Eine Gesandtschaft und ihre Folgen

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Autor: Arnold Schlönbach
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Titel: Eine Gesandtschaft und ihre Folgen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 382–384
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[382]
Eine Gesandtschaft und ihre Folgen.[1]
Bild aus alter Zeit für die neue.
Von Arnold Schloenbach.

Es war in Besançon am Hofe Karls des Kühnen von Burgund im Frühling des Jahres 1476. Hell strahlt der prachtvollste Thronsaal seiner Zeit; in langen Reihen stehen die Helden und Freunde, die Großen und Würdenträger des gewaltigen Burgunders, harrend seines Eintritts, harrend der Schweizer Gesandtschaft, die Karl hier empfangen will. Nun tritt er auf, der schönste und prächtigste Mann seines Reiches, in eitel blanken Stahl gehüllt und darüber der Pelz eines riesigen, von ihm selbst erwürgten Bären geworfen. An seiner Seite der ebenso tapfere als weise Graf Crevecour, sein vertrautester Freund, der Einzige, der ihm widersprechen durfte, den sein Zorn nicht erschreckte, seine Liebe nicht stolz machte. – Um Karls Lippen spielte ein trotzig höhnisches Lächeln, als er rief: „Laßt die Bauern vortreten, die sogenannte Gesandtschaft. Ich höre, sie tragen fürchterliche Knittel bei sich.“ Er lachte laut auf.

Sein Lachen wurde von Crevecours ernsten Worten unterbrochen: „Sie tragen die Knittel, um damit die Wölfe und wilden Hunde todtzuschlagen, die ihnen unterwegs begegnen. – Glaubt mir, Herzog! es sind Männer. Sie sind, wie die weltbezwingenden Heerführer der Römer, hinter dem Pfluge her weggeholt von ihrem Volke. – Herr! Noch einmal erfülle ich meine Pflicht und bitte: Nehmt, was die Schweiz Euch bietet! Ihr kennt diese Kräfte nicht, wenn sie geweckt werden; sie sind furchtbar!“

Da klirrten die Sporen Karls in heftigem Fußstoß durch den Saal, seine Augen blitzten und seine Stimme erbrauste: „Ich will sie kennen lernen, diese Kräfte! Und je furchtbarer – desto willkommener! Karl von Burgund soll solchen Bauern weichen? – Die niederländischen Städte, wie zittern sie unter meinem Fuß! Lothringen beugt sein Knie, das stolze Lüttich, das mächtige Gent. Sie alle waren mächtiger als die Schweiz. Die Schweiz soll mein sein! Ich will in der Schweiz die Schlüssel zu Deutschland haben!“

Noch waren diese Worte nicht verhallt, als die Gesandtschaft eintrat; an ihrer Spitze Adrian von Bubenberg, General-Feldhauptmann der Schweiz. Hoch ragte sein glänzend weißgelocktes Haupt über seine Umgebung empor; einfach und würdevoll, schlicht und fest, bescheiden und kühn, so trat er auf, so verbeugte er sich, so trat er jetzt näher dem finstern Burgunder.

„Ihr wollt um Gnade flehen!“ zürnte derselbe ihm entgegen, mit verächtlichem Trotz um die emporgeworfenen Lippen.

„Nein, das hat die Schweiz noch nie gethan,“ antwortete Bubenberg ruhig und bestimmt.

[383] „Was wollt Ihr denn? Sprecht! Aber besinnt Euch, ehe Ihr sprecht. Ihr sollt heißblütige Leute sein; aber glaubt mir, ich bin’s noch mehr.“

Bubenberg beugte leise sein Haupt, deutete mit der Hand auf das weiße Haar und sprach: „Der Schnee auf meinem Haupte kühlt.“

Karl empfand die erste Regung einer gewissen Achtung vor der bescheidenen Würde dieses „Bauern“; doch warf er sie wieder stolz zurück und herrschte den Greis an: „Aber was wollt Ihr sonst, wenn keine Gnade?“

„Wir wollen Euch Frieden bieten, Herr Herzog!“ „Frieden bieten!“ hallte es nach aus dem Munde der übrigen Schweizer, so hallte es laut und voll durch den Saal und durch die eingetretene tiefe Stille.

