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XVIII.

     Enttäuscht, zermartert ich durchwacht’
     Und seufzend manche stille Nacht,
Bis einst ich ihren Hauch empfand –
Im Traum … Wir sind allein selband …

5
     Sie naht mir wie ein Engelsbild

     Ihr Händchen kühlt die Stirn mir mild …
Sie küßt mein Auge, weich und warm
Sich an mich schmiegt sie mir im Arm,
     Und wie ein Vöglein, schlürft es Tau,

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     Das Köpfchen neigend, haucht sie: Schau’,

Dir schlägt mein Herz! Wärst du mir fern,
Ich überlebt es nicht, mein Stern! –
     Da rief ich: – Mein in Ewigkeit
     Bist du, der ich mein Herz geweiht! –

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Entzückt die Lider regt’ ich kaum …

O, laß mir, Gott, nur diesen Traum!


XVIV.

     Glaubst, meine Winde, weiß wie Schnee,
     Ein Sterblicher entrinne je
So weichem Arm, von Wahnsinnsqual
Geblendet wie vom Wetterstrahl?

5
     Glaubst du es, die um Baum und Strauch

     Den Kelch du rankst im Lenzeshauch
Und schmiegst in Sturmesnacht dich an,
Daß – Neid vom Nacken lösen kann

     Den Arm, der zärtlich ihn umspannt,

10
     Und daß, was je ein – Paar selband,

Statt allezeit vereint zu Zwei’n,
Durchs Leben irren kann – allein?


XX.

     Umrausche mir, du Abendwind,
     Die kranke Seele, lau und lind:
Besänft’ge sie mit deinem Lied,
Wenn bang’ – Erinnern sie durchzieht,

5
     Bis still sie wie die Außenwelt,

     Im Silberkleid am Himmelszelt.

Empfohlene Zitierweise:
Albert Weiß: Polnische Dichtung in deutschem Gewande. Otto Hendel, Halle a. d. S. 1891, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Albert_Weiss_-_Polnische_Dichtung_in_deutschem_Gewande.pdf/74&oldid=- (Version vom 21.8.2021)