Müffling und Gruner bei Beschaffung eines Fonds für die Polizeiverwaltung während der Occupation von Paris im J. 1815

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Autor: Justus von Gruner
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Titel: Müffling und Gruner bei Beschaffung eines Fonds für die Polizeiverwaltung während der Occupation von Paris im J. 1815
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aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 11 (1894), S. 364–368.
Herausgeber: Ludwig Quidde
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Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr
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Erscheinungsort: Freiburg i. B. und Leipzig
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[364] Müffling und Gruner bei Beschaffung eines Fonds für die Polizeiverwaltung während der Occupation von Paris im J. 1815. In seinem Buche „Aus meinem Leben“ berichtet der Feldmarschall von Müffling über seine Thätigkeit als Gouverneur von Paris während der Besetzung dieser Stadt durch die Truppen der Verbündeten im Jahre 1815. Merkwürdiger Weise aber hat er nicht mit einem Worte sein dortiges Verhältniss zu dem damaligen Preussischen Geheimen Staatsrath Justus Gruner erwähnt. Diesem war bekanntlich am 30. Juli 1815 die Generaldirection der Polizei von Paris und dessen Umkreis von den vereinigten Cabinetten der vier grossen Europäischen Höfe übertragen worden, wovon ausser anderen auch der General von Müffling durch den Staatskanzler Fürsten Hardenberg unterrichtet wurde. Nach dem Schweigen Müffling’s müsste man nun annehmen, dass während der Zeit, in welcher beide Männer in Paris ihre Aemter bekleideten, eine Berührung zwischen ihnen nicht stattgefunden hätte. Diese Annahme würde sich jedoch als eine unrichtige herausstellen; denn in der That haben sie, wie die in dem Nachlasse Gruner’s vorhandenen Acten beweisen, amtlich mit einander zu thun gehabt.

Es musste nämlich für die Polizei ein Fonds ausgemittelt oder versucht werden, einen solchen zu bilden. Zu letzterem hat der Gouverneur mitgewirkt. Derselbe sandte nämlich am 10. August zwei Gesuche[1] an Gruner, „welche an mich gelangt sind, und als nicht rein militärische Gegenstände erbitte ich mir Dero Sentiment ob diese Supplicanten ganz abzuweisen, oder ihre Anträge annehmbar sein dürften“. Gruner antwortete darauf am 12. August Folgendes: „Euer Excellenz habe ich die Ehre auf das gefällige Schreiben vom 10ten d. M. zu erwiedern, dass ich das Gesuch, unter besonderem Schutze der Alliirten hier ausser den bestehenden Französischen einige bessere (?) Spielhäuser [zu eröffnen][2] nicht nur annehmbar, sondern selbst nothwendig finde, um der Polizei die Fonds zu verschaffen, deren sie gebricht. Ich habe dem Fürsten Staats Kanzler hierüber schon früher meine Ansicht mitgetheilt und jetzt den Pächter der Godesberger Spielbank (bei Bonn) der sich hier befindet, auch zu einem Gebote aufgefordert. Dieses hat er in der Anlage gegeben. Es beträgt 500 Frs. täglich mehr. Vielleicht wird sich der Preis noch steigern [365] lassen, wenn man mehrere Konkurrenten sucht. Ich erbitte mir daher von Euer Excellenz gefällige Erklärung, ob Sie mit der Ansicht selbst einverstanden sind und den neuen Spielbanken militärischen Schutz geben wollen? ich werde alsdann ein möglichst vortheilhaftes Arrangement einleiten zu lassen suchen und Euer Excellenz zur weitern (?) Vollziehung mittheilen“.

Müffling war rasch entschlossen und erwiderte bereits am folgenden Tage: „Auf Euer Hochwohlgeboren geehrtes Schreiben in Betreff der Spielbanken, bemerke ich, dass es mir sehr bedenklich erscheint, mit einem Spielpächter einen Vertrag einzugehen, durch welchen wir uns anheischig machen, ihn beim Französischen Gouvernement zu vertreten, da höchst wahrscheinlich das Französische Gouvernement allen Franzosen verbietet, an von uns etablirten Banken zu spielen, was wir nicht verhindern können.

„Ich halte es daher am allerbesten, dass Euer Hochwohlgeboren, den Pächter des französischen Spiels, Bernard zu sich bescheiden, und ihm eröffnen, dass wenn er nicht die Abgabe selbst übernähme, welche andere offerirt haben, diesen verstattet werden würde Banquen [sic] zu etabliren.

„Auf diese Art würde der Zweck erreicht werden, ohne bei der Ausführung Schwierigkeiten zu finden, denn p. Bernard hat sich bereits erboten sacrificen zu machen.

„Was die zweite Proposition betrifft einen Klub für die Fremden anzulegen, welche ich Euer Hochwohlgeboren nochmals anlege[3], so habe ich dem Entrepreneur angekündigt, dass kein Hasardspiel dort geduldet werden könne, was er sich auch gleich gefallen liess. Da eine solche Gesellschaft allgemein gewünscht werden soll, so wäre es wohl unbedenklich sie zu erlauben, wenn Euer Hochwohlgeboren die Mittel haben sie polizeilich bewachen zu lassen“.

