MKL1888:Marīa

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marīa“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 233241
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Marīa. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 233–241. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mar%C4%ABa (Version vom 22.01.2024)

[233] Marīa (Marie, engl. Mary, franz. Marie, hebr. Mirjam, „Bitterkeit, Widerspenstigkeit“), weiblicher (zuweilen auch männlicher) Name. Biblische Personen dieses Namens sind:

1) M., die Mutter Jesu, in der Kirchensprache Beata Virgo, unsre liebe Frau (U. L. F.), auch die heilige Jungfrau, franz. Notre Dame, ital. Beatissima Vergine oder Madonna genannt. Die evangelische Vorgeschichte läßt sie mit dem Zimmermann Joseph von Nazareth verlobt sein, aber vom Heiligen Geist mit dem Messias befruchtet werden und denselben in Bethlehem gebären (s. Jesus Christus). In den synoptischen Evangelien erscheint M. sonst nur einmal, in Kapernaum, wohin sie mit Jesu Brüdern geht, weil man innerhalb der Familie dafür hält, er „sei von Sinnen“, wofür sie von diesem kurzweg zurückgewiesen wird. Später wurde sie, unter dem Kreuz ihres Sohns stehend, von ihm dem Johannes zugewiesen, wenigstens dem nach diesem genannten Evangelium zufolge, das ihrer auch schon bei der Hochzeit zu Kana erwähnt hatte. Außer diesen evangelischen Nachrichten besitzt die kirchliche Tradition noch unzählige andre. In den ältesten Apokryphen ist M. eine Tochter des Joachim, die ihm Anna nach langer, kinderloser Ehe in hohem Alter geboren hat. Dadurch als ein Geschenk des Himmels legitimiert, wurde M. schon in der zartesten Jugend dem Dienst Gottes im Tempel geweiht. Joseph verlobte sich ihr erst als Greis, nur um ihre Jungfrauschaft durch die Ehe zu bewahren. Als er jene verletzt glaubte und sich von M. trennen wollte, wurde er durch Wunder von dem wahren Sachverhalt unterrichtet. In Jerusalem wird noch heute bei Gethsemane ihre Grabstätte den Pilgern gezeigt. Nach einer Legende hörten die Apostel über ihrem Grab drei [234] Tage lang himmlische Musik und fanden, als sie den Leichnam dem Thomas zeigen wollten, der bei dem Begräbnis gefehlt, statt des Körpers nur Lilien vor. Die daraus gezogene Folgerung, daß M. zum Himmel aufgefahren, ist wesentlich unter dem Einfluß der Kunst dogmatisiert worden. Die Kirche selbst hat sich dogmatisch mit M. besonders seit dem von Nestorius angeregten Streit beschäftigt. Daraus ging als siegreich die Ansicht hervor, daß M. ohne Schmerzen und menschliche Beihilfe geboren und das Siegel der Jungfrauschaft sich erhalten habe, übrigens Gottesgebärerin (Theotokos) zu nennen sei. Insonderheit wurde die Meinung, daß M. nach Jesu noch andre Kinder geboren habe, verworfen und die Partei der Antidikomarianiten, d. h. Widersacher der M., welche dieses im Anschluß an die Schrift (Mark. 6, 3) behaupteten, heftig bekämpft. Die katholische Kirche hält an beiden Sätzen, daß M. eine reine Jungfrau geblieben und Gott geboren habe, fest; ihre irdische Erscheinung verklärt sie zu dem Ideal aller weiblichen Vollkommenheit, „in sich einend, was die Natur ewig getrennt hat“. Auch die protestantische Orthodoxie hält den Vordersatz fest, daß M. den Herrn als Jungfrau geboren, und schreibt ihr damit sachlich eine durchaus singuläre Stellung innerhalb der Menschheit zu. Die Folgerungen aber hat bloß die katholische Kirche gezogen. Als die ewig reine Jungfrau nimmt hier M. unter allen Heiligen die erste Stelle ein; sie ist die Königin des Himmels und die mächtigste Fürsprecherin bei Gott, an die sich vorzüglich das Gebet der Gläubigen (Ave M., der Rosenkranz, die Tagzeiten der seligen Jungfrau M. und die Lauretanische Litanei) wendet. Sie wurde Schutzpatronin vieler Länder, Städte und Vereine; man widmete ihr eine Menge Feste (s. Marienfeste) und weihte ihr in den Klöstern ein Offizium, das aus den Lobgesängen auf M. hervorging, dann aber von Urban II. auf der Kirchenversammlung zu Clermont (1095) für die Kirche gesetzlich gemacht wurde. Seitdem nannten sich zahlreiche Mönchs- und Nonnenorden, wie die Karmeliter, Serviten, Salesianerinnen und alle Orden Unsrer Lieben Frau, nach ihr, und ihre Verehrung nahm die Gestalt eines ritterlichen Frauendienstes an. Die Kirchenlehrer stellten für sie ein Psalterium minus und majus und die Biblia Mariana auf; ja, sie meinten selbst, daß „Gott der Vater M. minnete“. Um diese und andre Abenteuerlichkeiten dogmatisch zu begründen, ließ man der M. eine höhere Stufe des Dienstes (Hyperdulia) zukommen als den übrigen Heiligen, deren Dienst man Dulia nannte. Endlich fand man, daß M. nicht nur selbst sündlos, sondern auch unsündlich empfangen sei (unbefleckte Empfängnis). Daß die Bilder der M. eine wunderthätige Kraft haben, ward schon früh in der griechischen und römisch-katholischen Kirche angenommen, und noch jetzt stehen zahlreiche Marienbilder in großem Ruf. Die christliche Kunst hat das Leben, die Person und die Würde der M. als Mutter Gottes in Poesie, Malerei und Plastik vielfach zu verherrlichen gesucht. Über die künstlerischen Darstellungen s. Madonnenbilder. Vgl. Genthe, Die Jungfrau M., ihre Evangelien und ihre Wunder (Halle 1852); Frantz, Versuch einer Geschichte des Marien- und Annenkultus (Halberst. 1854); Hasenclever, M., die Mutter Jesu, in Geschichte und Kunst (Karlsr. 1876); Lehner, Die Marienverehrung in den ersten Jahrhunderten (Stuttg. 1881); Gayer, M., ihre Stellung im Reiche Jesu Christi (Regensb. 1886).

2) M. Magdalena („M. aus Magdala“) schloß sich Jesu an, als dieser sieben Dämonen von ihr ausgetrieben (Luk. 8, 2). Die spätere Sage läßt sie nach Rom reisen, in Gallien das Evangelium verkündigen und in Ephesos den Märtyrertod erleiden. Die katholische Kirche identifiziert sie mit der Büßerin, welche nach Luk. 7, 36 Jesu in Simons Haus die Füße salbte, und feiert ihr Gedächtnis 22. Juli. Die bildende Kunst stellt sie gewöhnlich mit dem Salbgefäß dar, bei der Kreuzigung Christi den Stamm des Kreuzes umfassend, bei der Grablegung wehklagend, unter den drei Marien am Grab Christi, mit Christus, der ihr als Gärtner erscheint, und als Büßerin in der Wüste. Letztere Darstellungen waren bei den Malern besonders beliebt (Correggio, Tizian, Rubens, van Dyck, Batoni). Auch in den geistlichen Schauspielen des Mittelalters spielte sie eine nicht geringere Rolle als das „Magdalenentum“ in der modernsten Litteratur. Wohlthätig wirkt dagegen ihr Andenken noch in dem der Rettung gefallener Frauen gewidmeten „Magdalenenwerk“ der innern Mission.

Marīa, Name zahlreicher fürstlicher Personen:

Übersicht nach den Ländern:
Römisch deutsche Kaiserin 1.
Bayern 2.
Burgund 3.
England 4, 5.
Etrurien 6.
Frankreich 7–11.
Neapel 12, 13.
Portugal 14.
Schottland 15, 16.
Spanien 17–19.
Ungarn 20, 21.
Württemberg 22.

