Schwedische Volkslieder (Das Ausland, 1828)

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Titel: Schwedische Volkslieder
Untertitel:
aus: Das Ausland, Nr. 106-109; 113; 115 S. 421-422; 427-428; 431-432; 451-452; 460;
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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[421]

Schwedische Volkslieder.


Es sind diese sämmtlichen Lieder aus der höchst verdienstlichen Sammlung alter schwedischer Volksgesänge übersetzt, welche Geijer und Afzelius veranstaltet haben. Sie erschien unter dem Titel: Svenska Folk-Visor fran forntiden, samlade och utgifne af Er. Gust. Geijer och Arv. Aug. Afzelius. Första Delen. Stockholm 1814, hos Strinnholm och Häggström; Andra Delen. Stockholm, 1816, hos Zacharias Haeggström ; tredje Delen, med öfversettningar af motsvarande Skottska Folksanger; ibid. 1816 in gr. 8. In drei begleitenden Heften sind die alten Volksmelodien mitgegeben. Die Sammlung ist mit dem ausgezeichnetsten Fleiße gemacht und nimmt eine Hauptstelle in der Literatur des Volksgesanges ein. Die Herausgeber, welche als Forscher der alten Geschichte und Literatur ihres Vaterlandes mit zu den ersten in Schweden gehören, haben viele Provinzen Schwedens bereist und viele der Lieder zugleich mit den dazu gehörenden Melodien aus dem Munde des Volks aufgenommen; viele sind ihnen von ihren Freunden zugeschickt worden. Mit der gewissenhaftesten Treue geben sie jedesmal ihre Quellen an, nennen sogar einige alte gesangreiche Landsmänninnen, welche ihnen einige Lieder vorsagten und vorsangen. Einem jeden Liede ist eine, theils längere, theils kürzere, oft gelehrte Einleitung vorangeschickt, in welcher auf die entsprechenden dänischen, englischen, schottischen, auch deutschen Volksgesänge Rücksicht genommen worden ist; auch die deutschen Nachbildungen einiger dieser Lieder, namentlich, die von Herder und Kosegarten, so wie die Grimmsche Bearbeitung der dänischen Volksgesänge, sind angeführt; die von E. M. Arndt in einem Heft seiner Zeitschrift: Der Wächter (B. 3. Heft 3 u. 4.) 1816 befindlichen konnten sie noch nicht kennen. Der ganzen Sammlung ist eine geistreiche Abhandlung über den nordischen Volksgesang im Allgemeinen und den schwedischen insbesondere vorangeschickt, deren Verfasser Geijer ist; eine zweite Abhandlung derselben Art, in welcher auch besonders auf die Melodien und namentlich auf den dem Volksgesange des Nordens, und nicht bloß des skandinavischen, eigenthümlichen Kehrreim (Omquäde) Rücksicht genommen ist, beschließt den dritten Band. Auch diese Abhandlung stammt von Geijer. Das Ausland wird sie zu seiner Zeit mittheilen.

Für dieses Mal übergebe ich diese Lieder ohne alle Begleitung, welche indeß nicht ausbleiben soll. Die Uebersetzung ist mit derjenigen Treue gemacht, welche ich für das Haupterforderniß einer jeden Uebertragung eines poetischen Werkes des Auslands halte; doch so, daß der Genius der Muttersprache dabei nicht außer Acht gelassen wird. Vor Allem ist es wichtig, den eigenthümlichen Charakter, oder, mit einem andern Worte, das Volksthümliche in poetischen Werken des Auslandes nicht zu verwischen. Ist dieses überall die erste Pflicht eines Uebersetzers, so muß sie besonders bei Volksliedern nie versäumt werden. Ich schmeichle mir hierin den rechten Ton getroffen zu haben, wenigstens haben gelehrte Freunde, und selbst geborne Schweden, es mich versichert. Das Metrum ist jedesmal treu beibehalten, selbst mit genauer Befolgung der Abweichungen von der Grundregel — der Volksgesang bindet sich, wie man weiß, nicht an die regelrechte Form; der Reim macht in den Originalen oft den bloßen Assonanzen Platz; so auch in der Uebersetzung. Leichtigkeit muß die Sprache des Volksliedes haben — geschrobene Constructionen und dergleichen duldet es nicht.

