Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Beweis daß die Abschaffung des Christenthums, bey gegenwärtiger Beschaffenheit unserer Sachen einige Unbequemlichkeiten nach sich ziehen, und die guten Würkungen vielleicht nicht hervorbringen dürfte, welche man sich davon verspricht. aus Satyrische und ernsthafte Schriften, Band 4, S.1 - 27 | |
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erhalten kann, daß man den Leuten einige wenige Ceremonien vorwirft, so wird wol kein Weiser solches unterlassen: Die Schäferhunde mögen sich immerhin um einen ausgestoppten Schöps herumzerren, wenn sie dadurch abgehalten werden, die Heerde selbst anzufallen. Die Errichtung der Klöster war in gewisser Absicht ein Meisterstük von Weisheit; es giebt wenig unordentliche Leidenschaften unter den Menschen, denen sie nicht in diesem oder jenem Mönchsorden mit voller Freyheit nachhängen können. Der Tiefsinnige, der Melancholische, der Hochmüthige, der Stille, der Politicus, der Mürrische, jeder hat da eine Zuflucht wo er seine Grille auslassen, und die bösen Dünste kann verrauchen lassen. Indessen daß wir hingegen genöthiget sind, einer jeden Art derselben ihre besondere Seite zu unterhalten, damit solche Leute ruhig bleiben: Daher denn auch unsere Gesezgeber, wenn ja das Christenthum sollte abgeschaft werden, nothwendig etwas anders ausfindig machen müßten, diese Dünste zu beschäftigen und zu unterhalten. Denn was hilft es, wie weit und groß die Pforte immer sey, welche ihr aufmachet, wenn es stets noch Leute giebet, die ein Verdienst und eine Ehre darinn sezen, daß sie nicht hinein gehen?
Nachdem ich also die vornemsten Einwendungen wider das Christenthum, und die Hauptvortheile erwogen habe, welche man uns[WS 1] von der Abschaffung desselben verspricht; so werde ich izo fortfahren, und auch noch einige Unbequemlichkeiten anführen, die sich eräugnen möchten, wenn das Christenthum gänzlich sollte abgethan werden: Ich unterwerfe aber alles wie vorhin, klügerm Urtheil, mit geziemender Ehrerbietung.
- ↑ Vorlage: uus
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Beweis daß die Abschaffung des Christenthums, bey gegenwärtiger Beschaffenheit unserer Sachen einige Unbequemlichkeiten nach sich ziehen, und die guten Würkungen vielleicht nicht hervorbringen dürfte, welche man sich davon verspricht.
aus Satyrische und ernsthafte Schriften, Band 4, S.1 - 27. [s.n.], Hamburg und Leipzig 1760, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abschaffung_des_Christenthums_Swift.pdf/20&oldid=- (Version vom 31.7.2018)