1) M. Theresia, röm.-deutsche Kaiserin, Königin von Ungarn und Böhmen und Erzherzogin von Österreich, geb. 13. Mai 1717 zu Wien als die älteste Tochter Kaiser Karls VI., war von Natur körperlich und geistig reich ausgestattet, erhielt zwar eine ziemlich oberflächliche Erziehung, bewahrte sich jedoch einen frommen weiblichen Sinn. 1736 vermählte sie sich mit dem Großherzog von Toscana, Franz Stephan von Lothringen, der am kaiserlichen Hof erzogen worden war. Kaum hatte sie zufolge der von ihrem Vater aufgestellten und anfangs von allen europäischen Höfen anerkannten Pragmatischen Sanktion nach dem am 20. Okt. 1740 erfolgten Ableben ihres Vaters den Thron von Ungarn, Böhmen und Österreich bestiegen, ihren Gemahl zum Mitregenten ernennend, so erhob der von der ältesten Tochter Kaiser Ferdinands I. abstammende Karl Albert, Kurfürst von Bayern, Ansprüche auf die österreichischen Erbstaaten und fand bei Frankreich, Spanien und andern Mächten Unterstützung. Friedrich II. von Preußen wollte gleichfalls die günstige Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, die Erbansprüche seines Hauses auf die schlesischen Fürstentümer geltend zu machen, fiel, als M. Theresia die freiwillige Abtretung eines Teils von Schlesien gegen das Versprechen seines Beistandes wider ihre übrigen Feinde mit Entrüstung ablehnte, 16. Dez. 1740 in Schlesien ein und bemächtigte sich in kurzer Zeit des wehrlosen Landes, während 1741 ein französisch-bayrisches Heer in Österreich und Böhmen einrückte und die Spanier sich der österreichischen Besitzungen in Italien bemächtigten (s. Österreichischer Erbfolgekrieg). Dazu kam noch, daß die Finanzen Österreichs zerrüttet, das Volk mißvergnügt, das Heer schwach und auf die verschiedensten Kriegsschauplätze verteilt war; auch fehlte es der jungen unerfahrenen Königin an erfahrenen und tüchtigen Staatsmännern und Feldherren. In ihrer Not wandte sich M. Theresia an die Ungarn. Mit ihrem jungen Sohn Joseph auf dem Arm erschien sie in der Versammlung der ungarischen Magnaten und erregte eine solche Begeisterung, daß dieselben bald ein bedeutendes Heer aufbrachten, welches, mit den Tirolern vereint, ganz [235] Bayern eroberte und auch nach Böhmen vordrang, wo zwei französische Heere unter zwieträchtigen Anführern standen. Damit diese nicht einen Hinterhalt an den Preußen hätten, willigte M. Theresia, obwohl mit großem Schmerz, nach der Niederlage ihres Schwagers Karl von Lothringen bei Chotusitz (17. Mai) in den Frieden von Breslau, worin beinahe ganz Schlesien an Preußen abgetreten wurde (Juni 1742). In kurzem war der größte Teil von Böhmen wieder in den Händen der Österreicher, und im Frühjahr 1743 wurde M. Theresia in Prag gekrönt. Zu gleicher Zeit erlangte sie einen mächtigen Bundesgenossen an Georg II. von England. In der Folge waren die österreichischen Waffen in Italien und Deutschland meist glücklich. Am 22. April 1745 schloß Karl Alberts Nachfolger Maximilian III. Joseph mit M. Theresia den Frieden zu Füssen. Friedrich II. nahm zwar den Krieg von neuem auf und schlug die Österreicher bei Hohenfriedberg und Soor, doch bestätigte der durch englische Vermittelung zu stande gekommene Friede zu Dresden 25. Dez. 1745 die Bestimmungen des Breslauer Traktats. Aber erst der Friede von Aachen (18. Okt. 1748) beendete den Erbfolgekrieg vollständig. M. Theresia mußte in demselben dem spanisch-bourbonischen Prinzen Philipp das Herzogtum Parma mit Piacenza und Guastalla abtreten und an Sardinien einige zum Herzogtum Mailand gehörende Länderstrecken überlassen, wurde dagegen allgemein als Erbin der ganzen väterlichen Monarchie anerkannt. Schon während des Kriegs, 4. Okt. 1745, war ihr Gemahl unter dem Namen Franz I. zum Kaiser gekrönt worden. Die nun folgenden Friedensjahre wurden von der jungen Kaiserin, welche sich, von ihrem angebornen Herrschertalent unterstützt, durch energische Arbeitskraft in die Details der Staatsverwaltung vertieft hatte, ohne den Blick für das Große und Ganze einzubüßen, zur Abstellung vieler Mißbräuche in der Verwaltung, zur Ordnung und Verbesserung der Finanzen, zur Herstellung einer tüchtigen Kriegsmacht und zur Abschließung folgenreicher Bündnisse benutzt. Nachdem sie schon bei ihrem Regierungsantritt das Verschwendungssystem ihres Vaters in der Hofhaltung abgestellt, gründete sie jetzt Normalschulen und Erziehungsanstalten und förderte den Handel und den Ackerbau, den letztern namentlich auch durch die Minderung der Frondienste. Die Staatslasten wurden durch die neue Kameraleinrichtung auf alle Staatsbürger möglichst gleich verteilt. Durch diese Maßregeln erreichte sie, daß ohne Erhöhung der Steuern die Einnahmen, die in den letzten Jahren Karls VI. 30 Mill. Gulden betragen hatten, 1756 auf 57 Mill. stiegen. Das ganze Kriegswesen ward unter Dauns Leitung neu organisiert, die Stärke des Heers auf 108,000 Mann erhöht; es wurden Kadettenhäuser gegründet und von Zeit zu Zeit größere Manöver abgehalten. Außer ihrem Gemahl standen der Kaiserin, die sich übrigens nicht gern leiten ließ, in den innern Angelegenheiten Graf Friedrich Wilhelm von Haugwitz, in den äußern hauptsächlich der Graf Wenzel Kaunitz (s. d.) als Geheimer Haus-, Hof- und Staatskanzler zur Seite. Seinem Einfluß ist es namentlich zuzuschreiben, daß M. Theresia, um Schlesien wiederzugewinnen, sich um ein Bündnis mit Frankreich, Österreichs Erbfeind, bewarb, welches im Mai 1756 wirklich zu stande kam und Österreich vor einem französischen Angriff im Fall eines Kriegs mit Preußen sicherte. Letztere Macht wollte M. Theresia im Bund mit Rußland vernichten und 1757 den Krieg beginnen; jedoch Friedrich II. kam ihr bereits 1756 durch den Einfall in Sachsen zuvor, und so begann der Siebenjährige Krieg (s. d.), in welchem M. Theresia zwar 1757 eine große europäische Koalition zu stande brachte, um Friedrich zu zermalmen, und trotz aller Wechselfälle des Kriegsglücks standhaft ihr Ziel verfolgte, endlich aber nach ungeheuern Opfern an Geld und Menschen 15. Febr. 1763 den Hubertusburger Frieden schließen und darin ihren großen Gegner im Besitz Schlesiens anerkennen mußte. Nach dem Mißlingen ihrer ehrgeizigen Hoffnungen und nach dem Tod ihres zärtlich, wenn auch mit etwas Eifersucht geliebten Gemahls (18. August 1765) beschloß sie, in Frieden nur dem Wohl ihres Staats zu leben, und widmete sich wieder mit allem Eifer der innern Verwaltung. Sie hatte zwar ihren ältesten Sohn, Joseph, der 1764 zum römischen König gewählt und gekrönt worden war, 18. Aug. 1766 zum Mitregenten ernannt; aber sie gestattete ihm wenig Anteil an der innern Regierung, nur das Heerwesen blieb ganz seiner Leitung überlassen. Josephs Ungeduld veranlaßte daher manche Mißhelligkeiten zwischen Mutter und Sohn. Mit unermüdlicher Thätigkeit sorgte die Kaiserin für Verminderung der Staatsschulden, förderte die Landwirtschaft durch Erleichterung der Leibeigenschaft, unterstützte die Gewerbe, vermehrte und verbesserte die Unterrichts- und Wohlthätigkeitsanstalten, schuf die Volksschule in Österreich, gründete Akademien und beseitigte die Tortur und die grausamen Todesstrafen. Obgleich fromm, der katholischen Kirche ganz ergeben und intolerant gegen Andersgläubige, zeigte sie doch nie tyrannische Härte, sondern Gerechtigkeit und Milde, aber auch Festigkeit, wo es galt, die Eingriffe des Papsttums in ihre Kronrechte zurückzuweisen und bestehende Mißbräuche der Kirche und Übergriffe des Klerus abzustellen. Die Leitung der auswärtigen Politik überließ sie Kaunitz und ihrem Sohn, und nur mit dem größten Widerstreben willigte sie 1772 in die Beteiligung Österreichs an der ersten Teilung Polens, da ihr kein andrer Ausweg blieb. Die Aussicht, 1777 einen Teil Bayerns zu erwerben, erfüllte sie mit Freude; aber nur ungern wich sie dem ungestümen Drängen ihres Sohns und entschloß sich zum Krieg, der jedoch hauptsächlich mit der Feder geführt wurde, und den schon 1779 unter Vermittelung Frankreichs und Rußlands der Friede von Teschen beilegte, worin dem österreichischen Haus das Innviertel mit Braunau zuerkannt wurde. M. Theresia starb 29. Nov. 1780 und hinterließ das österreichische Kaiserreich, welches bei ihrem Regierungsantritt dem Zerfallen nahe war, geachtet und nach außen durch eine Armee von 260,000 Mann geschützt. Sie ist die Begründerin des österreichischen Gesamtstaats, der unter ihrer bewußten Mitwirkung den Übergang vom mittelalterlichen zum modernen Staat vollzog. Sie war eine geborne Herrscherin und widmete sich mit allen Kräften dem Staat. Ihre Gestalt war majestätisch, ihre Züge schön, ihr Wesen liebenswürdig und bezaubernd. Liebevoll und dankbar, gewann sie sich die Herzen aller, die sie umgaben. Sie hatte 16 Kinder geboren, von denen 10 sie überlebten. Ihre Söhne waren, außer ihrem Nachfolger, dem Kaiser Joseph II.: Leopold, Großherzog von Toscana und nach seines Bruders Tod Kaiser; Ferdinand, Schwiegersohn des Herzogs von Modena und dessen Nachfolger, und Maximilian, Kurfürst von Köln und Münster. Von ihren sechs Töchtern war Anna Äbtissin zu Prag und Klagenfurt, Marie Christine Gemahlin des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen, des Sohns König Augusts III. von Polen, Elisabeth Äbtissin zu Innsbruck, Maria Amalie Gemahlin des [236] Herzogs von Parma, Maria Antoinette Königin von Frankreich, Karoline Maria Gemahlin König Ferdinands IV. von Sizilien. 1887 wurde ihr großartiges Denkmal (von Zumbusch) in Wien enthüllt. Vgl. Duller, M. Theresia und ihre Zeit (Wiesb. 1844, 2 Bde.); Ramshorn, M. Theresia und ihre Zeit (Leipz. 1859–60, 2 Bde.); Arneth, Geschichte M. Theresias (Wien 1863–79, 10 Bde.); A. Wolf, Österreich unter M. Theresia (das. 1855); Derselbe, Aus dem Hofleben M. Theresias (das. 1858); Arneth, M. Theresia und Joseph II., ihre Korrespondenz (das. 1867, 3 Bde.); „Marie-Antoinette, correspondance secrète entre Marie-Thérèse et le comte de Mercy-Argenteau, avec les lettres de Marie-Thérèse et de Marie-Antoinette“ (hrsg. von Arneth und Geffroy, Par. 1871, 3 Bde.); „Briefe der Kaiserin M. Theresia an ihre Kinder und Freunde“ (hrsg. von Arneth, Wien 1881, 4 Bde.); A. Beer im „Neuen Plutarch“, Bd. 2 (Leipz. 1875).