„Frieden?“ murmelte Karl, als ob er überlege; dann aber fuhr er wieder auf: „Ihr – dem Karl von Burgund! Bei Gott! Das ist verdammt lustig! Wer seid Ihr denn eigentlich, Ihr Schweizer in Euren Bergen? Schaum im Kessel, der in die Höhe steigt; höchstens Kettenhunde, die sich losgerissen!“

Durch Bubenberg’s ruhiges Wesen zuckte es einen Moment lang zornig hin; dann stand er wieder einfach würdig da und so sprach er auch: „Herr Herzog! Ihr kennt unsere Geschichte nicht, sonst würdet Ihr so nicht reden. Lange Zeit wohl waren die Schweizer den andern Völkern, was die armen Ziegen an steilen Abhängen den großen fetten Heerden auf guter Weide sind. Aber die Geschichte hat sie eines Bessern belehrt: keine Macht hat jemals die Schweiz auf die Dauer unterdrücken können.“

Karl hatte mit einigem Interesse zugehört; bei den letzten Worten aber sprang er trotzig auf und rief: „Das sprach Euer böser Genius! Jetzt darf ich nicht Frieden geben, denn was keiner Macht gelungen, muß mir gelingen.“

Bubenberg näherte sich dem Stolzen um einen Schritt, und eine rührende Macht der Ruhe und Weisheit klang durch seine Worte: „Seid nicht so stolz, Herr Herzog! Ihr habt der Lorbeeren ja genug; warum wollt Ihr mehr? Ihr seid ein Mensch, Herr Herzog! seid auch dem Schicksal unterthan.“

„Ich stehe über dem Schicksal.“

„So lange Gott will! – Laßt uns in Ruhe. Was findet Ihr bei uns, das Euren Glanz und Reichthum vermehren könnte? An den Sporen Eurer Reiter ist mehr Silber, als die ganze Schweiz besitzt.“

„Ach was! Ich will kein Silber und Gold; ich will Brüderschaft trinken mit Euren Alpen!“

Da fuhr es leuchtend über das Gesicht des Greises, höher hob sich sein ganzes Wesen und feierlich ernst klangen seine Worte durch den Saal: „Brüderschaft trinken? – – doch nur in Blut! – O glaubt doch nicht, so leicht uns zu besiegen! Hart wie unser Felsen ist unser Sinn; stark wie unsere Berge unser Arm, muthig wie unsere schäumend niederstürzenden Ströme unsere Brust. Näher den Wolken und Winden, haben wir diesen ihre Listen abgelauscht, und dann vor Allem, Herr Herzog: Eure Völker kämpfen für Sold, wir für unsere Freiheit.“ Er schwieg, trat bescheiden zurück und hielt den großen Blick fest gebannt auf den kalt und stolz dastehenden Helden.

„Ihr seid ein Schwärmer!“ sprach derselbe nach kurzer Pause. – „Meinen Völkern ist ihr Fürst, was Euch die Freiheit, und wo je die Welt bewegt wurde, da that’s der Einzelne, nicht die Masse; waren ihre Fäuste auch noch stärker, als die Eurigen.“

„Die Stunde ist ernst, Herr Herzog! Laßt den Spott weg; thut das Eis von Euren Lippen und seid so gut und weise, als Ihr kühn und mächtig seid.“ Wieder trat er einen Schritt vor, aber ein leises Beben durchflog seine Gestalt, und seine Stimme zitterte, als er fortfuhr: „Ihr seid stolz, Herr Herzog! Ich will dem Stolze schmeicheln. Noch nie habe ich meine Knie gebogen; nur vor Gott! Jetzt will ich’s thun vor Euch; nicht meinetwegen, nur für mein Land, und das wird mir’s verzeihen. Ich will die alten widerspenstigen Knochen zum Gehorsam zwingen und zu Euren Füßen Euch Frieden anbieten!“

