Hans Warsch, der Hirt von Oggersheim

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Textdaten
Autor: August Friedrich Ernst Langbein
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Titel: Hans Warsch, der Hirt von Oggersheim
Untertitel:
aus: Sagenbuch der Bayerischen Lande. Bd. 1, S. 335-336
Herausgeber: A. Schöppner
Auflage:
Entstehungsdatum: vor 1835
Erscheinungsdatum: 1852
Verlag: Matth. Rieger’sche Buchhandlung
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Erscheinungsort: München
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Quelle: Google
Kurzbeschreibung:
Siehe auch von Johann Peter Hebel: Die Besatzung von Oggersheim
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[335] Hans Warsch, der Hirt von Oggersheim

Im dreißigjährigen Kriegsgewühl
Nahm sich die Pfalz am Rhein
Ein span’scher Feldherr einst zum Ziel,
Und zog mit Schaaren ein.

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Er ließ um siegend vorzudringen,

Das Städtchen Oggersheim umringen.

Den Bürgern wurde kalt und heiß,
Bis noch der Trost sich fand,
Daß unentdeckt in ihrem Kreis

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Ein Fluchtweg offen stand.

Da griffen sie geschwind zum Stabe,
Und flohen mit Weib und Kind und Habe.

Hans Warsch, der Schafhirt, blieb im Ort
Der Männer ganzer Rest;

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Denn Ehehaften hielten dort

Den wackern Burschen fest.
Sein Weib, ein ihm sehr liebes Wesen,
War eines Kindleins erst genesen.

„Sieh zu, was stehet dir bevor?“

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Rathschlagte Hans mit sich.

„Das Volk umlagert Wall und Thor,
Und tobet fürchterlich.
Doch nur getrost! wie sich’s auch stelle,
Es stammt denn noch nicht aus der Hölle.

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[336] Tritt mannhaft ihm vor’s Angesicht,

Und sprich ein tapfres Wort!
Das wär’ des Bürgermeisters Pflicht,
Doch lief die Memme fort.
So bist du leicht der Stadt mehr nütze,

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Als jene ausgewichne Stütze.“


Und zwischen Donnerbüchsen stand
Er plötzlich auf dem Thor,
Schwang muthig mit der rechten Hand
Ein weißes Tuch empor

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Und rief fast trotzig: „Hört, ihr Degen,

Ich soll mit euch Verhandlung pflegen.

Gelobt ihr Schutz und Sicherheit
Uns allen redlich an,
So wird euch ohne Widerstreit

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Das Thor flugs aufgethan.

Doch wollet ihr die Stadt verheeren,
So werden wir uns grimmig wehren.“

Dem Feldherrn ward, was jener sprach,
Vom Dolmetsch treu erklärt,

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Er sann darob nicht lange nach,

Er rief: „Es sei gewährt!“
Und Hans, vertrauend diesem Worte,
Eröffnete sogleich die Pforte.

Wie staunten jetzt die Spanier

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Auf ihres Einzugs Bahn,

Als sie das Städtchen um sich her
Wie ausgestorben sahn!
„Wo“, fragten sie, „wo sind die Andern,
Die sonst durch diese Gassen wandern?“

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„Sie flohn!“ versetzte Hans. „Nur mir

Hing eine Kett’ am Fuß,
Weil ich heut oder morgen hier
Kindtaufe geben muß.
Doch dürft ihr drum nicht feindlich schalten,

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Was ihr versprochen, müßt ihr halten!“


„Ei“, rief der Feldherr, „ei, wie hat
Der Schalk uns angeführt!
Doch fruchten soll’s der ganzen Stadt,
Was seinem Muth gebührt.“ –

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Drauf herrscht' er wie ein Freund gelinde

Und stand Gevatter bei dem Kinde.

Anmerkungen (Wikisource)

Zum historischen Hintergrund (Belagerung 1621) siehe in der Wikipedia Hans Warsch.

Das Gedicht in Langbeins Sämmtlichen Gedichten, neue Auflage, Bd. 4, Stuttgart 1841, S. 42 Google