[Bayern.] 2) M. Friederike Franziska Auguste Hedwig, Königin von Bayern, geb. 15. Okt. 1825, Tochter des Prinzen Wilhelm von Preußen, vermählt 12. Okt. 1842 mit dem damaligen Kronprinzen, nachherigen König Maximilian II. Joseph, seit 10. März 1864 Witwe, trat, nachdem sie seit dem Tod ihres Gemahls in gänzlicher Zurückgezogenheit gelebt hatte, 12. Okt. 1874 zur katholischen Kirche über und wohnt seitdem in Elbigenalp im Lechthal. Sie erlebte noch das schreckliche Ende ihres Sohns, König Ludwigs II. (1886); auch ihr zweiter Sohn, König Otto, ist geisteskrank.

[Burgund.] 3) Herzogin von Burgund, einzige Tochter Karls des Kühnen von Burgund und der Isabella von Bourbon, geb. 13. Febr. 1457 zu Brüssel, ward 1477 Erbin ihres in der Schlacht bei Nancy gefallenen Vaters. Als Ludwig XI. von Frankreich darauf nicht nur das Herzogtum Burgund als ein frei gewordenes Lehen der Krone Frankreich einzog, sondern sich auch der an der Somme gelegenen Städte bemächtigte, die er dem verstorbenen Herzog hatte abtreten müssen, berief M. die Stände der Niederlande und suchte ihre Hilfe durch Bewilligung der größten Privilegien zu erkaufen. Auch von den flandrischen Ständen bedrängt, vermählte sie sich 18. Aug. 1477 zu Gent mit Erzherzog Maximilian, Sohn des Kaisers Friedrich III. Obwohl die jungen Gatten nur durch einen Dolmetsch sich verständigen konnten, da M. kein Deutsch, Maximilian kein Französisch sprach, war die Ehe doch glücklich, aber nur von kurzer Dauer. Von einem Sturz mit dem Pferde trug M. eine Verletzung davon, deren Verheimlichung 27. März 1482 ihren Tod herbeiführte. M. war eine der schönsten Frauen ihrer Zeit, von festem Charakter und großer Herzensgüte, dabei eine Freundin und Beschützerin der schönen Künste. Sie hinterließ zwei Kinder, Philipp den Schönen von Burgund (geb. 1478) und Margarete (s. Margarete 6). Vgl. Gaillard, Histoire de Marie de Bourgogne (Par. 1757); Münch, M. von Burgund (Leipz. 1832, 2 Bde.); Delepierre, Vie de Marie de Bourgogne (Brüssel 1841).

[England.] 4) M. I., die Blutige, Königin von England, Tochter Heinrichs VIII. von England und der Katharina von Aragonien, geb. 18. Febr. 1516, ward, 1518 zur Prinzessin von Wales erhoben, 1533, als ihr Vater Katharina verstieß und sich mit Anna Boleyn vermählte, für illegitim erklärt, jedoch durch die Successionsakte von 1544 wieder für den Fall, daß Eduard VI. unbeerbt sterbe, zur Thronfolge bestimmt. Eduard jedoch ernannte, um die Sache des Protestantismus zu retten, in seinem Testament Johanna Gray, Enkelin einer Schwester Heinrichs VIII., zur Thronerbin. M. erkannte nach Eduards Tod (6. Juli 1553) dies Testament nicht an, forderte den englischen Adel zur Verteidigung seiner rechtmäßigen Königin auf und sah sich in kurzem an der Spitze einer bedeutenden Macht. Am 3. Aug. 1553 zog sie in London ein und begann alsbald eine entschiedene Reaktion. Mehrere protestantische Bischöfe wurden eingekerkert und zahlreiche verheiratete Geistliche ihrer Stellen entsetzt. Die erste Parlamentsversammlung ward mit einer lateinischen Messe eröffnet, und das eingeschüchterte Parlament hob selbst fast alle kirchlichen Gesetze Eduards VI. wieder auf. Die Unzufriedenheit des Volkes brach endlich in offene Empörung aus, doch ward dieselbe von den königlichen Truppen gedämpft und nun ein schreckliches Blutgericht gehalten. Unter denen, welche das verunglückte Unternehmen mit dem Leben büßten, waren auch der Herzog von Suffolk und Johanna Gray mit ihrem Gemahl. Gesteigert wurde die allgemeine Unzufriedenheit, als sich M. im Juli 1554 mit Philipp II. von Spanien, dem Sohn Kaiser Karls V., vermählte, in den sie leidenschaftlich verliebt war. Durch Strenge und Grausamkeit suchte sie nun den Protestantismus auszurotten und die Herrschaft der katholischen Kirche herzustellen. Nicht weniger als 300 Protestanten starben in den nächsten drei Jahren auf dem Scheiterhaufen; ein päpstlicher Legat nahm in London seinen Sitz; Klöster und Bistümer wurden wiederhergestellt. Philipp war inzwischen schon 1555 nach Brüssel zurückgekehrt und besuchte M. erst 1557 wieder, um sie zum Kriege gegen Frankreich zu bewegen, der aber 7. Jan. 1558 zum Verlust von Calais führte. Die Vernachlässigung von seiten ihres Gemahls, die schmerzliche Enttäuschung ihrer Hoffnung, Mutter zu werden, stürzten sie in tiefe Melancholie und steigerten ihre Krankheit. Sie starb 17. Nov. 1558. Ihre Nachfolgerin war ihre Schwester Elisabeth. Vgl. Griffet, Nouveaux éclaircissements sur l’histoire de Marie (Amsterd. u. Par. 1766); Turner, History of the reign of Edward VI., Mary and Elizabeth (2. Aufl., Lond. 1854); Tytler, England under Edward VI. and Mary (das. 1839); Madden, Household book of the Queen Mary (das. 1830).

