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mich auch, als ich ihn von meiner Absicht, einen Theil Deutschlands zu bereisen, benachrichtigt hatte, mit Empfehlungsbriefen, denen ich an verschiedenen Höfen eine freundliche Aufnahme verdanke.

Ich fuhr nun zunächst die Donau herunter nach Wien, wo ich einige unserer Landsleute traf, denen das Glück günstiger gewesen war, als sie vielleicht verdienten. Ihnen verdanke ich, daß ich hier nicht als Fremder behandelt wurde. Sehr günstig traf ich es dann, daß grade ein kaiserlicher Minister, mit dem ich befreundet war, als Gesandter an die kurfürstlichen Höfe von Sachsen und Brandenburg abreiste. Auf seine Einladung schloß ich mich ihm als Begleiter an. Er meinte, die bekannte italiänische Nüchternheit würde mich vor der Gefahr schützen, bei den feierlichen Gelagen, bei denen nüchtern zu bleiben die Deutschen für feige halten, aus lauter Höflichkeit im Weine zu ertrinken.

Von Berlin aus machte ich einen Abstecher an den braunschweigischen Hof und es war mir sehr erwünscht, hier die Bekanntschaft eines Helmstädter Professors[1] zu machen, dessen vorzügliche Kunde von den deutschen Verhältnissen ich schon in Regensburg besonders hatte rühmen hören. In den meisten Punkten waren wir über die deutschen Zustände einer Ansicht; und er theilte mir auch seine Schriften, welche einen von den meisten Büchern ganz verschiedenen Geist zeigen, aufs bereitwilligste mit. Wie freimüthig aber auch darin vieles besprochen war: bisweilen bemerkte ich doch, daß der Verfasser aus Rücksicht für hochgestellte Persönlichkeiten, oder um das Geschrei der thörichten Menge zu vermeiden, seine wahren Gedanken unterdrückt hatte. Daher kam mir hier zuerst der Gedanke, die vorliegende Schrift zu entwerfen; ich hoffte, die Deutschen würden von einem Fremden die Wahrheit lieber hören, als von einem Landsmanne, auch bei jenem nicht so leicht Parteilichkeit, Schmeichelei oder Rachsucht voraussetzen.

Da ich einmal so weit gekommen war, wäre es eine allzu große Bequemlichkeit gewesen, nicht nach den Niederlanden zu gehen. Hier hätte ich mich nun wohl noch länger aufgehalten, wenn nicht Deine dringenden Briefe, zugleich aber auch meine häuslichen Angelegenheiten, mich ernstlich an die Rückkehr gemahnt hätten. So fuhr ich denn den Rhein herauf nach Düsseldorf, wo ich eine gleich günstige Aufnahme fand, wie vorher zu Neuburg, und wie bald darauf zu Bonn. Am Mainzer Hofe dagegen war man mir weniger geneigt, weil ich unvorsichtig genug war, jenen oben erwähnten Minister, der inzwischen aus mir unbekannten Gründen entlassen war,[2] zu laut zu rühmen. Mein Versuch, den Kurfürsten von der Pfalz kennen zu lernen, dem an Genialität und Weisheit kein deutscher Fürst gleichkommen sollte, wie man mir gesagt, hielt mich, so sehr es mich auch

  1. Hermann Conring, geb. 1606 gest. 1681, Professor der Naturphilosophie, der Medizin und der Politik zu Helmstedt, ostfriesischer, schwedischer, braunschweigischer und dänischer Geheimrath. Conring war der berühmteste Politiker seiner Zeit; auf allen Gebieten gleich bewandert, ist er in allen Wissenschaften schriftstellerisch aufgetreten. Eine gute Biographie dieser überaus merkwürdigen Persönlichkeit wäre sehr dankenswerth und würde einen der werthvollsten Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Deutschland geben.
  2. Vgl. oben S. 25 Anm. 1. Diese Bemerkung ist wichtig, denn es ergiebt sich daraus, daß die fingirte Reise Monzambanos in die Jahre 1664–1665 gefallen wäre. In diesen Jahren wird also wahrscheinlich auch die Schrift verfaßt sein.
Empfohlene Zitierweise:
Samuel von Pufendorf: Ueber die Verfassung des deutschen Reiches. Berlin: L. Heimann, 1870, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Verfassung_des_deutschen_Reiches.djvu/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)