbeiten oder die Befriedigung der Bedürfnisse der Landwirtschaft vorbereiten. Eine Menge in den Großstädten nicht unmittelbar verbrauchbarer Lasten geht mit den Lebensmitteln in die Städte, um von dort wieder ins Land zurückzugehen. Die Maschinen-Industrie, richtig genutzt, gibt hier eine Reihe vorzüglicher Hilfsmittel zur Abhilfe und Gesundung in Form billiger und in jedem Hause aufstellbarer Maschinen, die Überlandführung elektrischer Energie gibt jedem Orte und jedem Bauernhause die zum Betriebe der Maschinen nötige Kraft. Im Gemeindewerkhause würden die Klein-Industrien untergebracht, welche eine gewisse Arbeitsteilung erfordern, dort würden die Geräte der Landwirtschaft im Winter instand gesetzt, die Jugend im Gebrauch derselben unterrichtet, die Kleidung der Dorfbewohner halbindustriemäßig hergestellt, Hausgeräte gefertigt und Heimatkunst geübt. Den einzelnen Werkstätten müßten Gemeindewerkmeister vorstehen, der Gemeinde-Ingenieur und der Heimatkunstlehrer das Ganze leiten.

Die Zahl der Genossenschaftsmolkereien mit Kühlmaschinenbetrieb, Buttererzeugung und Käserei ist allenthalben im Wachsen begriffen. Warum soll nicht auch die Fleischversorgung der Städte in gleiche Bahnen gelenkt werden können? In jedem Kreise können ein oder mehrere Vieh- und Schlachthöfe errichtet werden, von wo den Großstädten das Fleisch in maschinell gekühlten Eisenbahnzügen zugeführt wird. Die Abfallstoffe, Leder, Bein, Horn usw., werden auf dem Lande belassen und zum Teil in Gemeindewerkhäusern oder in der Hausindustrie weiterbearbeitet, statt am lebenden Vieh erst in die Städte zu wandern und von dort wieder an die Industrien verteilt zu werden. Die ungeheuren Vieh- und Schlachthöfe der Großstädte verschwinden mit allen ihren häßlichen Nebenerscheinungen, der Viehhandel wird in gesunde Bahnen geleitet, der qualvolle, verlustreiche und teure Transport des Schlachtviehes in die Städte, die teure Wiederauffütterung desselben in der Stadt verschwindet, die Verbreitung der Seuchen in den Viehhöfen wird eingeschränkt. Die Landbevölkerung findet industrielle Betätigung zu Hause und wird sich damit um so lieber befassen, als es doch die Erzeugnisse der Landwirtschaft sind, die sie weiterverarbeitet.

Die Gruppierung der hierzu geeigneten Industrien um die Landwirtschaft wird aber nur durch großzügige Arbeit und eingehendes Studium zu erreichen sein, die Regierung, die Maschinen-Industrie, die großen landwirtschaftlichen Verbände werden zusammen [554] wirken müssen. Durch diese Maßnahmen könnte auch der durch den Großbesitz bewirkten Entvölkerung großer Landstriche entgegengearbeitet werden, die besonders in den östlichen Provinzen zu einer nationalen Gefahr geworden ist.

Maschinen für die Faserstoff-Industrie.

Die Maschinen für die Faserstoff-Industrie waren vor 25 Jahren fast ausschließlich Domäne des Auslandes, besonders Englands. Die Spinnmaschinen kommen auch heute noch der Mehrzahl nach aus England, nicht notwendigerweise, denn mehrere deutsche Fabriken liefern tadellose Spinnmaschinen. Dagegen sind die Webstühle und alle Hilfsmaschinen für die Bleicherei, Appretur usw. in Deutschland zu großer Vollkommenheit ausgebaut worden, in Schlesien, Sachsen und im Rheinland beschäftigen sich gute Maschinenfabriken mit dem Bau derselben. Vor allem aber ist es die deutsche Papiermaschine, die nicht nur die ausländischen Maschinen in Deutschland vom Markte verdrängt, sondern auch im Auslande viel begehrt ist. Da eine solche Maschine den Wert von mindestens 300 000 M. ausmacht, so ist ihre Ausfuhr schon ein wirtschaftliches Ereignis.