5) M. Stuart, Tochter Jakobs II. und der Anna Hyde, geb. 30. April 1662, wurde in der anglikanischen Konfession erzogen, heiratete im November 1677 ihren Vetter Wilhelm III. von Oranien, Statthalter der Vereinigten Niederlande, und schloß sich ganz dessen Ansichten und Plänen an. Sie war einverstanden damit, daß ihr Gemahl in Wahrung ihres Erbrechts 1688 die Expedition gegen England und ihren Vater unternahm und nach Jakobs Flucht neben ihr zum König ernannt und mit der Regierung betraut wurde. Nur die kirchlichen Angelegenheiten unterlagen wesentlich ihrer Leitung, und sie führte auch die Herrschaft, wenn Wilhelm von England abwesend war. Sie starb 7. Jan. 1695 an den Blattern. Auf ihren Wunsch errichtete ihr Gemahl das Marine-Invalidenhospital in Greenwich. Vgl. „Lettres et mémoires de la reine Marie“ (hrsg. von der Gräfin Marie Bentinck, Haag 1880); „Memoiren der Königin von England 1689–93“ (hrsg. von Döbner, Leipz. 1886).

[Etrurien.] 6) M. Luise, Königin von Etrurien, Tochter des Königs Karl IV. von Spanien und der Maria Luise von Parma, geb. 6. Juli 1782 zu Madrid, ward 1795 mit dem Infanten Ludwig von Bourbon vermählt, der 1801 zum König des neuen Reichs Etrurien erhoben wurde. Nach dessen Tod (27. Mai [237] 1803) wurde M. zur Regentin für ihren Sohn Karl Ludwig ernannt. Als das Königreich 1807 von den Franzosen besetzt wurde, ging sie nach Spanien. Nach ihres Vaters Abdankung (1808) lebte sie in Parma und erhielt dann Nizza als Aufenthaltsort angewiesen. 1811 versuchte sie nach England zu fliehen, doch ward der Plan vereitelt und M. in ein Kloster zu Rom gebracht, wo sie bis 1814 blieb. Durch den Wiener Kongreß erhielt sie für ihren Sohn das Herzogtum Lucca. Sie starb 13. März 1824 in Lucca. 1876 wurde sie vom Papst selig gesprochen. Ihre Memoiren („Mémoires de la reine d’Étrurie“) gab Lemierre d’Argy (Par. 1814) heraus.

[Frankreich.] 7) M. von Medici, Königin von Frankreich, die Tochter des Großherzogs Franz I. von Toscana und der Johanna von Österreich, geb. 26. April 1573 zu Florenz, vermählte sich 16. Dez. 1600 mit Heinrich IV. von Frankreich, dem sie 1601 den Dauphin, nachherigen Ludwig XIII., gebar. Wiewohl sehr schön, entfremdete sie sich doch ihren Gemahl durch ihr leidenschaftliches und herrschsüchtiges Wesen sowie durch ihre allerdings gegründete Eifersucht. Als Heinrich 1610 mit einem Heer nach Deutschland zur Unterstützung der Protestanten abgehen wollte, bestimmte sie ihn, sie zuvor, 13. Mai, zu St.-Denis krönen zu lassen. Am folgenden Tag ward der König von Ravaillac ermordet. Wiewohl der Verdacht laut wurde, daß M. um den Mordanschlag gewußt habe, ward sie doch durch die Bemühungen des Herzogs von Epernon vom Parlament zur Vormünderin ihres Sohns Ludwig XIII. und zur Regentin eingesetzt, bewies in dieser Stellung aber nur in Intrigen Gewandtheit. Ihr Hauptbestreben war auf Beschränkung der Rechte der Protestanten gerichtet. Um Anhänger zu gewinnen, streute sie die unter Heinrich IV. gesammelten Schätze mit vollen Händen aus. Marias Ratgeber waren namentlich die Botschafter Spaniens und Roms und der Mann ihrer Kammerfrau Leonore Galligaï, der Italiener Concini, den sie 1614 zum Marschall und Marquis d’Ancre beförderte. Dieser Umstand sowie die maßlose Verschwendung der Staatsgelder an Günstlinge, das Anwachsen der Schuldenlast und die willkürlichsten Hemmungen des Rechtsganges erregten laute Unzufriedenheit unter den zurückgesetzten Prinzen und Großen sowie unter dem gedrückten Volk. Auch nach der Mündigkeitserklärung des jungen Königs 1614 übte M. ihren Einfluß, bis endlich ersterer, von seinem Günstling Albert de Luynes aufgereizt, Concini 24. April 1617 niederschießen ließ und seine Mutter M. nach Blois verwies. Am 22. Febr. 1619 entfloh dieselbe jedoch mit Hilfe des Herzogs von Epernon nach Angoulême, versöhnte sich aber 30. April 1619 mit Ludwig XIII., kehrte nach Luynes’ Tod (14. Dez. 1621) nach Paris zurück und trat wieder an die Spitze des Staatsrats. Um sich ihren Einfluß zu sichern, verschaffte sie Richelieu einen Sitz im Ministerium, sah sich aber bald durch diesen von der Leitung des Staats verdrängt. Umsonst setzte sie alle Mittel in Bewegung, um den verhaßten Mann vom Hof zu entfernen; alle Künste scheiterten an der Festigkeit des Königs, Richelieu blieb in seiner Stellung, und M. wurde, als der Hof von Compiègne nach Paris übersiedelte, durch ein Schreiben ihres Sohns ersucht, sich auf einige Zeit in das Schloß von Moulins zu begeben (24. Febr. 1631). Bald darauf entfloh sie von da nach Brüssel zu ihrer Tante Isabella, der damaligen Regentin der Niederlande. Von Richelieu 1638 auch aus diesem Land vertrieben, begab sie sich nach England und zuletzt (Oktober 1641) nach Köln, wo sie 3. Juli 1642, fast in Dürftigkeit, starb. Paris verdankt ihr das schöne Palais Luxembourg, die öffentliche Promenade Cours la Reine, schöne Wasserleitungen und die Sammlung der allegorischen Gemälde Rubens’ im Louvre. Vgl. d’Estrées, Mémoires d’État sous la régence de Marie de Médicis (Par. 1666); Ponchartrain, Mémoires concernant les affaires de France sous la régence de Maria de Médicis (Haag 1720, 2 Bde.); Frau Thiroux d’Arconville, Vie de Marie de Médicis (Par. 1774, 3 Bde.); Miß Pardoe, The life of M. de Medicis (2. Aufl., Lond. 1852, 3 Bde.).

8) M. Theresia, Königin von Frankreich, Tochter König Philipps IV. von Spanien, geb. 10. Sept. 1638, wurde 1660, nachdem der Pyrenäische Friede 1659 die Heirat festgesetzt und M. allen ihren Rechten auf den spanischen Thron entsagt hatte, mit Ludwig XIV. von Frankreich vermählt. Hübsch, gut und bescheiden, genügte sie ihrem ehrgeizigen, thatkräftigen Gemahl, den sie zärtlich liebte, nicht und mußte es sich gefallen lassen, daß derselbe Mätressen den Vorzug gab und diese sogar an den Hof zog. Sie suchte Trost in strengen religiösen Übungen und starb 30. Juli 1683 in Versailles. Trotz ihres Verzichts auf ihr Erbrecht machte Ludwig XIV. dasselbe sowohl 1665 nach ihres Vaters Tod auf die spanischen Niederlande als 1700 auf Spanien selbst geltend.

9) M. Leszczynska, Königin von Frankreich, Tochter des Königs von Polen, spätern Herzogs von Lothringen, Stanislaus Leszczynski, geb. 23. Juni 1703, verlebte eine unruhige Jugendzeit, da ihr Vater aus Polen vertrieben wurde und erst 1719 im Elsaß ein bescheidenes Asyl fand, wurde aber von ihrem Vater vorzüglich erzogen und unterrichtet. Am 5. Sept. 1725 wurde sie mit dem sieben Jahre jüngern König Ludwig XV. von Frankreich vermählt, der sich ihr aber, als er herangewachsen war, allmählich entzog und sich in die Arme unwürdiger Mätressen stürzte. Einfach und bescheiden, aber doch nicht ohne Würde, verlebte sie ihre Tage in einsamer Zurückgezogenheit in Gesellschaft weniger Freunde und mit religiösen Übungen und Wohlthun beschäftigt. Sie starb 24. Juni 1768 in Versailles. Von ihren zehn Kindern überlebten sie nur vier Töchter. Vgl. „Lettres inédites de la reine M. L. et de la duchesse de Luynes au président Hénault“ (hrsg. v. Diguères, Par. 1886).

