Seite:Abhandlung des Daseyns der Gespenster.djvu/056

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus

Wie die fünfte Meinung die Gespenster-Erscheinungen durch die Einbildung erkläret, und den Ursprung derselben in der Phantasie gefunden hat; so glauben wir ebenfalls den Grund aller durch die Erfahrniß bestättigten Handlungen der Gespenster in der Einbildung zu finden. Was Einbildung! wenn einem ein Gespenst aufhücket, wenn man von selben gedrückt wird, und wenn man von der gespensterischen Grausamkeit die blaue Fecken als Zeugen vorweisen kann. Nur Geduld! die ganze Sache soll der königliche preußische Leibarzt, Hr. Hofrath und Professor zu Halle, Dr. Stahl erklären. Wenn bey jemand, saget dieser gelehrte Mann, m)[1] da er sich in einem dunkeln und abgelegenen Gemache allein befindet, Furcht entstehet, daß ihn etwas anhalten möchte, wird diese Furcht vermögend seyn bei ihm einen Grausen und Erschütterung der Haut öfters zu erwecken. Sonderlich wird dieser Schauer in Lenden und Rücken gemerket, weil man sich fürchtet, als wenn man möchte rücklings angefasset werden. Ich habe bei vielen diese Furcht so kräftig verspühret, daß selbe die feste Einbildung in der Phantasie gemacht, als wenn sie wirklich angerühret, und von Gespenstern gedrücket worden, da doch diese Drückung nichts als ein aus Furcht entstandener Krampf ist. Ich halte gänzlich dafür, daß ebenfalls von dieser heftigen furchtsamen Erschütterung bey etlichen die gewaltsame Zurücktrettung des Geblütes in den Leib, und ein daher entspringender Blutauswurf entstehe, welches das gemeine Volk dem Drücken und Stossen der Gespenster zuschreibt, und saget: es habe ihn ein Gespenst gedrückt, es habe ein Gespenst so und so weit tragen müssen. Ich kann nicht umhin, fährt der berühmte Stahl weiter fort, hier anführen, was mir selbst begegnet: Wie ich einsmal


  1. m) In Posit, de aestu maris Microcosmi, sive de fluxu & refluxu sanguinis fol. 24.
Empfohlene Zitierweise:
Andreas Ulrich Mayer, Gerard van Swieten: Abhandlung des Daseyns der Gespenster, nebst einem Anhange vom Vampyrismus. , Augsburg 1768, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abhandlung_des_Daseyns_der_Gespenster.djvu/056&oldid=- (Version vom 12.12.2020)