Dieses mag für diesmal als Einleitung zu den hier folgenden neunzehn Liedern genug seyn. Daß es gerade neunzehn sind, hat eine zufällige Veranlassung.

Stralsund, d. 1. März 1828. Dr. Gottl. Mohnike


 1.
     Der Lindwurm.

Lindwurm er ringelt wohl zur Stube sich hinein,
     Und sie spielten —
Er singet zur Liebsten so lieblich und fein.
     Und sie spielten,
     Sie spielten alle Nächte und spielten alle Tage.

Liebe Jungfrau, ich bitt euch, verlobt euch mit mir,
     Und etc.
Im Haine wollen wohnen dann beide wir,
     Und etc. [1]

Vielen Kummer würd’ ich erfahren sodann,
Wenn geschäh, daß ein Lindwurm würde mein Mann.

Liebe Jungfrau, ich bitt’ euch, verlobt euch mit mir,
O gebt mir ein Mäulchen, dann geh’ ich von hier.

Und auf grünem Anger die Jungfrau geht,
Und siehe, ein seidenes Bette da steht.

Und die Jungfrau lief und der Lindwurm auch,
Doch der Lindwurm war geschwinder im Lauf.

Und die Jungfrau legte in’s Bette sich hinein,
Und der Lindwurm legte zu ihr sich hinein.

[422]

Und sie schliefen darin, bis die Nacht war aus:
Sie erwachten, da war es ein Königshaus.
Und der Lindwurm stand auf und freute sich sehr,
— Und sie spielten —
Bin wieder ein Mensch, wie ich's war, vorher.
Und sie spielten,
Sie spielten alle Nächte und spielten alle Tage.


 2.
      Herzog Magnus und die Meerfrau

‚Herzog Magnus er sah durch das Fenster im Schloß
Wie die Fluth hintobte, die wilde,
Und siehe, da saß auf dem Strome groß
Ein gar liebliches Frauengebilde.
Herzog Magnus, Herzog Magnus, verlobt euch mit mir,
Ich hätt’ euch zum Manne so gerne.
O sagt doch nicht Nein, sondern Ja — Ja.

Und ich will euch geben ein gehendes Schiff,
Wie nie es besessen ein Ritter
Es geht auf dem Lande so wie auf der Tief,
Und scheut nicht Sturm noch Gewitter,
Herzog Magnus etc. [2]

Und ich will euch geben ein Rösselein grau,
Wie nie thät ein Ritter es reiten,
Es geht auf dem Meere wie auf fester Au,
Und durch die Wälder die weiten.

O bleibe mir fern mit Verlöbniß und Band,
Mit der Stille nicht hab’ ich zu schaffen;
Ich diene dem König, dem Vaterland,
Darf nicht mich in Weiber vergaffen.

Und ich will euch geben so vieles Gold,
Wie ihr immer nur möget begehren,
Und Perlen und Steine so viel ihr wollt,
Die sollt ihr besitzen in Ehren.

O gerne verlobte ich wohl mich mit dir,
Denn du wärest vom Christengeschlechte,
Doch du bist ein so häßliches Meerungethier,
Solch Liebchen mir ist nicht das rechte.

Herzog Magnus, Herzog Magnus, o höre mich
Und laß dein Höhnen und Schelten,
Denn willst du mit mir nicht verloben dich,
So wird dein Verstand es entgelten.

Ich bin ein Königssohn so gut;
Wie kannst du doch so nach mir streben:
Ich wohn’ auf dem Lande und nicht in der Fluth,
Im Wasser ja kann ich nicht leben. —
Herzog Magnus, Herzog Magnus, verlobt euch mit mir,
Ich hätt’ euch zum Manne so gerne;
O sagt doch nicht Nein, sondern Ja — Ja.

  1. Der Refrain geht durch alle Strophen.
  2. bei jeder Strophe wiederholt, wie oben.
[427]

 3.
     Herzog Magnus und das Seetroll.

Es war am Sonntag des Morgens früh,
Noch ihr Lied nicht die Lerche ließ klingen.
Es war ein Junggesell, der ruhete am Strand,
Da hörte die Seefrau er singen:
     Ach höret junger Magnus!
     Ich biete euch ja große Gaben,
     Wollet ihr mich freien?