10) M. Antoinette, Königin von Frankreich, jüngste Tochter des Kaisers Franz I. und der Maria Theresia, geb. 2. Nov. 1755, wurde 16. Mai 1770 an den Dauphin von Frankreich, den nachmaligen König Ludwig XVI., vermählt und zwar gegen dessen Neigung, daher es M. Antoinette trotz ihrer körperlichen und geistigen Vorzüge nur allmählich gelang, sich die Liebe ihres Gemahls zu erwerben. Um so inniger war die Ehe fortan, während die Lebensweise der jungen unerfahrenen Königin, die sich oft über das Zeremoniell des Hofs von Versailles hinwegsetzte und schon als Österreicherin die Volksmeinung gegen sich hatte, zu vielfachen Verleumdungen Anlaß gab. Besonders die Halsbandgeschichte (s. d.) schadete dem Ruf der Königin außerordentlich und gab zu den abgeschmacktesten, aber geglaubten Gerüchten Anlaß. Der thätigste Gegner der Königin war der Herzog von Orléans, der durch die Geburt eines Dauphins 1781 die entfernte Aussicht auf die Thronfolge verloren hatte. Als 1789 die Nationalversammlung zusammengetreten war, pflichtete die Königin, die von jetzt an mehr Anteil an der Politik nahm, zuerst den Erweiterungen der Rechte des dritten Standes bei; als jedoch die Bewegungen der Volkspartei einen immer [238] drohendern Charakter annahmen, verhehlte sie nicht, daß sie im Adel eine Stütze des Throns erblicke und alles aufzubieten gedenke, dieselbe aufrecht zu erhalten. Sie galt daher für die Vertreterin der Reaktion. Ihre Gegenwart beim Gastmahl der Gardes du Korps 1. Okt. 1789 in Versailles gab neuen Stoff zur Verleumdung; man beschuldigte sie der Beleidigung der Nation, und Mirabeau wollte sie schon jetzt in der Nationalversammlung anklagen. Bei dem Sturm auf Versailles 5. Okt. war es eigentlich auf das Leben der Königin, die man Madame Veto nannte, abgesehen. Am folgenden Morgen verlangte der tobende Pöbel, sie zu sehen. Sie trat auf den Balkon heraus mit dem Dauphin auf dem Arm. Ihre Ruhe imponierte dem Haufen so, daß er applaudierte, und die Königin kehrte unversehrt zurück. Als sie mit dem König nach den Tuilerien übergesiedelt war, suchte sie denselben zu entschlossener Thätigkeit anzuspornen und knüpfte mit Mirabeau u. a. Unterhandlungen an, um die konstitutionelle Monarchie zu retten. Aber vergeblich bemühte sie sich, Vertrauen zu gewinnen. Es gelang ihr nie, populär zu werden. Der verunglückte Fluchtversuch (20. Juni 1791) verschlimmerte die Lage sehr, doch zeigte die Königin bei dem Verhör darüber eine hohe Sündhaftigkeit. Als 10. Aug. 1792 die Tuilerien erstürmt wurden, wo sie inmitten der Insulten des Pöbels eine majestätische Ruhe und Würde bewahrte, flüchtete sie mit dem König in den Saal der Nationalversammlung und wurde von da in den Temple in förmliche Gefangenschaft abgeführt. Im Dezember wurde sie vom König getrennt; anfangs durften sie noch zusammen essen, später untersagte man auch dies und verstattete ihr nur noch am Tag vor der Hinrichtung des Königs (20. Jan. 1793) eine Zusammenkunft mit ihrem Gemahl. Am 3. Juli trennte man sie auch trotz heftiger Gegenwehr von ihrem Sohn (Ludwig XVII.), und 1. Aug. wurde sie aus dem Temple nach dem Gefängnis der Conciergerie gebracht, wo sie nichts als ein schlechtes Feldbett, einen Lehnstuhl von Stroh und einen kleinen Tisch vorfand. Die Königin war in kurzer Zeit alt geworden und ihr Haar gebleicht. Am 14. Okt. wurde sie vor das Blutgericht gestellt. Die Anklageakte beschuldigte sie, mit dem Ausland konspiriert und den Bürgerkrieg angestiftet zu haben. M. Antoinette beantwortete alle Fragen mit großer Genauigkeit und Besonnenheit. Da klagte Hébert sie an, daß sie mit ihrem eignen Sohn in einem unnatürlichen, verbrecherischen Verhältnis gestanden habe. Anfangs überging M. Antoinette diesen Punkt mit Stillschweigen; als aber Hébert auf denselben zurückkam, wandte sie sich mit den Worten an die Zuhörer: „Wenn ich nicht geantwortet habe, so geschah es, weil die Natur sich sträubt, auf eine solche gegen eine Mutter gerichtete Beschuldigung zu antworten. Ich appelliere an alle anwesenden Mütter.“ Das Verhör dauerte den ganzen Tag und die darauf folgende Nacht; während desselben ward ihr gar keine Nahrung gereicht, und ein Gendarm, der ihr auf wiederholtes Bitten ein Glas Wasser verschaffte, erhielt von der Behörde einen Verweis. Ihr Todesurteil vernahm sie ohne sichtbare Gemütsbewegung. Erst als sie 16. Okt. früh 41/2 Uhr in ihr Gefängnis zurückkam, machte das gepreßte Herz sich durch einen Thränenstrom Luft. Gegen 7 Uhr wurde sie durch einen beeidigten Priester geweckt, der sie zum Tod vorbereiten sollte; sie verschmähte jedoch seinen Beistand. Um 11 Uhr kündigte man ihr an, daß alles bereit sei, und zwang sie, ihr schwarzes Kleid, das sie seit dem Tod Ludwigs getragen hatte, gegen einen weißen, zerrissenen Bettmantel zu vertauschen. Am Thor des Kerkers band man ihr die Hände, und sie bestieg den Karren. Die begleitende Gendarmerie war aus den wütendsten Sansculotten ausgesucht; den Karren umtönte das Geschrei: „Nieder mit der Tyrannei; es lebe die Republik!“ Sichern Schrittes bestieg sie das Blutgerüst; um 1/4 nach 12 Uhr fiel ihr Haupt. Es ward mit dem Ruf: „Es lebe die Republik!“ dem Volke gezeigt. Der Leichnam wurde in dieselbe Kalkgrube des Magdalenenkirchhofs gelegt, welche die Überreste Ludwigs XVI. aufgenommen hatte, 1815 aber nach St.-Denis gebracht, wo ihr ein schönes Grabdenkmal errichtet wurde. Vgl. Weber, Mémoires concernant Marie-Antoinette (Lond. 1806, 3 Bde.); Mad. Campan, Mémoires sur la vie privée de Marie-Antoinette (neue Ausg., Par. 1849; deutsch, Bresl. 1827); Goncourt, Histoire de Marie-Antoinette (deutsch, 3. Aufl., Wien 1867); Chambrier, Marie-Antoinette, reine de France (3. Aufl., Par. 1887); Yonge, Life of Mary Antoinette, queen of France (Lond. 1876, 2 Bde.); Campardon, Marie-Antoinette et le procès du collier (Par. 1863); Derselbe, Marie-Antoinette à la conciergerie (das. 1862); Huard, Mémoires sur Marie-Antoinette (das. 1865); Lescure, Marie-Antoinette et sa famille, d’après les nouveaux documents (4. Aufl., das. 1878); Combes, Marie-Antoinette et l’intrigue du collier (das. 1876); Lord Gower, The last days of M. A. (Lond. 1885); Arneth, Maria Theresia und M. Antoinette; ihr Briefwechsel (2. Aufl., Wien 1866); Derselbe, M. Antoinette, Joseph II. und Leopold II. (das. 1866); Arneth und Geffroy, Marie-Antoinette. Correspondance secrète entre Marie-Thérèse et le comte de Mercy d’Argenteau. Avec les lettres de Marie-Thérèse et de Marie-Antoinette (Par. 1873–74, 3 Bde.). Die von Hunolstein („Correspondance inédite de Marie-Antoinette“, Par. 1864) u. Feuillet de Conches („Louis XVI, Marie-Antoinette et Madame Elisabeth“, das. 1864–73, 6 Bde.) veröffentlichten Briefe der M. Antoinette sind Fälschungen.

