Melpomene/Band 1/004 Auf den Tod Seiner Majestät Friederichs, des ersten Königs von Würtemberg

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aus: Melpomene
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[17]

4. Auf den Tod Seiner Majestät Friederichs, des ersten Königs von Würtemberg.

Melod. II.

1. Hier schlummert Friederich der Große,
Der erste König Würtembergs,
Und ruht im kühlen Erdenschoosse
Am Ende seines Tagewerks;
Er legte ab die Königskron,
Und stieg empor zu Gottes Thron.

2. Auf hohem Fürstenthron gebohren
Ward von der weisen Vorsicht Hand
Er zum Regenten auserkohren
Für unser theures Vaterland,
Und Ihm der Unterricht zu Theil
Für seiner Unterthanen Heil.

3. Begabt mit allen Eigenschaften
Begriff sein heller Geist geschwind
Die Summe aller Wissenschaften,
Die einem Herrscher nöthig sind,
Wo mit erleuchtetem Verstand
Er stets ein edles Herz verband.
[18]
4. Er wählte Preisens großen König
Den Friederich zum Exemplar,
Und schon in Bälde fehlte wenig:
Daß Er demselben ähnlich war;
Dann diente Er aus freyer Wahl
In Rußlands Heer als General.

5. Dann trat Er kühn dem Feind entgegen,
Der zahlenlos am Rhein erschien,
Um ihn zum Rückzug zu bewegen
Mit weisheitvollem Heldensinn,
Und nur vor seiner Übermacht
War auf den Rückzug Er bedacht.

6. Und als Europa zwanzig Jahre
Erschüttert war vom Kriegessturm,
So stand, gegründet auf das Wahre
Und Rechte, Er als wie ein Thurm,
Und schwang zum wohlverdienten Lohn
Sich auf zu seinem Königsthron.

7. Allein wie fielen seinem Herzen
Die Friedensopfer doch so schwer!
Sein Vaterauge schwam vor Schmerzen
In einem heissen Thränenmeer,
Als Er sein schönstes Heldenkohr
In Rußlands blut’gem Krieg verlor.

8. Nun schloß Er mit Europas Mächten
Aus freyer Wahl ein Freundschaftsband,
Die deutsche Freiheit zu erfechten
Die uns geraubt der Feinde Hand,
Und zog mit seinem Kriegesheer
Mit ihnen aus zu Sieg und Ehr.
[19]
9. Er gab den Kronprinz ihm zum Führer
Auf seiner neuen Heldenbahn,
Und dieser gieng mit Lust zu ihrer
Begeisterung voll Muth voran,
Und führte sie voll Tapferkeit
Mit weiser Vorsicht in den Streit.

10. Er führte sie voll Heldenmuthes
Bei Montereau in Kampf und Schlacht,
Und zog zur Schonung ihres Blutes
Nur vor zu großer Übermacht
Der Feinde, welch ein Heldenstück!
In schönster Ordnung Sich zurück.

11. Allein Er rückte plötzlich wieder
Voran mit neuem Heldenmuth,
Und schlug die Reihn der Feinde nieder,
Als wie die Saat der Schlossen Wuth,
Besetzte Sens und bald Paris,
Das der besiegte Feind verließ.

12. So hatte uns den holden Frieden
Der Fürsten Allianz gebracht,
Und Friederich war ohn’ Ermüden
Auf seines Volkes Wohl bedacht,
Und heilte bald in Fried und Ruh
Des Krieges blut’ge Wunden zu.

13. Er führte, dieses zu bezwecken,
Die ständische Verfassung ein,
Um das Vertrauen zu erwecken:
Er woll Sich nur dem Volke weihn,
Und schloß nach seines Herzens Rath
Sogleich mit Rom ein Konkordat.
[20]
14. Voll Vaterlieb organisirte
Er der Regierung weisen Plan,
Nach dem er liebevoll regierte
Und stellte weise Räthe an,
Nahm Selbst an der Regierung Theil
Zu seiner Unterthanen Heil.

15. Er herrschte streng nach den Gesetzen,
Die Er zu unserm Wohle gab,
Und sollte Jemand sie verletzen,
So brach Er ihm sogleich den Stab.
Mit steter Unparteilichkeit;
Doch war Er gnädig jederzeit.

16. Er strafte mächtige Verbrecher,
Als wie den schwachen Bösewicht,
Und war der armen Unschuld Rächer,
Gerecht und weis war sein Gericht:
Doch fand die wahre Besserung
Gewiß bei Ihm Begnadigung.

17. Hingegen wurden die Verdienste
Belohnt von seiner Vaterhand,
Und hätte sie der Allermindste,
Er war ihm gnädig zugewandt.
Das Strafen schmerzte seine Brust,
Und Wohlzuthun war seine Lust.

18. Kein Wunder also, wenn die Bösen,
Aus Furcht vor seinem Strafgericht,
Ihm immer abgeneigt gewesen,
Troz ihrer Unterthanenpflicht,
Die ihnen ihre Obrigkeit
Wie Gott zu ehren streng gebeut.
[21]
19. Aus dieser bösen Herzensquelle
Entsprang der kühne Mordanschlag,
Der, als ein Werkzeug aus der Hölle,
Zum Königsmord bereitet lag;
Zum Glücke war dieß Attentat
Entdekt, eh es gereift zur That.

