MKL1888:Adēn

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Adēn“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 1 (1885), Seite 115
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Adēn. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 1, Seite 115. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Ad%C4%93n (Version vom 24.01.2023)

[115] Adēn, eine seit 1839 den Engländern gehörende Halbinsel an dem beinahe südlichsten Punkte der arabischen Küste, unter 12°17′ nördl. Br. und 45°10′ östl. L. v. Gr., hat 24,2 km Umfang und hängt mit dem

Situationsplan von Aden.

Festland durch einen niedrigen Streifen Landes von 1233 m Breite zusammen (s. Plan). Sie ist vulkanischen Ursprungs und besteht aus einem großen Krater mit steilen Rändern, deren oberster Punkt, Dschebil Schamscham, 541 m hoch ist. Im Innern des Kraters liegt, von hohen, ganz vegetationslosen Felsmassen umgeben, die Stadt A., 37 m ü. M., mit einem natürlichen Thor (Kratereinschnitt) gegen O., gegenüber der befestigten Insel Sirah. A. war sowohl zur römischen Kaiserzeit als namentlich im Mittelalter ein wichtiger Handelsplatz und muß damals eine sehr große Bevölkerung gehabt haben; noch jetzt stehen die meisten Häuser auf Ruinen. Später geriet es in Verfall; 1838 war die Einwohnerzahl auf 600 gesunken. Die Engländer, durch Mißhandlung Schiffbrüchiger von seiten der Küstenbewohner veranlaßt, eroberten die Halbinsel 9. Jan. 1839 im Sturm, befestigten sie stark und machten sie zu einem äußerst wichtigen Kohlen- und Warendepot für die Schiffe, die den Verkehr zwischen Indien und Europa durch das Rote Meer vermitteln. Jährlich legen hier 600–700 Dampfer, 100 Segelschiffe und 900 arabische Barken an, und die Ausfuhr von Kaffee, Harz, Federn, Perlen, Häuten und Fellen ist bedeutend. Der Handel mit England wertete 1882 in der Einfuhr 258,016, in der Ausfuhr 129,894 Pfd. Sterl. Die Einwohnerzahl betrug 1881: 34,860, darunter 27,022 Mohammedaner, 2666 Hindu, 2595 Christen, 2121 Juden. Seit Eröffnung des Suezkanals hat sich die Bedeutung der Stadt, welche den Eingang zum Roten Meer zwar nicht beherrscht, aber eine höchst wichtige Flottenstation ist, von der aus der Eingang zu jenem Meer blockiert werden kann, ungemein gehoben. Der vollkommenen Ausnutzung der Lage steht zur Zeit nur noch die Schwierigkeit der Süßwasserbeschaffung entgegen. Quellen fehlen gänzlich, und das Trinkwasser muß teilweise durch Destillation von Seewasser beschafft werden, wenn die durch die Römer in Staffeln in die Felsen gehauenen, von den Engländern restaurierten Zisternen versagen. Die Engländer haben die Halbinsel der Präsidentschaft Bombay unterstellt, dem Residenten jedoch seiner isolierten Lage wegen seit 1864 größere Befugnisse eingeräumt. Die Entfernung von Bombay beträgt 1819 Seemeilen, die Reisezeit mit den Dampfern 7 Tage. Ein Kabel verbindet A. mit Bombay und Suez sowie mit Sansibar und Kapstadt. Mit den kleinen Reichen auf dem gegenüberliegenden Festland Arabiens wird das beste Einvernehmen gepflogen. Vgl. Hunter, Account of the British settlement of A. (Lond. 1878).


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 4
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[4] Aden. Diese britische Besitzung begreift jetzt die Inseln Perim und Sokotora mit den Bruderinseln sowie die Kuria-Muria-Inseln und die Somalküste mit den Küstenplätzen Zeila, Bulhar, Berbera, Kerem, Las Gori und Bender Gasim, welche alle dem englischen politischen Residenten unterstellt sind, der wiederum dem Gouverneur von Bombay verantwortlich ist. Der Hauptsitz der englischen Herrschaft an der Somalküste ist Berbera, wo ein englischer politischer Agent und Konsul mit 100 indischen Soldaten und einer Anzahl Polizisten die Regierungsgewalt ausübt. Englische Beamte mit geringen indischen Besatzungen liegen außerdem in Bulhar und Zeila, während in Kerem ein indischer Unteroffizier mit einigen eingebornen Polizisten die englische Macht darstellt. In den andern kleinen Küstenplätzen liegen keine Besatzungen, doch werden sie dann und wann von englischen Kriegsschiffen besucht, welche nach Bedarf auf kurze Zeit eine kleine Abteilung Polizisten (Somal) zurücklassen. Sicherheit und damit Handel und Verkehr haben sich seit der englischen Besetzung sehr gehoben. In A. selbst, das mit einem Aufwand von 128,000 Pfd. Sterl. nahezu uneinnehmbar gemacht worden ist, steht eine Abteilung Kavallerie, ein britisches und ein indisches Infanterieregiment. Trinkwasser erhält man durch Kondensation, da das Wasser der zahlreichen Brunnen unzureichend und oft brackig, das durch eine 9 km lange Wasserleitung von Scheich Osman herbeigeführte Wasser ebenfalls brackig ist und die berühmten Reservoirs in den Bergen nur selten durch Regen gefüllt werden. Von diesen 600 n. Chr. angelegten 50 Zisternen haben die Engländer 13 mit einem Aufwand von 375,520 Rupien wieder in besten Stand gesetzt. Sie fassen 35,071 cbm, sind aber seitdem erst viermal gefüllt gewesen. Ein- und Ausfuhr beliefen sich 1890/91 auf 64,509,485 Rupien. Die Einfuhr zur See betrug 23,069,528 Rupien, die Ausfuhr zur See 24,269,169 Rupien. Der Handel ist fast ausschließlich Zwischenhandel, nur ein Zehntel der Ausfuhr stammt aus Arabien. Eingeführt werden Baumwollgewebe, Kohle, Getreide, Baumwollgarne, Mehl, Datteln, Tabak, Zucker; ausgeführt besonders Kaffee, dann Ziegen- und Schaffelle, Gummi, Rindshäute, Perlmutter, Weihrauch, Elfenbein. Deutschland ist an dem direkten Verkehr nur sehr wenig beteiligt. In den Hafen von A. liefen 1890 ein 1463 beladene Schiffe, fast ausschließlich Dampfer, von 2,427,760 Ton., davon 971 englische von 1,559,457 T. und 88 deutsche von 170,348 T. Der jetzt bedeutend vertiefte Hafen ist Station der Peninsular and Oriental Steam Navigation Co., der Britisch India Steam Navigation Co., der Messageries Maritimes, des Österreich-ungarischen Lloyd und des Norddeutschen Lloyd, der hier von seiner ostasiatischen Linie eine Zweiglinie nach Sansibar und Deutsch-Ostafrika entsendet.