Schon wollte er sich niederbeugen, aber noch kämpfte er, während Karl hart ihm gegenüber stand, während die Ritter und Großen in einem Gemisch von Stolz, Rührung und Erstaunen ihn anschauten, Crevecour seine ernsten, bittenden Blicke zum Herzog wandte und Bubenberg’s Genossen hinzuspringen wollten, daß er nicht knieen solle. Ein Wink ihres Feldherrn bannte sie fest, und eben wollte der Greis die hohe Gestalt zum Knieen beugen, da löste Karl seinen Bärenpelz ab, warf ihn zu den Füßen des Schweizers und rief: „Da! Ich will’s Euch leichter machen!“

Bubenberg richtete sich wieder empor und sah den stolzen Burgunder mit heißen Blicken an; dann aber faßte er aufs Neue allen Muth der Demuth zusammen und nur noch mit leisem Zucken und Zögern sank er schon halb aufs Knie, als Karl mit hellem Hohne ihm zurief: „Seid doch nicht bange, die Bärenhaut beißt ja nicht!“

Diese Worte entschieden über Karl und die Schweiz. Sie schnellten Bubenberg zu gewaltigem Zorne in die Höhe und brausend ertönte sein Wort: „Ich möchte lieber auf dem lebendigen Bären knieen, als jemals vor Euch, Herr Herzog! Wer die Freiheit so verhöhnen kann, ist ihrer Demuth nicht werth. – Karl, Herzog von Burgund: die Schweiz nimmt Deinen Fehdehandschuh auf und beut Dir Krieg! – Männer des Landes! ruft aus mit mir: Krieg mit Burgund!“ Und „Krieg, Krieg mit Burgund!“ erscholl es dröhnend noch einmal, dann wandten sich die Schweizer und schritten ruhig zum Saale hinaus.

„Gebt ihnen ritterlich Geleit, nach allen Ehren des Krieges: es sind doch Männer!“ sprach Karl; dann zog er sein Schwert und rief in brausendem Jubel: „Krieg mit der Schweiz! Wohlauf nach den Alpen!“

Das war im Frühling des Jahres 1476.

Bald klopfte der Burgunder mit erzener Faust an die Thore der Schweiz; furchtbare Gewitter zogen gegen dieselbe heran; soviel Wolken und Blitze, als burgundische Schilder und Schwerter. Genf wird überfallen und sechzig seiner freien Bürger werden gerichtet. Yverdun und Granson gehen in Flammen auf; ihre Besatzung wird geschleift und ertränkt. – Da wurden auf den Alpen aufgepflanzt des Krieges Feuerfahnen, daß ihr Rauschen durch alle Körper und Seelen zuckte! Da erscholl es wie ein Orkan aus dem Munde Aller hin durch die Gaue: „Heil dem Vaterlande und seiner ewigen Freiheit! –“

Bei Granson hatte der kühne Karl eine gewaltige Stellung eingenommen; in Vauxmarcus war sein stark befestigtes Hauptlager. – Karl stand auf einer Anhöhe, mit Adlerblicken Alles überschauend, doch in fürchterlicher Erregung die Feinde erwartend, Ordonnanzen im Hintergrunde, zur Seite der treu bewährte Crevecour, Ruhe zusprechend, wo Karl unbesonnen losstürmen wollte. Noch wußte Karl nicht, wie die Schweizer sich stellen würden; doch jetzt – ha, wie flammte es da in ihm auf! die Schweizer rückten langsam, doch sicher, gerade auf sein Hauptquartier, auf Vauxmarcus zu.

„Mein Blut ras’t auf! Die Frechheit muß ich züchtigen, auf der Stelle!“ rief Karl aus und wollte die Anhöhe hinabjagen. Crevecour aber trat ihm in den Weg und meinte:

„Dämpft das heiße Blut, Herr Herzog! Der Tag muß uns kalt finden, wenn wir’s am Abend nicht sein sollen. Wir sind unbesiegbar in dieser ungeheuren Stellung; aus ihr heraus – wer weiß!“

Karl stieß das Schwert in die Scheide zurück und knirschte einen Fluch, während Crevecour fortfuhr: „Sie sind klug, diese Schweizer; sie rechnen auf Euer heißes Blut; sie wollen Euch nur reizen mit diesem Anrücken auf unser Centrum, sonst wäre es Wahnsinn. Ihr sollt heraus aus Eurer Stellung, das ist’s was sie wollen, darum bleibt.“