Und ich will euch geben einen Mantel so fein,
Wie je ihr ihn könnet nur tragen,
Und jeglicher Faden an ihm soll seyn
Vom allerfeinsten Scharlaken.
     Ach, höret etc. [1]

Und ich will euch geben ein neues Schwert
An funfzehn goldenen Ringen,
Und so oft dasselb’ aus der Scheide fährt,
Sollt stets im Kampf ihr gewinnen.

Und ich will euch geben ein Mühlhaus neu,
Mit dreißig gehenden Steinen,
Sie laufen auf der Erde so leicht und frei,
Wie andere in reißenden Strömen.

Wohl könnte mit dir ich verloben mich,
Wann du wärst ein christliches Fräulein,
Nun aber bist du ein Meerstroll wild
Fliegst über alle Berge hinüber.

Herr Magnus er schwenkte sein Rößlein herum.
Er wollte der Seefrau enteilen,
Da war sie und griff ihm an Zügel und Zaum,
Und bat ihn ein wenig zu weilen.

Und hätte nicht Gott seine Gnade verliehn,
Daß der Hahn geschlagen die Flügel,
Er hätte wohl müssen mit der Seefrau ziehn,
Die da fliegt alle Berge hinüber.



 4.
     Herr Carl oder der Klosterraub.

Herr Carl er ging zu der Mutter hinein:
Gieb Rath, lieb Mütterlein, mir,
Wie soll ich die schöne Jungfrau
Aus dem Kloster führen mit mir?
Doch Herr Carl er schläft alleine.

O leg dich als krank, o leg dich als todt,
O lege dich auf die Bahr.
So kannst du die schöne Jungfrau
Entführen ohne Gefahr.
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Da kamen die kleinen Knaben
Sie waren gekleidet in Blau:
Will schön Jungfrau mit in die Wachstube gehn,
Herrn Carl auf der Bahre zu schaun?
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Und es kamen die kleinen Knaben,
Sie waren gekleidet in Roth:
Will schön Jungfrau mit in die Wachstube gehn,
Zu sehen Herrn Carl der ist todt?
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Und es kamen die kleinen Knaben,
Sie waren gekleidet in Weiß:
Will schön Jungfrau mit in die Wachstube gehn,
Zu sehen Herrn Carl als Leich?
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Und die Jungfrau ging zu der Mutter hinein
Und fragete sie um Rath:
Ach, kann ich wohl in die Wachstube gehn
Zu sehen Herrn Carl auf der Bahr?
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Mit nichten will ich dir geben den Rath,
Auch verbieten will ich dirs nicht,
Doch wenn in die Wachstub’ Abends du gehst,
Herr Carl er betrüget dich.
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Und die Jungfrau hinein in Thüre ging,
Wie die Sonn’ in glänzender Pracht;
Doch Herrn Carls falsches Herze
Das liegt auf der Bahr und lacht.
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Und die Jungfrau ihm zum Haupte trat,
Sie sah auf sein krauses Haar.
Ach, wie du hier noch lebtest,
Warst mein du ganz und gar.
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Und die Jungfrau ihm zu den Füßen trat,
Hob auf die Leinwand fein:
Ach wie du hier noch lebtest
Warst du Herzallerliebster mein.
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Und die Jungfrau hin zur Thüre ging:
Gute Nacht, ihr Schwesterlein!
Herr Carl, der auf der Bahre lag,
Sprang auf und holte sie ein.
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Tragt wieder nun die Bahr hinaus,
Schenkt Meth und schenket Wein!
Am Morgen halt ich Hochzeit
Mit der Herzallerliebsten mein.
Doch Herr Carl er schläft alleine.

[428]

Da waren die Klosternonnen,
Die lasen in ihrem Buch:
Es war gewiß ein Engel,
Der fort die Schwester trug.
Doch Herr Carl er schläft alleine.

Und alle Klosternonnen,
Die sangen nun für sich:
Christ, gieb, daß solcher Engel
Komm, hole mich und dich!
Doch Herr Carl er schläft alleine.

[431]

 5.
      Steffens Lied.

Steffen war ein Pferdeknecht,
      Wir denken nun so gerne –
Er führte seine fünf zur Tränk
     Schon vor dem hellen Sterne.
     Noch erscheint nicht der Tag,
     Doch die Stern’ am Himmelsdach
     Die leuchten.

