MKL1888:Eisenbahnbillets

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Eisenbahnbillets“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 458459
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Eisenbahnbillets. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 458–459. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Eisenbahnbillets (Version vom 02.08.2021)

[458] Eisenbahnbillets (Eisenbahnfahrkarten), Quittungen über das bezahlte Personengeld bei Eisenbahnfahrten, welche zugleich als Legitimation zur Fahrberechtigung [459] dienen. Die in früherer Zeit gebräuchlich gewesenen Zettelbillets, welche, wie schon der Name besagt, aus einfachen, im wesentlichen den Postpersonenbillets nachgebildeten Zetteln bestanden, haben jetzt allgemein Billets in Form steifer Kärtchen (Edmondsonsches Billetsystem) Platz gemacht, auf welchen Abgangsort und Bestimmungsort, Preis (auch nicht überall, z. B. in Österreich) und Zugnummer gedruckt sind, und die mittels einer Maschine fortlaufend numeriert werden. Mit Hilfe einer solchen von Edmondson erfundenen Maschine kann ein Billeteur 1400 Karten in der Stunde stempeln. Die Billets werden entweder vor der Abfahrt beim Eintreten in die Wagenhalle und im Wagen selbst oder während der Fahrt kontrolliert; sie geben nach dem deutschen Betriebsreglement Anspruch auf die entsprechende Wagenklasse, soweit in dieser Plätze vorhanden sind, resp. beim Wechsel der Wagen vorhanden bleiben. Ist dieses nicht der Fall, so können die Billets gegen Erstattung des dafür gezahlten Betrags zurückgegeben oder gegen Billets andrer Klassen, in welchen noch Plätze vorhanden sind, unter Ausgleichung des Preisunterschiedes ausgetauscht werden. Jedenfalls haben die mit durchgehenden Billets ankommenden Reisenden den Vorzug vor den neu hinzutretenden. Auf Zwischenstationen kann ein Übergehen auf Plätze einer höhern Klasse nur gegen Zukauf eines neuen Billets beansprucht werden. – Der Umtausch eines schon gelösten Billets höherer Klasse gegen ein solches niederer Klasse ist nur dann zulässig wenn in der höhern Klasse keine Plätze mehr frei sind. Eine Abtretung der E. ist gewöhnlich nicht ausdrücklich verboten, aber wesentlich erschwert; verboten ist dagegen die Abtretung von E., mit deren Benutzung eine besondere Preisermäßigung verbunden ist. Die Arten der E. sind verschieden: außer den gewöhnlichen Fahrbillets gibt es solche für Hin- und Herfahrt (Retourbillets), in Deutschland zuerst in Württemberg zu Anfang der 60er Jahre eingeführt; ferner Zeitbillets (Saisonbillets), welche nur für eine bestimmte Jahreszeit gültig sind; Rundreisebillets, welche Aufenthalt unterwegs gestatten und seit 1884 auch nicht an eine bestimmte Route gebunden, sondern von dem Reisenden selbst zusammengestellt werden können (kombinierbare Rundreisebillets); sonst gibt es auch Kinderbillets, Soldatenbillets zu ermäßigten Preisen. Über die Durchschnittspreise der Billets vgl. Eisenbahntarife. Für größere Reisestrecken und Rundreisen ist man wieder auf das alte System der Zettelbillets zurückgekommen. Es werden für diesen Zweck entweder größere Zettelbillets oder Billethefte angewendet, welche einen abtrennbaren Koupon für die durchfahrenen Teilstrecken, mindestens je einen Koupon für jede Bahnverwaltung, enthalten. Bei den preuß. Staatsbahnen sind seit 1. Jan. 1876 übereinstimmende Farben und Ausstattung für die E. eingeführt worden. Die Billetfarben sind, entsprechend der Farbe der Klassen an den Waggons, für die erste Klasse Gelb, die zweite Klasse Grün, die dritte Klasse Braun und die vierte Klasse Grau. Soll ein Billet als Kinderbillet verwendet werden, so wird vom Billetexpedienten ein durch einen Strich begrenzter Abschnitt abgenommen. Die Militärbillets sind zur Hälfte braun, zur andern Hälfte weiß. Der Text ist bei den Tourbillets in Längsdruck, bei den Retourbillets in Querdruck ausgeführt.

Seit der Einführung des Edmondsonschen Billetsystems hat es nicht an Vorschlägen zu andern Systemen gefehlt, durch welche teils der mit dem Edmondsonschen System verbundenen Notwendigkeit der Bereithaltung einer verhältnismäßig großen Anzahl verschiedener Billetarten auf den einzelnen Eisenbahnstationen abzuhelfen beabsichtigt wird, teils eine bessere Kontrolle über Personengeldunterschlagungen hergestellt werden soll. Unter anderm hat Reitler in Wien vorgeschlagen, in die Billets nur den Namen der Ausgabestation sowie Rubriken für Wagenklasse, Bestimmungsort und Fahrgeld etc. vorzudrucken, die Ausfüllung dieser Rubriken aber dem Billeteur zu überlassen, ferner die Ausfüllung im Weg des Durchdruckverfahrens derart zu bewirken, daß auf zwei unter dem Billet angebrachten Blättern die Eintragungen kopiert erscheinen. Von den beiden Kopien würde eine dem Reisenden zur Legitimation verbleiben, eine Kopie wird vom Schaffner abgenommen, und das erste Blatt bleibt auf der Bahnstation zurück. Dieses System legt dem Billeteur zeitraubende Verrichtungen auf und erscheint daher für Stationen mit starker Personenfrequenz wenig geeignet. Ein andrer Vorschlag von Metz geht dahin, für den Verkehr zwischen zwei Stationen nur eine Billetsorte herzustellen, auf dem Billet die Klassen und die Bezeichnungen Schnellzug, Personenzug, Retourfahrt etc. mit der Angabe der betreffenden Preise vorzudrucken, bei der Ausgabe aber das Billet neben dem Datumstempel auch in der auf die jedesmalige Benutzungsweise bezüglichen Rubrik mit der Bezeichnung „Taxe“ zu bedrucken und dadurch den Fahrpreis hervorzuheben. Ein für Sekundärbahnen sehr empfehlenswertes Billetsystem beruht auf der Einteilung der betreffenden Bahnstrecke in einzelne Zonen, für welche, je nachdem es sich um zweite oder dritte Klasse oder um Hin- oder Rückfahrt handelt, bestimmte Einheitspreise festgesetzt sind. Dieses System, welches zuerst auf der Feldabahn (Salzungen-Kaltennordheim) eingeführt wurde, gestattet die Beschränkung der Billets auf so viele Sorten, als die Einteilung der Bahn in Zonen stattgefunden hat.