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Dem Kabinettssekretär Schmidt schien des Kurfürsten „auf möglichste Vereinfachung der Ver­zierungen (welche in gutem Geschmack angebrachte ernsthafte Simplizität dann auch allerdings bei jedem großen Gebäude wohl die beste Wirkung hervorbringt) gerichtete Absicht“ noch nicht voll erfüllt. Er ließ brevi manu von Hölzer eine zweite Variante der Betstubenansicht fertigen, die außer Recht­eckfüllungen nur im Mittel jeder Arkade zwei gekreuzte Palmenzweige aufwies.

Der Kurfürst genehmigte indes doch die erste Variante und von der Gewölbedekoration die dritte Tektur mit der „äußersten Simplizität“. Damit erreichte die Tätigkeit der Oberbaukommission und Hölzers für die Plangestaltung der Kreuzkirche ihr Ende, ebenso die Verhandlungen hierüber zwischen Rat und Regierung, die rund 20 Jahre vorher begonnen hatten.

Wohl war diese letzte Periode der Baugeschichte, die der Ratsbaumeister Schmidt nicht mehr erlebte, eine friedlichere. Die Oberbaukommission zeigte sich dank ihrer veränderten Zusammensetzung ihrer Aufgabe bei redlichem Bemühen weit mehr gewachsen als früher. In Hölzer gewann eine hervor­ragende Künstlerpersönlichkeit Einfluß auf die Gestaltung der Kirche, für die er schon als Eleve und dann als Kondukteur gezeichnet, deren Fertigstellung nach eigenen Plänen er erleben durfte. Und doch ist auch in dieser letzten Periode die Schmidtsche Raumgestaltung durch das flache Dach Eigenwilligs endgültig verstümmelt worden. Die zunächst künstlerisch wertvolle Oberlichtanlage, die das Mansard­dach noch ermöglichte, fiel in der Hauptsache pekuniären Gesichtspunkten zum Opfer. Für Künstlerisches hatte der handwerkliche Nachfolger Schmidts kein Verständnis. Daß sein Plan wenigstens die prak­tischen Anforderungen erfülle und genügende Beleuchtung der Kirche sichere, wie auch die Oberbau­kommission glaubte, hat sich dann auch als irrig erwiesen. Mit dem Streit um den „guten Geschmack“ Schmidts begann der Kampf gegen seine Pläne. Bei allen Entscheidungen waren ästhetische Gesichts­punkte mit ausschlaggebend. Während aber früher Krubsacius und Exner als Vertreter des durch die Akademie sanktionierten guten und wahren Geschmackes dem noch barocken Schmidt gegenüber in ihren ästhetischen Anschauungen widerspruchslos als Autoritäten galten, mußten sie jetzt und mit ihnen Hölzer, der jüngere Vertreter der älteren Akademierichtung, erfahren, daß de gustibus non est disputantum, daß in Geschmacksfragen alle Autorität vergänglich ist. Aus der Kritik des Kabinettssekretärs konnten sie entnehmen, daß bereits eine neuere Richtung an die Tür pochte, die für sich auch das Privileg be­anspruchte, allein den echten und wahren Geschmack zu vertreten und den „schlechteren“ vorangegangenen Akademiegeschmack zu verdrängen.


5. Die Geldfrage und ihr Einfluß.

Die Baugeldbeschaffung.

Der eigentliche Ärar der Kirche, das geistliche Brückenamt (S. 5) kam infolge Geldmangel für den Kirchenbau nicht in Frage. Neue Einnahmequellen waren zu finden. Wo die Baugelder her­flossen, ist aus der Schlußabrechnung[1] zu ersehen.

Einnahmen:
55 000  Taler  aus der Sophienkirche (zinsfrei vorgeschossen),
38 606 Ta-er an freiwilligen Beiträgen und anderen Verehrungen, darunter 10 467 Taler aus der Ratskämmerei, 4189 Taler Dispensationsgelder,
31 345 Ta-er erhaltene Kollektengelder,
883 Ta-er so in den bei der Kirche gestandenen Almosenstöcken eingelegt befunden,
34 652 Ta-er an Überschußanteilen von den zum Bau der Kirche gnädigst verstattet erhaltenen Lotterien,

160 486  Taler  Seitenbetrag.

  1. Hauptstaatsarchiv loc. 2445, Bau der Kreuzkirche betreffend, Bl. 18 flg. Die Summen sind oben auf Taler verrundet. 1 Taler = 24 Groschen, 1 Groschen = 12 Pf. – Ebenda auch eine Übersicht der Ausgaben für Löhne, Materialien usw.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/114&oldid=- (Version vom 19.4.2024)