11) M. Luise, Kaiserin der Franzosen, zweite Gemahlin Napoleons I., nach dessen Fall Herzogin von Parma, Piacenza und Guastalla, geb. 12. Dez. 1791, die älteste Tochter des Kaisers Franz I. aus dessen zweiter Ehe mit Maria Theresia von Neapel, wurde nach Napoleons Trennung von Josephine 2. April 1810 zu Paris mit demselben vermählt und gebar ihm 20. März 1811 einen Sohn, dem Napoleon schon vor seiner Geburt den Namen eines Königs von Rom verliehen hatte. 1813 bekleidete sie Napoleon mit einer machtlosen Regentschaft. Ihr Wunsch, dem Gemahl 1814 nach Elba zu folgen, wurde ihr nicht gewährt. Der Weisung ihres Vaters gemäß begab sie sich hierauf nach Schönbrunn, wo sie auch während der Hundert Tage mit ihrem Sohn blieb, obgleich sie von Napoleon eingeladen wurde, nach Paris zu kommen. In dem Vertrag von Fontainebleau ward ihr der Rang und Titel, den sie bisher geführt hatte, sowie der Besitz der Herzogtümer Parma, Piacenza und Guastalla zugesichert, deren Regierung sie 20. April 1816 übernahm. Der König von Rom blieb in Wien und erhielt nachher von Kaiser Franz den Titel „Herzog von Reichstadt“. 1822 vermählte sie sich in morganatischer Ehe mit dem Grafen Neipperg, den man ihr von Wien als Oberhofmeister mitgegeben hatte, und dem sie den Fürsten von Montenuovo gebar. Sie starb 17. Dez. 1847 in Parma. Vgl. Helfert, M. Luise, Erzherzogin von Österreich, Kaiserin der Franzosen (Wien 1873); Wertheimer, Die Heirat der Erzherzogin M. Luise mit Napoleon I. (das. [239] 1882); Mad. Durand (Ehrendame der Kaiserin), Mémoires sur Napoléon et Marie-Louise, 1810–14 (Par. 1885); Imbert de Saint-Amand, Marie-Louise (das. 1886, 3 Tle.); „Correspondance de Marie-Louise“ (das. 1887).

[Neapel.] 12) M. Sophie Amalie, frühere Königin von Neapel, Tochter des Herzogs Maximilian von Bayern, geb. 4. Okt. 1841 zu Possenhofen, ward 3. Febr. 1859 mit dem Kronprinzen von Neapel vermählt. Am 22. Mai 1859 bestieg ihr Gemahl nach dem Tod seines Vaters als Franz II. den Thron; doch gewann M. wenig Einfluß auf seine Regierung, die durch Garibaldis Zug nach Neapel ein baldiges Ende erreichte. M. folgte ihrem entthronten Gemahl nach Gaeta und zeigte bei der Belagerung dieser Festung großen Mut und hingebende Liebe in der Pflege der Verwundeten. Nach der Übergabe der Festung (13. Febr. 1861) ließ sie sich mit ihrem Gemahl zu Rom nieder, siedelte aber 1870 nach Bayern über. Ihre Ehe ist kinderlos.

13) M. Karoline, Königin von Neapel und Sizilien, s. Karoline 4).

[Portugal.] 14) M. II. da Gloria, Königin von Portugal, Tochter des Kaisers Dom Pedro I. von Brasilien und der Erzherzogin Leopoldine von Österreich, geb. 4. April 1819 zu Rio de Janeiro, wurde nach dem Tod ihres Großvaters, des Königs Johann VI. von Portugal, durch die Entsagungsakte ihres Vaters 2. Mai 1826 Königin von Portugal und 1827 mit ihrem Oheim Dom Miguel verlobt. Im Sommer 1828 sandte Dom Pedro M. unter Aufsicht des Marquis von Barbacena und des Grafen da Ponte nach Europa, damit sie am Hof ihres mütterlichen Großvaters, des Kaisers von Österreich, erzogen werde. Als aber ihre Begleiter in Gibraltar erfuhren, daß Dom Miguel sich unterdessen zum absoluten König von Portugal aufgeworfen hatte, führten sie die junge Königin nach London, um sich dort um Hilfe gegen den Kronräuber zu bewerben. Georg IV. empfing die junge Königin mit königlichen Ehrenbezeigungen; aber das Ministerium leistete ihr keine Hilfe, und M. kehrte daher im Oktober 1829 in Begleitung ihrer künftigen Schwiegermutter nach Brasilien zurück. Nachdem ihr Vater ihr den portugiesischen Thron erkämpft und Dom Miguel vertrieben hatte, ward sie 1833 in Lissabon als Königin ausgerufen und übernahm die Regierung 24. Sept. 1834, nachdem sie für majorenn erklärt worden. Ihre Ehe mit dem Bruder ihrer Stiefmutter, dem Prinzen August von Leuchtenberg, wurde schon nach drei Monaten (28. März 1835) durch den Tod des Prinzen gelöst, worauf sich M. 9. April 1836 mit dem Prinzen Ferdinand von Koburg-Kohary vermählte. M. war der Aufgabe nicht gewachsen, ein zerrüttetes Reich und ein vom Parteigeist beherrschtes Volk zu regieren, und machte sich überdies durch Eigensinn und Herrschsucht unbeliebt. Sie starb 15. Nov. 1853 im Wochenbett und hatte ihren ältesten Sohn, Dom Pedro V., zum Nachfolger.

[Schottland.] 15) M. von Guise, Königin von Schottland, geb. 22. Nov. 1515, Tochter Claudius’ von Guise, Herzogs von Lothringen, wurde 1534 mit Ludwig von Orléans, Herzog von Longueville, vermählt, der 1535 starb, dann 9. Mai 1538 mit König Jakob V. von Schottland und wurde nach dessen Tod 1542 Regentin des Königreichs. Sie versuchte der Ausbreitung der Reformation entgegenzutreten und erregte 1559 dadurch einen Aufstand, nach dessen Unterdrückung sie 10. Juni 1560 in Edinburg starb. Ihre einzige Tochter war Maria Stuart.

16) M. Stuart, Königin von Schottland, die Tochter Jakobs V. von Schottland und der Maria von Guise, geb. 8. Dez. 1542, fünf Tage vor dem Tod ihres Vaters, zu Linlithgow bei Edinburg, ward in St.-Germain am französischen Hof erzogen und 24. April 1558 mit dem Dauphin, dem nachmaligen König Franz II. von Frankreich, vermählt. Nach dem frühen Tod ihres Gemahls (5. Dez. 1560) beschloß M., da inzwischen (10. Juni 1560) auch ihre Mutter, die Regentin von Schottland, gestorben war, in ihre Heimat zurückzukehren. Da sie aber die Bestätigung des Edinburger Vertrags verweigerte, nach welchem sie Wappen und Titel einer Königin von England ablegen sollte, die sie wegen ihrer Abstammung von Margarete Tudor, einer Tochter Heinrichs VII., ihrer Großmutter väterlicherseits, bei der Thronbesteigung der Elisabeth angenommen hatte, lehnte die letztere ihr Gesuch, durch England reisen zu dürfen, ab, und M. mußte von Calais zur See nach Edinburg fahren. Am 14. Aug. 1561 verließ sie Frankreich und landete 19. d. M. in Schottland, wo sie vom Volk mit Jubel empfangen wurde und alles durch ihre Schönheit, Anmut und Leutseligkeit für sich gewann. Obwohl eine Gegnerin der protestantischen „Ketzerei“ und mit dem Papst und ihren Oheimen, den Guisen, in steter geheimer Korrespondenz, verhielt sie sich doch gegen die fanatischen, unduldsamen Puritaner, welche, John Knox an der Spitze, das niedere Volk beherrschten und gegen die Königin aufhetzten, gemäßigt und vorsichtig und folgte den Ratschlägen ihres Halbbruders James Stuart, Grafen von Murray. Sie vermählte sich 29. Juli 1565 mit dem jungen und schönen, aber geistig unbedeutenden und charakterlosen Lord Heinrich Darnley, der mit dem Haus Tudor und dem der Stuarts verwandt war, entzweite sich aber hierdurch mit den schottischen Großen, namentlich Murray, dessen Auflehnung gegen die Heirat sie mit gewaffneter Hand niederschlug, und gewann an ihrem Gemahl selbst weder einen Beirat noch eine Stütze. Die Ehe war eine unglückliche, und schon nach einem Jahr stellte sich Darnley an die Spitze einer Verschwörung und ließ den Geheimschreiber der Königin, David Riccio, auf den er ohne Grund eifersüchtig war, 9. März 1566 von ihrer Seite wegreißen und ermorden. Seitdem faßte M. gegen Darnley, dem sie 19. Juni einen Sohn, den spätern König Jakob VI., gebar, einen bittern Groll und schenkte ihre Neigung und ihr Vertrauen James Hepburn, Earl of Bothwell. Derselbe, obwohl erst seit kurzem verheiratet, erwiderte die Neigung der Königin, durch welche er die höchste Gewalt zu erringen hoffte, und verschwor sich mit einigen Edelleuten gegen das Leben Darnleys. Darnley erkrankte Anfang 1567 zu Glasgow an den Pocken; M. eilte an sein Krankenbett und bewog ihn nach einer Versöhnungsszene, die vielfach für erheuchelt gehalten wurde, nach Edinburg überzusiedeln, wo sie ihn in einem vor der Stadt gelegenen Haus, Kirk-a-Field, mehrere Tage und Nächte sorgsam pflegte. Am 9. Febr. 1567 abends begab sie sich nach Holyrood, um der Hochzeit einer ihrer Hofdamen beizuwohnen. Währenddessen ließ Bothwell das Gebäude durch Pulver in die Luft sprengen. Bei Anbruch des Tags (10. Febr.) fand man den König und einen Pagen tot im Garten liegen: sie waren erwürgt worden. Die öffentliche Stimme bezeichnete Bothwell als den Mörder, aber das Gericht und das Parlament sprachen ihn frei. M. ernannte ihn zum Großadmiral und ließ sich, nachdem Bothwells Ehe auf Grund naher Verwandtschaft gelöst worden, von ihm im April auf sein Schloß entführen und am 15. Mai in Holyrood [240] nach protestantischem und katholischem Ritus mit ihm trauen. Während M. von Bothwell tyrannisiert wurde, stieg der Unwille gegen sie und ihr Verfahren immer höher. Die Großen, darunter auch solche, die an dem Morde Darnleys selbst beteiligt waren, verbanden sich gegen Bothwell, und M., von ihren Truppen verlassen, sah keine andre Rettung, als ihren Gemahl zu verlassen und sich in die Arme der Verbündeten zu werfen (Juni 1567). M. wurde von diesen erst nach Edinburg, dann nach dem Schloß Lochleven gebracht, wo sie durch die Drohung mit einer Anklage auf Mord zum Verzicht auf die Krone zu gunsten ihres Sohns und zur Anerkennung des Grafen Murray als Regenten genötigt wurde. Am 25. Juli ward ihr einjähriger Sohn in Stirling als Jakob VI. zum König gekrönt. Zwar entkam M. 2. Mai 1568 mit Hilfe von George Douglas aus der Haft, rief ihre Freunde zu ihrem Beistand auf und sammelte ein Heer von 6000 Mann um sich; aber Murray schlug und zerstreute 13. Mai bei Langside dasselbe, und nun faßte M. den unglücklichen Entschluß, bei der Königin von England Hilfe zu suchen. Nach einem Gewaltritt von drei Tagen über Heiden und Wälder erreichte sie die Solwaybai und setzte von da in einem Fischerkahn nach Carlisle über (16. Mai), von wo sie an Elisabeth einen rührenden Brief schrieb. Die englische Königin war anfangs geneigt, M. gut aufzunehmen, wurde aber durch ihren leitenden Minister Cecil (Lord Burleigh), der die katholische Thronprätendentin in sicherm Gewahrsam zu halten wünschte, umgestimmt und verweigerte ihr auch die von ihr erbetene persönliche Zusammenkunft, bis sie sich von dem Verdacht des Mordes ihres Gemahls gereinigt haben würde; auf Bolton Castle wurde M. in Sicherheit gebracht.