Zweie waren braune,
     Wir denken etc.
Sie fressen das Heu im Raume
     Schon vor dem hellen Sterne etc. [2]

[432]

Zweie waren weiße,
Sie waren den andern gleiche,

Das fünfte das war apfelgrau,
Und Steffen er ritt selber drauf.

Eh der Hahn noch hat gekräht,
Steffen schon im Stalle steht.

Eh noch steigt die Sonn’ herauf,
Legt er Zaum und Sattel auf.

Steffen reitet zur Quelle,
     Wir denken nun so gerne –
Er schöpft das Wasser so schnelle
     Schon vor dem hellen Sterne.
     Noch erscheinet nicht der Tag,
     Doch die Stern’ am Himmelsdach
     Die leuchten.


 6.
      Der Harfe Kraft.

Junggesell er geht und spielet im Freien
Und Jungfrau sie sitzet im Zimmer und weinet:
     Du Herzgeliebte mein,
     Sage, warum du trauerst!

Bist du traurig um den Sattel, bist du traurig um’s Pferd?
Oder daß ich dich habe zur Braut begehrt?
     Du Herzgeliebte mein etc. [3]

Um den Sattel nich traur’ ich, auch nicht um das Pferd,
Auch nicht, daß zur Braut du mich hast begehrt.

Bist traurig du, daß der Sattel ist hart,
Oder traurig, daß weit hingehet die Fahrt?

Nicht bin traurig ich, daß der Sattel ist hart,
Nicht traurig, daß weit hingehet die Fahrt.

Bist du traurig um Vater oder Mütterlein,
Oder traurig um Bruder und Schwesterlein?

Bin nicht traurig um Vater und Mütterlein,
Oder traurig um Bruder und Schwesterlein.

Um mein Goldhaar schön bin ich trauervoll,
Das im Warnamo liegen und fließen soll.

Als ich Kind noch war, schon die Seherin sprach,
Daß ertrinken ich sollt’ am Hochzeitstag.

Ich will dir erbauen eine Brücke so stark,
Und sollt’ es auch kosten zwölftausend Mark.

Zwölf Ritter sollen wohl vor dir reiten,
Und zwölf der Ritter auf jeglicher Seiten.

Und wie sie kamen auf die Brücke nun,
Da stolperte das Roß auf den goldenen Schuh’n,

Auf den Goldschuh’n und über die Troddeln viel,
In den reißenden Strom nun die Jungfrau fiel.

Der Junggesell er sprach zu dem Knappen klein:
Geh hole mir schnell die Goldharfe mein.

Wie den ersten Griff auf der Harf’ er macht,
Da sitzt der Reck auf dem Wasser und lacht.

Wie den zweiten Griff auf der Harf er wagt,
Sitzt der Reck auf dem Wasser und weint und klagt.

Höre, Junggesell, o spiele nicht so hart,
Sollst wieder ja haben dein Bräutlein zart.

Sollst wieder ja haben dein Bräutlein roth,
Sollst ja wieder es haben, es ist nicht todt.

  1. Der Refrain durch alle Strophen.
  2. Der Refrain durch alle Strophen
  3. Durch alle Strophen.
[435]

 7.
      Der Knab’ im Rosenhain.

Wo bist du gewesen so lange,
Du Knab’ im Rosenhain?
Ich bin gewesen im Stalle,
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.

Wovon ist dein Kleid so blutig,
Du Knab’ im Rosenhain?
Weißes Füllen schlug mich,
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.

[436]

Wovon ist dein Hemde so blutig,
Du Knab’ im Rosenhain?
Ich habe getödtet meinen Bruder,
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.

Wohin willst jetzt du wandern,
Du Knab’ im Rosenhain?
Will ziehen aus dem Lande,
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.

Wann kommst du dann zurücke,
Du Knab’ im Rosenhain?
Wann der Rabe bleichet,
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.

Und wann bleicht der Rabe,
Du Knab’ im Rosenhain?
Wann der Felsblock schwimmet
Liebes Mütterlein.
Ihr harret mein lang, doch ich komme niemals.



 8.
      Der Kleinen Testament.

Wo bist du gewesen so lange,
Tochter, Kindlein klein?
Bin gewesen bei meiner Amme,
Lieb Stiefmütterlein.
Ach, Gott, ach! Weh thut es mir – Weh!

