Zum Inhalt springen

Kurtze Beschreibung vnd Erzehlung von einem Juden mit Namen Ahaßverus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: unbekannt
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Kurtze Beschreibung vnd Erzehlung von einem Juden / mit Namen Ahaßverus
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber: Wolffgang Suchnach, Bautzen
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1602
Verlag:
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Bautzen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: im VD17 unter der Nummer 23:328302M; Scans bei skramstad
und auf Commons
Kurzbeschreibung: Erstes „Volksbuch“ über die Legende vom Ewigen Juden
Vergleiche den Text Der immer in der Welt herum wandernde Jude

Siehe auch die Themenseite Ewiger Jude


Flugschriften des 17. Jahrhunderts
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]
Editionsrichtlinien:
  • Dieser Text folgt der Schreibweise des Originals.
  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Überschriebene e über den Vokalen a, o und u sind als moderne Umlaute transkribiert.

[1]

Kurtze Beschreibung vnd Erzehlung von einem
Juden / mit Namen Ahaßverus /
Welcher bey der Creutzi-

gung Christi selbst persönlich gewesen / auch das Crucifige über Christum hab helffen schreyen / vnd vmb Barrabam bitten / hab auch nach der Creutzigung Christi nimmer gen Jerusalem können kommen / auch sein Weib vnd Kinder nimmer gesehen / vnd seithero im Leben geblieben / vnd vor etlich Jahren gen Hamburg kommen / auch Anno 1599. im December zu Dantzig ankommen.

Es hat auch Paulus von Eitzen[1] / der H. Schrifft Doctor vnd Bischoff von Schleßwig / beneben dem Rector der Schulen zu Hamburg[2] / mit jhme conferirt von den Orientalischen Landen / Was sich nach Christi zeit verloffen / hat er solchen guten bericht davon gegeben / dass sie sich nicht gnug darüber verwundern können.


Matthei am 16.

Warlich ich sage euch / es stehen allhie etliche / die werden den Todt nicht schmecken / biß daß sie deß Menschen Sohn kommen sehen inn sein Reich.

Gedruckt zu Bautzen / bey Wolffgang Suchnach / Anno 1602.[3]

[2] Weil dieser zeit bey vns alhie nichts newes zu schreiben / wil ich euch etwas altes / welches doch bey vielen mit verwunderung / für etwas newes gehalten wird / erzehlen / welches sich folgender gestalt verhaltet:

