Eine Historie vom Kloster Eberbach

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Friedrich Emil Rittershaus
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Eine Historie vom Kloster Eberbach
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 47, S. 777–778
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1878
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Blätter und Blüthen
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[777]

Eine Historie vom Kloster Eberbach.

Das war im Kloster Eberbach;
Da waren spät zwei Mönche wach:
Der Kellermeister und der Koch,
Die tranken Nachts um Elfe noch.

5
In den Gestalten, voll und rund,

Gab sich des Standes Würde kund;
Um’s Antlitz floß ein Glanz, ein Licht,
Wie einst um Mosis Angesicht.

Sehr würd’ge Männer waren das –

10
Der Abt roch wie ein Weihrauchfaß,

Jedoch nach Wein und Braten roch
Der Kellermeister und der Koch.

Selbst in der strengsten Fastenzeit;
Dies galt als Wunder weit und breit,

15
Als heiliges Miraculum –

Zwei Männer waren’s rund und frumm.

Sie sorgten für die Brüder gut;
Ein Fäßlein nur mit Rebenblut,
Von bester Art ein einzig Stück,

20
Das hielt das Paar für sich zurück.


Aus heißem Jahr ein edler Trank,
Wie flüssig Gold, so klar und blank!
So oft der Wein vom Zapfen quoll,
Das war ein Duft gar wundervoll;

25
Ein Duft, als blüht’ ein Rosenflor,

Als thät’ sich auf des Himmels Thor,
Als säß’ man frei von jedem Gram,
Im Schooß von Vater Abraham.

Und dennoch sagt’ der Bruder Koch:

30
„Trotz Duft und Gluth – ich spür’ es doch,

Von Anfang an hab’ ich’s entdeckt,
Daß dieser Wein nach Leder schmeckt.“

[778]

Der Bruder Kellermeister meint’:
„Der Nachgeschmack mir anders scheint;

35
Leer’ bis zum Grund ich den Pokal:

Nach Eisen schmeckt’s, es schmeckt nach Stahl.“

Der meinte dies und jener das.
Sie saßen bei dem vollen Faß,
Doch immer zu Verdruß und Qual;

40
Der sprach von Leder, der von Stahl.


Doch darin waren Beide eins,
Es sei dies eine Art des Weins,
Für die kein langes Lagern pass’. –
Sie tranken leer das ganze Faß.

45
Und als am leeren Faß man stand,

O, wißt ihr, was man drinnen fand?
Ein kleiner Schlüssel, welcher hing
An einem kleinen Lederring.

„O Bruderherz, wer that uns das?

50
Das that gewiß der Satanas,

Und dieser Schlüssel, wie ich mein’,
Das muß der Höllenschlüssel sein.

Der Herrgott gab den Wohlgeschmack;
Der Teufel trieb den Schabernack.“ –

55
Sie trugen an des Stromes Rand

Das Schlüss’lein sammt dem Lederband.

Und wo am tiefsten war der Rhein,
Da senkte beides man hinein,
Damit kein Menschenkind hinfür

60
Im Weine Stahl und Leder spür’. –


Wo seid ihr, fromme Mönche, ach,
Vom alten Kloster Eberbach?
Der Welt, im Sündenpfuhl verderbt
Habt ihr die Zunge nicht vererbt;

65
Sie schlürft – o, welch ein Mißgeschick! –

Ein schnöd’ Gebräu der Weinfabrik
Und merkt es nicht im stumpfen Sinn:
Der Höllenschlüssel liegt darin! –

Dies Stücklein fiel dem Sänger ein,

70
Als man bewirthet ihn mit Wein,

Auf welchem „Eberbacher“ stand. –
Zu Leipzig war’s im Sachsenland.

Emil Rittershaus.