Eine Burgfehde im neunzehnten Jahrhundert

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Titel: Eine Burgfehde im neunzehnten Jahrhundert
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aus: Die Gartenlaube, Heft 51, S. 812, 814
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Eine Burgfehde im neunzehnten Jahrhundert.

Im October dieses Jahres geschah es, daß die Einwohner jener reizenden Gegend in Northumberland, die um die alte Stadt Hexham herumliegt, durch eine sonderbare Erscheinung in ungewohnte Aufregung versetzt wurden. Neben einer stark befahrenen Heerstraße, nicht eine Stunde von der Stadt entfernt, war plötzlich ein Lager entstanden, wie es Kriegsvölker zu errichten pflegen. Das Hauptstück dieses Lagers war ein Zelt, dessen Fußboden eine ungeheure eichene Kiste von offenbar sehr hohem Alter bildete, während die Hinterwand aus einer dicken Hecke und das Dach und die Seitenwände aus getheerter Leinwand bestanden. Aus dem halbdunkeln Innern dieser Leinwand-Höhle konnten die neugierigen Besucher, die zu Tausenden herbeiströmten, kaum die Figur einer Frau erkennen, die auf einem Haufen von Decken und Pelzen lag und deren immer noch anziehende Züge bewiesen, daß sie früher einmal eine wahre Schönheit gewesen sein müsse. Jetzt schien die Dame in den Jahren weit vorgerückt zu sein. Rings um sie lagen Dinge auf dem Boden umhergestreut, die nicht zur Damentoilette gehören: Degen und Pistolen von prächtiger alter Arbeit, einige Stücke einer verrosteten Rüstung, sein eigenthümlich geformter Helm und andere Artikel mehr, die der jetzigen Mode so wenig entsprachen, wie das Zeltlager, das ihre Besitzerin bewohnte. Vor dem Zelte sah man beständig zwei Männer, welche die geheimnißvolle Dame mit großer Ehrfurcht bedienten, während es in der ganzen Umgegend von Equipagen des Landadels nicht leer wurde, die der bivouakirenden Dame Besucher oder Geschenke und Briefe brachten.

Auf der andern Seite der dicken Hecke befand sich ein zweites Lager, welches blos von Männern bewohnt wurde. Es bedurfte keiner langen Beobachtung, um zu gewahren, daß zwischen den beiten Parteien kein freundlicher Verkehr bestand. Man mußte sogar von der Aehnlichkeit überrascht werden, welche die ganze Scene mit einer Belagerung auf der Bühne hatte. Vor der Hecke waren die Belagernden, die Dame und ihre Diener, hinter der Hecke waren die Belagerten. Wünschte Jemand sich zu überzeugen, ob die Aehnlichkeit eine vollständige sei und ob auch das Schloß nicht fehle, um das gestritten wurde, so brauchte er nicht weit zu suchen. Nur wenige Schritte von den beiden Zelten entfernt lagen auf dem reizenden Berge, der eine Aussicht auf das Tyne-Thal gewährt, die Ruinen von Dilston-Hall. Hier hatten einst die stolzen Grafen von Derwentwater gehaust und auf ihren ehemaligen Besitzungen spielte die sonderbare Scene der beiden Zelte. Die Dame führte sich als Mathilde, Gräfin von Derwentwater, ein und hatte dieses eigenthümliche Lager bezogen, um ihre Rechte auf das Schloß und die Besitzungen ihrer Vorfahren geltend zu machen. Nach anderthalb Jahrhunderten steht die unglückliche Familie, deren Mitglied sie sein will, noch in lebhaftem Andenken, und es war deshalb natürlich, daß die Fremde in der Umgegend eine allgemeine Theilnahme fand.