ES hat Paulus von Eitzen / der H. Schrifft Doctor / vnd Bischoff zu Schleßwig (dann er von J.F.G. Hertzog Adolff von Holstein zum Bischoff erwöhlet vnd bestettiget ist / so nicht allein bey menniglich in ansehen vnnd glaubwirdig / sondern auch durch sein in truck gegeben Schrifften ein berümbter Mann ist) mir vnd andern Studiosis / etlich mahl erzehlet / das / als er in seiner Jugend zu Wittenberg studiert / vnd einmal im Winter in Anno 1542. zu seinen Eltern gen Hamburg gereyset: Hab er den nechsten Sontag hernacher inn der Kirchen / vnter der Predigt einen Mann / welcher ein sehr lang Person / mit einem langen vber die Achsel abhangenden Haar / gewesen / gegen der Cantzel vber auff blossen steinen barfüssig stehen sehen: welcher mit solcher Andacht die Predigt gehört / daß man an ihm einige bewegung nicht spüren können: aussenthalb wann der Name Jesus Christus genennet worden / hab er sich geneigt / an seine Brust geschlagen / vnd sehr tieff geseufftzet: hab kein andere Kleidung angehabt in demselbigen harten Winter / als ein par Hosen / die an den Füssen durch gewesen / ein Rock bis an die Knie: vnd darüber ein Mandel / biß auff die Füß / sonsten sey er Alters halben anzusehen gewesen / als ein Mann von fünfftzig Jahren [3] vngefährlich / als er nun sich wegen seiner grossen gestalt / Kleydung vnnd Geberden vber ihme verwundert: hab er nach ihme / wer er were / vnd was sein gelegenheit seye / geforschet / da hat man jn berichtet / daß derselbige sich nun den Winter über etliche Wochen lang daselbsten auffgehalten / vnd von sich außgeben / daß er ein geborner Jud von Jerusalem / mit seinem Namen Ahasverus / vnd seines Handwercks ein Schuhmacher / auch bey der Creutzigung Christi selbs persönlich gewesen / vnd seithero im Leben geblieben / vnd durch viel Länder gereiset seye / wie er dann zu bestettigung dessen viel vmbständt / so sich mit Christo / nach dem er gefangen / vnnd für Pilatum geführt / darnach für Herodem / auch biß er endlich gecreutziget worden / zugetragen / von dem weder die Evangelisten noch Historischreiber meldung thun: Deßgleichen auch von aller hand geschichten vnd Regimenten verenderungen / so in den Orientalischen Landen nach Christi Leiden / in etlich hundert Jahr hernacher sich zugetragen: Wie auch von den Aposteln / wo jeder gelebt / gelehrt / vnd endlich gelitten / volkommen guten bericht zu geben wuste. Als nun Paulus von Eitzen solches gehöret / hat er sich noch mehr darob verwundert / vnd gelegenheit gesucht / selbsten mit ihm zu reden. Da er nun dasselbig endlich erlanget / hab jhme der Jud solches alles mit vmbstenden erzehlet: Daß er nemlich zur zeit Christi zu Jerusalem wonhafftig / auch jhme / den HErrn Christo / welchen er für ein Ketzer vnd Verführer gehalten / weil er anders nicht gewust / auch von den Hohenpriestern vnd Schrifftgelehrten / denen er zugethan gewesen / anderes nicht gelernet gehabt / gram gewesen / vnnd hab derwegen allezeit sein bestes gethan / damit dieser Verführer / darfür gehalten / möchte vertilget werden: Hab auch endlich jhn fangen / für die Hohenpriester vnd Pilatum führen / [4] anklagen / über jhn das Crucifige schreyen / vnd vmb Barrabam bitten / auch so weit bringen helffen / biß er zum Todt verurtheilt worden. Da nun der Sententz gesprochen gewesen / hab er alsbald nach seinem Hauß / da der HErr Christus hat fürüber sollen geführt werden / zugeilet / vnd es seinem Haußgesind angesagt / damit sie ihn auch sehen möchten / da hab er selbsten sein kleines Kind auff seinen Arm genommen / mit jme für die Thür gestanden / jn den HERRN sehen zu lassen. Als nun der HErr Christus vnter seinem Creutz herzu geführet worden / hab er sich an sein Hauß etwas angelehnet / da sey er zu mehrer anzeigung seines Eifers herzu gelauffen / vnd mit scheltworten sich von dannen weg zu packen / vnd hinauß / da er hingehört / zu verfügen / fort gewisen. Da hab ihn CHristus starck angesehen / vnd jhn auff die meinung ohngefehrlich angeredt: Ich wil stehen vnd ruhen / du aber solt gehen. Alsbald hab er sein Kind nidergesetzt / vnnd im Hauß nicht bleiben können / sondern mit nachgefolget vnd zugesehen / wie er ist hingerichtet worden. Nach dem solches alles vollendet worden / sey jhm vnmüglich gewesen widerumb in die Stadt Jerusalem zu gehen / wie er auch nicht mehr darein kommen / sein Weib / Kind vnd Gesind nit mehr gesehen / sondern bald fort in frembde / vnd also eins nach dem andern biß daher / durchzogen habe / Vnnd ob er wol über etlich hundert Jahr widerumb ins Land kommen / hab er es doch also verwüst vnnd Jerusalem verstört gefunden / daß er es nicht mehr gekant habe. Was nun Gott mit jhme fürhabe / daß er jhn so lang in diesem elenden Leben herumb führe / ob er jn vielleicht biß an Jüngsten Tag / als ein lebendigen zeugen deß Leidens CHristi / zu mehrer überzeugung der Gottlosen vnd Vnglaubigen / also erhalten wölle / sey [5] jm vnwissent / seines theils möchte er leiden / daß jn Gott auß diesem Jammerthal zur ruhe abforderte. Auff dieses habe er Paulus von Eitzen / bey neben dem Rector der Schulen zu Hamburg / welcher ein Gelehrter vnnd in Historiis erfarner Mann gewesen / mit jm von allerhand Geschichten / so sich in den Orientalischen Landen nach CHristi zeiten hero verlauffen / conferirt / da hab er jnen alle vmbständ vnd gnugsamen bericht davon gegeben / daß sie sich nicht gnugsam darüber verwundern können. In seinem Leben sey er still vnd eingezogen gewesen / nicht geredt / als wenn man jn gefragt / Wann man jn zu Gast geladen / sey er erschienen / doch wenig gessen vnd getruncken: Da man jhm Gelt verehrt / hab er nicht über zween Schilling genommen / doch also bald wider vnter die Armen getheilt / mit vermelden / er bedörffe es nicht / Gott werde jn wol versorgen. So hab man jhn die zeit über / weil er zu Hamburg gewesen / nie sehen lachen: In welches Land er kommen / desselbigen Sprach hat er geredt / wie er denn damal die Sächsische Sprach[4] als wol geredt / als wann er ein geborner Sachs wer. Es sein auch wie D. Eitz berichtet / damaln viel Leu: auß vielen Landen vnd weit gelegnen Orten / jn zu sehen vnd zu hören gen Hamburg kommen / auch vielerley Judicia über jn ergangen / Der mehrertheil aber hab dafür gehalten / er habe ein fliegenden Geist bey sich / der jm solche ding offenbare / Welches er aber nicht darfür gehalten / weil er nicht allein GOttes Wort gern gehört vnnd davon geredt / auch allwegen mit grosser andacht vnnd grossen seufftzen den Namen Gottes genennt / sondern auch daß er kein Fluchen dulden können / dann wann er jemand bey Gottes Leyden vnd Wunden fluchen hören / er darüber erzittert / vnd mit grimmigem Eifer getrohet: Du elender Mensch / du elende Creatur / solt du den Namen Gottes vnnd [6] seine Marter also mißbrauchen / Ja soltestu gesehen vnd gehört haben / wie sawr dem HErrn Christo seine Wunden vnnd Leiden / dein vnd meinet wegen worden were / wie ichs gesehen / du würdest dir ehe leyd thun lassen / dann daß du also seinen Namen nennest.