20. Doch wehe den Regentenmördern,
Die offenbar hienieden schon
Den nahen Untergang befördern
Für ihre ganze Nation,
Die kühn sich gegen Gott empört;
Wie deutlich die Geschichte lehrt.

21. Nicht so die braven Würtemberger;
Sie lieben ihren König treu,
Indem ja kein Verbrechen ärger,
Als Majestätsverbrechen sey,
Und sicher ist auf seinem Thron.
Des Königs heilige Person.

22. Denn Allen machts der beßte König
Bei größter Weisheit niemal recht,
Selbst den Gesetzen unterthänig,
Ist Er, des höchsten Königs Knecht,
Und muß ihm einst von jeder Kraft
Ablegen strenge Rechenschaft.

23. So ward vom Höchsten abgefodert
Der erste König Würtembergs,
Und während seine Hülle modert
Am Ende seines Tagewerks,
Geniesset schon den Tugendlohn
Sein Geist bei Gottes Gnadenthron.
[22]
24. Denn immer hielt Er Sich zum Sterben
Bereitet auf der Bahn der Pflicht,
Den Lohn der Tugend zu erwerben
Beim strengen göttlichen Gericht,
Und machte noch sein Testament.
Fünf Jahre schon vor seinem End.

25. Auf einmal kam ganz unerwartet
Ein unbedeutender Katharr,
Der doch in kurzem ausgeartet
In einen Krampf der Lunge war;
Verstärkt kam öfter dieser Krampf,
Und brachte seinen Todeskampf.

26. Und ach! drei lange Tage währte
Der fürchterlichste Todeskampf,
Weil stets der Anfall wiederkehrte
Mit immer neu verstärktem Krampf;
Allein Er trug der Schmerzen Wuth
Mit unbesiegtem Heldenmuth.

27. Am Ende mußte unterliegen,
Den Schmerzen seine Kraftnatur,
Und Ihn des Todes Macht besiegen;
Es schwand der Hoffnung letzte Spur:
Gelähmet war der Lunge Kraft,
Und Er vom Tode hingerafft.

28. Die Pulse wurden immer schwächer,
Es kam sein letzter Athemzug;
Er trank den bittern Todesbecher,
Indem Gott sprach: Es ist genug.
Er rief in seiner Todesnacht,
Wie Jesus aus: Es ist vollbracht.
[23]
29. So starb nach weiser Vorbereitung
Der große König Friederich,
Und übergab Sich Gottes Leitung;
Und sicher nahm Ihn Gott zu sich,
Und zeiget Ihm bei dem Gericht
Gewiß ein holdes Angesicht.

30. Bei seiner Leiche stehn die Sprossen
Des königlichen Stamms umher
In einem Thränenstrom zerflossen;
Denn ach! ihr Vater ist nicht mehr!
Und des Kronprinzen Heldenherz
Erbebte bei der Trennung Schmerz.

31. Mit Blitzesschnelle fuhr die Kunde
Von seinem Tod durchs ganze Reich
Vertausendfacht in Merkurs Munde,
Und traf als wie ein Donnerstreich
Der Unterthanen treues Herz,
Und unbeschreiblich ist ihr Schmerz.

32. So starb im schönsten Mannesalter
Der große König Friederich
Von Würtemberg, Dem als Verwalter
Des Reiches nie der Stern verblich,
Der Ihm im Wohl fürs Vaterland
Stets unverrückt vor Augen stand.

33. Deswegen schwimmt an seinem Grabe
Des Vaterlandes Genius
Gebeugt an dem gebrochnen Stabe
In einem heissen Thränenfluß,
Und blickt durch seinen Trauerflor
Zu dem verlassnen Thron empor.
[24]
34. Auf einmal sieht mit holden Blicken
Er des Verklärten ersten Sohn,
Hebt Ihn voll Wonne und Entzücken
Auf den verwaisten Königsthron,
Und gibt für den verlornen Schatz
Ihn uns als König zum Ersatz.

35. Voll Hoffnung heben heitern Blickes
Wir unterm düstern Trauerflor
Zum Unterpfande unsres Glückes
Das tief gebeugte Herz empor
Zum König Wilhelm, Dessen Geist
Den Vater zu ersetzen weist.

36. Laßt uns daher die Thränen hemmen,
Die uns des Königs Tod erpreßt,
Und uns nach Gottes Rath bequemen,
Der ja die Seinen nie verläßt,
Und uns der Hoffnung festen Stab
In unserm König Wilhelm gab.

37. Nun ruhe sanft, zu früh Verklärter!
Erhoben zu des Höchsten Thron,
Geniesse dort als treu Bewährter
Den wohlverdienten Tugendlohn,
Wo Du als ein erprobter Fürst
Mit Gott auf ewig herrschen wirst.

Anmerkungen (Wikisource)

Trauergedicht auf Friedrich I. Wilhelm Karl (* 6. November 1754 in Treptow an der Rega in Hinterpommern; † 30. Oktober 1816 in Stuttgart), der 1806–1816 als erster König Württemberg regierte.

Jungs Errata (Bd. 2, S. 293) wurden in den Text eingearbeitet.