Was gab sie dir zu essen,
Tochter, Kindlein klein?
Zwei kleine ranzige Fische,,
Lieb Stiefmütterlein etc. [1]

Was thatest du mit den Gräten,
Tochter, Kindlein klein?
Ich gab sie dem kleinen Hunde.

Was wünschest du deinem Vater,
Tochter, Kindlein klein?
Himmels-Freudensaale.

Was wünschest du deiner Mutter,
Tochter, Kindlein klein?
Himmels Freudengüter.

Was wünschest du deinem Bruder,
Tochter, Kindlein klein?
Schnelles Schiff und Ruder.

Was wünschest du deiner Schwester.
Tochter, Kindlein klein?
Goldschreine, die besten.

Was wünschest du der Stiefmutter,
Tochter, Kindlein klein?
Schwere Qual der Hölle.

Was wünschest du deiner Amme,
Tochter, Kindlein klein?
Heiße Höllenflamme.

Zeit ist mir nicht übrig
Zu sprechen mehr mit dir
Denn des Himmels Glocken
Die läuten schon nach mir.
Ach, Gott, ach! Weh thut es mir – weh!



 9.
     Wunderbare Erscheinung.

Was nimmer ich sah, hab gesehen ich jetzt,
Daß ein Felsblock schwimmt und ein Mann darauf sitzt –
     Gott findet man wohl zu Zeiten.

Ich bin kein Mann, nein du irrest dich sehr,
Bin ein Engel und kömme vom Himmel hieher.
     Gott findet etc. [2]

Und kommst du, ein Engel, vom Himmel hieher,
So sage: Wie geht im Himmel es her?

Im Himmel da ruhet und freut sich die Brust;
Wohl dem, der da wohnt in der himmlichen Lust.

Die Wittib da sitzt, der verwaisete Sohn,
Sie sitzen im Himmel, die Engel zum Lohn.

Da sitzt, wem hienieden ward Kummer zum Loos;
Sie sitzen im Himmel in Abrahams Schoos.

Und kommst du, ein Engel, vom Himmel hieher,
So sage, wie geht’s in der Hölle denn her?

Da sitzet der Sohn, der den Vater verjagt,
Er sitzt in der Höll’ und Entsetzen ihn plagt.

Die Tochter da sitzt, die der Mutter geflucht.
Sie sitzt in der Höll’ und es wird ihr nicht Ruh;

Da sitzt wer der fleischlichen Lust hier gefröhnt,
Schwarz sitzt in der Höll’ er und ächzet und stöhnt,

Da sitzt, wer hienieden verschmähte den Rath;
Er sitzt in der Hölle und bittet um Gnad;

Wohl Gnade empfäht wer dem Fleische gefröhnt,
Nicht Gnade empfäht wer die Eltern verhöhnt.
     Gott findet man wohl zu Zeiten.

  1. Durch alle Strophen.
  2. Durch alle Strophen.
[451]

 10.
     Stolz Botelid als Stallknecht.
Stolz Boetelid sie reitet zum Königssaal
Thut Noth meinem König ein Knecht im Stall?
Sie sprach: Lust hab’ ich zu reiten.

[452]

Der König er guckt durch die weiße Gardin,
Mir ist’s als seh’ ich zwei Weiberwangen blühn
     Sie sprach etc. [1]

Der König er sprach zu den Dienerlein zwei’n:
Stolz Botelid ladet zu mir ihr herein

Wie könnt’ ich’s doch wagen zum König zu gehn,
Im grauen Malmar ja seht ihr mich stehn.

Stolz Botelid sie diente da sieben Jahr’ in Ehr,
Im achten aber wurde ihr das Gehen so schwer.

Stolz Botelid sie leget ab ihr Malmarröcklein grau,
Darunter war gekleidet sie in Sammet blau.

Stolz Botelid sie gehet nun hinauf zum hohen Saal,
Die Strümpfe warn seiden ihr, der Schuh mit goldner Schnall.

Stolz Botelid sie tritt herein nun durch die Thür,
Der König sich gar gnädiglich verbeugt sich vor ihr.

Der König er umarmt sie nun und setzt sie auf den Thron:
Nun hieß sie nur Frau Königin und trug eine goldne Kron.



 11.
     Der kleine Bootsmann.
Jungfrau saß im Hochgemach
Und stickete gar fein.
Da kam ein kleiner Bootsmann
Und guckete herein.
Und sie spielten, sie spielten Goldwürfel.

