Elektrische Kraft Hertz:009

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Heinrich Hertz: Untersuchungen über die Ausbreitung der elektrischen Kraft
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1. Einleitende Uebersicht.


ferenzen auch nicht mit der Annahme einer unendlichen Fortpflanzungsgeschwindigkeit in Einklang bringen liess, sondern dass es nöthig war, eine endliche Geschwindigkeit anzunehmen, welche, aber grösser war als die im Drahte. Die verschiedenen Möglichkeiten suchte ich in der Weise in Harmonie zu bringen, welche die Abhandlung angiebt, und obwohl mir die Verschiedenheit der Geschwindigkeiten unwahrscheinlich geschienen hatte, glaubte ich doch den Versuchen nicht misstrauen zu dürfen. Es war ja auch keineswegs unmöglich, dass unbekannte Ursachen, etwa eine eigentliche Trägheit der freien Elektricität, die Bewegung im Drahte verlangsamte.

     Ich habe hier so ausführlich berichtet, weil ich den Leser überzeugen möchte, dass ich in dieser Untersuchung nicht einfach in bequemster Weise eine vorgefasste Meinung durch passende Deutung der Versuche habe bestätigen wollen. Im Gegentheil habe ich diese nicht leichten Versuche entgegen einer vorgefassten Ansicht mit bestmöglichster Sorgfalt durchgeführt. Und doch habe ich offenbar bei allem Glück gerade in dieser Untersuchung entschieden Unglück gehabt. Denn anstatt mit leichter Mühe zum wahren Ziele zu gelangen, wozu ein richtig angelegter Plan mich vielleicht berechtigt hätte, scheine ich mit grosser Mühe in die Irre gegangen zu sein.

     Erstens ist die Arbeit entstellt durch einen Rechenfehler. Die Schwingungsdauer ist im Verhältniss von zu gross berechnet worden. Auf diesen Fehler hat zuerst Herr Poincaré[1] aufmerksam gemacht. Der Fehler scheint den Inhalt der Arbeit wesentlich zu beeinflussen, beeinflusst freilich in Wahrheit mehr die Form. Mein Vertrauen auf die Zuverlässigkeit der Rechnung beruhte wesentlich auf der vermeintlichen Übereinstimmung derselben mit den Versuchen von Siemens und Fizeau und mit meinen eigenen[2]. Hätte ich den richtigen Werth der Capacität benutzt und also einen Widerspruch der Rechnung mit den Versuchen gefunden, so würde ich der Rechnung die geringere Beachtung geschenkt haben, und die Arbeit wäre in der Form etwas verändert, in der Sache unverändert niedergeschrieben worden.


  1. H. Poincaré, Comptes rendues 111. p. 322.
  2. Vergleiche die Bemerkung am Schluss des zweiten Abschnittes der Arbeit selbst.