Es dauerte nun eine Woche etwa, bis Gruner auf dies Schreiben anwortete. In seinem Briefe vom 20. August an Müffling gibt Gruner selbst den Grund an, weshalb er so lange mit der Antwort habe zögern müssen. Dieselbe lautet: „Auf Euer Excellenz geehrtes Schreiben vom 13. d. M. habe ich den Spielpächter Bernard zu mir kommen lassen, ihm die nöthige Eröffnung gemacht und Einen meiner Räthe, Herrn Refues beauftragt mit ihm die Sache zu reguliren. Es hat viele Weitläuftigkeiten gesetzt und die Unterhandlung Refues sich zerschlagen worauf ich mit andern Bietenden unterhandeln wollte. Diese haben kein Lokal im Palais royal bekommen konnen, weil das französische [366] Gouvernement dessen Vermiethung bestimmt verboten hatte, und daher ihr Gebot nicht zu realisiren vermogt. Auf Bernard’s erneutes Erbieten habe ich nun endlich den anliegenden Kontrakt mit ihm abgeschlossen, wonach wir täglich 2000 Frs. erhalten, über welche Euer Excellenz für die Bedürfnisse des Gouvernements nach ihrer Bestimmung mitdisponiren können und mir gefälligst nur erklären wollen, wieviel ich dazu abzugeben habe? Da das Gebot unserer Abrede gemäss ist, so ersuche ich Euer Excellenz ergebenst den Kontrakt Ihrerseits bestätigen und mir zur Realisirung baldgefälligst zurückstellen zu wollen“.

Der vollzogene Contract hat folgenden Wortlaut: „Le Gouvernement des Alliés à Paris et l’autorité de Police ayant reçu plusieurs offres pour l’etablissement des maisons des jeux public sous leur protection speciale et le Sieur Bernard fermier et directeur des maisons des jeux existants, voulant eviter cette concurrance et de dommager la caisse du Gouvernement des Allies, il est convenu entre les Soussignés des conditions suivantes.

1. Monsieur Bernard paiera pendent l’occupation de Paris par les troupes étrangères sur la quittance du sousigné Directeur de la police général la somme de Deux-milles Frances par jour à partir du quinze courrant jusqu’a la fin du présent mois et ensuite par dixième et en avance.

2. Le Gouvernement de Paris et la direction de police s’engagent d’acoorder à Monsieur Bernard tout la protection dont son entreprise aura besoin.

Le Gouvernement lu donnera des Sauve-gardes pour la surété et la tranquillité de ses maisons et ne les chargera point des logement militaires.

Fait à Paris le 20 Aoû 1815.

Justus Gruner. Bernard. Le Gouvernement de Paris
bien entendu qu’il n’est pas Question des Logementes militaires qui sont repartis sur les Autorités francoises selons des lois.
Baron de Müffling.

Den so vollzogenen Contract sandte am 21. August Müffling mit folgenden Zeilen an Gruner zurück: „Euer Hochwohlgeboren habe ich die Ehre anliegenden Contrakt mit dem Spielpächter Bernard vollzogen zurückzusenden. Ich ersuche dieselben, da ich keine bestimmten Ausgaben für das Gouvernement habe, bey ausserordentlichen Gelegenheiten meine Anweisungen gefälligst zu honoriren“. Ein Zettel gibt Auskunft über die damals in Paris bestehenden Spielhäuser. Es bestanden [367] solche Palais Royal Nr. 9. 113. 129. 154. Rue Richelieu Nr. 108. Rue Grange Bateillere Nr. 6. Rue Mont Blanc Nr. 40. Rue Chionville Nr. 36. Faubourg St. Germain.

Nun war alles in Ordnung und nur der Fürst Staatskanzler musste noch zu den Abmachungen seine Einwilligung geben. Um diese zu erlangen, berichtete Gruner am 23. August an den Fürsten Hardenberg Folgendes: „ich bin endlich so glücklich gewesen für die Polizei der Alliirten einen Fonds von 60 000 Frs. monatlich auszumitteln und zu verschaffen.

„Schon vom Rhein her hatte ich den Pächter der Spielbank zu Godesberg bei Bonn, mir zu folgen authorisirt, um hier eine Spielbank zu unserem Vortheile zu etabliren. Der hiesige Spielpächter Bernard setzte sich jedoch entgegen und da die französischen Behörden sich seiner so annahmen, dass Fremde nicht fortkommen konnten, so verabredete ich mit dem Gouverneur den Versuch Bernard zu einer Abgabe für uns zu vermögen.

„Dies ist mir gelungen und er zahlt nun vom 15ten d. M. an täglich 2000 Frs. gegen meine Quittung. Der Kontrakt ist vom Gouverneur mit vollzogen.