Und höre, kleiner Bootsmann,
Was ich willsagen dir:
Hast du Lust zu spielen
Goldwürfel mit mir?
Und sie spielten etc. [2]

Und wie doch könnt’ ich spielen
Goldwürfel mit dir?
Kann setzen ja kein rothes Gold
Im Spiel mit dir.

Setz du nur deine Jacke,
Setz du die Jacke dein;
Ich will dagegen setzen
Der goldnen Ringe zwei.

Zum ersten mal der Würfel
Hin auf der Tafel rann;
Kleiner Bootsmann er verlor,
Schön Jungfrau sie gewann.

Und höre, kleiner Bootsmann,
Was ich will sagen dir:
Hast du Lust zu spielen
Goldwürfel mit mir?

Und wie doch könnt’ ich spielen
Goldwürfel mit dir?
Kann setzen ja kein rothes Gold
Im Spiele mit dir.

Setz du nur deine Mütze,
Die graue Mütze dein,
Ich setz die goldne Krone,
Triffst du, soll dein sie seyn.

Zum zweiten Mal der Würfel
Hin auf der Tafel rann;
Kleiner Bootsmann er verlor,
Schön Jungfrau sie gewann.

Und höre, kleiner Bootsmann,
Was ich will sagen dir:
Hast du Lust zu spielen
Goldwürfel mit mir?

Und wie doch könnt’ ich spielen
Goldwürfel mit dir?
Kann setzen ja kein rothes Gold
Im Spiel mit dir.

Setz du nur deine Strümpfe
Und Silberschnallenschuh,
Ich setze meine Ehre
und meine Treu dazu.

Zum dritten Mal der Würfel
Hin auf der Tafel rann;
Schöne Jungfrau sie verlor,
Klein Bootsmann er gewann.

Und höre, kleiner Bootsmann,
Fort mache dich von hier.
Ein schnelles Schiff mit Rudern
Das will ich geben dir.

Ein schnelles Schiff mit Rudern
Das krieg ich wie ich kann.
Ich will die Jungfrau haben,
Die ich im Spiel gewann.

Und höre kleiner Bootsmann,
Fort mache dich von mir.
Ein Hemd mit seidnen Näthen
Das will ich geben dir.

Ein Hemd mit seidnen Näthen
Das krieg’ ich wie ich kann.
Ich will die Jungfrau haben,
die ich im Spiel gewann.

Und höre kleiner Bootsmann,
Fort mache dich von mir.
Mein Königreich zur Hälfte
Das will ich geben dir.

Dein Königreich zur Hälfte
Das krieg ich wie ich kann.
Ich will die Jungfrau haben,
Die ich im Spiel gewann.

Die Jungfrau in die Kammer ging,
Ihr Haar sie kräuste fein.
Ach weh mir armen Jungfrau!
Nun soll meine Hochzeit seyn.

Bootsmann stieg vom Hochsitz
Und spielte mit dem Schwert.
Die Hochzeit jetzt wohl wartet dein,
Wie ihrer du bist werth.

Ich bin ja nicht ein Bootsmann,
Du irrest dich in mir.
Ich bin der beste Königssohn,
Bin Engellandes Zier.
Und sie spielten, sie spielten Goldwürfel.

[460]

 13.
     Swen Swanehwit

Swen Swanehwit er reitet so weit er kann,
Und siehe, ihm begegnet ein Pilgersmann;
„Und höre, Pilgersmann, was ich will sagen dir:
„Und kennest du die Fragen, die vor ich lege dir?

Die Fragen dein nicht acht’ ich der Rede werth,
Doch schlug ich Islands König todt mit meinem Schwert.
„Und hast du Islands König gebracht in Todesnoth,
„So wiss’, es war mein Vater, den du schlugest todt.“

Swen Swanehwit er zog nun sein scharfes Schwert,
Und aus dem Leib des Pilgermanns Lung’ und Leber fährt.
Swen Swanehwit er schlug ihn in Stücke so klein,
Wie Lindenlaub im Herbste fällt auf den Rain.

Swen Swanehwit er ziehet so weit er kann
Und siehe, ihm begegnet ein anderer Pilgersmann:
„Und höre, Pilgersmann, was ich will sagen dir:
„Und kennest du die Fragen, die vor ich lege dir?