Zerkleinerungs-, Mahl-, Misch-, Sicht-Maschinen.

Die schon vor 25 Jahren angebahnte Neugestaltung der Zerkleinerungs- und Mahl-Maschinen hat inzwischen durch die Fortschritte des Stahlgusses, besonders des Gusses mit fast glasharter Oberfläche, einen Helfer bekommen. Die harten Oberflächen gestatten größere Kraftäußerung und größere Mahlgeschwindigkeiten, die Maschinen arbeiten also wirtschaftlicher. Die früheren Maschinen schieden das schon zerkleinerte oder gemahlene Gut nicht oder nur unvollkommen aus, so daß die Mahlwirkung durch dasselbe gehemmt und ungleichartig wurde. Die heutigen Maschinen werden nach dem Grundsatz der Zerkleinerung in Stufen gebaut, wobei das Gut, welches auf das in der betreffenden Stufe vorgesehene Maß zerkleinert ist, sofort ausgeschieden und der nächsten Stufe zugeführt wird. Diese Maschinen arbeiten rascher und ergeben eine gleichartigere Masse in jeder Stufe, so daß ein beliebiger Zerkleinerungsgrad verlangt und eingehalten werden kann. Hand in Hand hiermit ging die Verbesserung der Sortier- und Siebmaschinen. Die früher ohne besondere Überlegung gewählte Bewegung der Siebe ist einer systematischen, die größte Sortierarbeit bei kleinstem Arbeitsaufwand ergebenden Bewegung gewichen, die den jeweiligen Stoffen angepaßt und in Versuchsstationen ausprobiert wird. Das gleiche gilt für die Mischmaschinen.

Maschinen zur Gewinnung von Erde, Stein, Erz usw.

Angeregt durch das Beispiel des Auslandes, besonders Amerikas, sind bei uns auch die Maschinen für Gewinnung von Erde, Steinen, Kohlen, Erzen in neue Bahnen gelenkt worden. Die in den letzten fünfundzwanzig Jahren nach Zahl und Größe vermehrten Aufgaben des Kanal-, Wasser-, Wege- und Eisenbahnbaues, der Kanalisation der Städte, des Bergeversatzes in Bergwerken stellen größere Anforderungen an unsere Trocken- und Naßbagger, Schaufelbagger und Schlammbagger. Die [555] Maschinen erfüllen einen hohen Kulturzweck, denn sie nehmen dem Menschen die schwere eintönige Arbeit der Bodenlockerung und Bodenbewegung ab und gestatten eine raschere Ausführung großer Werke. Die Landes-Verteidigung findet in ihnen die Mittel zur schnellen Herstellung von Verteidigungswerken, die der Spionage in Friedenszeiten entzogen sind. Die durch Preßluft oder elektrisch betriebenen Gesteinsbohr- und Schrämmaschinen haben, nachdem sie zuerst von Amerika eingeführt wurden, in Deutschland namhafte Fabriken gefunden, deren Erzeugnisse den amerikanischen Maschinen nicht nachstehen.

Die Maschinen im Dienste der Hygiene und des Wohnungsschutzes.

Die Hygiene im Wohnhaus und in öffentlichen Gebäuden bediente sich vor 25 Jahren der Maschinen und Apparate nur in bescheidenem Umfange. Heute finden sich in jedem besseren Neubau der aufstrebenden Stadt die Warmwasserkessel für Heizung und Warmwasserabgabe, Staubsaugemaschinen, ein elektrischer Aufzug in so vollendeter Ausführung, daß seine Benutzung ohne Führer jedem Laien anvertraut wird. Große Versammlungs- und Arbeitssäle, Schulgebäude, Bureauhäuser usw. werden mit Maschinen belüftet, geheizt, gekühlt, entfeuchtet. Für die Sicherheit gegen Feuersgefahr sorgen in öffentlichen Gebäuden die allenthalben verteilten Hydranten mit bereitliegender Spritze.