„Gut,“ sprach Karl ruhig, „doch gehen sie auch nur einen Schritt weit dort über die Karthause bei Granson: Graf, ich gebe Dir mein Ritterwort, dann falle ich über sie her, wie ein Wolf über die Hürde!“ Nun stand er wieder ruhig und gewaltig da; nun blickte sein Adlerauge wieder klar hinaus, während er den ab- und zueilenden Ordonnanzen seine Befehle ertheilte: „Der Oranier soll sich mehr zu den Savoyern und Italienern halten und sie in’s Centrum führen. Sie sind meine Granitmauern. – Der Bastard von Burgund soll den Campebasso im Vortrupp ablösen, und Johannes von Cleve soll zum Nachtrupp.“

Auf einmal stutzte der Herzog, schaute schärfer hinaus, – weiß schimmerte es her von ferne, als sei ein riesiges Leinentuch ausgespannt, seine Wellen schlagend im Wehen des Morgenwindes; der Herzog wandte sich halb hin zu Crevecour: „Aber was schimmert denn da? Teufel! Ich glaube gar, sie kommen in Hemdärmeln, wie zum Kornschneiden!“

[384] „Gebe Gott, daß sie es nicht in unseren Reihen thun!“ antwortete Crevecour und schaute ernst hinaus.

Und wirklich, sie kamen in Hemdärmeln heran, die Schweizer Kampfer, aber mit eisernem Schritt und todesstill; es hatte etwas Geisterartiges, dieses Vorwärtsschreiten. Die zwischen Concise und Corcelles aufgepflanzten Feldschlangen und Karthaunen bekamen Befehl zum Feuern. In demselben Augenblick knieten die Schweizer nieder, nicht um Gnade zu flehen, wie Karl glaubte, sondern zum Gebet; da flogen die Ladungen der Geschosse über ihre Häupter weg, und nun sprangen sie auf, und wie sturmgepeitschter Hagelschauer voran und voran. Graf Rosimbez rannte ihnen den römischen Schlachtkeil vor; aber vorwärts, vorwärts ging es, wie ein furchtbar unerbittliches Naturgesetz. Da auf einmal tönte es von fern her seltsam und schauerlich; es tönte den Burgundern wie tausend Sterbestimmen auf einmal. Das war das Horn von Uri!

Auf einem Schiffe in Gestalt eines Stierhorns waren vor Jahrhunderten die Männer Uri’s zur Schweiz gekommen, und seitdem gab ihr Horn das Signal zu ihren Schlachten und Gebeten. Manch’ österreichisches Banner hatte es schon in den Staub geblasen und auch hier sollte es rettend ertönen, denn der römische Schlachtkeil Karls hatte schon sich eingekeilt in die ersten Reihen der Schweizer; schon wollte der Herzog sein stets gewohntes: „Sieg! Sieg!“ ausrufen, da tönte das Horn noch lauter und fürchterlicher; da kamen erst die besten Schaaren heran, geführt von Tschudi, Halwyl, dem jungen Löwen Hans Waldmann und dem silberlockigen Bubenberg. Der schaute hinauf zum Lager Karls, als wolle er demselben den verhängnißvollen Bärenpelz vom Leibe reißen. Nun plötzlich Grabesstille, die Kämpfer umarmten sich, um desto ruhiger den Tod umarmen zu können, und nun erst begann die eigentliche Schlacht. Karl stürmte mitten hinein, immer da, wo sie am fürchterlichsten entbrannte.

„Ich stehe über dem Schicksal!“ hatte er damals der Schweizer Gesandtschaft frevelnd zugerufen; jetzt warf ihn das Schicksal in den Staub! Jetzt jagte es ihn, mit glühenden Wunden an Haupt und Brust, wild in die Flucht! Der ungeheuere Tag von Granson neigte sich zu Ende. Seine Schlacht war geschlagen zur Rettung der Schweiz! Wie einst die Römer oft urplötzlich erfaßt waren von dämonisch vernichtendem Entsetzen, wenn die Germanen gegen sie heranrückten, so war es den burgundischen Schaaren ergangen gegenüber den Schweizern. Es war der ewige Geist germanischer Freiheit, der für sie gekämpft hatte!