„Dieser Fonds wird hinreichen alle Bedürfnisse der geheimen Polizei zu bestreiten und ich werde, da sich ein Etat derselben vorher nicht entwerfen lässt, die Nachweise der vorgekommenen Ausgaben Monatlich zu Euer Durchlaucht hoher Genehmigung vorlegen.

„Nur um eine Authorisazion bitte ich ehrerbietigst. Der Gouverneur der so wie ich eine Menge von unberechenbaren Kosten und Tischbedürfnissen hat, wünscht, dass ihm und mir Jedem täglich 100 Frs. Tafelgelder aus jenem von uns geschaften Fonds bewilligt werden mögen. Euer Durchlaucht werden dieses Gesuch gewiss billig finden. ich habe hier bereits über 5000 Frs. zusetzen müssen und bis jetzt Nichts gefordert weil kein Fonds da war. Herr p. v. Müffling hat 500 Thlr. Zulage monatlich, ich soll 6 Thlr. Diäten bekommen. Diese Lage übersteigt meine Kräfte. ich bitte daher ehrerbietigst, dass Euer Durchlaucht die Gnade haben, die Zahlung jener Tafelgelder an mich vom 1ten v. M. und für den Gouverneur vom 15ten d. M. an, aus dem geheimen Polizei-Fonds zu authorisiren“. Am Rande dieses Actenstückes steht von der Hand des Staatskanzlers bemerkt: „Die hierin enthaltenen Vorschläge werden vollkommen genehmigt Hardenberg“. In Folge dessen sind an den General von Müffling am 25. August, 31. September, 31. October und 1. November von Gruner laut der mir vorliegenden Quittungen 8500 Frs. bezahlt worden. Anweisungen des Generals scheinen bei der Polizeidirection nicht präsentirt worden zu sein.

[368] Die Anfrage Müffling’s wegen der Gründung eines Fremdenclubs beantwortete Gruner endlich am 24. August: „Bei Zurückreichung des mir von Euer Excellenz gefälligt mitgetheilten Planes zur Errichtung eines Fremden Clubs finde ich es zwar unbedenklich meine Zustimmung zu geben, muss jedoch zum Voraus ergebenst bemerken, dass es mir bis zu der sich noch immer verzögernden Ankunft der zu meiner Disposition gestellten Gendarmes-Compagnie aus dem Grossherzogthum Niederrhein[4] an Mitteln fehlt eine gehörige aussere Polizei Aufsicht zu handhaben und dass dem Unternehmer ferner noch zu untersagen sein würde Hasardspiele zu veranstalten oder zu dulden.

„Euer Excellenz stelle ich daher ganz ergebenst den weiteren Beschluss in dieser Angelegenheit anheim, zumal sich die Polizei Aufsicht vielleicht durch eine Militairwache ersetzen lassen dürfte und ich wohl im Stande bin, täglich einige Polizei Beamte zur höheren Aufsicht herzugeben“. Da weder Dorow[5] noch Müffling[6] noch auch Varnhagen[7] etwas über einen solchen Club berichten, so dürfte wohl die Annahme gerechtfertigt sein, dass dieses Project gar nicht zur Ausführung gelangt ist.

Die mitgetheilten Actenstücke lassen sich nicht recht in Einklang mit der Erzählung Müffling’s bringen. In dem Buche „Aus meinem Leben“ erzählt derselbe, dass ihm als Gouverneur von Paris 2000 Frs. täglich aus der Spielpacht hätten gezahlt werden sollen. Er habe aber befohlen, diese in Dekaden von 20 000 Frs. an die Preussische Generalstaatskasse zu zahlen. Dagegen fordert er Gruner auf, seine Anweisungen zu honoriren, was nicht nöthig war, wenn ihm die 2000 Frs. täglich zur Disposition standen. Es ist auch eine Anweisung Müffling’s, soviel mir bekannt, nie bei Gruner präsentirt worden. Ferner hat Müffling nach seiner Angabe alles zurückgeschickt, was die Stadt Paris ihm liefern wollte. Gruner aber muss den Fürsten Hardenberg bitten, dass ihm und dem Gouverneur, „der so wie ich eine Menge von unberechenbaren Kosten und Tischbedürfnissen hat“, täglich 100 Frs. Tafelgelder aus dem von ihnen geschaffenen Fonds bewilligt würde.

Justus von Gruner.     

Anmerkungen

  1. Die Gesuche sind nicht vorhanden. Die Schreiben Müffling’s, der Contract und der Bericht Gruner’s an Hardenberg lagen mir im Original, die Schreiben Gruner’s an Müffling aber nur im Concepte im Nachlass Gruner’s in meinem Besitz vor.
  2. Die in viereckigen Klammern stehenden Worte fehlen in den eigenhändigen Concepten Gruner’s.
  3. Auch diese Anlage ist nicht vorhanden, da sie später an Müffling zurückgesendet ist.
  4. Die Gendarmen trafen erst Anfang September in Paris ein.
  5. Dorow, Erlebtes aus den Jahren 1813–20. I. S. 152 ff.
  6. Müffling, Aus meinem Leben S. 221 ff.
  7. Varnhagen, Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften VII S. 165 ff.