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Marktbeschauer[1] und Feuerbeschauer[2] den Frauen oft ungelegen gekommen sein und ihnen darum unfreundliche Worte entlockt haben.

§ 6. Das Verfahren.

Das Verfahren gegen zänkische Frauen war in der Regel das gewöhnliche Verfahren in Beleidigungssachen. Der niedere Richter des Tatortes[3] verhält die Schuldige nach Rat seiner Beisitzer[4] zu Widerruf, Abbitte[5] und Versöhnung, sowie zur Zahlung des Wandels, bezw. zum Tragen des Bagsteines. Das Laa’er Weistum[6] und seine Gruppe schildert das in anschaulicher Weise.

Die wichtigste Besonderheit bei der Bestrafung der Frauenfrevel war der Bagstein. Andre Besonderheiten ergaben sich von selbst aus dem Institut der Geschlechtsvormundschaft.

Die Frau stand unter der Vormundschaft ihres Ehegatten oder ihrer Anverwandten. Der Mann hatte demnach die Verantwortung, wenn seine Frau sich nicht züchtig benahm; von ihm wurde verlangt, daß er durch angemessene Vorhaltungen und Strafen (bei den ländlich ursprünglichen Verhältnissen waren Prügel etwas Gewöhnliches[7]) die Zanksucht der Frau heile[8]; sie „stand in ihres Mannes Strafe[9]“. Ob aber ein berechtigter Grund zur Züchtigung vorlag hatte nicht immer der Mann allein zu entscheiden. In Schatterlee[10] wurde die Schuld der Frau vorerst gerichtlich festgestellt und dann dem Manne die Bestrafung


  1. Archiv f. K. öst. Gesch.Qu. 25, 102 Markt Grösten § 24.
  2. ÖW. 8, 948 f. Hartenstein 1605.
  3. ÖW. 8, 652 Dörfel 1635: Welche fraw die ander übel handlet, soll ein richter oder ambtmann mit dem pachstain straffen und büssen und so es geschäch in andern ämbtern, soll der ambtman ainem richter antworten.
  4. vierer, geschworne, bürger, rat, gerichtsmannen.
  5. ÖW. 7, 393 Grillenberg 1747. – ÖW. 8, 58 Weikendorf 1748. – ÖW. 5, 359 Latzfons u. Verdings 1539.
  6. Anhang 11.
  7. Vgl. Grimm, RA.4 1, 621.
  8. Archiv f. K. öst. GeschQu. 25, 97 Neumarkt, Engspach 16. Jh. hetten sy [die zerkriegten Frauen] mannen, soll man ihn das anzeigen. – ÖW. 8, 254 Ulrichschlag u. Matzles 16. Jh. so sollen si di mannen straffen und di mannen sollen das wandl geben.
  9. Zwettl (Anhang 25).
  10. Anhang 16.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/30&oldid=- (Version vom 9.8.2020)