Das öffentliche Feuerlöschwesen ist vollständig umgestaltet bezüglich der Organisation und der Hilfsmittel. Nur in kleinen Gemeinden werden noch Handpumpen verwendet. In den größeren Städten sind die großen Maschinen und Gerate meist maschinell betrieben und werden auch maschinell fortbewegt als Kraftfahrzeuge. In Stahlflaschen mitgeführte Gase dienen in besonderen Fällen zum Ersticken des Feuers in geschlossenen Räumen, verdichteter Sauerstoff zur Wiederbelebung von verunglückten Hausbewohnern und Mannschaften. Große Mengen höchst feuergefährlicher Flüssigkeiten können wir heute ohne Besorgnis in der Nähe unserer Arbeitsstätten und Wohnungen lagern, indem wir sie durch Stickgase vor der Berührung mit dem Sauerstoff der Luft schützen, und zwar sowohl bei der Lagerung als auch beim Umfüllen.

Kraftfahrzeuge. Luftfahrzeuge.

Im Zustand der Versuche war vor 25 Jahren das Kraftfahrzeug. Eine große Industrie ist unterdessen entstanden, zeitweise überflügelt durch die französische Automobil-Industrie, nun aber durch das Prinzip der Arbeitsteilung in die Industrien des Motoren-, des Untergestell- und Triebwerkbaues und des Oberkastenbaues zur höchsten Leistungsfähigkeit nach Menge und Güte der Erzeugnisse gediehen. An Zahl der vorhandenen Fahrzeuge wird Deutschland von Frankreich und England übertroffen. Dort werden derartige Neuerungen von dem im Überfluß vorhandenen Kapital sofort zur Massenherstellung geführt. Bei uns muß das Kapital erst allmählich der neuen Industrie zugeführt werden, so daß wir zeitweise im Rückstand zu sein scheinen und wohl auch sind. Aber unser Kapital findet dann ein, durch gründliche Vorarbeit und systematische Versuche vorbereitetes [556] Feld, unsere Erzeugnisse sind dann zuverlässige Maschinen, das Kapital arbeitet wirtschaftlicher. Als Beweise hierfür können neben den Kraftfahrzeugen angeführt werden unsere Kriegsschiffe und Schiffsgeschütze, unsere Unterseeboote, namentlich aber auch unsere Luftschiffe und Flugmaschinen. Immerhin ist hier zur Selbsterkenntnis nötig, zu sagen, daß unsere deutschen Gelehrten oft allzuspät die, zur Lösung großer industrieller und kultureller Aufgaben nötigen theoretischen Versuche in Angriff nehmen. Wir müssen noch mehr als bisher die Lehrer der Hochschulen in Fühlung bringen mit dem, was werden soll und will. Freilich sind die Lehrer in den Mitteln zur Durchführung von Ideen allzu beschränkt. Während der Oberingenieur in der Industrie mit 20 erprobten und eingearbeiteten Hilfskräften rechnen kann, hat der Hochschullehrer Mühe, sich meist mit einem einzigen, blutjungen Diplomingenieur ohne Praxis als Assistent zurechtzufinden, dessen Zeit übrigens durch die Lehrtätigkeit vollständig in Anspruch genommen ist. Erst allmählich gelingt es dem Lehrer, durch Inanspruchnahme eigener Mittel oder durch mühsam erbetteltes Geld einige geübte Ingenieure für die Durchführung von lange gehegten Plänen zu gewinnen. Vielfach fehlt auch noch in den Hochschulen der Platz zur Unterbringung dieser so dringend notwendigen Hilfskräfte. Wie viele fruchtbare, der Entwicklung vorgreifende Ideen verkümmern so wegen Mangel an Mitteln! Freilich der Staat kann hier nicht allein helfen, die Industrie müßte noch kräftiger als bisher nach dem Vorbild der amerikanischen Mäzene eingreifen und nicht nur die Laboratorien, sondern auch die Konstruktions-Lehrstühle bedenken. Gegenüber den anderen Lehrstühlen führen diese ein geradezu kümmerliches Dasein. Für Ideen, die von vornherein fruchtbar erscheinen, ist es ja leicht, Geld von der Industrie zu erhalten, aber die meisten Ideen zeigen erst bei der Ausarbeitung, ob sie nutzbringend werden oder nicht, und diese bleiben fast alle aus Mangel an Mitteln unausgeführt, und erst nach Jahren, wenn die Industrie viel Geld fruchtlos ausgegeben und das Ausland einen Vorsprung hat, kommt die Aufgabe verspätet an die Hochschule zurück. Die Maschinen-Industrie ist es, die hier langjährige Unterlassungssünden gutmachen könnte und müßte. Ein nicht zu unterschätzender Bundesgenosse sind in dieser Richtung die Gerichte, die die Hochschullehrer mit der Erstattung gerichtlicher Gutachten beauftragen. Eine Fülle von Lehrmaterial und Anregungen werden aus diesen gewonnen, die von manchen Seiten angestrebte Einschränkung der Gutachter-Tätigkeit der Hochschullehrer wäre für alle Beteiligten von großem Schaden, es ist im Gegenteil eine Erweiterung dieser Tätigkeit erwünscht.

