Die Noth

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Textdaten
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Autor: Franz Beckert
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Titel: Die Noth
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aus: Die Gartenlaube, Heft 42, S. 723
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[723]
Die Noth.
Von Franz Beckert.[1]

Kennt ihr die harte, die eherne Noth,
Das alte graue hohlwangige Weib?
Weh’ jedem, dem sie von fern nur droht,
Den leise nur streift ihr Gigantenleib!
Und zweimal wehe, wen sie erreicht,
Wen sie umschlingt mit den Knochenarmen –
Kein Schrei des Schmerzes ihr Herz erweicht,
Sie kennt kein Mitleid, kennt kein Erbarmen!

Mit des Windes Hast, mit des Wolfes Gier
Auf leisen Sohlen kommt sie heran,
Blickt grinsend über die Schulter dir
Und starrt dich mit hohlen Augen an.
Sie reißt dich empor aus des Glückes Schoße,
Sie bleicht zu Schnee deiner Wangen Roth,
Sie hetzt dich müde bis hin zum Tod,
Die Noth, die rauhe, erbarmungslose.

Sie fragt nicht, welche Stunde es sei,
Sie überfällt dich am hellen Tag,
Sie schleicht sich in dunkler Nacht herbei
Und rüttelt dich aus dem Schlummer wach.
Sie dringt in die glückgesichertsten Räume
Mit ihrem leisen Gespensterschritt,
Bringt ihre Schwester, die Sorge, mit
Und macht zur Hölle dir deine Träume.

Das ist die harte, die eherne Noth,
Die kein Gebot, keine Satzung kennt,
Die kalt uns entreißt unser letztes Brot,
Die grausam die theuersten Bande trennt.
Die Noth, die jäh, mit des Blitzes Schnelle,
Vernichtend nieder zur Erde fährt –
O betet, betet, daß unserm Herd,
Daß fern sie bleibe stets unsrer Schwelle!


  1. Wir freuen uns, in dem Verfasser dieses Gedichtes unseren Lesern einen einfachen Kürschnermeister vorführen zu können, der zeigt, daß das Vorbild von Hans Sachs seine Kraft noch nicht verloren, daß die Pflege deutscher Sprache und Dichtung in den Handwerksstuben noch immer eine Stätte hat. Die Redaktion.