Um ihr Auftreten zu begreifen, muß man auf das Jahr 1715 zurückgehen und an eine der traurigsten und romanhaftesten Episoden der englischen Geschichte erinnern. Georg I. saß kaum ein Jahr auf dem Thron und seine persönliche Unbeliebtheit beim Volk erregte bei den Jakobiten die kühnsten Hoffnungen. Man weiß nicht, was geschehen sein würde, wenn die Anhänger der Stuarts der neuen Regierung Zeit gelassen hätten, sich gründlich verhaßt zu machen. Sie waren aber eben so unklug, wie die Familie, welche sie auf den Thron zurückzuführen wünschten· Im September 1715, in einem Augenblicke , der nicht die entfernteste Aussicht auf Erfolg gewährte, rief der Graf von Mar die schottischen Hochlande zu den Waffen. Der Aufstand würde aller Wahrscheinlichkeit nach auf jenes Gebiet beschränkt geblieben sein, wenn sich nicht in Northumberland die Nachricht verbreitet hätte, daß Befehle ertheilt worden seien, die beiden Führer der Jakobiten in der Grafschaft zu verhaften. Der eine war der Graf von Derwentwater, der andere war Thomas Foster, der Northumberland im Parlament vertrat. Der Graf, ein junger und seit wenigen Jahren verheiratheter Mann, war« sehr» reich, ein eifriger Jäger und ein edler hochherziger Charakter, den seine zahlreichen Pächter und Hintersassen anbeteten. Er hatte sich in die Politik niemals tief eingelassen, aber auch ebensowenig Anstand genommen, seine Ansicht über die große Frage des Staats freimüthig und schroff auszusprechen. Unglücklicherweise war er ein Enkel Carl’s II., da sein Vater eine der zahlreichen unehelichen Töcher jenes liederlichen Monarchen geheirathet hatte. Nur aus diesem Grunde hatte man in London den Befehl erlassen, den einfachen Landjunker und Fuchsjäger zu verhaften.

Am 6. October versammelte Foster, der seine Freiheit ebenfalls bedroht wußte und ein wirklich furchtbarer Feind der Regierung war, mehrere seiner Bekannten und Freunde auf einen hohen Berg, von dem man weithin sehen konnte, so daß das Heranschleichen eines Feindes sogleich bemerkt worden wäre. Lord Derwentwater war benachrichtigt worden, daß ihm Gefahr drohe, und die Berathung auf dem Berge hatte kaum begonnen, als er mit mehreren Hundert seiner Leute erschien. Er hatte am Morgen sein Schloß verlassen, das er nie wieder sehen sollte, und seiner Frau, die täglich ihre Niederkunft erwartete, ein letztes Lebewohl gesagt. Auf diesen Abschied bezieht sich eine der schönsten Jakobiten-Balladen, die noch heute an den Ufern der Thue allgemein beliebt ist. Durch den Zuzug des Grafen und seiner Leute ermuthigt, zogen die Rebellen in Gewaltmärschen nach Morpeth. Hier trat Foster als General auf und befahl dem Pfarrer, daß er am nächsten Tage, der zufällig ein Sonntag war, nicht mehr für König Georg und dessen Familie, sondern für Seine Majestät Jakob den Dritten bete. Der Geistliche, ein kluger Mann, fand es eben so gefährlich, der Weisung zu folgen, als ungehorsam zu sein. Er ließ also sein Pferd satteln und ritt in tiefer Nacht nach Newcastle, wo er die Nachricht von dem Ausbruch eines Aufstandes verbreitete.