Vnnd dieses hat Ehmgemeldter Herr Paulus von Eitzen mir vnd andern mündlich / doch mit viel mehr vnd weitern vmbstenden erzehlet / welches ich gleichwol seithero von etlichen alten Bürgern allhie zu Schleßwig / die auch zum theil denselbigen damaln gesehen / vnd mit jhm geredt / affirmiren gehört.


[7] DIß verschinen 75. Jahr / seind Secretarius Christoff Ehringer vnnd M.[5] Jacobus / welche vnser Gnediger Herr / Hertzog Adolff zu Holstein[6] vngefährlich vor fünff vierteil Jahren / als Legaten an König in Hispanien abgefertiget / wegen der bezahlung / so sein Königlich W. Ihr Fürstlichen Gnaden: Vnd dem KriegsVolck / mit dem sie in Anno 1572. dem Duc. de Alba[7] inn das Niderland gezogen / noch schuldig verblieben: vmb befürderungen angehalten / widerumb zu Hauß kommen / vnnd allhie zu Schleßwig angelangt / die berichten / daß sie zu Malduit[8] obgedachten Man in aller gestalt / mit Kleider / geberden / vnnd Alter noch zu sehen angetroffen / mit jhme geredt / vnd eben wie der abgemelt neben andern Leuten von jhm verstanden haben / vnd hab er sein gut Spannisch geredt.

Was nun von dieser Mansperson zu halten: davon steht jedem sein Judicium frey: Die werck Gottes seind wunderbarlich vnd vnerforschlich / vnd werden je lenger je mehr ding / die bißhero verborgen gewesen / nun mehr gegen dem zunahenden Jüngsten Tag vnnd ende der Welt offenbaret / wol dem der es in rechtem verstand auffnimpt / vnd erkennet / vnd sich daran nicht ergert.

Datum Schleßwig den 9. Junii Anno 1564.

Dieser Mann oder Jud soll so dicke Fußsohlen haben / daß mans gemessen / zweyer zwerch Finger dick gewesen / gleich wie ein Horn so hart / wegen seines langes gehen vnd Reysen / er sol auch Anno 1599 zu Dantzig im December gesehen worden sein.

ENDE

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Paul von Eitzen
  2. Matthäus Delius
  3. Druckort und Drucker sind wahrscheinlich fingiert.
  4. Niederdeutsch
  5. Magister
  6. Adolf I. (Schleswig-Holstein-Gottorf)
  7. Fernando Álvarez de Toledo, Herzog von Alba
  8. Madrid ?



Download der Sprachversion dieses Artikels Dieser Quellentext existiert auch als Audiodatei. (Mehr Informationen zum Projekt Gesprochene Wikisource)

Datei speichern | Lizenz