Ophelia (Die Gartenlaube 1892/24)

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Textdaten
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Autor: G.
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Titel: Ophelia
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aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 771
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[760]

Original im Besitze der Kunsthandlung von S. Czeiger in Wien.
Ophelia.
Nach einem Gemälde von J. Hamza.

[771] Ophelia. (Zu dem Bilde S. 760 und 761) Eine der lieblichsten Mädchengestalten Shakespeares ist Ophelia im „Hamlet“. Sie hat etwas Zartes, duftig Verschleiertes, und dieser Schleier, der über ihrem Seelenleben liegt, hat sogar zu verschiedenen Auffassungen desselben Anlaß gegeben. Namentlich über ihr Verhältniß zu Hamlet gehen die Ansichten auseinander, da auch die große Scene zwischen dem Dänenprinzen und ihr, am Anfang des dritten Aktes, darüber keine Klarheit bringt, weil der Prinz mit genialem Humor Tollheit heuchelt und an den Grenzen derselben sich bewegt. Auch über den Wahnsinn der Ophelia finden sich nur Andeutungen. Als ihr Hamlet den berühmten Rath ertheilt: „Geh’ in ein Kloster, Ophelia!“ da jammert sie über die Geistesstörung des Prinzen:

„O welch ein edler Geist ist hier zerstört!“

und als sie wieder auftritt, da ist ihr eigener Geist vollkommen zerrüttet. Was dazwischen liegt, muß der Leser, der Zuschauer aus den Anhaltspunkten in ihren irren Reden ergänzen.

Das Bild von J. Hamza zeigt uns die Scene im vierten Akt des Shakespeareschen Trauerspiels, den Augenblick, in dem das arme Mädchen, phantastisch mit Kräutern und Blumen geschmückt, vor der Königin erscheint und ihr Blumen überreicht, Vergißmeinnicht und Rosmarin. Geisterhaft blaß erscheint die Wahnsinnige, aber der Maler läßt uns doch die Worte des Laërtes verstehen:

„Schwermuth und Trauer, Leid, die Hölle selbst
Macht sie zur Anmuth und zur Artigkeit.“

Der hitzköpfige Bruder Laërtes steht im Hintergrunde, voll tiefen Schmerzes; er ist eben mit bewaffnetem Gefolge in das Königsschloß eingedrungen, um von dem König Rechenschaft zu fordern wegen der Ermordung des Vaters, und auch jetzt ruht sein scharf beobachtender Blick auf dem Herrscher, der zusammengeknickt und düster brütend im Vordergrunde sitzt. Die Königin faltet, erschüttert durch den schmerzlichen Vorgang, die Hände, sie hat nichts Gebieterisches, eher etwas sinnlich Weichliches in ihrem ganzen Wesen, wodurch ja auch die Schuld ihrer Vergangenheit erklärlich gemacht wird. Jedenfalls hat der Maler die Charakterköpfe der Shakespeareschen Dichtung treffend wiedergegeben.G.