Zum Behuf der Untersuchung ihrer Schuld wurde eine Kommission von englischen Lords niedergesetzt, vor welcher Murray in eigner Person die Königin der Teilnahme an Darnleys Mord anklagte und M. sich durch den Bischof Leslie und einige andre Anhänger verteidigen ließ. Die Kommission, die erst zu York, sodann zu Westminster tagte, kam zu keinem Resultat, weil Elisabeth weder eine Verurteilung noch eine völlige Freisprechung wünschte; aber M. blieb in Haft und wurde von einem festen Schloß zum andern (unter andern Tutbury, Wingfield, Sheffield) geführt, um den wiederholten Versuchen zu ihrer Befreiung vorzubeugen. Eine Schilderhebung des katholischen Adels im Norden Englands, um M. zu befreien und den Protestantismus zu stürzen, wurde 1569 niedergeschlagen. Trotzdem blieb M., obwohl sie selbst nur ihr Thronrecht nach Elisabeths Tod gesichert wissen wollte, doch ebendieses Thronrechts wegen der Mittelpunkt der vereinigten Bestrebungen des von den Jesuiten geleiteten Papsttums, Spaniens und Frankreichs, die katholische Kirche durch Elisabeths Beseitigung in England wieder zur Herrschaft zu bringen. M. und ihre Anhänger waren daher Opfer der Abwehr und des Rückschlags gegen diese papistisch-spanische Propaganda. Der Herzog von Norfolk, der M. heiraten wollte, deshalb mit ihr im Briefwechsel stand und von Rom und Madrid Gelder für eine bewaffnete Erhebung empfing, wurde nach Entdeckung des Komplotts im Januar 1572 hingerichtet. M. selbst, nicht streng bewacht, hatte von den Umtrieben und Plänen der katholischen Parteien Kunde, nahm lebhaften Anteil an ihnen und hielt sowohl an ihrem Thronrecht als an ihrer Religion hartnäckig fest. Die Sicherheit und Wohlfahrt des englischen Volkes forderten gebieterisch, daß die Ursache dieser Beunruhigung, M., unschädlich gemacht werde. Die Entdeckung einer Verschwörung fanatischer Katholiken unter Anton Babington (1586) zur Ermordung Elisabeths und Befreiung Marias hatte endlich zur Folge, daß letztere selbst der Teilnahme an diesen Plänen angeklagt und kraft eines Parlamentsstatuts von 1584 vor ein Gericht von 40 der angesehensten Peers und 5 Oberrichtern im Schloß Fotheringhay in der Grafschaft Northampton gestellt wurde. Anfangs erklärte M., daß sie als eine unabhängige Fürstin sich einem Verhör durch Unterthanen nicht unterwerfen könne; aber auf die Vorstellung, daß sie ihrem Ruf auf diese Weise am meisten schade, ergab sie sich und stand den Richtern Rede. Ihre Verbindung mit fremden Mächten sowie die Mitwissenschaft an der Babingtonschen Verschwörung gab sie zu; nur, jemals einen Mordversuch gegen Elisabeth gebilligt zu haben, leugnete sie standhaft. Auf Grund der Aussagen ihrer Schreiber Nau und Curle sprachen dennoch die Richter 25. Okt. gegen M. das Todesurteil aus; das Parlament bestätigte dasselbe und verlangte von Elisabeth zur Erhaltung der Religion und zur Sicherheit des Reichs und ihrer eignen Person seine Vollstreckung. Elisabeth schwankte lange; sie wünschte das Aufsehen einer öffentlichen Hinrichtung zu vermeiden und ließ dem Hüter der Gefangenen, Sir Amias Paulet, einen Wink erteilen, jener durch Gift zuvorzukommen. Aber Paulet wies den Antrag zurück. Endlich, 1. Febr. 1587, nachdem eine neue Verschwörung gegen ihr Leben entdeckt war, unterzeichnete Elisabeth ungeachtet der Intervention der katholischen Höfe für die Begnadigung Marias das Todesurteil und gab es sodann dem Staatssekretär Davison mit dem Befehl, es mit dem Reichssiegel zu versehen. Burleigh und mehrere Mitglieder des Geheimen Rats beschlossen darauf, ohne eine nochmalige Anfrage an die Königin, deren Unentschlossenheit sie kannten, den Spruch sofort vollstrecken zu lassen. Die Grafen von Shrewsbury und Kent eilten mit dem Todesurteil nach Fotheringhay, wo sie 7. Febr. 1587 der Gefangenen ihre Hinrichtung ankündigten. M. vernahm die Eröffnung mit großer Bewegung, faßte sich aber bald, aß heiter zu Abend, schlief dann einige Stunden und brachte den Rest der Nacht im Gebet zu. Der von ihr erbetene Beistand eines katholischen Geistlichen ward ihr abgeschlagen; den protestantischen Geistlichen, den man ihr aufdringen wollte, wies sie zurück. Am Morgen des 8. Febr. genoß sie eine Hostie, vom Papst Pius V. selbst geweiht, welche sie längst für den entscheidenden Augenblick aufgespart hatte. Dann legte sie ein schwarzes Samtkleid an, stieg in majestätischer Würde und Haltung aus ihrem Gemach in den Saal, wo das Gericht über sie abgehalten worden, und legte ihr Haupt selbst auf den Block, indem sie mit lauter Stimme rief: „Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist“. Darauf fiel ihr Haupt unter dem Beil des Henkers. So starb sie im 19. Jahr ihrer Gefangenschaft, im 45. ihres Lebens; sie war schon sehr gealtert, hatte aber ihre grauen Haare zu verbergen gewußt. Ihr Leichnam ward in der Kathedrale zu Peterborough beigesetzt. Ihr Sohn Jakob VI., der nichts für ihre Befreiung und Rettung gethan, ließ, als er König von England geworden war, den Sarg der Mutter zu Westminster beisetzen und ihr ein marmornes Grabmal errichten sowie das Schloß Fotheringhay zerstören. In London empfing man die Kunde von Marias Tod mit Jubel. Als man Elisabeth die Nachricht brachte, zeigte sie große Bestürzung, verwünschte den unseligen Diensteifer ihrer Räte und strafte Davison mit einer Geldbuße von 10,000 Pfd. Sterl., die ihn an den Bettelstab brachte. Marias [241] tragisches Geschick hat zu mehreren dramatischen Bearbeitungen (von Alfieri, H. Köster, Marie v. Ebner-Eschenbach, L. Schneegans u. a.) Anlaß gegeben; die namhafteste ist Schillers Drama „M. Stuart“, dessen Gesamteindruck mit dem der Geschichte übereinstimmt. Vgl. Miß Benyer, Memoirs of the life of Mary, queen of Scots (Lond. 1823, 2 Bde.); Mignet, Geschichte der M. Stuart (deutsch, 3. Aufl., Leipz. 1869); Miß Strickland, Life of Mary, queen of Scots (neue Ausg., Lond. 1873, 2 Bde.); Wiesener, Marie Stuart et le comte de Bothwell (Par. 1863); Caird, Mary Stuart, her guilt or innocence (2. Aufl., Lond. 1866); Gauthier, Histoire de Marie Stuart (2. Aufl., Par. 1875, 2 Bde.); Chantelauze, Marie Stuart, son procès et son exécution (das. 1876); Gaedeke, M. Stuart (Heidelb. 1879); Opitz, M. Stuart (Freiburg 1879–83, 2 Bde.); Becker, M. Stuart, Darnley und Bothwell (Gießen 1881); „Lettres, instructions et mémoires de Marie Stuart“ (hrsg. von Prinz Alex. Labanoff, Lond. 1844, 7 Bde.); Claude Nau (Sekretär der Königin), History of Mary Stewart from the murder of Riccio until her flight into England (hrsg. von Stevenson, Edinb. 1883); Sepp, Prozeß gegen M. Stuart (Münch. 1886); dazu die Briefe an Bothwell (hrsg. von Breßlau im „Historischen Taschenbuch“ 1882 und in der „Historischen Zeitschrift“, Bd. 52), über deren Echtheit neuerdings eine lebhafte Diskussion sich erhoben hat; vgl. darüber den Aufsatz von Zschech in den „Preußischen Jahrbüchern“, Bd. 56, S. 435 ff.

