Schauerliche Nachtruhe

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Textdaten
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Autor: B. B.
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Titel: Schauerliche Nachtruhe
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 42, S. 674
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1869
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[674] Schauerliche Nachtruhe. Von einem schlesischen Beamten erhalten wir folgende Mittheilung: „Im Jahre 1864 machte ich den Feldzug gegen Dänemark als Unterofficier mit. Bald nach Erstürmung der Düppeler Schanzen erhielt mein Regiment den Befehl, nach Jütland zu marschiren, wo wir nach vielem Hin- und Herwandern in der Gegend von Aarhuus Cantonnements bezogen. Ich selbst kam mit etwa acht Mann zu einem Bauern und erhielt, wie dies meistens der Fall war, den Aufenthalt für mich und meine Leute in einer Scheuer angewiesen. An dem nämlichen Tage aber feierte einer unserer Cameraden seinen Geburtstag und war galant genug, mich und Andere zu sich in sein Quartier einzuladen, um dort bei einem Spiel und einem Gläschen Schnaps – weiter gab es Nichts – den festlichen Tag zu begehen. Aber die Stunden verschwanden, aus einem Gläschen wurden mehrere und es war schon ziemlich nach Mitternacht, als ich, leider nichts weniger als nüchtern, mich auf den Weg machte, in mein Quartier zu kommen. Nach kurzer Zeit erreichte ich das Gehöfte und fand dort Alles in tiefem Schlummer. In der Meinung, ich sei in der Scheuer, wo ich am Tage selbst mein Lager in einem leerstehenden Futterkasten in Mitte meiner Soldaten bereitet hatte, tappe ich in der Finsterniß herum und greife nach meinem Futterkasten, finde aber darin zum größten Erstaunen Jemanden, der meine Abwesenheit benützt haben mochte, sich statt des Lagers auf nackter Erde eine bequemere Ruhestatt auszuwählen.

Im Gefühle meines Rechts rief ich nach dem frechen Eindringling, erhielt aber keine Antwort; ich schüttelte und rüttelte an ihm – Alles vergebens; endlich, da ich in Folge des genossenen Getränkes, das meine Sinne stark getrübt haben mußte, den in mir aufsteigenden Zorn nicht mehr zu bewältigen wußte, packte ich den Kerl, den ich für einen meiner Leute hielt, und expedirte ihn ohne Weiteres zum Kasten hinaus. Kaum vernahm ich mehr seinen dumpfen Fall und legte mich schlafen. Am nächsten Morgen sind meine Leute natürlich äußerst verwundert, mich nicht in der Scheune zu sehen; sie durchsuchen Alles und treten auch in einen an die Scheune stoßenden Schuppen. Dort allerdings finden sie mich, noch schlafend – aber in einem Sarge und auf dem Boden die Leiche eines alten Mütterchens von einigen siebenzig Jahren. Die gute Frau war, wie wir später erfuhren, den Tag vorher gestorben, und weil die Einquartierung den Raum so beschränkte, hatte man die Leiche hierher gebracht. Schneller, als ich in den Sarg gekommen, war ich aus demselben; meine Leute aber hoben das Mütterchen mit aller Sorgfalt vom Boden und legten es wieder auf das traurige Lager, auf dem ich übrigens besser geschlafen hatte, als vor- oder nachher manchmal im bequemen Bett. Dann eilten wir aus dem Schuppen, nicht ohne uns Stillschweigen angelobt zu haben – denn wir wollten den Leuten im Hause kein Aergerniß geben.“ B. B.