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ebenso wie Exner und Krubsacius. 1740 wurde er Kondukteur unter Knöffel. Von 1751 an führte ihn der Staatskalender als Kondukteur des Oberbauamts. Bei dem großen Avancement nach Knöffels Tode 1752 wurde er Accisbaudirektor. Als solcher hatte er die Baupolizei in ganz Sachsen, außer Dresden und Leipzig, sowie Begutachtung und Taxierung der „Baubegnadigungsgelder“, staatlicher Bauzuschüsse, z. B. für Brandgiebel. Aus der Acciskasse wurde er lediglich für diese letztere kom­missarische Tätigkeit bezahlt. Infolge des Krieges fielen diese Bezüge (200 Taler) weg, da die Aus­zahlung von Baubegnadigungsgeldern vor der Hand aufhöre und er nichts dabei zu tun habe.[1] Weiter erhielt er 200 Taler Gehalt aus der Oberbauamtskasse, wohl für die Baupolizei. Er rangierte sowohl bei der Accisverwaltung (neben Bormann, dem Ratsdeputierten) wie beim Oberbauamt. Doch nahm er kaum an dessen Arbeitspensum teil, denn er hatte auch noch als Privatarchitekt und als Maurer­meister eine umfangreiche Tätigkeit. Nach Keller soll er in Dresden allein 104 Gebäude ausgeführt haben. Nach der Beschießung bis August 1762 hat er 10 Wohnhäuser neu aufgeführt.[2] Von 1764 bis 1767 baute er die vor kurzem abgebrochene reformierte Kirche. Weiter stammt von ihm Schloß Choren bei Rossen und Turmpläne für die Großenhainer Kirche von 1773. (Königl. Bibl. Sax. H. 1505–07.) Beim Kirchenbau in Prausitz[3] bei Riesa, der „auf eben die Art und Weise wie in Pausitz“ erfolgte, wurde er „zu Rate gezogen“. Er nahm bei der Grundsteinlegung und Hebefeier persönlich teil und hat vermutlich die Baupläne geliefert. Als Maurermeister war er 1746–50 am Hofkirchenbau tätig (nach Dietrich), dann bei den Flügelbauten zum Taschenbergpalais. 1767 wurde er von Exner als solcher für den Kreuzkirchenbau vorgeschlagen und 1768–69 auch zugezogen. Eine Stütze in seinem fruchtbaren Wirken war ihm sein Sohn Gottfried, der 1769 mit dem Titel Accis­baudirektor und der spes succedendi ihm adjungiert wurde, aber bereits 1784 starb, während Samuel Locke bis 1793 lebte und wirkte.

Die stilistische Eigenart Lockes[4], die wir aus seinen Bauten kennen, tritt auch an seinem Kreuzkirchenentwurf auf. Mit leicht schaffender Hand gliedert er die Fassaden in flachem Relief, ohne sich zu einer kräftigen Steigerung des Effektes verleiten zu lassen. Das charakteristische Rokokoornament ist überaus leichtflüssig und stuckartig lose aufgelegt und zugefügt. Der Schmuck nimmt nach den Ge­setzen der Bienseance von der Mitte aus seitlich und nach oben zu ab. Mühelos und sicher wird der Motivenschatz in immer neuen, aber nur wenig abgewandelten Variationen verwendet. Eine Vertiefung in jede neue Aufgabe fehlt. Fast alle Einzelheiten und Motive des Kirchenprojektes sind an seinen beglaubigten Bauten nachweisbar, auch die Gebälkunterbrechung mit Hochführung der Arkaden bis in den Fries (im Hof Frauenstraße 9) und sogar die Turmspitze. Die signierten Pläne für Großenhain zeigen fast die gleiche Silhouettierung und Gliederung, saubere Bleistiftvarianten auch die gleiche Technik. Die erst 1802 erfolgte Ausführung (Abbildung S. 33) weicht zwar ab, der Plan aber stimmt auch in Einzelheiten, als Balustrade, Profilen, Fenstern u. s. f., mit Lockes Kreuzturm überein. Locke war ein routinierter, aber feinfühliger Architekt und Baugewerke, der im Wohnhausbau unter voller Beherrschung seiner Ausdrucksmittel höchst Anerkennenswertes schuf, ein ungewöhnliches Talent auf dekorativem Gebiet mit Verständnis und Sinn für intime Raumwirkungen, wie auch der erwähnte Hof, sowie seine Grundrißbildung beweist. Beides finden wir bei seinem Schüler Hölzer wieder. Die andere Seite der künstlerischen Kraft, die monumentale Konzeption, wie sie z. B. Bähr und Schmidt neben ihrer handwerklichen Ausbildung besaßen, die kraftvolle Gestaltung des Stoffes von Innen aus dem Zweck heraus, das geistige Durchdringen, das Zusammenarbeiten der Massen, diese Gabe eignete ihm nicht. So zeigt sein Kirchenplan überraschende konstruktive Mängel in Fragen, die über das All­tägliche

hinausgehen, ein Zeichnen ins Große ohne Sorge vor Schwierigkeiten. Der Kirchenentwurf


  1. Hauptstaatsarchiv loc. 2218, Bauamtsakten Bl. 28.
  2. Hauptstaatsarchiv loc. 2256, Bausachen zu Dresden betreffend, 1760–62.
  3. Miscellanea Saxonica, 9. Teil, 1775 (S. 284) und 1776.
  4. Vergl. Gurlitt, Kunstd. Dr., und Dietrich, Wohnhaus S. 45 und 56. – Sicher von Locke sind: Seitenfassade von Schloßstraße 7 (vor dem Kriege), Frauenstraße 7 und 9, Moritzstraße 10 und 19 (nach 1760), An der Frauenkirche 20 (nach 1765), Große Meißner Gasse 11 und 13. Eine große Reihe anderer Gebäude weisen ganz analoge Formengebung auf.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/126&oldid=- (Version vom 23.4.2024)