Die tausendjährige Linde in Puch bei Fürstenfeld

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Titel: Die tausendjährige Linde in Puch bei Fürstenfeld
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aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 300
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Deutschlands merkwürdige Bäume: 2. Die tausendjährige Linde in Puch bei Fürstenfeld.
Nach der Natur gezeichnet von Th. Grätz.

[300] Deutschlands merkwürdige Bäume: 2) Die tausendjährige Linde in Puch bei Fürstenfeld. (Mit Abbildung (S. 293.) Es ist ein wenig bekannter Ort, den wir heute aufsuchen, um unseren Lesern wieder einen der merkwürdigen Bäume Deutschlands in Bild und Wort vor Augen zu führen. Das Dörflein Puch, auch Buch genannt, dürfte für viele unserer Leser ein „böhmisches Dorf“ sein, von dem sie nur das eine wissen zu müssen glauben, daß es irgendwo weit hinter den Bergen versteckt ist. Und doch liegt es in dem schönen Lande Baiern, und von dem, was in seiner Umgebung geschehen ist, erzählt uns nicht nur die Geschichte der Heiligen, sondern auch unsere deutsche Geschichte. Ueber die Wunder, die einst bei und in Puch sich zugetragen haben sollen, werden wir später berichten. Aus den Chroniken der weltlichen Ereignisse haben wir aber zunächst mitzutheilen, daß in der Nähe von Fürstenfeld Kaiser Ludwig der Baier am 11. October 1347, vom Schlagflusse getroffen, auf freiem Felde während einer Bärenjagd starb. Die denkwürdige Stelle ist leicht zu finden, denn auf ihr ist in späterer Zeit eine marmorne Spitzsäule errichtet worden.

Puch selbst ist dagegen durch seine tausendjährige Linde und die „selige Jungfrau Edigna“ in weiterer Umgebung bekannt. Wie man sich im Volke erzählt, hat die genannte Jungfrau, eine Tochter des Königs Heinrich von Frankreich, „die Reichthümer und Ehren dieser Welt verlassen, und nachdem ihr Gott den Ort ihres zukünftigen Aufenthaltes durch Stillstehung der an ihrem Wagen angespannten Ochsen, Läutung eines Glöckleins und Krähen des Gogelhahns wunderbar eröffnet, allhier in Puch, nächst dem Kloster Fürstenfeld, Cisterzienser-Ordens, in Baiern gelegen, unter einer Linde, welche noch zu sehen ist, ihre Lebenstage in höchster Armuth und Strenge des Lebens zugebracht, wo sie nach ihrem ritterlichen Kampfe den 26. Februar 1109 starb.“

Diese Legende veranlaßte wohl einen Unbekannten, im Jahre 1875 ein Schild an die Linde befestigen zu lassen, auf dem folgende Inschrift zu lesen ist

„Tausendjährige Linde

in deren Stamm die selige Edigna, Tochter des König Heinrich von Frankreich 351/2 Jahr lang ein Gott geweihtes Einsiedlerleben führte und am 26. Februar 1109 starb. Ihre Gebeine sind in dieser Kirche zur Verehrung aufbewahrt.“

Nach dem Tode der Einsiedlerin soll die alte Linde eine Eigenschaft besessen haben, die, wenn sie wahr wäre, den Baum nicht allein zu dem merkwürdigsten Deutschlands, sondern sogar zu dem wunderbarsten der Welt stempeln würde. Wir lesen nämlich gedruckt, daß unter den vielen Wunderzeichen, mit welchen die selige Jungfrau nach ihrem Tode leuchtete, eins besonders verdient angemerkt zu werden: „ein heilsames Oel, welches aus eben dieser Linde als ein allgemeines Mittel für unterschiedliche Umstände geflossen ist, aber wegen dem Geize derjenigen, die selbes verkauft haben, ausgeblieben ist“.

Diese Wundergeschichte wird, auf einem Blättlein in Bild und Wort gedruckt, unter dem Volke der Umgegend verbreitet, und so fehlt es nicht an Gläubigen, die andächtig zu der Kirche in Puch, zu der tausendjährigen Linde und zu der seligen Jungfrau Edigna wallfahren.

Wenn auch die runde und vollklingende Zahl Tausend nicht verbürgt ist, so kann man doch sicher annehmen, daß der Baum auf manches Jahrhundert herabgeschaut hat, und doch grünt und blüht der ehrwürdige Riese noch in jedem Frühlinge und in jedem Sommer – in seiner unverwüstlichen Kraft ein wahres Wunder in Gottes Natur.