Maschinen und Geräte der Landwirtschaft.

Große und kleine Fabriken haben sich schon vor 25 Jahren mit dem Bau von Maschinen und Geräten für die Landwirtschaft beschäftigt. Wenn wir hier von einem Fortschritte sprechen wollen, so ist es die Zahl der verwendeten Maschinen und leider die vermehrte Einfuhr derselben aus dem Auslande. Die Formen haben sich gerade in bezug auf die größeren Maschinen nicht in dem Maße entwickelt, wie es die heutigen Hilfsmittel der Maschinen-Industrie gestattet hätten. Immer noch steht der Koloß des alten Fowlerschen Maschinenpfluges am Rande des Ackers, schwerfällig wälzt sich [557] die Straßenlokomotive desselben dahin, während das moderne Kraftfahrzeug mit einem leichten raschlaufenden Motor an ihm vorbeifliegt. In diesem Sondergebiete fehlt die Hand des wissenschaftlich gebildeten Ingenieurs, der Nur-Praktiker beherrscht das Feld, in früheren Jahren mit Recht, heute kann er dem raschen Fortschritte nicht mehr folgen. Was von den technischen und landwirtschaftlichen Hochschulen hierin geleistet wird, ist mehr technologisch beschreibender, statt konstruktiv schaffender Natur. Dagegen sind die leichteren Geräte und Maschinen, allerdings auch wieder durch das Beispiel des Auslandes, zu sehr eleganten Ausführungen gediehen. Den gesteigerten Anforderungen an den Boden und seine Bewirtschaftung scheinen unsere heutigen Maschinen in Anbetracht der wechselreichen Witterung unserer Breitengrade nicht mehr ganz gewachsen zu sein. Die Maschinen müssen rascher arbeiten, damit die in genossenschaftlichem Besitz befindlichen Maschinen in kürzerer Zeit allen Genossen zur Verfügung gestellt werden können.

Schlußwort.

Noch viele Einzel-Zweige der Maschinen-Industrie würden wir nennen können, denen in den letzten fünfundzwanzig Jahren die Wohltat des langen Friedens und die, durch eine ruhige Politik ermöglichte Beschränkung der wirtschaftlichen Schwankungen zu einer raschen Entwicklung verholfen haben. Wenn in den obigen Aufzählungen da und dort Kritik geübt wurde, so geschah es nicht, um den betreffenden Zweig in ein ungünstiges Licht zu setzen, sondern um zu zeigen, daß allenthalben noch Raum und Gelegenheit ist zur Entfaltung von Fähigkeiten, zur Freude an der Arbeit für den Fortschritt und am Wagnis in neuen Arbeitsgebieten. Indes ruft jede rasche Entfaltung gewisse unästhetische oder schädliche, vielleicht sogar gefährliche Begleiterscheinungen hervor. Wir müssen dieselben zu erkennen suchen, und müssen den Mut haben, sie uns ehrlich zu gestehen und auf sie hinzuweisen.