„Was ist es, das da runder ist als ein Kreis?
„Und welche Thier haben vor allen den Preis?
„Und wo ist’s, da die Sonne hat ihr Haus?
„Der Todten Füße wohin liegen sie hinaus?

„Wer ist es, der da bauet die breitste Brück?
„Und wo geht am allerschnellsten der Fisch?
„Nach welchem Orte führet die breitste Bahn?
„Und wo liegt der allhäßlichste Mann?

„Und was ist wohl schwärzer als eine Kohl’?
„Kennst du was geschwinderes als Lerchenflügel wohl?
„Und was ist wohl weißer als der Schwan?
„Und was ist wohl höher als des Kranichs Bahn?

Ja, die Sonn’ ist runder als ein Kreis;
Die Thier’ im Himmel haben vor allen den Preis;
Im Westen ist’s wo lieget der Sonne Haus:
Der Todten Füße liegen nach Osten hinaus.

Das Eis ist’s, das da bauet die breitste Brück’;
Drunter geht am allerschnellesten der Fisch.
Zur Hölle hin da führet die breitste Bahn,
Und da liegt der allerhäßlichste Mann.

Die Sünde ist schwärzer als eine Kohl’,
Und schneller ist die Seel’ als Lerchenflügel wohl:
Die Engel sie sind weißer als der Schwan,
Höher als des Kranichs ist des Donners Bahn.

Drei Tage lang sie tranken, sie tranken sehr;
„Und weißt du alles dieses, so weißt du wohl mehr.“
Swan Swanehwit er nahm seine Ringe von der Hand
Und eilte sie zu geben dem Pilgersmann.





 14.
     Pehr Tyrsons Töchter in Wänge.

Pehr Tyrsons Töchter in Wänge,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Die schliefen einst zu lange.
     Doch der Wald er belaubt sich.

Erst wachte auf die jüngste,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Da weckte sie die andern
     Doch der Wald etc. [3]

Da setzten sie sich auf die Bettstell;
     Kalt wars in ihrem Wald –
Da flochten einander die Locken sie schnell.

Da zogen sie die seidenen Kleider an,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Da gingen sie hin zur Kirche.

Und als sie kamen auf Wängeheid –
     Kalt wars in ihrem Wald –
Da kamen an der Räuber drei.

Sprecht, wollet ihr uns Räuber frein,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Oder wollt ihr lieber des Todes seyn.

Nicht wollen wir euch Räuber frein,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Viel lieber wollen wir des Todes seyn.

Ab hauten sie ihre Köpf’ auf dem Birkenblock,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Stracks sprangen auf drei Quellen hoch.

Die Körper sie gruben in’s Moor hinein,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Die Kleider sie trugen zum Hause hin.

Und als sie kamen nach Wänge,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Da stand vor der Thür Frau Käthe.

„Wollt ihr kaufen seidene Hemden,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Von drei Jungfraun gestickt und gewirket?“

Packt aus und zeigt mir die Hemdelein,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Kann seyn, ich kenne sie alle drei.

Frau Käthe schlug sich vor die Brust,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Schnell läuft sie zu Pehr Tyrson.

Drei Räuber halten vor uns’rer Thür,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Sie haben gemordet die Töchter mir.

Pehr Tyrson nimmt zur Hand sein Schwert,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Garaus er machte den ältesten zween.

Den dritten ließ er leben,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Der mußt’ ihm Antwort geben.

Wie heißet euer Vater?
     Kalt wars in ihrem Wald –
Wie heißet eure Mutter?

Unser Vater, Pehr Tyrsson in Wänge;
     Kalt wars in ihrem Wald –
Uns’re Mutter, Frau Käth’ in Stränge.

Pehr Tyrsson ging hin zur Schmiede,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Um den Leib ließ er Eisen sich schmieden.

Was sollen wir für die Sünde weih’n?
     Kalt wars in ihrem Wald –
„Woll’n bauen eine Kirche von Kalk und Stein.

Die Kirch soll heißen Kerne,
     Kalt wars in ihrem Wald –
Die wollen wir bauen so gerne.–
     Doch der Wald er belaubt sich.


  1. Durch alle Strophen
  2. Bei jeder Strophe wiederholt.
  3. Wiederholt bei jeder Strophen.