Foster fand einen andern Geistlichen, der auf der Kanzel für die Stuarts betete, und nach dem Gottesdienst wurde Jakob der Dritte von Gottes Gnaden König von Großbritannien und Irland unter großen Feierlichkeiten auf dem Marktplatze ausgerufen. Die unglücklichen Jakobiten konnten nun nicht mehr zurücktreten, obgleich sie bald genug erkannten, wie schrecklich sie sich übereilt hatten. Mehrere Tage zogen sie unentschlossen in dem Grenzlande umher, das so viele Gefechte und Schlachten der Schotten und Engländer gesehen hatte. Zeigten sie sich vor einer Stadt, so fanden sie die Thore geschlossen und wagten keinen Angriff. Schließlich wendeten sie sich matt und entmuthigt gegen Süden und zeigten sich vor Preston, wo ein Dragonerregiment und einige Abtheilungen Miliz lagen. Diese Besatzung zog sich vor ihnen zurück, aber ihr Erfolg war ein sehr kurzer, denn schon wenige Tage später mußten sie sich fast ohne Schwertstreich den königlichen Truppen ergeben. Foster, Graf Derwentwater, Lord Nithisdale und andere Personen von ·hohem Range wurden als Gefangene nach London geführt. Das Ende der Geschichte ist bald erzählt. Die Rebellen wurden vor Gericht gestellt und zum Tode verurtheilt. Foster entkam aus dem Gefängniß nach Frankreich und auch Lord Nithisdale wurde am Abend vor dem zur Hinrichtung bestimmten Tage durch seine muthige Frau gerettet, welche die Kleider mit ihm tauschte. Die Andern hatten kein solches Glück und mit ihnen starb Graf Derwentwater auf dem Tower-Hügel.

Durch ganz Northumberland herrschte nichts als Weinen und Klagen, als die Nachricht von dieser Tragödie kam. Niemand [814] hatte es für möglich gehalten, daß man an einem so jungen und allgemein beliebten Manne das Todesurtheil vollstrecken werde, und als man nun hörte, daß der gemeine Henker ihm das Haupt abgeschlagen habe und daß seine Besitzungen für verfallen erklärt worden seien, war der Schmerz groß und allgemein. Die Gräfin war inzwischen mit ihrem neugeborenen Sohne entschwunden und auf dem Schlosse schaltete ein königlicher Einnehmer, der den Pächtern nicht einen Pfennig von der Pacht erließ. Es waren für diese wackern Leute nun unglückliche Tage gekommen, aber ihre Pflichten gegen den Schloßherrn, dem sie glückliche Tage zu verdanken gehabt hatten, vergaßen sie nicht. Seine Väter ruhten alle in dem alten Gewölbe unter der Schloßcapelle und hier sollten auch seine Gebeine ihre letzte Stätte finden. Sie wußten, wo man ihn beigesetzt hatte, gruben den Sarg heimlich aus und führten ihn zu den Ufern seines heimathlichen Flusses, wo sich das Familienbegräbniß für ihn öffnete. Welch ein Bild muß dieser düstere Leichenzug dargeboten haben, der sich blos bei Nacht vorwärts bewegte und bei Tage immer ein Versteck aufsuchte! Daß die Erzählung von dem heimlichen Begräbniß keine Fabel sei, wofür man sie häufig erklärte, zeigte sich zu Anfang dieses Jahrhunderts, als man den Sarg öffnete. Die Leiche war so wohl erhalten, daß man die vollständige Aehnlichkeit des Kopfes, der neben dem Körper lag, mit den noch vorhandenen Bildnissen des unglücklichen Grafen erkannte.

Die Güter des Grafen wurden dem Hospital von Greenwich überwiesen, dem sie bis auf den heutigen Tag geblieben sind. Den Titel nahm sein nachgeborener Sohn in Anspruch und war in den fünfzehn Jahren, die er mit seiner Mutter in Paris verlebte, als Graf von Derwentwater bekannt. Er starb vor erlangter Volljährigkeit und nun ging der Titel an seinen Oheim Karl, den einzigen Bruder des Hingerichteten, über. Dieser Oheim war bei dem Aufstande von 1715 ebenfalls thätig gewesen und war gleich seinem Bruder zum Tode verurtheilt worden, hatte sich aber aus dem Gefängniß retten und über das Meer fliehen können. Er lebte in Paris, bis der junge Prätendent 1745 an der schottischen Küste landete und überall die schlummernden Leidenschaften wachrief. Wie konnte ein Derwentwater am Kamin sitzen bleiben, wenn ein Stuart im Felde stand! So frisch die Erinnerungen an das Unglück seines Bruders und an seine eigenen Schicksale waren, griff er auf den ersten Ruf des Mannes, den er für seinen rechtmäßigen König hielt, zu den Waffen, um schon im nächsten November abermals gefangen, nach London geführt und zum Tode verurtheilt zu werden. Ein Jahr später wurde er an derselben Stelle enthauptet, wo sein Bruder einunddreißig Jahre vorher für seinen König gestorben war.