[Spanien.] 17) M. Luise, Königin von Spanien, Gemahlin König Karls IV. von Spanien, Tochter des Herzogs Philipp von Parma, geb. 9. Dez. 1751, wurde 1765 mit dem Infanten Don Karlos vermählt. Klug und ihrem Gemahl geistig weit überlegen, wußte sie es bald dahin zu bringen, daß ihr der König, nachdem er 14. Dez. 1788 den Thron bestiegen, die Regierungsgeschäfte überließ. Aber neben der Herrschsucht beseelte sie eine wilde, zügellose Sinnlichkeit, und obwohl unansehnlich, ja häßlich, hatte sie eine Schar von Liebhabern, mit denen sie den gemeinsten Lüsten frönte. Ein Verhältnis, in welchem sie noch als Prinzessin von Asturien mit dem ältern Godoy stand, trennte König Karl III. dadurch, daß er Godoy aus Madrid verwies. Dafür trat nun die Prinzessin mit des Verwiesenen Bruder Manuel Godoy (s. d.), dem nachherigen Herzog von Alcudia, in ein Verhältnis, und derselbe wurde, nachdem 1792 Floridablanca gestürzt war, der fast unumschränkte Beherrscher Spaniens. Die Königin opferte ihm sogar ihren ältesten Sohn, den Prinzen von Asturien, Ferdinand, den sie vom Thron ausschließen wollte. Aus diesen Hofränken entspannen sich die häßlichen Vorgänge 1807 und 1808, die schließlich dazu führten, daß die spanische Königsfamilie von Napoleon in Bayonne zum Verzicht auf den Thron gezwungen wurde. M. wurde nach Compiègne gebracht, lebte dann in Marseille und in Nizza und ging endlich nach Rom, wo sie 2. Jan. 1819 starb.

18) M. Christine, Witwe Ferdinands VII., Regentin von Spanien, s. Christine 2).

19) M. Christine, Königin von Spanien, geb. 21. Juli 1858, Tochter des Erzherzogs Karl Ferdinand von Österreich, vermählte sich 29. Nov. 1879 mit dem König Alfons XII. von Spanien, nach dessen Tod (25. Nov. 1885) sie die Regentschaft übernahm; 17. Mai 1886 gebar sie einen Sohn, den König Alfons XIII.

[Ungarn.] 20) M., erste Gemahlin Kaiser Siegmunds, geb. 1370, Tochter Ludwigs d. Gr., wurde in der Wiege mit Siegmund von Luxemburg verlobt, brachte diesem, als sie sich nach dem Tod ihres Vaters 1385 mit ihm vermählte, das Königreich Ungarn zu und entsagte, nachdem Siegmund sie 1387 aus den Händen der Rebellen befreit hatte, allen Rechten auf die Regierung zu dessen gunsten. Sie starb kinderlos 17. Mai 1395. Vgl. A. Biel, De Maria Hungariae non rege sed regina (Leipz. 1744).

21) M., Tochter Philipps des Schönen von Burgund und Johannas der Wahnsinnigen, geb. 13. Sept. 1505 zu Brüssel, wurde 1522 mit Ludwig II. von Ungarn vermählt und bildete die Seele der Hofpartei. Nach dessen Tod (1526) übertrug ihr Bruder Karl V. ihr 1531 die Statthalterschaft der Niederlande, die sie 24 Jahre, mit Kraft und Klugheit regierte. Sie unterstützte ihren kaiserlichen Bruder bei seinen Kriegen gegen Frankreich und beförderte namentlich 1551 den Plan der Übertragung des Kaisertums auf Philipp II. Sie legte ihr Amt bei der Abdankung Karls V. 1555 nieder und zog sich nach Spanien zurück; wo sie 17. Okt. 1558 in Cigales starb.

22) M. Christine Karoline Adelaide Françoise Leopoldine, Herzogin von Württemberg, geb. 12. April 1813 zu Palermo, Tochter des Königs Ludwig Philipp von Frankreich, zeigte viel Talent für die Kunst und führte eine Statue der Jeanne d’Arc für das historische Museum von Versailles aus. Später schuf die Prinzessin noch eine Peri, welche die Thränen eines reuigen Sünders Gott zu Füßen legt, den am Eingang des Himmels wachenden Engel, die Büsten der Königin der Belgier und ihres Sohns, eine Gruppe des Ahasverus und der Rahel sowie zwei vortreffliche Reitergruppen. Am 17. Okt. 1837 vermählte sie sich mit dem Herzog Friedrich Wilhelm Alexander von Württemberg. Der Schrecken bei einem Brand ihres Palastes in Gotha untergrub ihre Gesundheit; sie starb 6. Jan. 1839 in Pisa.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 553
Indexseite

[553] Maria, 2) M., Königin von Bayern, Witwe König Maximilians II., starb 17. Mai 1889 in Hohenschwangau und ward in München neben ihrem Gemahl beigesetzt.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 597
korrigiert
Indexseite

[597] Maria, 1) M. Theresia, deutsche Kaiserin. 1888 wurde das österreichische Infanterieregiment Nr. 32 nach ihrem Namen benannt. Zur Litteratur: v. Arneth, M. Theresia (Leipz. 1888); G. Wolf, Aus der Zeit der Kaiserin M. Theresia (Wien 1888); Herrmann, M. Theresia als Gesetzgeberin (das. 1888).

4) M. I., Königin von England. Vgl. Zimmermann, M. die Katholische (Freiburg 1890).

10) M. Antoinette, Königin von Frankreich. Vgl. F. de Vyré, Marie-Antoinette, sa vie, sa mort (Par. 1889); Chaix d’Est-Ange, Marie-Antoinette et le procès du collier (das. 1889); de la Rocheterie, Histoire de Marie-Antoinette (das. 1890, 2 Bde.); P. de Nolhac, La reine Marie-Antoinette (das. 1890).

16) M. Stuart, Königin von Schottland. Vgl. Henderson, The casket letters and Mary queen of Scots (Edinb. 1889); Kervyn de Lettenhove, Marie Stuart, l’œuvre puritaine, le procès, le supplice (Par. 1889); Bell, Mary queen of Scots (Lond. 1890, 2 Bde.).