Die Meister der Ingenieur-Kunst sind es, die uns neue Wege zeigen und frei machen, meist jahrelang verkannt, weil auch sie, als Menschen der Beschränkung der menschlichen Erkenntnis unterworfen, tastend das Richtige suchen müssen, heftig bekämpft von denen, welche glauben, ihr materielles Interesse durch Festhalten an Veraltetem wahren zu müssen, umjohlt von dem Gelächter der kleineren Geister, die außerstande sind, einen eigenen Weg zu gehen und anfängliche Mißerfolge als Beweis für die Unrichtigkeit des neuen Weges ansehen. Und wer wird dem Meister gerecht, wenn seine Arbeitskraft vor dem Ziele aussetzt, und andere, die Pionierarbeit des Meisters nützend, das Werk vollenden und den klingenden Erfolg desselben und die, meist nicht der Pionierarbeit, sondern dem äußeren Erfolge anhaftenden, Ehrungen einheimsen. Den in der allerersten Entwicklung begriffenen, nicht leichthin als fruchtbar zu erkennenden Ideen sind leider auch vielfach unsere großen technisch-wissenschaftlichen Vereine eher ein Hemmschuh, als eine Förderung gewesen. Man darf dies aussprechen, ohne die großen Verdienste dieser Vereine um die technische Wissenschaft zu verkennen.

Dem stillen Heldentum des Ingenieurs im täglichen Kleinkampfe gegen den Widerstand der Materie und gegen die, in der Beschränkung der menschlichen Erkenntnis und Arbeitskraft begründeten äußern und wirtschaftlichen Gefahren entsprechen einfache [558] Lebenssitten. So wünschenswert und nützlich die Entfaltung äußeren Glanzes bei besonderen Anlässen sein mag, die Ingenieure als Teil der geistigen Führerschaft des Volkes müssen zeigen, daß der rein äußerliche Lebensgenuß die Bestrebungen der Technik, die Arbeitskraft der Menschheit von Stufe zu Stufe höheren Aufgaben zuzuführen, durchkreuzt. Es bedarf der unerbittlichen und ehrlichen Selbstprüfung, ob wir hierin immer unsere volle Pflicht getan haben.

Wir haben erkannt, daß wir die Grundzüge der mit uns zusammenarbeitenden Berufsarten beherrschen müssen. Vielfach müssen wir Zweige derselben in unsere tägliche Tätigkeit verpflanzen, ab und zu wird sogar ein allseitig veranlagter Mann durch die Entwicklung seiner Geschäfte von einem Beruf in den andern hinübergezogen. Indem wir uns nun frühzeitig über die Aufgaben der uns nahetretenden Berufsarten unterrichten, kommen wir in die Gefahr, die Schwierigkeiten derselben zu verkennen und unser Wissen und Können zu überschätzen. Der Ingenieur glaubt allzufrüh den Rat des Juristen und des Kaufmanns entbehren zu können, der Kaufmann verdirbt die Organisation der Werkstätte, der Jurist schließt unerfüllbare Verträge auf technische Lieferungen ab, der auf der Militärtechnischen Hochschule notdürftig orientierte Offizier führt das ihm anvertraute Luftschiff der Vernichtung entgegen. Es fehlt der, nur aus einer gründlichen Vorbildung und dem jahrelangen gewohnheitsmäßigen Umgang mit den Berufsaufgaben erwachsende Spürsinn für verborgene und mit neuen Wagnissen neuentstehende Schwierigkeiten und Gefahren.

Die Aufgaben des Berufes, der Selbsterkenntnis, der Organisation sind somit durch die Technik nicht geringer geworden, sondern nach Zahl, Größe und Schwierigkeit gewachsen. Ihre Bewältigung ist eine Funktion der Zeit und der störungsfreien Entwicklung. Wenn wir uns zu diesem Zweck die Fortdauer friedlicher Zeiten wünschen, so können wir andernteils einem mit Gut und Blut und den technischen Hilfsmitteln des Landes abzuwehrenden Ansturm auf unsere deutsche Kultur ohne Besorgnis entgegensehen. Ein Volk, bei dem fast alle Betätigungen des Lebens eine so kräftige Entwicklung nach aufwärts aufweisen, ist in seinem Kern gesund. Eine von außen aufgedrängte Kraftprobe kann schlimmstenfalls zu einer vorübergehenden Niederlage, nicht aber zur Vernichtung führen, das Aufleben nationalen Bewußtseins im deutschen Volke läßt aber darauf schließen, daß wir jeden Ansturm überwinden werden.