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Streitkräfte ein bedeutendes Avantgardengefecht der Generale Wittgenstein und Klenau gegen die hier befindlichen Truppen des Königs von Neapel stattfand, wobei Liebertwolkwitz dreimal erstürmt geplündert und zum dritten Theile zerstört wurde.

Was die ältesten Besitzer des Städtchens anbetrifft, so waren solche im vierzehnten und funfzehnten Jahrhundert die Herren von Ende, von denen Götz von Ende schon erwähnt wurde. Um das Jahr 1480 kam Liebertwolkwitz an die Herren von Breitenbach, 1511 an Andreas Pflugk und 1531 an Doctor Lindemann, von diesem aber an die Familie Lenz, von der es der Kriegsrath Statz Friedrich von Fullen erwarb. Seit dieser Zeit blieb Liebertwolkwitz mit Störmthal verbunden bis auf die neueste Zeit.

Die Kirche zu Liebertwolkwitz wurde bei dem hier 1572 stattgefundenen grossen Brande eingeäschert und bald darauf wieder neu erbaut, erfuhr aber 1783 und 1815 bedeutende Reparaturen. Sie zeichnet sich durch Geräumigkeit und geschmackvollen Styl aus, besitzt aber weder Alterthümer noch sonstige Merkwürdigkeiten, wohl aber vier Legate zu Gunsten des Pfarrers und der Schule, und ein Vermögen von beinahe zwölftausend Thalern. Zur Parochie Liebertwolkwitz gehört als Filial das eine halbe Stunde entfernte Dorf Grosspösna. Die Collatur über Kirchen und Schulen der Parochieen Störmthal und Liebertwolkwitz stehen dem Herrn Besitzer Störmthals zu, die Schulstelle zu Grosspösna aber vergiebt der Besitzer des dortigen Rittergutes. – Im Bezug auf die Schulverhältnisse Störmthals ist noch zu erwähnen, dass ausser der von etwa hundert Kindern besuchten Ortsschule sich hier auch eine von dem Gerichtsherrn, Herrn Kammerherrn von Watzdorf und dessen Frau Gemahlin, einer geborenen Gräfin von Schulenburg, gegründete und erhaltene Kinderbewahranstalt befindet, deren segensreiche Wirksamkeit von jedem Störmthaler dankbar anerkannt wird.

O. Moser.     




Hof.


Hof, in Urkunden auch Howe, Hoeff und zum Hof genannt, ist trotz seines scheinbar deutschen Namens von den Sorben gegründet worden und hiess bei ihnen Ova und Uva, welches Wort einen seichten Ort zwischen höheren Umgebungen bedeutet, wie denn Urkunden von 1250 und noch von 1547 das Dorf „Howe“ nennen. Dasselbe besteht mit Inbegriff des Rittergutes und der geistlichen Gebäude aus fünfundsiebzig Hausnummern, worunter sieben Bauergüter, vier Halbhufengüter, elf Viertel- und zwei Achtelhufengüter, eine Schenke, dreiundzwanzig Häuser und eine von dem Jahnabache getriebene Mühle. Die Einwohnerschaft zählt über sechshundert Köpfe. Hof liegt zwei Stunden südöstlich von Oschatz am Fusse der Casabrischen und Hohenwussener Anhöhen.

Das Rittergut Hof hat massive, in neuerer Zeit errichtete, Wirthschaftsgebäude und ein schönes, modernes mit Thürmen geziertes Schloss, dessen Pferdestall vormals die Capelle war. Auch das alte Schloss ist noch vorhanden und dient jetzt als Gärtnerwohnung und Vorrathsgebäude, aber in seinem Innern ist noch manche Spur vorhanden, dass es vor Jahrhunderten der Wohnsitz stolzer Edelherren und Schauplatz ritterlicher Feste war. Das alte Schloss beherbergte einst den römischdeutschen Kaiser Karl V., als er auf seinem Heereszuge gegen den Churfürsten Johann Friedrich von Sachsen am 22. April 1547 mit seinen Truppen hier Rasttag hielt. Das an und für sich bedeutende Rittergut Hof gewinnt an Wichtigkeit durch seine Verbindung mit dem nahen Raitzen, welches vormals selbst ein Rittergut war, jetzt aber nur als Vorwerk gilt. In Raitzen befindet sich die berühmte, oder vielmehr berüchtigte, ungeheure Scheune mit vier Tennen und Schüttböden, die bereits seit länger als sechshundert Jahren bekannt ist, denn schon 1214 wurde sie reparirt, ebenso 1414, 1517, 1697 und 1819. Die Sage lässt diese Scheune, unbedingt die grösste Sachsens, vom Teufel erbaut sein, und ein Loch in dem Giebel darf nicht vermauert werden, ohne dass ein grausiger Spuk darin stattfindet. –

Der älteste Besitzer Hofs, dessen Namen auf unsere Zeiten gekommen, ist Dudo de Domo, der in einer Urkunde vom Jahre 1212 erwähnt wird. Später gehörte das Gut dem Ritter Heinrich von Jhana, welcher 1362 dem Jungfrauenkloster zu Mühlberg einiges Geld und Getraide schenkte, und ihm auch zwei Hufen Landes im Dorfe Adelwitz überliess, worüber Markgraf Friedrich Lehn und Bestätigung gab. Derselbe Ritter von Jhana und sein Sohn Heinrich schenkten 1360 eine Mark neun Scheffel Hafer, Oschatzer Maas, jährlichen Zins von einer Hufe Acker im Dorfe Hof, wozu zwei Hofstätten gehörten, dem Altar des heiligen Märtyrers Pankratius und der elftausend

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/108&oldid=- (Version vom 16.9.2022)