Graf Karl Derwentwater hatte sich in Paris verheirathet und ein Sohn aus dieser Ehe überlebte ihn. Dieser starb 1780 und hinterließ nur einen einzigen Sohn. Als der letztere 1814 aus dem Leben schied, galt die Familie Derwentwater allgemein für erloschen. Niemals war dagegen ein Zweifel erhoben worden, als vor wenigen Jahren plötzlich ein Anspruch auf den Titel und die Besitzungen der Familie laut wurde. Die Dame trat auf die Scene, die wir unter dem Zelte neben der Straße, welche unter den Ruinen von Dilston-Hall vorbeiführt, kennen gelernt haben. Amalie Mathilde von Derwentwater, wie sie sich selbst nennt, ist erst achtunddreißig Jahre alt, obgleich sie viel älter aussieht, und eine Frau von bedeutenden Gaben. Sie stützt ihre Ansprüche auf Documente, über deren Werth wir natürlich nicht urtheilen können, und erzählt eine Geschichte, die den alten Ausspruch bestätigen würde, daß im Leben mehr Romane spielen, als in den Büchern, – wenn sie wahr wäre. Nach ihren Angaben ist der einzige Sohn des im Jahre 1715 hingerichteten Grafen von Derwentwater nicht minderjährig gestorben, sondern achtundsechszig Jahre alt geworden und erst 1783 in Frankfurt am Main verschieden. Er sei in der Zeit seines angeblichen Todes verschwunden, weil er gefürchtet habe, daß die englische Regierung ihn ermorden lassen werde, um nicht von ihm mit Ansprüchen an seine Besitzungen behelligt zu werden. Diese Geschichte klingt nun sehr unwahrscheinlich. Zur Zeit seines wirklichen oder angeblichen Todes war er ein sehr junger Mensch, und wollte die englische Regierung Jemand ermorden lassen, so wählte sie gewiß nicht ihn, sondern seinen Oheim, der mit ihm in Paris lebte und als ein gefährlicher Rebell bekannt war. Ueberdies wurde der Sohn dieses Oheims nach der Enthauptung seines Vaters für seine Ansprüche an die Familiengüter mit einer jährlichen Rente von zweitausendfünfhundert Pfund entschädigt, und doch soll der näher berechtigte Erbe, eben der Sohn des älteren, 1715 hingerichteten Grafen, während dieser ganzen Zeit gelebt und sich aus Furcht vor der englischen Regierung, die sich gegen seinen Vetter so großmüthig zeigte, versteckt gehalten haben. Wir stoßen in der Geschichte der Gräfin Mathilde noch auf eine zweite Unwahrscheinlichkeit. In seinem Versteck zu Frankfurt, sagt sie, habe sich der furchtsame Graf mit Elisabeth Arabella Maria, Gräfin von Waldstein-Waters, vermählt. Eine Familie dieses Namens giebt es in Deutschland nicht. Von dieser Gräfin und ihrem Gemahl will die Dame des Zeltes abstammen. Ihre Familienpapiere aus der späteren Zeit sollen in völliger Ordnung sein, und was sie zu beweisen hat, um als die rechtmäßige Erbin der Familie zu erscheinen, sind nur die beiden Umstände, daß der Flüchtling von Frankfurt nach seinem angeblichen Tode wirklich noch lange gelebt hat und mit einer Gräfin von Waldstein-Waters verheirathet gewesen ist. Bewiese sie dieses Beides, so wäre es noch immer fraglich, ob die Regierung Güter herausgäbe, die vor anderthalb Jahrhunderten für verwirkt erklärt worden sind.