Auf kreuzweis gelegten Schwertern und Lanzen wurden über das Siegesfeld die kostbaren Schätze getragen, die Karl in jeder Schlacht bei sich führte: goldene und silberne Gefäße aller Art, Teppiche und Tücher der kostbarsten Stoffe, vor Allem des Burgunders goldener Thronsessel mit dem Herzogshut und dem Herzogsstabe. – Wie in den Herzen, so in den Kirchenbüchern wurde der Tag bei Granson feierlich eingetragen.

Sollen wir weiter erzählen von den Schlachten bei Murten und Nancy? Noch zweimal führte der kühne Herzog seine Schaaren gegen die Schweiz, und zweimal noch wurde er von den „Bauern“ in die Flucht geschlagen, bis ihn sein Schicksal erreichte und er als Leiche auf dem Boden lag, den er als sein Eigenthum zu erobern gekommen. Kriegskunst, Waffenreichthum und Ueberlegenheit an Kriegsschaaren und Geschützen – sie gingen zu Schande einem Volke gegenüber, das mit Muth und Kraft das Reichspanier der Vaterlandsliebe hoch hielt und für seine Ehre zu fechten und zu sterben wußte.




  1. Der österreichische Sigismund, der Sohn des neunten Friedrich, war nach seinen unglücklichen Kämpfen mit der Schweiz so sehr verarmt, daß er seine an beiden Rheinufern gelegenen Lande Sundgau, Breisgau, Schwarzwald und Pfirth um 80,000 Goldgulden an Karl von Burgund verpfändete. Er gedachte auch, mit dem gewaltigen Karl der Schweiz eine Macht an die Grenze zu stellen, die einst ihn rächen werde. Der Burgunder nahm bald die Verpfändung für Kauf an und schon wollte er die so erworbenen Lande als Eigenthum befestigen, um dann desto sicherer über die Schweiz herzufallen, als der schlaue Ludwig XI. von Frankreich abwehrte; scheinbar aus Freundschaft für die Schweiz, eigentlich aber aus Furcht vor der wachsenden Macht des Burgunders, seines gefährlichsten Nachbarn. Ludwig versöhnte die Cantone mit Sigismund, zahlte ihnen einen Jahrgehalt von 20,000 Franken und bewirkte, daß Straßburg und Basel dem Sigismund 80,000 Goldgulden vorschossen, damit er seine Lande wieder einlösen könne. Aber der Burgunder ließ die Ueberbringer des Pfandgeldes, als sie die Urkunden zurückforderten, in’s Gefängniß werfen. Ein Schrei der Entrüstung, des Schmerzes und Zornes durchzuckte alle Lande, namentlich die bedrohte Schweiz. Doch wie einst Oesterreich der Schweiz den Geßler gesetzt hatte, so setzte nun Karl von Burgund dem Breisgau seinen fürchterlichen Hagenbach. Der säugte des Landes Zorn zum Riesen; Hagenbach fiel unter Henkershand; die Nachbarschweiz half dem schwergeknechteten Volke, und Karl that einen fürchterlichen Schwur, daß die ganze Schweiz ihm dafür bluten solle, sobald er seine zerstreuten Heere zusammen habe. Diesem Zeitpunkt nun sah die Schweiz mit Trotz und Bangen, mit Kühnheit und Zagen entgegen, während sie sich selbst spaltete und schwächte in großen und kleinen Bundeskriegen. Manch’ gute Patrioten sehnten einen großen Feind herbei, der Alle wieder zu Eins mache unter der sausenden Wucht seines Schwertes. Dieser große Feind, dieser Friedensstifter für die Schweiz sollte Karl von Burgund werden. Indessen wollte das bedräute Land nicht leichtsinnig den Krieg herausfordern. Der Bund beschloß zunächst eine Gesandtschaft an Karl, die womöglich den Frieden vermitteln sollte. – Hier beginnt, was wir schildern wollten.