Hellas (Die Gartenlaube 1880/14)

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Autor: Ernst Ziel
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Titel: Hellas
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aus: Die Gartenlaube, Heft 14, S. 228, 231
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1880
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[228]

Einzug des Siegers vom Wagenrennen. Von A. de Courten. Nach einer Photographie aus dem Verlage der „Photographischen Gesellschaft in Berlin“ auf Holz übertragen.

[231]
Album der Poesien.
Hellas.
(Mit Abbildung.)

Schön und farbenreich vor meiner Seele
Steigt die Griechenwelt empor,
Wo mit sanfter, liederreicher Kehle
In Cypressenhainen Philomele
Wundersüß berauscht des Lauschers Ohr.
Dort durch’s Laubenthor
Leitet des Ilissos Schattenwellen
Kühl und ölbewaldet der Hymett,
Bis sie unter reizenden Gefällen
Thalwärts rauschen in ein sonnig Bett
Und auf düftereichen Blumenstrecken
Gleiten durch die Marmorbecken.

Auf den Lorbeerhöhen welch ein Wallen,
Welch ein Pilgern thalentlang!
Zu des Isthmos heil’gen Tempelhallen
Ziehn die Völker – horch! die Haine schallen
Rings von dithyrambischem Gesang:
Evoëenklang
Taumelt, halb gejubelt, halb gesungen,
In die lauen Lüfte, immerdar
Wie ein Echo der Begeisterungen
Folgend der bekränzten Griechenschaar,
Bis die Stämme sich am Wanderziele
Mischen in die Völkerspiele.

Herrlich durch die isthmischen Gefilde
Stäubt der stolze Wagenstreit,
Und die Schwerter schlagen an die Schilde,
Doch der Stärke einigt sich die Milde,
Holde Schönheit sich der Tapferkeit:
Herzen werden weit,
Da für menschlich edele Gedanken,
Für die Freiheit, göttergleich und rein,
Da ein hoher Dichter in die Schranken
Tritt für seines Herzens Meinung ein,
Da dem Sophokles die Völker lauschen
Und des Pindar Hymnen rauschen.

Heimwärts zieht auf des Triumphes Pfaden
Lorbeerfroh der Sieger dann,
Bis wo ihn in schattige Arcaden
Glanzdurchwobne Ehrenfeste laden,
Welche zarte Liebe ihm ersann.
Hoch im Viergespann
Rauscht er durch die laubgeschmückten Thore
In des Ruhmes Morgenlicht daher
Und das Volk grüßt ihn im Jubelchore,
Und die Freude wogt, ein brausend Meer,
Und es reichen ihm des Kranzes Spende
Schlanke, weiße Jungfraunhände.

– Ach! und diese lichte Völkerblüthe
Welkte hin im Sturm der Zeit;
Schon vom Hämos drohete der Scythe –
Hellas’ letzte Abendröthe glühte;
Hellas hüllte sich in’s Sterbekleid;
Denn im Bruderstreit
Tobten schrecklich seines Leibes Glieder,
Noch im Wahnsinn groß und heldenstark;
Wilder Zwietracht heiß gehetzte Hyder
Mästete sich am Heroenmark,
Und die Völker drängten auf einander –:
Philipp zeugte Alexander.

Weithin dampfend färbt die Griechenerde
Sich vom Blut der Söhne roth;
Vor dem Sieger, eine Söldnerheerde,
Liegen sie mit sclavischer Geberde:
Griechenruhm, der edle Held, ist todt.
Ach, kein Opfer loht,
Keine Hekatombe an der Bahre,
Die verlassen auf Ruinen steht,
Und kein Priester spricht im Festtalare
Für den hehren Todten ein Gebet:
Ueppig thronen, wo sonst Dichter sannen,
Macedonische Tyrannen.

Ernst Ziel.