Gräfin Mathilde trat zuerst vor drei oder vier Jahren im nördlichen England auf. Sie nahm ihren Wohnsitz in Blaydon und vertraute sich einigen Einwohnern, deren Interesse sie zu erregen verstand. Man hielt eine öffentliche Versammlung, ernannte einen Ausschuß zur Prüfung ihrer Familienpapiere und wendete sich an das Parlament. Keiner dieser Schritte brachte die hartherzigen Directoren des Hospitals von Greenwich zu dem Entschluß, die prächtigen Besitzungen herauszugeben, in deren Besitz ihre Anstalt seit länger als einem Jahrhundert ist. Die Gräfin wartete Monat auf Monat, Jahr auf Jahr und vertrieb sich die Zeit mit Oelmalerei. Endlich wurde sie ihrer Lage überdrüssig und that zu Anfang dieses Octobers einen sehr entschiedenen Schritt. Eines schönen Morgens ließ sie ihre Familiengemälde und andere Reliquien ihrer Ahnen auf einen Wagen laden und machte sich mit ihren beiden Dienern auf den Weg, um von ihrem Schloß Besitz zu nehmen. Kühn betrat sie die Ruinen und wählte einen der zerfallenen Räume als Wohnung. Ihre Diener machten von getheerter Leinwand ein Dach, hingen die Ahnenbilder an die Mauern, stellten ein paar Meubel auf, machten Feuer im Kamin, und Mathilde Gräfin von Derwentwater war nun Schloßherrin von Dilston.

Zum Unglück für den Ausgang ihres romantischen Abenteuers schenkten die Directoren des Hospitals den Urkunden der Gräfin keinen Glauben. Kaum hörten sie, was geschehen sei, so telegrafierten sie an die Polizei und baten um Entfernung der eingedrungenen Person. Ein Beamter erhielt die nöthigen Vollmachten und trat mit der größten Schonung auf. Gräfin Mathilde weigerte sich aber mit großer Entschiedenheit, das Schloß zu verlassen, und drang sogar mit einem Ritterschwert auf die Polizei ein. Das Ende der Geschichte war, daß man zuerst das leinene Dach, die Ahnenbilder und die sonstigen Geräthschaften aus den Ruinen trug und dann die Gräfin selbst von zwei kräftigen Männern auf die Schultern heben und sanft auf die Landstraße niedersetzen ließ. Man hat ihr nicht verbieten können, daß sie sich auf neutralem Gebiet ein Zelt errichten ließ. Sie hat ihr Lager dicht an der Grenzhecke aufgeschlagen und jenseits dieser Linie befinden sich die Beamten, welche ihr den Zutritt zu ihrem angeblichen Besitzungen verweigern. Noch in diesem Augenblicke befindet sich die zarte und gebildete Dame in ihrem Zelte, das sie überhaupt nicht verlassen will, bevor ihre Rechte Anerkennung gefunden haben. Die allgemeine Sympathie, nicht blos des nächsten Bezirks, sondern der ganzen Grafschaft, ist vollständig auf ihrer Seite und die Presse nimmt lebhaft für sie Partei. Wer diese Gräfin Mathilde von Derwentwater wirklich ist, wollen wir unentschieden lassen. Wir wissen nur, daß sie ihre Geschichte seit Jahren erzählt. Daß sie mit der unglücklichen Familie in einer gewissen Verbindung steht, geht aus den Papieren und Reliquien derselben, die in ihrem Besitz sind, unzweifelhaft hervor.

Wie diese seltsame Belagerung enden wird, ist jetzt allerdings noch nicht vorauszusehen; jedenfalls wird kein zweites Troja aus dem gräflichen Zeltlager, so daß unsere Leser das Ende des Dramas alle noch und gewiß ziemlich bald erleben werden. Wir werden über das Ende dieses furchtbaren Krieges seiner Zeit berichten.